Hat Wilhelm II. Schuld am Ausbruch des Ersten Weltkriegs?

MissSunshine

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Hallo ihr Lieben!,

ich hab ein riesen Problem. Ich muss für meine Seminararbeit die Frage erörtern :

Hatte Kaiser Wilhelm II Schuld am Ausbruch des ersten Weltkriegs - ja oder nein?

ich bräuchte zwei Historiker die jeweils die gegensätzliche Meinung vertreten. Kennt einer Bücher darüber oder Historiker, die sich damit beschäftigt haben? Ich finde nämlich nichts. Und ich brauch drigend mal Informationen!

Wär super glüklich,wenn sich bald jemand melden würde!

Liebe Grüße

Miss Sunshine
 
ich hab ein riesen Problem. Ich muss für meine Seminararbeit die Frage erörtern: Hatte Kaiser Wilhelm II Schuld am Ausbruch des ersten Weltkriegs - ja oder nein?

Was meinst Du mit Seminararbeit? Siehe hier:
http://www.geschichtsforum.de/f82/erste-hilfe-und-einf-hrung-fragen-antworten-37263/

Hier wirst Du reichlich fündig, inkl. Literaturangaben:
Fischer-Kontroverse ? Wikipedia

Diskussionen zB hier:
http://www.geschichtsforum.de/f62/w...eifellos-gro-e-schuld-am-kriegsausbruch-6895/
 
Hatte Kaiser Wilhelm II Schuld am Ausbruch des ersten Weltkriegs - ja oder nein?

Die Fragestellung gefällt mir nicht, denn sie rückt Wilhelm in eine Rolle, die er nicht innehatte und die er auch gar nicht spielen konnte. Er war nicht der absolutistische Herrscher oder Diktator, der mal eben so einen Weltkrieg vom Zaum brechen konnte.

Klar hat er in den Jahren vor 1914 durch tölpelhafte Äußerungen und ungeschicktes Auftreten nicht gerade im Sinne der außenpolitischen Entspannung gewirkt; der Kriegsausbruch ist aber mehr den komplizierten Bündnisverpflichtungen geschuldet, die zu einem unheilvollen Automatismus geführt haben, und weniger dem Agieren einzelner Personen.

Im Laufe des Krieges wurde Wilhelm ohnehin immer mehr zu einer reinen Gallionsfigur; die eigentliche Macht lag bei der Obersten Heeresleitung.
 
der Kriegsausbruch ist aber mehr den komplizierten Bündnisverpflichtungen geschuldet, die zu einem unheilvollen Automatismus geführt haben, und weniger dem Agieren einzelner Personen.

Diese generelle Einschätzung kann ich ehrlich nicht nachvollziehen, nachdem Silesia, Turgot und andere die durchaus relevante und dynamisierende Rolle einzelner Personen ausführlich dargestellt haben.

Am 8.7.1914 schreibt beispielweise Riezler: "Vielleicht entschließt sich der alte [Ö-U]Kaiser doch nicht, meint der Kanzler [Bethmann]. Und verweist deutlich auf die personengebundene Entscheidung.

Es gab sicherlich auch Automatismen, die verhängnisvoll waren und es gab auch Bündnisverpflichtungen (ob die kompliziert waren sei dahingestellt), aber das erklärt nicht den Ausbruch des WW1. Und diese "Automatismen" konnten jederzeit durchbrochen werden!

Aber vor allem sollte mit der Entscheidung bzw. Androhung von Krieg ein wichtiger Prozess unterbrochen werden. Der anhaltende relative politische und militärische Abstieg der Mittelmächte. Und für diese Zielsetzung stand KW2 und ein Teil seiner Berater.

Es war im Interesse des deutschen Militärs, dass er ausbricht, spätestens seit 1912, und aus diesem kleinen Kreis beteiligter Personen kam dann auch die endgültige Entscheidung für den Krieg!

Aber vielleicht kannst Du die "Automatismen" kurz darstellen, die losgelöst vom Zugang der politischen Entscheider, vorhanden waren.
 
