Hätte GB Frankreich im 1. Weltkrieg auch ohne den Angriff auf Belgien beigestanden?

Zitat Ferguson:

It also worried General Sir John French, Nicholson’s successor as CIGS, that the Belgians might be prepared to disregard a limited infringement of their territory. The meeting concluded that
"In order to bring the greatest possible pressure to bear upon Germany, it is essential that the Netherlands and Belgium should either be entirely friendly to this country, in which case we should limit their overseas trade, or that they should be definitely hostile, in which case we should extend the blockade to their ports." *

In other words: if Germany had not violated Belgian neutrality in 1914, Britain would have. This puts the British government’s much-vaunted moral superiority in fighting ‘for Belgian neutrality’ in another light.


* PRO CAB 2/3, CID meeting, 6 Dec. 1912. Cf. Lloyd George, War Memoirs, vol. I, pp. 30f. (Fußnote)

Zitiert so nach Ferguson, Pity of War, S. 67 (1. Aufl.)

Zum Kontextualisieren der Krise für GB: Dezember 1912.
Zum Kontextualisieren der Balkankrise für D: deutscher Kriegsrat mit KaWeZwo.
Zum Kontextualisieren im Fall eines deutschen Angriffskrieges in Europa für die Entente: Militärplanung und Generalstabsbesprechungen Joffre mit den Briten zum "Fall Belgien", und Reaktion der Politik. Stichwort: Primat.
 
@Shinigami, falls du das Buch hast: Seite 105, er zitiert den Generalstabschef des Empire, Sir John French. Wenn sich Belgien und Niederlande nicht "freundlich" zu England verhalten hätten, sondern "feindlich", "in dem Fall sollten wir die Blockade auf ihre Häfen ausdehnen". Für Ferguson definitiv eine Neutralitätsverletzung, er hat dann das danach kommentiert. Eine größere Rolle spielten auch holländische Pläne über einen Festungsbau in Flushing, um damit die Scheldemündung zu kontrollieren, wodurch den Engländern der Zugang auf Antwerpen verwehrt werden konnte. Was Ferguson etwas unter dem Tisch fallen ließ: Wenn auch holländische Häfen mit einbezogen wären, hätte das auch die Neutralität Hollands verletzt.

Mit anderen Worten du hättest auch gleich einräumen können, dass es ein Szenario, nach dem eine Besetzung Antwerpens bei Neutralität Belgiens als aktive Kriegshandlung gegen Belgien, zwecks Unterminierung deutschen Handels, niemals in dieser Form gegeben hat. Häfen zu blockieren ist nämlich ein kleines bisschen was anderes als Städte zu besetzten.

Das die Briten für ihren Aufmarsch in Belgien Antwerpen, falls es dort zur Konfrontation mit den Deutschen kommen sollte, als Versorgungsbasis gut brauchen konnten und den Deutschen sicher keinen Zugang zur Schelde überlassen wollten, ist klar, ebenso auch, dass eine niederländische Blockade der Schelde das erschweren würde.

Im Hinblick auf eine Blockade der Schelde-Mündung wäre eine neuerliche niederländische Fortifikation durchaus kein eindeutig gegen Britannien gerichtetes Vorhaben gewesen, sondern einfach nur die Aufrechterhaltung des Status Quo ante, der bereits Ewigkeiten durch den Bestand der Festung Vlissingen in Zeeland gegeben war, an der die Briten schon einmal in napoleonischer Zeit zu knacken hatten, insofern ging es hier letztlich nur um eine Modernisierung bereits bestehender Anlagen, die durch den Übergang zu Brisanzgranaten und immer größeren Artillerie-Kalibern weitgehend unbrauchbar geworden waren.

1. Aus einer Seeblockade bei feindseeligem Verhalten Belgiens und der Niederlande, resultieren keine wie auch immer gearteten Besatzungspläne.
2. Das ein Britisches Engagement zum Schutz Belgiens und für den schnellen Aufmarsch am linken französischen Flügel und die Versorgung der Armee Antwerpen als Versorgungs- und Umschlaghafen maßgeblich sein und im Falle einer deutschen Verletzung der belgischen Neutralität, die Britannien auf die Seite Frankreichs bringen würde, Sorge dafür getragen werden musste, dass der Weg nach Antwerpen offen bleibt, was dann mitunter die Verletzung niederländischer Neutralität in einem Eventualszenario nach sie hätte ziehen können, ist nichts spektakuläres.

