Hat Caesar Vercengetorix gehasst?

Hat Caesar Vercengetorix gehasst?

  • Ja

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  • Nein

    Stimmen: 6 100,0%

  • Umfrageteilnehmer
    6
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Cuncti

Neues Mitglied
Hallo Forum! :winke:

Ich habe mir zwei Dokus über Caesar angeschaut. In der ersten haben die gesagt
das er Vercengetorix nur ungern tötete und in der zweiten haben die gesagt Caesar hat ihn gehasst weil er ihn noch einmal bei Alesia fast zur Niederlage trieb.

Was stimmt jetzt?
 
Lässt sich diese Frage beantworten?

Würden wir ohne Caesar und sein Schriftwerk "De Bello Gallico" heute überhaupt noch wissen, dass es da jemanden gegebe hat, namens Vercingetorix?

Dass Caesar ihn überhaupt namentlich erwähnt, könnte zumindest ein Indiz dafür sein, dass er einen gewissen Respekt für diesen politischen Gegner hatte. (Immerhin hätte es für seinen Bericht ein namensloser Anführer auch getan.)

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Scherzhafte Überlegung am Rande::)
Theoretisch wäre sogar vorstellbar, dass es diesen Vercingetorix gar nicht gegeben hat und er nur eine Erfindung von Caesar ist, da ein besonders gefährlicher Gegner, der letztlich dem eigenen Ruhm noch steigert.
 
Hallo Forum! :winke:

Ich habe mir zwei Dokus über Caesar angeschaut. In der ersten haben die gesagt
das er Vercengetorix nur ungern tötete und in der zweiten haben die gesagt Caesar hat ihn gehasst weil er ihn noch einmal bei Alesia fast zur Niederlage trieb.

Was stimmt jetzt?
Nach über 2000 Jahren können wir kaum wirklich wissen, was ein Mensch über seinen Gegner dachte. Es ist aber nicht selten, dass Gegner sich zwar hassen, aber auch eine gewisse Bewunderung füreinander empfinden. Das eine schließt das andere nicht aus.
Ein Beispiel aus einer anderen Epoche: Als Sultan Süleiman die Insel Rhodos, nach langer ,für ihn verlustreicher Belagerung von den Johanniterrittern übergeben bekam, äußerte er, beim Anblick seines abziehenden Feindes, des Großmeisters L'Isle Adam, den er tötlich hasste und der ihn mehrfach beleidigt hatte: " Es betrübt mich ,dass ich gezwungen bin, diesen tapferen Mann von seiner Heimstadt zu vertreiben. "
 
Hallo Forum! :winke:

Ich habe mir zwei Dokus über Caesar angeschaut. In der ersten haben die gesagt
das er Vercengetorix nur ungern tötete und in der zweiten haben die gesagt Caesar hat ihn gehasst weil er ihn noch einmal bei Alesia fast zur Niederlage trieb.

Was stimmt jetzt?

Meine Vorredner sagten ja bereits, dass diese Frage nicht seriös mit ja oder nein zu beantworten ist.

Allenfalls gibt es Indizien, die für das eine oder andere sprechen.


Caesar hat viele seiner Feinde mit Milde behandelt, und vielleicht wäre ihm seine Ermordung an den Iden des März 44 v. Chr erspart geblieben, wenn er wie sein Großneffe und Adoptivsohn Octavian, später Augustus gehandelt hätte, der in seiner Zeit als Triumvir alle Feinde und die er dafür hielt, beseitigen ließ.

Caesar bestrafte den Mord an seinem Kontrahenten und Ex-Schwiegersohn Pompeius. bei Pharsalos soll er sich nach dem Schicksal des Brutus erkundigt haben, ob ihm nichts zugestoßen sei. Auch bei Munda begnadigte er viele Gegner, von denen es der jüngere Cato vorzog, sich in Utica das leben zu nehmen, als sich von Caesar begnadigen zu lassen.

Alexander der Große ließ viele ehemalige Gefolgsleute und Freunde hinrichten und tötete Kleitos, der ihm am Granikos das Leben rettete, mit eigener Hand. Die Frau und Mutter seines feindes Dareios behandelte er mit großer Höflichkeit, und Sisygambes dankte es ihm bis zu ihrem Lebensende. Alexander ließ auch die Mörder Dareios III.hinrichten und ihn ehrenvoll bestatten.

Nach der Elefantenschlacht am Hydaspes (Indus) gegen König Poros fragte Alexander seinen gegner, wie er behandelt werden wolle, der antwortete wie einen König. Alexander handelte danach und setzte Poros wieder als König ein.

Auch Caesar handelte nach Alexanders Vorbild, und Sueton erwähnt es als zeichen der Milde Caesars, dass er Piraten, denen er versprochen hatte, er werde sie kreuzigen, vorher erdrosseln ließ.

Gegen Vercingetorix aber, ließ Caesar keine Milde walten. der Fürst der Averner saß wie der Numiderkönig Jugurtha jahrelang im Mamertinischen Kerker und wurde nachdem er in Caesars Triumphzug durch Rom geführt wurde, erdrosselt.