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Aber vielleicht kannst Du die "Automatismen" kurz darstellen, die losgelöst vom Zugang der politischen Entscheider, vorhanden waren.

Ich denke mal, die Automatismen, die zum Ausbruch des Krieges geführt haben, dürften allgemein bekannt sein.;)

Das Thema dieses Threads heißt "Hat Wilhelm II. Schuld am Ausbruch des 1. WK?". Ich habe vorhin geschrieben, das ich diese Fragestellung als unglücklich betrachte. Würde es heißen "Hatte er Mitschuld...?" könnte man, dies bejahend, näher darauf eingehen. Aber wenn es nur "Schuld" heißt, hat das etwas Originäres an sich (im Sinne von Alleinschuld), das ich nicht mit einem Ja beantworten kann.
 
Ich denke mal, die Automatismen, die zum Ausbruch des Krieges geführt haben, dürften allgemein bekannt sein.;)

Nein mir nicht! Es gab eine negative außenpolitische Entwicklung für das Kaiserreich, die jedoch maßgeblich selber verschuldet war. Also auch handlungsbasiert war!

Es gab Analysen im DR und präformative Entscheidungen, wie aus 1912, die sich dieser Entwicklung bewußt waren. Und im Sinne des Duchtrennens eines "gordischen Knotens" auf den Krieg zusteuerten.

Und es gab 1914 einen Anlass für einen Bündnisfall, der so oder so hätte entschieden werden können, wie obiges Zitat kurz belegt!

Es gab aber auch im Rahmen der militärischen Planungen einen Zeitplan, der so päzise getimt war, dass einzelne Ziele (z.B. Brüssel) bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erobert sein mußten.

Das ist der einzige "Automatismus", den ich kenne, der einen Zeitdruck ausübte und englische Vermittlungsbemühungen ins Leere laufen ließ.

Aber auch diese militärischen Planungen wären jederzeit unterbrechbar gewesen, allerdings mit einem "Gesichtsverlust" für das DR verbunden, den man ja gerne der Entente zufügen wollte.

Aber Du kannst mir sicherlich einen Autor benennen, der die "Automatismus"-These vertritt, dann lese ich gerne nach.
 
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Aber auch diese militärischen Planungen wären jederzeit unterbrechbar gewesen, allerdings mit einem "Gesichtsverlust" für das DR verbunden, den man ja gerne der Entente zufügen wollte.
Interessant finde ich in diesem Kontext eine Studie zur Außenpolitik Frankreichs in der Julikrise von Stefan Schmidt, in der Reihe Pariser Historische Studien erschienen. Hier mal ein Auszug aus der Rezension von Sehepunkte:
"Frankreich habe sich nach der Entscheidung für eine militärische Strategie der "offensive à outrance" (157) in große Abhängigkeit von militärischen Sachzwängen begeben. Die französische Mobilmachung musste entweder schneller ablaufen als die deutsche, oder früher beginnen (343). Die letztere Option hätte allerdings Frankreich mit dem Odium des Aggressors belastet und sei deswegen verworfen worden. Es sei gelungen, die Mobilmachung so geschickt einzuleiten, dass sie als Reaktion auf deutsche Maßnahmen dargestellt werden konnte. Das eigene Land sei so zu erwartenden militärischen Nachteilen ausgesetzt, der politische Gewinn aber eingefahren worden. Die Bereitschaft, die belgische und luxemburgische Neutralität um eines militärischen Vorteils willen zu verletzen, war auch in Frankreich vorhanden (158). Dennoch sei die Entscheidung trotz massivsten Drucks des französischen Generalstabs gegen den Neutralitätsbruch gefallen, letztlich, weil "militärische und politische Staatsraison" (162) die britische Unterstützung für unverzichtbar gehalten hätten: Der politische Primat blieb demnach gewahrt. Dennoch habe die französische Offensivstrategie den außenpolitischen Spielraum Frankreichs erheblich eingeengt. Denn sie verlangte unverzichtbar den russischen Alliierten, der möglichst schnell durch massive Militärschläge für Entlastung sorgen musste: der drohende Zwei-Fronten-Krieg sollte Deutschlands Angriffspotential schwächen. Enorme französische Gelder flossen zu diesem Zweck in den Aufbau einer militärisch nutzbaren Infrastruktur im Westen Russlands und verschärften so die Bedrohung Deutschlands. In der eskalierenden Julikrise musste als Folge seiner Militärstrategie, so Schmidt, Frankreich den russischen Verbündeten zur schnellen Mobilmachung drängen. Das Versprechen Poincarés im Ernstfall die Bündnispflicht gegenüber Russland zu erfüllen, sei so zu erklären. Militärische Sachzwänge als Krisenbeschleuniger konstatiert Stefan Schmidt also auch in Frankreich.
Militärische Sachzwänge, Offensivkult, politische und militärische Fehleinschätzungen sowie ein übersteigertes Großmachtprestige kennzeichnen Frankreichs Weg in den Großen Krieg. Auch wenn die französischen militärischen Planungen durchaus offensiv gewesen seien, auch wenn Frankreich den russischen Verbündeten nicht zurückgehalten sondern eher angetrieben habe, dennoch erkennt Stefan Schmidt keine Anzeichen für einen Angriffs- oder Präventivkrieg Frankreichs - aber eben auch keine Zwangsläufigkeit der politischen Lage, die unvermeidbar in den Großen Krieg münden musste. Seine Forschung belegt, dass Frankreichs Anteil am Kriegsausbruch größer war als man einem "minor player" zugestehen würde."
(SEHEPUNKTE - Rezension von: Frankreichs Außenpolitik in der Julikrise 1914 - Ausgabe 10 (2010), Nr. 1)