Im Gegensatz zu deiner behauptung resultiert daraus also kein Kriegsplan nötigenfalls ein neutrales Belgien zu überfallen und Antwerpen zu besetzen um den deutschen Handel zu schädigen, sondern erstmal lediglich die Option einer Seeblockade im Fall feindseeligen Verhaltens Belgiens und der Niederlande, was vermutlich darauf hinausliefe die deutschen Truppen passieren zu lassen oder im großen Stil kriegswichtige Güter an das deutsche Reich zu handeln.
Das aktive eventuelle Vorgehen gegen die Niederlande betreffs Vlissingen zielt hier offensichtlich auf ein Szenario ab, bei dem Deutschland die belgische Neutralität verletzt und dadurch Britannien dazu gezwungen wird in Belgien zu kämpfen, die Niederlande aber den Seeweg nach Antwerpen blockieren. Heißt hier wird die deutsche Agression vorrausgesetzt und gleichzeitig feindessliges Handeln der Niederlande, denn unter diesen Umständen die Schelde zu blockieren, hätte ja nichts anderes bedeutet, als das überfallene Belgien in seiner Verteidigungsfähigkeit einzuschränken und damit eine indirekte Kriegshandlung. Das unter solchen Umständen man von Britischer Seite zu feindessligen Handlungen gegen die Niederlande bereit gewesen wären, ist jetzt ebenfalls nichts spektakuläres.

Mit anderen Worten schlägst du hier auf Basis fehlinterpretierter und aus dem Zusammenhang gerissener Szearien viel Lärm um nichts.

Vlissingen – Wikipedia
 
Zuletzt bearbeitet:
Yep.

Assistierend:

So the finalised plan (submitted in April 1913) expected Britain to concentrate its Army on the extreme left echelon, two days’ march away from the French concentration area, and to be in position by the fifteenth or sixteenth day after mobilisation. However, Joffre wrote later: ‘I was conscious . . . that since the agreement of Great Britain was problematical and subject to political considerations, it was impossible to base a priori, a strategic offensive upon eventualities which might very well never materialize’. The small size and conditional presence of the British forces partly explains why London had no precise details of the French plan. Yet, despite the drawbacks, Britain’s goodwill was highly desirable. At that 1912 meeting of the Council of National Defence Joffre was told to avoid any violation of Belgian neutrality, which might lead to ‘withdrawal of British support from our side’.

Greenhaigh, Victory through Coalition, Britain and France during the First World War.
 
Zum Schelde/Fortifikationsproblem:

On the other hand, the Foreign Office memorandum did accept the contention of the Dutch that the powers had no « treaty right to prevent the fortification of Flushing». As for the practical effect upon Belgian neutrality, there were « strategical and political » considerations.

« It is a question for military experts to determine whether or not it would render it impossible for Great Britain to fulfil her contractual obligations as to the neutrality of Belgium if she were precluded from access to Antwerp by sea ; but if this problem should be answered in the affirmative, it would then have to be determined whether it is permissible to limit the sovereignty of one State for the purpose of safeguarding the neutrality of another, and also whether it is a probable contingency, if the neutrality of Belgium should be violated, that Holland would side with the nation thus infringing treaty stipulations and against Great Britain intent upon upholding those stipulations (2).»

No objections to the conclusions were given by those in London who initialed comments on this study. In the longest minute, Crowe wrote that the special status of Belgium as a neutralized state might be used as grounds for a British argument that Holland would not be bound by the duties of a neutral to bar the river against an expedition answering a Belgian appeal for aid against invasion.


Von daher sind militärische Wünsche von Generalstäblern und politische Vorgaben auseinander zu halten.
Thomas, The Use of the Scheldt in British Plans for the Defence of Belgian Neutrality. 1831-1914.
 
@Shinigami, viel Lärm um nichts? Besitzt eine britische Verletzung der Neutralität bei dir eine andere Qualität, als die deutsche Verletzung? Im 2.Weltkrieg war das im Falle Skandinaviens auch nicht anders. Norwegen wurde von den Deutschen nur Stunden vor den Briten besetzt. Und was ist daran falsch zu verstehen, dass die Ausdehnung der Blockade "auf die Häfen" nicht auch eine Besetzung impliziert.
 