Ob Caesar eine persönliche Abneigung gegen Vercingetorix hegte, der immerhin Caesars Lebenswerk die Eroberung Galliens gefährdet und ihm bei Gergovia eine Niederlage bereitet hatte, lässt sich nicht sagen. Caesar war wie Alexander ein Meister der Selbstinszenierung, und eine ritterliche Behandlung eines Gegners von großem Format hätte seine Gloriole noch heller strahlen lassen. Alexanders zerstörung von Theben und die versklavung seiner bewohner- Alexander ließ dort nur das geburtshaus Pindars verschonen wurde in der hellenischen welt als Akt der Barbarei betrachtet.

Theodor Mommsen, der Caesar sehr bewunderte, sprach davon, dass Caesars behandlung Vercingetorix ein Schönheitsfehler war. Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass man bei Barbaren und solche, die man dafür hielt, andere Maßstäbe anlegte. Alexander ließ fast alle männlichen bewohner von Tyros kreuzigen, die eigentlich nur ihre Heimatstadt effektiv verteidigt hatten. das war ein Signal dafür, was mit denen passierte, die sich ihm widersetzten.

Es ist also kann sein, dass Casar eine heftige Abneigung gegen Vercingetorix hegte und ihm dessen Tötung befriedigung verschaffte, es ist aber ebensogut möglich, dass Vercingetorix ihm persönlich gleichgültig war und dessen Beseitigung "nichts persönliches, sondern rein geschäftlich" war wie es so bezeichnend in Francis Ford coppolas Mafiaepos "The Godfather I +II heißt, wo Virgil Solozzo nichts gegen den alten Vito Corleone hat, und ihn nur versucht, zu beseitigen, weil er ihm im Weg steht im Heroinhandel.

Die seriöse Antwort auf die gestellte Frage kann daher nur lauten:
"genaues weiß man nicht".
 
Was stimmt jetzt?
Da man ohnehin nicht in Caesars Kopf schauen kann und auch seine für die Veröffentlichung gedachten Commentarii - selbst wenn er sich darin über seine Gefühle auslassen würde - nicht unbedingt seine wahren Gefühle wiedergeben müssten, ist diese Frage schlicht unbeantwortbar.

Würden wir ohne Caesar und sein Schriftwerk "De Bello Gallico" heute überhaupt noch wissen, dass es da jemanden gegebe hat, namens Vercingetorix?
Ja, dank Autoren wie Cassius Dio, Plutarch, Livius (Epitome), Polyainos ...

Falls jetzt der Einwand kommt: Die haben vermutlich alle von Caesar abgeschrieben: Caesar agierte nicht irgendwo am Ende der Welt mit einer ausländischen Söldnertruppe. Zumindest etliche höhere Offiziere in seinen Diensten stammten aus der Mitte der Gesellschaft und hatten natürlich Kontakte nachhause und kamen irgendwann wieder nach Italien. (Erhalten ist z. B. der Briefwechsel zwischen Cicero und einem jungen Mann in Caesars Heer, der später ein berühmter Jurist wurde.) Vercingetorix' Name wurde in Rom also sicher auch ohne Caesar bekannt. Dafür spricht auch schon, dass es in den verschiedenen Quellen unterschiedliche Schreibweisen gibt, manche Autoren also wohl nicht (nur) von Caesar abgeschrieben haben.

Dass Caesar ihn überhaupt namentlich erwähnt, könnte zumindest ein Indiz dafür sein, dass er einen gewissen Respekt für diesen politischen Gegner hatte. (Immerhin hätte es für seinen Bericht ein namensloser Anführer auch getan.)
Da Vercingetorix die Hauptfigur des 7. Buches seiner Commentarii über den Gallischen Krieg war, wäre es schon reichlich seltsam und obendrein überaus umständlich gewesen, wenn er ihn nicht namentlich genannt hätte. Caesar erwähnte auch wesentlich weniger wichtige Gegner namentlich.

Theoretisch wäre sogar vorstellbar, dass es diesen Vercingetorix gar nicht gegeben hat und er nur eine Erfindung von Caesar ist, da ein besonders gefährlicher Gegner, der letztlich dem eigenen Ruhm noch steigert.
Siehe oben. Das wäre aufgeflogen. Insbesondere diejenigen von Caesars Leuten, die später seine Gegner wurden, hätten das doch propagandistisch gegen Caesar eingesetzt. Außerdem wurde Vercingetorix nach Rom gebracht.
 
Hi Ravenik,

danke für Deine Informationen, die für mich natürlich sehr aufschlussreich sind.

Das mit der Erfindung des Vercingetorix durch Caesar war allerdings ein Scherz.

Grüße

Teresa
 
War Caesars Clementia ein Charakterzug oder eher eiskaltes politisches Kalkül? Auch wenn er sich wie oben angemerkt damit letzten Endes vielleicht verkalkuliert hatte?

