Und halt die Frage, wie hätte Deutschland ausgesehen wenn sie Erfolg gehabt hätten?
"Das Deutschland nach einem Erfolg des 20. Juli wäre nicht das Deutschland gewesen welches wir kennen."
Bei den Zielsetzungen des "konservativen" Widerstands erkennt man deutlich die Bemühungen, sich von der menschenverachtenden Politik der völkisch-nationalistischen NS-Ideologie zu distanzieren. Dieses stand im Vordergrund der zentralen Ideen zur Neugestaltung der Innenpolitik (vgl. z.B. Hoffmann 226)
Diese - wie Ursi schon ausgeführt hat - vor dem Hintergrund der karten Voraussetzungen der Forderungen nach einer bedingungslosen Kapitulation. Diese - so Ritter (S.322) - verdeutlichten dem konservativen Widerstand, dass die Alliierten nicht zwischen einem "NS-Deutschland" und einem "besseren Deutschland" unterscheiden würden.
Sich dennoch für den Widerstand zu entscheiden war eine grundsätzliche Frage, die im wesentlichen eine wertebasierte Ablehnung des Unrechts war, das mit dem Aufstieg Hitlers verbunden war.
Das kann man u.a. an den Beweggründen von GFM Erwin v. Witzleben erkennen, der frühzeitig als Militärbefehlshaber von Berlin die Zusammenhänge um die Blomberg-Fritsch-Krise kannte und auch aus dieser Sicht der Unrechtssystem Hitlers ablehnte. In einer potentiellen neuen Regierung - nach einem erfolgreichen Umsturz - wäre im wohl das Amt des OB des Militärs zugefallen.
In diesem Sinne kann man - exemplarisch - für v. Witzleben, als einen konservativ geprägten Soldaten, kein "modernes Demokratieverständnis" erwarten, aber es ist belegt, dass er im Sommer 1938 allgemeine Wahlen und eine parlamentarische Regierung anstrebte. Und vor allem auch die Wiederherstellung der bürgerlichen Freiheiten, der Rechtsstaatlichkeit und eine teilweise Rückkehr zur Verfassung von Weimar.
Gerade dieser Aspekt, der Wiederherstellung von "Recht und Freiheit" ist ein Motiv, das häufig in den Schriften der konservativen Widerständler im Zentrum der politischen Zielsetzungen steht.
Auch wenn der "konservative Widerstand" konservativ war, so waren diese konservativen Zielsetzungen konstruktiv am Aufbau einer neuen Gesellschaft ausgerichtet. Und galten nicht der Zerstörung einer demokratischen Gesellschaft, wie es ein Teil der konservativen Eliten noch vor 1933 betrieben hatte.
Es war erst ein Hitler notwendig, um Telen der konservativen Eliten deutlich zu machen, dass "Recht und Ordnung" in einer diktatorischen Gesellschaft sich schnell gegen jeden und alles wenden kann. Und auch vor den konservativen Eliten nicht Halt machen würde.
Dass diesem ehrenvollen Beispiel eines v. Witzleben dennoch so wenige Soldaten gefolgt sind, liegt wohl an der Ambivalenz des Widerstands gegen den "Staat & Repräsentanten" und auch an der nicht lernbereiten Verblendung von Teilen der Gesellschaft.
Hoffmann, Peter (1970): Widerstand, Staatsstreich, Attentat. Der Kampf der Opposition gegen Hitler. Ullstein.
Ritter, Gerhard (1954): Carl Goerdeler und die deutsche Widerstandsbewegung. Mit einem Brief Goerdelers in Faksimile.
Witzleben, Georg von (2013): "Wenn es gegen den Satan Hitler geht--". Erwin von Witzleben im Widerstand : Biografie. Hamburg: Osburg Verlag.