Zu den strategischen Diskussionen und der Navy - Foreign Office-Kontroverse 1912,


During these discussions, Lord Esher supported the Admiralty’s view that Rotterdam must be blocked “whatever the political costs.” When asked what pretext Britain might employ, he responded: “Our justification for violating the neutrality of Holland would be similar to Germany’s justification for infringing the neutrality of Belgium.” Not surprisingly, the majority of committee members were uncomfortable with so flagrant a disregard of Dutch neutrality—yet at the same time they accepted the necessity of some sort of action. At Lord Desart’s request, in February 1912, the prime minister directed the War Office and the Foreign Office independently to provide the Desart Committee with some guidance on this issue. Both quickly confirmed that a German “violation of Belgian neutrality is so probable that Antwerp is not likely to be open to German trade.”
On 25 April 1912, the subject was broached at a full meeting of the CID attended by Asquith and five other cabinet ministers, at which several intimated they were not opposed in principle to the idea of forcing Holland into belligerency. Thereafter, the matter having been effectively kicked upstairs, the Desart Committee abandoned this line of enquiry. Yet in his final report, Desart could not resist reminding the prime minister that regulating trade through Rotterdam was “of the utmost importance” not just to check the flow of supplies into Germany but also “to prevent evasions on the prohibitions on trading with the enemy” by British merchants.


Lambert, Planning Armageddon - British Economic Warfare and the First World War
 
@Shinigami, viel Lärm um nichts? Besitzt eine britische Verletzung der Neutralität bei dir eine andere Qualität, als die deutsche Verletzung?

Nein, aber die Besetzung von von Territorien und damit die direkte aktive Gefährung der dortigen Zivilbevölkerung durch aktive Kriegshandlungen besitzt für mich eine etwas andere Qualität, als die Blockade von Seewegen.
Im Hinblick auf die Verletzung der Integrität eines fremden Staatsgebietes, macht das durchaus auch einen Unterschied.

Ferner besitzt es für mich eine etwas andere Qualität eventuell die Neutralität eines Landes parziell zu verletzen um damit eigenen Garantiepflichten für ein von dritter Seite überfallenes Land erfüllen zu können, als die Neutralität eines anderen Landes komplett an die Wand zu fahren, um einen Krieg mit dezidierten Annexionsabsichten besser führen zu können.

Das sind definitiv mal deutliche Unterschiede und zwar egal von welcher Partei sie betrieben werden.

Und was ist daran falsch zu verstehen, dass die Ausdehnung der Blockade "auf die Häfen" nicht auch eine Besetzung impliziert.

Nein, die Blockade von Häfen impliziert durchaus keine Besetzung. Oder wurden im Verlauf des 1. Weltkriegs als die deutschen Häfen durch die Briten per Fernblockade vom Handel mit Kriegsgütern abgerigelt wurden dadurch Hamburg und Bremen besetzt? Wäre mir neu.

Deinen whattabboutism, im Hinblick auf den zweiten Weltkrieg kannst du dir ebenfalls schenken, er ist für die Beurteilung der Situation im Vorfeld des ersten Weltkriegs vollkommen bedeutungslos.
 
Zur 9-jährigen Kontroverse der etwaigen Ausschiffung britischer Truppen auf dem Kontinent in belgischen oder französischen Häfen, für den Fall, dass eine substantielle Verletzung belgischen Territoriums und Neutralität durch einen deutschen Einmarsch erfolgt:

Wilson interpreted the sub-committee’s conclusions as an authorisation to formalise arrangements for the despatch of the BEF to French ports on the immediate outbreak of war between France and Germany, the violation of Belgian neutrality not withstanding. He effectively dis-regarded the CID’s directive that ‘the possibility of [the BEF] being called upon to cover Antwerp has not been lost sight of, and plans will also be worked out for landings in Belgium with a view to this operation’. Wilson’s six-month investigation of the strategic situation, 86 more thorough than any that had gone before, did not get beyond the arrival of the BEF on the French left wing—indeed this was one of the principal caveats expressed at the famous CID meeting of 23 August 1911 when, faute de mieux, Wilson’s planning was favoured over the Royal Navy’s.