Der gefangene Vercingetorix war vorläufig politisch wertlos. Und er wurde auch nach langer Haft niemals nützlich. Ergo wurde er entsorgt. So kommt es mir zumindest vor.

Hat das was mit Hass zu tun? Nicht notwendigerweise!
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich vermute eher, dass Caesar Vercingetorix von Anfang an bloß für seinen Triumph aufbewahren wollte. Dass Vercingetorix so lange in Gefangenschaft lebte, lag somit wohl schlicht daran, dass es so lange bis zum Triumph dauerte, weil der Bürgerkrieg dazwischenkam.

Was die Clementia betrifft, vermute ich, dass sich Caesar damit in erster Linie positiv von Sulla abheben wollte. Dafür kann er verschiedene Motive gehabt haben: Sulla hatte wegen der Proskriptionen einen miserablen Nachruf, sogar bei ihm grundsätzlich wohlgesonnenen Menschen seiner Partei. Das war sicher nicht das, was Caesar für sich selbst anstrebte. Vielleicht wollte Caesar auch die Spirale der Gewalt durchbrechen und tatsächlich so etwas wie Versöhnung stiften, um zu verhindern, dass die Republikaner bei nächstbester Gelegenheit (spätestens nach seinem Tod) zurückschlugen. Vielleicht erkannte er auch, dass es nicht gerade sinnvoll war, einen Haufen talentierter Menschen umzubringen, bloß weil sie auf der Gegenseite standen. Ganz generell war Caesar jemand, der Menschen verzieh und für seine Zwecke einzuspannen versuchte, statt unbarmherzig zuzuschlagen. Das zeigte sich nicht erst im Bürgerkrieg, sondern z. B. schon nach dem Bona Dea-Skandal, als er Clodius nicht etwa mit seinem Hass verfolgte (wie es der durchschnittliche gehörnte Ehemann machen würde), sondern in den Folgejahren für sich zu instrumentalisieren versuchte. Auch in Gallien verfuhr er oft milde mit Gegnern (solange sie den Bogen nicht überspannten) und versuchte sie zu loyalen Gefolgsleuten zu machen. Freilich hatte alles seine Grenzen, vor allem wenn sich dieselben Leute wiederholt gegen ihn vergingen; dann konnte er auch mit aller Härte zuschlagen.
Von all den möglichen Kalkülen abgesehen, bin ich aber durchaus geneigt, ihm tatsächlich einen gewissen Hang zur Milde zuzugestehen.
 
War Caesars Clementia ein Charakterzug oder eher eiskaltes politisches Kalkül?
eine nachdenklich stimmende Frage!
...ist restlos alles, was wir an Mitteilungen über historische Perönlichkeiten wie Caesar, Constantin, Chlodwig etc. und deren tun haben, politisches Kalkül? Müssen wir in sämtlichen antiken und spätantiken Größen sozusagen nichts anderes als Praemacchiavellis sehen?
 
Ich habe mir zwei Dokus über Caesar angeschaut. In der ersten haben die gesagt
das er Vercengetorix nur ungern tötete und in der zweiten haben die gesagt Caesar hat ihn gehasst weil er ihn noch einmal bei Alesia fast zur Niederlage trieb.
Ich glaube, da hat man sich im Wesentlichen etwas zusammenfantasiert. Den Quellen lässt sich das anscheinend nicht entnehmen. Der einzige, der über Vercingetorix' Tod berichtet, ist offenbar Cassius Dio (40,41 und 43,19), der aber anlässlich von Caesars Vierfachtriumph nur ganz knapp anmerkt, dass Vercingetorix hingerichtet wurde. Er nennt nicht einmal die Todesart; dass er erdrosselt wurde, scheint Spekulation zu sein, weil es anderweits so üblich war.

Über Vercingetorix' Kapitulation vermerkt Caesar (BG 7,89) selbst nur ganz knapp, dass ihm Vercingetorix von den Galliern übergeben wurde. Über Caesars Gefühlsregung berichtet nur Cassius Dio (40,41): Vercingetorix habe sich ergeben, weil er aufgrund früherer freundschaftlicher Kontakte Begnadigung erhofft habe. Caesar habe ihm aber gerade das vorgeworfen; die frühere Freundschaft habe die jetzige Schuld nur vermehrt. Deshalb habe er ihm sein Mitleid verweigert und ihn fesseln lassen. Ansonsten berichten über die Kapitulation noch Plutarch (Caesar 27) und Florus (1,45), die beide die Szene schildern, wie Vercingetorix stolz und majestätisch zu Caesar kommt und sich ergibt.
Wenn man Cassius Dio zugrundelegt, müsste man eher der Hass-Theorie folgen. Nur passt Dios Schilderung halt nicht mit der des Augenzeugen Caesar zusammen, der nur knapp anmerkt, dass Vercingetorix übergeben wurde: "Vercingetorix deditur", also passiv. Damit lassen sich die Erzählungen vom würdevollen Herauskommen Vercingetorix' kaum vereinbaren. Wenn das aber nicht stimmt, kann man auch auf die Schilderung von Caesars Vorwürfen kaum etwas geben.
 
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