Gutsherrnschaft

Kirschen

Neues Mitglied
Hallo liebe Forenmitglieder,

wollte einmal fragen, ob jemand etwas Näheres zur früheren Gutsherrnschaft weiß. Bekamen die Bauern eigentlich eine Gegenleistung für ihre Dienste und Abgaben an den Gutsbesitzer? Gewährte er ihnen also etwa Schutz bei militärischen Konflikten? Und wie finanzierten sich eigentlich früher die Pfarrer und Lehrer? Ging das über die Abgaben an den Gutsbesitzer? Und wie kam es, dass diese Rittergüter in den Dörfern überwiegend "östlich der Elbe" so häufig waren und wieso nicht so häufig im Westen?

Ich sitze gerade an meiner Familiengeschichte und überlege, wie das alles in Schlesien so kam.

Wenn mir jemand etwas dazu sagen könnte, würde mich das sehr freuen!

Danke schon mal und viele Grüße
 
Dun müsstest präziser fragen. Wann genau ist "früher", auf welchen Zeitraum beziehst du dich? Weil Teile deiner Frage lesen sich aufs Mittelalter bezogen, andere eher auf das 19. Jhdt. bezogen.
Im Judentum, Christentum und Islam gibt es den Zehnten (der zehnte Teil des Erwirtschafteten), der für Staats- bzw. Kirchenausgaben bzw. die Almosensteuer abzugeben war. Dieser Zehnte wurde mal in Form von Geld, mal in Form von Naturalien abgegeben. In der Stadt eher als Geld, auf dem Land eher als Naturalie. Einen einigermaßen flächendeckenden etablierten Lehrberuf gab es erst ab dem 19. Jhdt. mit Einführung der Schulpflicht.
Im frühen Mittelalter hatten freie Bauern eine militärische Dienstpflicht, die aber teuer war, weil man seine Waffen selbst finanzieren musste und das Verletzungsrisiko (und damit der Ausfall des Haupternährers) nicht unerheblich war. Deshalb begaben sich viele Bauern in Abhängigkeitsverhältnisse, so, dass sie später kaum noch eine Rolle spielen*, jetzt waren sie nicht mehr frei, sondern hörig, waren daher aber vom Kriegsdienst befreit (zumindest was die Teilnahme an der Schlacht anbelangte, es gab durchaus andere Aufgaben, wie das Führen und die Versorgung von Packtieren). Also ja, der Grundherr "versprach" seinen Hörigen als Gegenleistung Schutz. Ob er diesen immer einhalten konnte/wollte, steht auf einem anderen Blatt, Theorie und Praxis klaffen ja manchmal etwas auseinander.
Ob dir das jetzt für die Familienforschung hilft?


*Stattdessen stiegen die ursprünglich unfreien Minsterialen im 10./11. Jhdt. als Gutsverwalter zu Rittern auf.
 
Und wie finanzierten sich eigentlich früher die Pfarrer
Kommt auf Ort und Zeit an. Im Mittelalter und auch noch danach wurde der Lebensunterhalt eines Pfarrers häufig durch eine „Pfründe“ bestritten: Mit einer Pfarrstelle war z.B. ein kleines Gut verbunden, von dessen Erträgen oder Abgaben der Pfarrer lebte, oder ihm standen gewisse Erträge und Abgaben zu.
 
Vielen Dank schon mal für die Antworten! Ja, hatte an den Zeitraum vom Mittelalter bis zur "Bauernbefreiung" gedacht. Also bis erste Hälfte 19. Jahrhundert. Es hätte mich noch interessiert, von wem standen den Pfarrern Erträge und Abgaben zu? Von den Dorfbewohnern?

Danke nochmal für evtl. weitere Antworten!
 
Vielen Dank schon mal für die Antworten! Ja, hatte an den Zeitraum vom Mittelalter bis zur "Bauernbefreiung" gedacht. Also bis erste Hälfte 19. Jahrhundert. Es hätte mich noch interessiert, von wem standen den Pfarrern Erträge und Abgaben zu? Von den Dorfbewohnern?
Das wird von der konkreten Zeit und von der jeweiligen Konfession abhängen.

Etwa in der Habsburgischen Zeit, nach dem 30-Jährigen Krieg, war eine katholische Amtskirche vorhanden, bei der der Unterhalt der lokalen Priester sicherlich in gehabter Weise zu weiten Teilen aus Pfründen aus dem weltlichen Besitz der katholischen Kirche betritten worden sein wird (und aus den Abgaben, der zu den entsprechenden Besitzungen gehörenden Leibeigenen) bestritten worden sein wird, die Finanzierung der protestantischen "Friedenskirchen" und "Gnadenkirchen" und Priester in Niederschlesien wird anders gelaufen sein.

Später in der preußischen Zeit, sind in erheblichem Maße Klöster- und Kirchengüter in Schlesien säkularisiert worden, so dass sich da später auch bei den Katholiken in Oberschlesien die Dinge geändert haben werden.
 
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Und wie finanzierten sich eigentlich früher die Pfarrer und Lehrer?

Etwa in der Habsburgischen Zeit, nach dem 30-Jährigen Krieg, war eine katholische Amtskirche vorhanden, bei der der Unterhalt der lokalen Priester sicherlich in gehabter Weise zu weiten Teilen aus Pfründen aus dem weltlichen Besitz der katholischen Kirche betritten worden sein wird (und aus den Abgaben, der zu den entsprechenden Besitzungen gehörenden Leibeigenen) bestritten worden sein wird

Neben den Pfründen standen den Pfarrern eventuell Einkünfte aus dem Zehnten zu (wieviel davon, konnte lokal sehr unterschiedlich sein), dazu kamen noch Stolgebühren.
 
Neben den Pfründen standen den Pfarrern eventuell Einkünfte aus dem Zehnten zu
Aber trifft das auch auf Konfessionen zu, die lediglich geduldet waren?

Hatten im habsburgischen Niederschlesien die geduldeten protestantischen Gemeinden- und Kirchenorganisationen das Recht den Zehnten von Teilen der Bevölkerung zu erheben oder mussten die sich auf Basis freiwilliger Beiträge finanzieren?
 
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