Yet it would be wrong to assume from this that Britain’s future operational strategy was determined. The debate over a Belgian versus a French deployment rumbled on until war was actually declared in August 1914. The former had both political and military advocates, and Wilson himself was anxious to clarify the position of Belgium to remove this imponderable from the strategic equation. When after the August 1911 CID meeting Churchill subjected Wilson to a series of searching examinations on the strategic value of Anglo-Belgian military co-operation, the latter showed clear sympathy with the idea, to such an extent that he earned a rebuke from the CIGS, Nicholson, for endangering the General Staff’s close relationship with France. Such a rebuke was undeserved. Wilson’s objec-tive was always to give the most effective support to France, although careful examination of his correspondence and strategic appreciations, which appear confused and contradictory on the subject of Belgium, indicates that he himself was undecided on the role the BEF should play if Belgium declared for the Allies. It was axiomatic for Wilson that ‘we must have a friendly Belgium’; he did not believe that the BEF should go to the direct support of the Belgian forces unless it was certain beforehand that the Belgians would come in on the Allied side, and they could cover British deployment north of the river Meuse. Disingenuously, Wilson was prepared to argue that the need to offer Belgium effective support necessitated increasing the size of the British Army, and that if it was clear that Britain would send its army to France on the outbreak of war Belgium was more likely to declare for the Entente. Paradoxically, he also believed that an immediate Belgian call for British support would furnish the causus belli for immediate British intervention, allowing the British to arrive on the Sambre in time to save the French. Wilson remained determined to send the BEF to ‘the decisive point at the decisive time’, whereever that might be; but without a formal arrangement with the Belgians, and the close logistic arrangements which would be possible to maximise British support, that point remained the French left wing.



French/Reid, The British General Staff: reform and innovation, c.1890–1939.
 
Mit anderen Worten schlägst du hier auf Basis fehlinterpretierter und aus dem Zusammenhang gerissener Szearien viel Lärm um nichts.

Das ist richtig und wie Silesia aufzeigt, ist der Kontext auch nicht richtig verstanden worden.

Eine informative Darstellung der britischen Überlegungen im Vorfeld des WW1 findet sich bei Strachan (Kap 3. The Western Front in 1914)

Sir Jams Grierson, der "Director of military operations" im Jahr 1905 kam zur Überzeugung aufgrund von Geheimdienstinformationen, dass die deutsche Armee durch Belgien angreifen würde. Und daraufhin wurden die Planungen des BEF auf Belgien bzw. auf Antwerpen ausgerichtet. Dieses aber in Übereinstimmung mit der britischen Garantie zum Schutz der Neutralität Belgiens.

Die Vorteile waren:
- Antwerpen wäre eine sichere Basis für die Versorgung des BEF
- Die relativ kleine Größe des BEF (ca. 4 bis 6 Div) hätte eine größere Wirkung gegen die rechte deutsche Flanke wie im Falle der Angliederung an die linke Seite der französischen Front
- Das BEF könnte operativ unabhängig von der französischen Armee agieren.

Mit der Benennung von Wilson und dem Treffen des CID am 23. 08. 1911 wurde deutlich, dass sich die Diskussion in Richtung einer direkten Unterstützung des linken französischen Flügels verschoben hatte. Allerdings waren noch beide Sichte relevant. Dennoch: "Thus, a congruity emerged which subordinated Britain`s strategy to France." Strachan, Pos. 4193)

Ein Skeptiker der Sicht von Wilson war French, dem die Eigenständigkeit der BEF wichtig war. Und diese Kontraposition zu Wilson führte 1914 dazu, dass es nicht eindeutig war, dass sich das BEF den Bedrürfnissen der französischen Front entsprechend verhalten würde. Es gab im Jahr 1914 keinen determinierenden Automatismus für die Dislozierung der BEF.

https://en.wikipedia.org/wiki/John_French,_1st_Earl_of_Ypres

https://en.wikipedia.org/wiki/Sir_Henry_Wilson,_1st_Baronet

Die gesamte Diskussion ist dabei eingebettet in unterschiedliche Sichten auf den Krieg. Es gab Personen, die von einem kurzen Krieg ausgingen und deshalb die direkte und schnelle Unterstützung der französichen Armee präferierten, wie z.B. Wilson. Eine andere Sicht ging von einem langen Krieg aus und wollte die BEF zunächst in GB behalten, um sie als Kern für den Aufbau eines britischen Millionenheeres heranzuziehen. Eine Sicht, die primär Kitchener vertrat.