Bei H-soz-kult wurden Schmidts Schlussfolgerungen nicht gerade positiv bewertet. Mir scheint die Rolle Großbritanniens, des Deutschen Reichs und Österreich-Ungarns im Gegensatz zu Frankreich recht gut erforscht zu sein. Vielleicht hilft das Buch einige neue Blickwinkel zu eröffnen.
 
Diese generelle Einschätzung kann ich ehrlich nicht nachvollziehen, nachdem Silesia, Turgot und andere die durchaus relevante und dynamisierende Rolle einzelner Personen ausführlich dargestellt haben.

Wo haben sie das ausführlich dargestellt?

Und es gab 1914 einen Anlass für einen Bündnisfall, der so oder so hätte entschieden werden können, wie obiges Zitat kurz belegt!
Es gab aber auch im Rahmen der militärischen Planungen einen Zeitplan, der so päzise getimt war, dass einzelne Ziele (z.B. Brüssel) bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erobert sein mußten.
Das ist der einzige "Automatismus", den ich kenne, der einen Zeitdruck ausübte und englische Vermittlungsbemühungen ins Leere laufen ließ.

Dennoch habe die französische Offensivstrategie den außenpolitischen Spielraum Frankreichs erheblich eingeengt. Denn sie verlangte unverzichtbar den russischen Alliierten, der möglichst schnell durch massive Militärschläge für Entlastung sorgen musste: der drohende Zwei-Fronten-Krieg sollte Deutschlands Angriffspotential schwächen.
...
Das Versprechen Poincarés im Ernstfall die Bündnispflicht gegenüber Russland zu erfüllen, sei so zu erklären. Militärische Sachzwänge als Krisenbeschleuniger konstatiert Stefan Schmidt also auch in Frankreich.

Das sind z.B. zwei Automatismen, die meine Aussage bestätigen. Weitere wären z.B. das Bündnis DR – ÖU oder die britische Garantie für die Neutralität Belgiens.

Aber Du kannst mir sicherlich einen Autor benennen, der die "Automatismus"-These vertritt, dann lese ich gerne nach.