Am 5. 8. 1914 wurde ein "War Council" durchgeführt, an dem politische und militärische Entscheider anwesend waren (Strachan, Pos. 4232) Im Rahmen des Meetings setzte sich French, der Kommandeur des BEF, für die "Belgische Variante" ein, die eine Verletzung der niederländischen Neutralität in Kauf nahm.

Der "First Lord of the Admirality" widersprach diesem Plan mit dem Hinweis, dass die RN eine Landung in diesem Bereich nicht ausreichend unterstützen könne, weil "on a port so far north" die Kapazitäten nicht ausreichend sein.

Vor diesem Hintergrund entschied der War Council, dass das BEF direkt nach Frankreich gehen sollte. Und somit erfolgte die Entscheidung des Einsatzes nicht durch das Kabinett, sondern durch ein ad hoc Komitee, das vom PM eingesetzt worden war.

@Shinigami, viel Lärm um nichts? Besitzt eine britische Verletzung der Neutralität bei dir eine andere Qualität, als die deutsche Verletzung?

Unsinn! Es ist deutlich zu sagen, dass GB bei diesen militärischen Planungen kein völkerrechtswidriges Verhalten gegen Belgien hat zu Schulden kommen lassen. Allerdings ist anzumerken, dass aufgrund der Grenze zu den Niederlanden im Verlauf der Schelde, die Neutralität der Niederlande betroffen gewesen wäre. Allerdings das eher "marginal" und im Zuge der Reaktion auf den deutschen Einmarsch in Belgien.

Die deutsche Verletzung des Völkerrechts war real, die britischen Planungen waren als Planungen vorhanden.

Strachan, Hew (2003): The First World War. Volume I. To Arms. 1. Aufl. Oxford: Oxford University Press.
 
@thanepower, hier geht es nur um Pläne und nicht um Schuldzuweisungen. -LOL- Orientier dich doch einfach am Thema. Niemand weiß vor einem Plan wie danach das Ergebnis aussieht, oder hier im Thema in der Folge einer wie auch immer ausgeführten Seeblockade eine völlig andere Eskalation entsteht. Was tatsächlich war spielt keine Rolle zum Thema, denn die ganze Fragestellung zum Thema bezieht sich ausschließlich auf ein kontrafaktisches Szenario. Du kannst dir also deinen belehrenden Ton sonst wohin schmieren!
 
@Shinigami, tut mir leid, aber ich seh das anders wie du: vom faktischen ist es in beiden Fällen eine Neutralitätsverletzung. Die eine wurde geplant, die andere deutsche ausgeführt. Die Fragestellung des Themas hinterfragt eine kontrafaktischen Ablauf, wenn es die deutsche Neutralitätsverletzung nicht gegeben hätte, für die wieder britische Pläne existierten. Ob diese Pläne tatsächlich so umgesetzt hätte steht auf einen anderen Blatt. Ein vorstellbarer Westerfolg des deutschen Heeres hätte sie jedoch in Zugzwang gebracht, egal in welche Richtung (Krieg beenden oder weiter eskalieren lassen).
 
@thanepower, hier geht es nur um Pläne und nicht um Schuldzuweisungen. -LOL- Orientier dich doch einfach am Thema. Niemand weiß vor einem Plan wie danach das Ergebnis aussieht,[....]
.... schreibt derjenige, der Planungen postuliert, die er nicht nachweisen kann und in der zuvor, wie auch in der Folge eine Eskalation betehnder Eventualszenarien für eine Seeblockade zu angriffskriegähnlichen Besatzungsszenarien mal eben so für gegeben erklärt.
Ich argumentiere grundsätzlich nicht gerne ad hominem, aber ist es zu viel verlangt, wenn du es dwemnächst fertig brächtest, dass deine Postulate auch deinen selbst erhobenen Forderungen hier entsprechen?