Zitat Wiki:
Auch der Militärhistoriker John Keegan sah den Ersten Weltkrieg 1999 nicht durch absichtsvolles Handeln der Mächte verursacht, sondern durch den verhängnisvollen Automatismus der Bündnisse
(John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie, Rowohlt Verlag, Reinbek 2001)

Aber wie ich schon zuvor geschrieben habe, kommen wir vom Thema ab…
 
Auch der Militärhistoriker John Keegan sah den Ersten Weltkrieg 1999 nicht durch absichtsvolles Handeln der Mächte verursacht, sondern durch den verhängnisvollen Automatismus der Bündnisse
(John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie, Rowohlt Verlag, Reinbek 2001)

Keegan schreibt: The Kaiser in practice did not,..., when he alone might have put brakes to the inexorable progression of the Schlieffen Plan, ....panicked and let a piece of paper [der Schliefen Plan] determine events. (Keegan: The First Wordl War, New York, Knopf, 1999, S. 47).

Diese Stelle belegt, neben Rietzler, die Möglichkeit zum Griff in die Speichen des Geschichtsprozesses.

Und sie belegt zudem, dass bei Wiki nicht selten merkwürdige Aussagen zu finden sind.

Aber lassen wir es dabei.
 
Klar hat er in den Jahren vor 1914 durch tölpelhafte Äußerungen und ungeschicktes Auftreten nicht gerade im Sinne der außenpolitischen Entspannung gewirkt; der Kriegsausbruch ist aber mehr den komplizierten Bündnisverpflichtungen geschuldet, die zu einem unheilvollen Automatismus geführt haben, und weniger dem Agieren einzelner Personen.

Diese Ansicht teile ich nicht. Es wurde durchaus auf deutscher Seite an der Herbeiführung des Krieges gewirkt. hervorhebenswert sind hier beispielsweise das Auswärtige Amt, der Kriegsmnister von Falkenhayn und die diplomatischen Vertreter des Reichs in Wien. Angeblich war man auf deutscher Seite bemüht, darum den sich anbahnenden militärischen Konflikt zu lokalisieren, aber wie passt das mit den eindringlichen Mitteilungen des deutschen Botschafter in London, Lichnowsky, zusammen, der das Vertrauen Bethmann Hollwegs genoß, das Großbritannien an der Seite Frankreichs in dem Krieg eintreten würde, wenn das Deutsche Reich dieses angreifen sollte. Wenn Bethmann auch lange zeit die Auffassung vertrat, Großbritannien heraushalten zu können, so war das entweder naiv oder schlicht Heuchelei.

Als beispielsweise der Leiter des Zentralabteilung des Reichsmarineamts, Kapitän Hopmann, im Dezember 14, den damaligen Marineattache in Wien fragte, wer denn nun den Krieg gemacht hätte, antwortete dieser:"Wir." (1) Tschirschky habe sich durch entsprechende Äußerungen Wilhelms veranlaßt gesehen "scharfe Töne" aufzuziehen und die Österreicher getrieben. (2)

Flankiert wurden diese Bemühungen durch Bethmann und Jagow. Am 28.Juli wurde Wilhelm II. der Inhalt der serbischen Antwortnote auf das Ultimatum von Österreich-Ungarn vorgetragen. Seine Reaktion: "Eine brilliante Leistung von bloß 48 Stunden. Das ist mehr, als man erwarten konnte! Ein großer moralischer Erfolg für Wien; aber damit fällt jeder Kriegsgrund fort, und gisl hätte ruhig i Belgrad bleiben sollen! Daraufhin hätte ich niemals Mobilmachung befohlen" (3)

Er wies jetzt den Staatssekretär des Auswärtigen Amtes von Jagow, unter Umgehung des Reichskanzlers, in Wien jetzt daraufhinzuwirken, das die Antwortnote sehr befriedigend ausgefallen sein und es genüge ein sogenanntes Faustpfand, hier Belgrad, zu besetzten. Kurze Zeit später frühstückte der kaiser mit dem Kanzler und dem Kriegsminister von Falkenhayn. Falkenhayn notierte sich dazu: " Er (Wilhelm) hält wirre Reden, aus denen nur klar hervorgeht, dass er den krieg jetzt nicht mehr will und entschlossen ist, um diesen Preis selbst Österreich sitzen zu lassen. Ich mache ihn darauf aufmerksam, dass er die Angelegenheit nicht mehr in der hand hat.(4)