Im Hinblick auf Schuldzuweisungen
Nachdem du selbst in #61 geschrieben hattest, ich zitire:
Bei seinen Recherchen hat er jedenfalls herausbekommen, dass auch England plante im Kriegsfall die Neutralität Belgiens zu verletzen, um so den Handel mit Deutschland (Antwerpen dafür zu besetzen) massiv zu schädigen. Hatte ich vor diesem Buch nicht gewusst, was aber ein ganz merkwürdiges Licht auf die vorgeworfene Kriegsschuld Deutschlands wirft.

und in #85
Besitzt eine britische Verletzung der Neutralität bei dir eine andere Qualität, als die deutsche Verletzung? Im 2.Weltkrieg war das im Falle Skandinaviens auch nicht anders. Norwegen wurde von den Deutschen nur Stunden vor den Briten besetzt.

.... könnte man jetzt durchaus den Eindruck gewinnen, das Schuldverteilung in deiner Motivation hier eine nicht gänzlich marginale Rolle spielt.
Mit einer an den britischen Vorbereitungen und Planungen orientierten Diskussion im Hinblick auf die Eventualszenarien eines Krieges, haben deine bisherigen Einlassungen jedenfalls nicht so besonders viel zu tun. Die zeichnen sich vor allem durch Umwidtmungen, Unterstellungen nicht gegebener Prämissen, Whataboutism und ein unterschwelliges Drängen auf Schuldverteilung aus.

Die provokante Ausdrucksweise im letzten Beitrag macht es nicht besser.
 
Hatte ich vor diesem Buch nicht gewusst, was aber ein ganz merkwürdiges Licht auf die vorgeworfene Kriegsschuld Deutschlands wirft.

Diese von Dir angesprochene "Kriegsschuld" basiert aber nicht auf deutsche Planungen, sondern auf der operativen Umsetzung. (Doppel zu Shinigami, sorry. Aber wohl gleiche Sicht)

@Shinigami, tut mir leid, aber ich seh das anders wie du: vom faktischen ist es in beiden Fällen eine Neutralitätsverletzung. Die eine wurde geplant, die andere deutsche ausgeführt. .

Wieder mal Unsinn! Das Völkerrecht sieht nicht die Absicht als Bruch vor. Es gab deutscherseits Planungen für den Durchmarsch durch die Niederlande, die aus einer Reihe von Gründen verworfen worden sind.

Diese Planungen sind, soweit ich weiss, nie zu einem Gegenstand des Vorwurfs an das DR gemacht worden.
 
Weiter zu "speziellen" Positionierung von John French, ein Faktor, den Freund Ferguson völlig übersieht.
Witzigerweise ähnlich der Position Schlieffens, dann Moltkes, dass man belgischen Widerstand nicht groß einkalkulieren müsse, trotz massiver Neutralitätsverletzung. Fraglich war, ob man auch einen holländischen Zipfel passieren könne.



This circular was to be sent without date to the legations; should Belgium mobilize, her ministers would be instructed to deliver the circulars the same day. Attention was then turned, among other matters, to the strategy the army should follow were belligerent troops to pass through Luxembourg province.

The importance of this question, both for Belgium and for her neighbors, is obvious. In 1906, Grierson at the British war office had questioned whether Belgium would fight if only the province of Luxembourg were violated; he had been assured by Barnardiston that while some Belgians might advocate doing nothing, the army would want to fight. By 1909, however, the British foreign office was receiving reports that Belgium might "throw in her lot with Germany. When the Committee of Imperial Defense met on August 23, 1911, General Wilson stated that Belgium might not fight over violation of her southern provinces; Winston Churchill, at the admiralty, and War Minister Sir John French believed the Germans did not need to fear a Belgian attack even if they advanced on a broad front. French concern was so great that at this time various war plans, including Joffre's famous Plan XVII, were being constructed to meet this possibility. In Germany, General von Schlieffen had indicated in 1905 that he expected little opposition from the Belgians, who would perhaps refrain from hostilities, choosing the advantages of being a disinterested third party.



Ist seit über 50 Jahren und vor Ferguson bekannt, der die Kamelle lediglich aufgreift, und substanzlos überspannt interpretiert:

Helmreich, Belgian Concern over Neutrality and British Intentions, 1906-14, The Journal of Modern History 1964, S. 416 ff.
 