Im Auswärtigen Amt hatte man allerdings ganz andere Vorstellungen. Der vortragende Tat Wilhelm von Stumm manipulierte Wilhelms Aussagen und schwächte sie in einigen entscheidenen Punkten ab. Wilehm.II wollte sogar das ein persönliches Handschreiben an Franz-Joseph abgeht. Von Stumm schickte lediglich ein Erlaß des Reichskanzler an den deutsche Botschafter Tschirschky, aus dem ganz klar hervorgeht, er könne mit seinem Krus der Kriegstreiberei fortfahren und dürfe keineswegs den Eindruck erwecken, das Deutsche Reich würde Österreich-Ungarn zurückhalten. (5)

Wilhelm wurde hier also ganz klar ausgebremst, denn der Kanzler und Jagow haben sich mit der Depesche an Tschirschky auch noch reichlich Zeit gelassen. Man hatte dort kein Interesse daran den bevorstehenden Krieg zu verhindern; im Gegenteil.

Am 29.Juli hat das AA seinen diplomatischen Vertreter in Brüssel ein verschlossenes Kurvert geschickt. Dieses sollte er erst öffnen, nachdem Belgien das deutsche Ultimatum, es wurde verlangt deutsche Truppen widerstandslos durchmarschieren zu lassen, negativ beschieden hat.(6) Es wurde weiter fleißig am Kriegsausbruch gearbeitet.


Moltke betrieb, entgegen der Anweisung Bethmann, am 30.07. quasi eine Nebenaußenpolitik. Er kabelte an Conrad:" Russische Mobilisierung durchhalten; Österreich-Ungarn muss erhalten bleiben; gleich gegen Russland mobilisieren. Deutschland wird dann auch mobilisiern." (7)
Das war schon ein ziemlicher Hammer und ein krasse Eigenmächtigkeit Motlkes. Aber auch Flakenhayn ha permanent zum Kriege getrieben.

Das bedeutet natürlich nicht, das die anderen Mächte unschuldig am Ausbruch des Krieges sind. Poincarre hat bei seinem Besuch im Juli 14 in Petersburg auch ordentlich Öl ins Feuer gekippt und Grey muss sich den heftigen Vorwurf gefallen lassen, nicht frühzeitig und eindeutig Stellung bezogen zu haben. Die Russen mit ihrer Mobilmachung haben auch einiges zu verantworten.




(1) Tagebuch Hopmann vom 28.12.14

(2) Tagebuch Hopmann vom 28.12.14 hier zitiert nach wilhelminsche Flottenrütung von Epkenhans

(3) Meyer-Arndt, Julikrise 1914

(4) BA-MA, Falkenhayn, Tagebuch, W-10/50635

(5) Meyer Arndt, Julikrise 1914

(6) Jagow an Below, 29.07.14, Deutsche Dokumente 375

(7) Conrad, Dienstzeit Band IV, S.152
 
Empfehle dazu die Kaiser-Wilhelm Biographie von Dr. Eckehard Korthals. Korthals ist m:E. einer der wenigen Biographen, die neutral und nicht voreingenommen an die Person und das Wirken von Wilhelm II. herangetreten sind.
 
@Gunny: Der Umkehrschluss, dass alle anderen Autoren nicht neutral gewesen sind und auch nicht unvoreingenommen, bedarf sicherlich eines weitergehendes Belegs.
 
Da könnte man einige hervorragende Analysen bringen, zB:

Brenner, Thomas Hartmut: Die Strahlen der Krone - Die religiöse Dimension des Kaisertums unter Wilhelm II vor dem Hintergrund der Orientreise 1898.