@Shinigami, dir fehlt es wohl am Willen zu lesen was French in der Konferenz sagte. Wenn du das nicht als Nachweis anerkennst, kann ich dir auch nicht helfen.

Zur Kontextualisierung von French siehe vorstehenden Beitrag. Darin ist alles 1964 gesagt.

Wer dazu wie Ferguson weitergehende Visionen hat, sollte frei nach Helmut Schmidt zum Arzt gehen.
Oder - wie ein Teil der Literatur die Umschreibung für Unsinn höflich wählt - "idiosyncratic"
 
@Shinigami, tut mir leid, aber ich seh das anders wie du: vom faktischen ist es in beiden Fällen eine Neutralitätsverletzung.

In abgetracht dessen, dass du dich auf Ferguson stützt und ihn zum Argument auzubauen versuchst, der seine Argumentation unter anderem auch darauf aufbaut, dass eine Verletzung der Neutralität ausschließlich des Ardennengebietes in der britischen Politik etwas anders gesehen wurde, als ein weiteres Ausgreifen nach Belgien hinein, ist diese Position inkonsequent.
Du wirst dich da schon entscheiden müssen, was denn nun.

Die eine wurde geplant, die andere deutsche ausgeführt.
Die eine wurde nicht geplant, sondern in einem Eventualszenario in abstracto entworfen. Das Generalstäbe hin und wieder Kriegsszenarien entwerfen, weil das zufällig ihre Aufgabe ist, ist nichts ungewöhnliches und das da mit dem Gedanken der Verletzung von Völkerrecht gespielt wird um die Sache technisch zu vereinfachen auch nicht. Ob die Politik solches denn dann aber auch genehmigt, ist eine gänzlich andere Frage.

Die Fragestellung des Themas hinterfragt eine kontrafaktischen Ablauf,
Und hat somit mehr mit SiFi zu tun, als mit Historiographie, denn die hat sich mit realen Abläufen zu befassen. Kontrafaktische Erwägungen mit ein zu beziehen um etwa die Tragweite bestimmter Entscheidungen plastisch darzustellen ist ein für mich durchaus akzeptables Stilmittel, so im vernünftigen Rahmen angewand, aber das ist niemals die Basis der Erörterung irgendeiner Frage.

wenn es die deutsche Neutralitätsverletzung nicht gegeben hätte, für die wieder britische Pläne existierten.
Wenn es diese Verletzung nicht gegeben hätte, wären die britischen Erwägungen im Panzerschrank verschimmelt und irgendwann zu den Akten gekommen .
Dafür diese Verletzung als eventuelles Szenario anzunehmen, gab es gute Gründe:

1. Der grundsätzliche Antagonismus zwischen Frankreich und Deutschland verstärkt durch die Frage Elsass-Lothringen.
2. Grenzverlauf und Grenzbefestigungen im betreffenden Raum, sprich Vogesen, Metz, Strasbourg, Verdun-Toul, Epinal-Belfort, die einen direkten Angriff auf den jeweiligen Nachbarn offensichtlich massiv erschweren mussten.
3.Das Bedürfnis wegen der zu erwartenden Kosten und Naschubprobleme, im Besonderen von deutscher Seite her einen möglichst kurzen Krieg führen zu müssen.
4. Die Unmöglichkeit über die Schweiz auszugreifen, wegen zu schwierigen Geländes.
5. Massiver Ausbau des deutschen Eisenbahnsystems im Raum zwischen Aachen und Trier, der eine solche Stoßrichtung andeutete.
6. Nachrichtendienst-Informationen.

Das im Falle eines Krieges zwischen Deutschland und Frankreich Belgien und Luxemburg sehr wahrscheinlich miteinbezogen würden, konnte von dem her für ein sinnvolles Szenario durchaus vorrausgesetzt werden.

Ob diese Pläne tatsächlich so umgesetzt wurden steht auf einen anderen Blatt. Ein vorstellbarer Westerfolg des deutschen Heeres hätte sie jedoch in Zugzwang gebracht, egal in welche Richtung (Krieg beenden oder weiter eskalieren lassen).

Ein Erfolg des deutschen Heeres im Westen war aber nur durch die Verletzung der Neutralität Belgiens denkbar, weil eine Umklammerung der französischen Truppen nicht anders denkbar war, weil die vogesen und die "Barrière de fer" Barrière de fer – Wikipedia ein schnelles Vorrücken direkt über die deutsch-französische Grenze verhindern mussten, das waren wirksame verzögerungslinien.
Von einem Frontalsieg, ohne die Möglichkeit den Feind zu vernichten und eine verlagerung der Kämpfe in das hügelige lothringische Territorium, wäre kein entscheidender Westerfolg der Deutschen zu erwarten gewesen, jedenfalls nicht binnen einer Frist, die angesichts der Kräfteverhälsnisse im Osten für Deutschland tolerabel gewesen wäre.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Shinigami, deine Zielscheibe heißt also "weil ich mich auf Ferguson stütze". Kannst du die in einem Buch benannten Quellen vom Inhalt eines Buches tatsächlich auseinanderhalten? Dein Einwurf dass britische Pläne im Panzerschrank verschimmelt wären, wenn es keine Neutralitätsverletzung gegeben hätte, ist jedenfalls lächerlich. Woher willst du denn das wissen, wie sich dann der Krieg entwickelt hätte??? LOL Das kann mit Bestimmtheit niemand sagen! Was man aber sicher diskutieren kann, sind die Auswirkungen, die eine britische Neutralität mit sich gebracht hätte. Und da brauch ich mich auf keinerlei Buch zu stützen, es reicht für den Anfang schon ein Blick auf den Globus von 1914.
 
Die eine wurde nicht geplant, sondern in einem Eventualszenario in abstracto entworfen. Das Generalstäbe hin und wieder Kriegsszenarien entwerfen, weil das zufällig ihre Aufgabe ist, ist nichts ungewöhnliches und das da mit dem Gedanken der Verletzung von Völkerrecht gespielt wird um die Sache technisch zu vereinfachen auch nicht. Ob die Politik solches denn dann aber auch genehmigt, ist eine gänzlich andere Frage.

Korrekt, siehe oben den Kontext zu French.

Dazu ergänzend die definitive Kenntnis von der Schlieffen-Bewegung, durch die wesentlichen Teile Belgiens und uU auch durch einen Teil der Niederlande.

Diese waren sehr gut informiert, und damit auch das geplante Opfer Belgien.
Ende Juli war diesen Akteuren klar, wie der Hase bei deutschem Angriffskrieg laufen würde.
Daher auch die frühzeitigen Teilmobilmachungen der Neutralen, die in der deutschen Planungsmechanik wiederum Zeitdruck zum Losschlagen verursachten.

We can only speculate as to why the Netherlands was able to discover the Schlieffen Plan within at most a year and a half of its drafting, but did not hear of Moltke's modification of it in the five years before the war. It was certainly not for want of trying. Officers were sent abroad, either to study at foreign military academies (forbidden only by the secretive Austrians'^) or, more usefully, to spy directly on German move- ments. Captain M. D. A. Forbes Wels, who would play a critical role in Holland's rapid mobilization in 1914, made such a trip in 1906 to Liège and Aachen. He went in the wake of the First Moroccan Crisis because notices were posted in Aachen which should only have been issued in case of actual mobilization, and rumors circulated that German troops were massing on the Belgian border. Also, a pair of officers were sent into Germany on 25 July 1914 as part of Dutch preparatory measures. Oddly enough. Army Chief of Staff Snijders was also in Germany at this time.'-'
The best documented of these trips were those undertaken in 1911 by Captain (later Lieutenant General) W. Roëll. On 1 July, Germany had sent the gunboat Panther to Agadir, precipitating the Second Moroccan Crisis. Britain's Chancellor of the Exchequer, David Lloyd George, made a speech on 21 July indicating that his government viewed German con- duct as unacceptable. War seemed imminent (a settlement was reached only on 5 November). On 31 July and 5 August, Roëll traveled by rail into Germany, reporting little unusual activity but noting the presence of some reservists...


van Tuyll: The Dutch Mobilization of 1914: Reading the `Enemy''s Intentions. JoMH 2000, S. 711ff.
 
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