Man mag ja zur Fischer-Kontroverse stehen, wie man will: Turgot hat oben auf den entscheidenden Zeitraum 1912/14 hingewiesen und insbesondere die Aktivitäten in der Juli-Krise beschrieben. Selbst wenn man Fischer nicht folgt, und den Kriegsrat vom Dez.1912 als Beschluss zum Präventivkrieg bei nächster Gelegenheit wertet: dann bleibt die Frage nach der anderweitigen Interpretation.

http://www.geschichtsforum.de/f58/kaiser-wilhelm-ii-schattenkaiser-oder-autokrat-29205/
 
Die Bewertung des dt. Kaiserreiches bzw. der Person Kaiser Wilhelms war doch lange Zeit der Lackmustest für Historiker an deutschen Universitäten: wer nicht Fischer folgte bzw. eine ähnliche Position vertrat, war schon leicht verdächtig (Stichwort: "Präfaschismus").
 
Umso angenehmer ist es ja für unsere Diskussionen, die reichliche Literatur und die Deutungen der Fakten unbelastet vornehmen zu können und die Argumente abzuwägen.

Genau darauf war mein Hinweis gerichtet, mit Fischer und seinen Kontrahenten konstruktiv umzugehen. Das hier fasst es gut zusammen:
Fischer-Kontroverse ? Wikipedia
 
Diese Ansicht teile ich nicht. Es wurde durchaus auf deutscher Seite an der Herbeiführung des Krieges gewirkt.

Schöner Beitrag. Aber zeigen deine gut recherchierten Fakten nicht gerade, daß Wilhelm eben keinen großen Krieg wollte?
Um auf den Titel des Threads zurückzukommen: Beschränkt sich seine "Schuld" nicht tatsächlich darauf, tölpelhaft mit dem "Degen gerasselt" und dann nicht auf die Kriegstreiber und deren Machenschaften im eigenen Stab geachtet zu haben?
 
Unschuldig ist Wilhelm am Krieg nicht. Immerhin hatte er ja nachmittags am 05.Juli 1914 den Botschafter Österreich-Ungarns den Blankoscheck ausgehändigt, obwohl er vormittags noch wesentlich, wegen möglicher „ernster europäischer Komplikationen“ bedächtiger gehandelt hat und einer Festlegung ausgewichen war.
Am Nachmittag aber sagte Wilhelm Szögyény die deutsche vorbehaltlose Unterstützung, auch im Falle eines Eingreifen Russlands, zu.
Hier stellt sich doch die Frage, weshalb sich Wilhelm nicht mit seinem Kanzler und Staatssekretär des Äußeren in einer so wichtigen Frage beraten hat?
Das ist ganz wichtig, denn erst jetzt wurden in Wien die Weichen endgülitg auf Krieg gestellt. Szögyény hatte Wilhelm nämlich über diesen Punkt glatt belogen, in dem er ausführte dass das ganze Reich in dieser Frage einig sei. Das ist und war falsch. Graf Tisza war gegen den Krieg und ließ sich erst durch die Zusage Wilhelms umstimmten. Des Weiteren behauptete Berchthold, dass das Deutsche Reich zum Losschlage riete. Das ist so auch nicht korrekt. In Wien wurde von Seiten der interessierte Kräfte auch manipuliert.
Man wollte in Wien wie entsprechende Kreise im Deutschen Reich auch den Krieg um, bevor es zu spät sit, Frankreich und Russland entscheidend schlagen. Je eher desto besser, denn die Zeit arbeitete gegen die Mittelmächte und das Attentat von Sarajewo lieferte den Anlass. Jetzt musste alles getan werden, damit diese "Chance" nicht ungenützt vorübergeht.
In Wien jedenfalls war man sich bewusst, das der Krieg wohl nicht zu lokalisieren sei. Conrad gab in der Ministerratssitzung schon den wahrscheinlichen Verlauf eines europäischen Krieges zu Protokoll. Gleichzeitig führte er aus, dass die Aussichten in einem Kampfe gegen Russland, Serbien und Rumänien nicht günstig seien. (1)

(1) Hoffmann, Spung ins Dunkle, S.196
 
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