"haud procul" und seine Bedeutung bei Tacitus

Dieses Thema im Forum "Das Römische Reich" wurde erstellt von El Quijote, 16. August 2009.

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  1. Tib. Gabinius

    Tib. Gabinius Aktives Mitglied

    In Wahrheit sind beides nur "ungefähr" angaben.
    Weder waren exakte Stammesgrenzen bekannt, eher "Übergangsregionen", wie es hier ja auch schonmal angesprochen wurde, noch war davon auszugehen, dass die Grenzen sich 100 Jahre exakt so gehalten haben im doch recht aktiven Zwischenspiel der germanischen Stämme. Das, was Plinius als Kommandeur also kennen gelernt hat unterscheidet sich von dem, wie es sich zu Tacitus' Schreiberzeiten darstellt ebenso wie von dem, was zu Varus' Zeiten vorlag.
    Dazu kommt die Unwissenheit des Autors Tacitus, der wie gesagt wohl eher auf "Papiere" und dritte Hand zurückgegriffen hat und dies für eine Clientel schrieb, die ebenfalls nie Germanien oder zumindest nicht das rechtsrheinische Germanien gesehen hat (selbst im Fall von Soldaten und Offizieren nicht als "geopolitische Karte").
    Damit ist diese Begrenzung aus einem uns unbekannten Zeitrahmen traduiert, wenn sie korrekt ist. Wahrscheinlich ist in jedem Fall aber eine grobe Einordnung, so in etwa das unscharfe Fingerfuchteln eines Schülers, der auf einer geographischen Karte einen beliebigen, kleinen, ihm vollkommen gleichgültigen und daher nur vage bekannten Staat zeigen soll.
    "Etwa da".
     
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  2. Maelonn

    Maelonn Gesperrt

    Das halte ich auch für die plausibelste Erklärung. Allerdings irrtiert dabei Tacitus´ Wortwahl. Wenn er nur auf eine grobe Region hätte hindeuten wollen, wären Angaben wie "nördlich der Lippe", "zwischen Weser und Ems", "westlich des Landes der Cherusker" oder "mehrere Tagesmärsche von Aliso entfernt" genauso aussagekräftig für seine römische Leserschaft gewesen. Die Forumlierung "haud procul saltus teutoburgiensis" liest sich aber so, als wäre damit alles gesagt. Als wäre damit ein ganz bestimmter Ort genau bezeichnet. Irgendwo habe ich mal die Theorie gelesen, dass Tacitus mit "saltus" nicht Berg/Sprung/Wald gemeint hat sondern dass der Begriff hier der Name eines Flusses sein könnte. Dann wäre die Ortsangabe in der Tat recht präzise gewesen. Allerdings: Selbst wenn es so wäre, würde uns das nicht weiterhelfen, da niemand weiß, wie der Fluss heute heißt...
     
  3. tela

    tela Aktives Mitglied

    Die Bezeichnung "saltus teutoburgiensis" ist ja schon etwas sehr genaues, weil es eben etwas ist, was einen Namen hat, egal, ob jetzt Fluss, Berg, Wald oder sonst irgendetwas. Die Verwendung dieses Namens könnte schon darauf hin deuten, dass sowohl Tacitus als auch seine Leser wussten, was damit gemeint war, dass es also ein Punkt war, der auf einer römischen Landkarte des römischen Germaniens bekannt war, ein Punkt, bei dem der gebildete Römer sagen konnte: Ach ja, da in der Gegend ist das damals passiert.

    ..., was sich hinter saltus teutoburgiensis genau verbirgt, was haud procul genau meint usw.

    Wenn Tacitus also damit eine sehr genaue Lokalisierung abgeben sollte, können wir damit leider dennoch nichts anfangen, da wir nicht über die Kenntnisse verfügen, die Tacitus hatte und die er vielleicht bei seinen Lesern voraussetzen konnte. :weinen:
     
  4. Nicole H.

    Nicole H. Gast

    „Zwischen Weser und Ems“ ?
    Du meintest sicher „zwischen Ems und Lippe“.
    Hier noch einmal die einzigen beiden geographischen Angaben zum Varusschlachtfeld bzw. Grabhügel, die uns überhaupt vorliegen:


    Für 15 n.Chr. notiert Tacitus:
    Tac. Ann. I, 60:
    „Die Bructerer, die selbst ihr Hab und Gut verbrannten, schlug L.Stertinius, den Germanicus mit einer leichten Heeresabteilung abgesandt hatte. Während des Mordens und Plünderns fand er den Adler der neunzehnten Legion, der unter Varus verlorengegangen war. Dann führte er sein Heer weiter bis zu der äußersten Grenze der Bructerer, und das ganze Gebiet zwischen den Flüssen Amisia und Lupia, nicht weit entfernt von dem Teutoburger Wald, in dem, wie es hieß, die Überreste des Varus und seiner Legionen unbegraben lagen, wurde verwüstet.“

    Für 16 n.Chr. schreibt er:
    Tacitus II, 7:
    „ Aber während die Schiffe herangeführt wurden, befahl Germanicus dem Legaten Silius, mit einer leicht beweglichen Truppe in das Land der Chatten einzufallen. Er selbst führe auf die Nachricht, das an dem Flusse Lupia angelegte Kastell werde belagert, sechs Legionen dorthin. (…) Dem Caesar gaben die Belagerer keine Gelegenheit zu einem Kampfe. Sie verschwanden bei der Kunde von seinem Erscheinen. Jedoch hatten sie den erst kürzlich für die Legionen des Varus errichteten Grabhügel und einen früher für Drusus gebauten Altar zerstört. Diesen stellte der Princeps wieder her und veranstaltete selbst an der Spitze der Legionen einen Vorbeimarsch. Den Hügel zu erneuern hielt er nicht für angebracht. Das ganze Gebiet zwischen dem Kastell Aliso und dem Rhein wurde mit neuen Grenzwegen und Dämmen befestigt.


    Fazit:
    1. Das Gebiet zwischen Ems uns Lippe liegt nicht weit vom „teutoburgiensi saltu“ entfernt. Also: topographische Karte (mit Höhenzügen!) von Nordwestdeutschland zur Hand nehmen und nachschauen.

    2. Auch die Zerstörung des Grabhügels wird bemerkt, als ein Lager an der Lippe entsetzt wird.

    Der Fluss Lippe scheint bei der Lokalisierung des Varusschlachtfeldes/ Grabhügels schon recht hilfreich gewesen zu sein.
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 27. August 2009
  5. salvus

    salvus Aktives Mitglied

    @Nicole H.:

    Natürlich könntest Du mit Deinen Vermutungen durchaus Recht haben.

    Ich fasse mal zusammen:

    Germanicus vereinigt sein Herr an der Ems (Rheine). Er stößt in südöstliche Richtung vor. Er gelangt an die äußerste Grenze der Brukterer. Unterstellt man die südliche Begrenzung, dann könnte das irgendwo an der Lippe zwischen Hamm und z.B. Lippstadt gewesen sein. Und dann?

    Ja dann sind wir schon fast im Arnsberger Wald!:D

    Da gibt es ja auch entsprechende Vermutungen...:pfeif:
     
  6. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Warum eigentlich Rheine? Warum nicht Greven? Oder Emsdetten? Oder Lingen?
     
  7. tela

    tela Aktives Mitglied

    Solange wir uns einig sind, dass es nichts mehr als Vermutungen sind.

    Tacitus schreibt: Und damit der Krieg nicht auf einmal mit aller Macht losbreche, schickte er Caecina mit 40 römischen Kohorten, um den Feind zu zersplittern, durchs Bruktererland an die Ems, die Reiterei führte der Präfekt Pedo im Gebiet der Friesen, er selbst schiffte vier Legionen ein und fuhr durch die Seen: und gleichzeitig trafen Fußvolk, Reiterei und Flotte an dem oben erwähnten Fluss ein.

    Von einem Treffpunkt bei Rheine steht da nicht das geringste. Vor allem fällt Rheine dann weg, wenn die Ems in früherer Zeit weiter schiffbar war, als es heute der Fall ist. Ein Treffpunkt in Rheine ist eine Vermutung, nicht mehr.

    Eine Stoßrichtung lässt sich aus dem Text bei Tacitus überhaupt nicht rauslesen.

    Tacitus schreibt: Die Brukterer, die ihr eigenes Land verheerten, schlug L. Stertinius mit einer leichten Abteilung auf Weisung des Germanicus in die Flut, und während des Mordens und Plünderns fand er den Adler der 19. Legion wieder, der mit Varus verlorenen gegangen war.

    Ja. Unterstellt man eine andere Richtung, wo die äußersten Gebiete der Brukterer gewesen sein sollen, dann kommt man in eine andere Gegend.

    Und weit weg von dem, was man aus Tacitus direkt rauslesen kann.
     
  8. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Greven ist der traditionelle Endpunkt der Emsschifffahrt.
     
  9. salvus

    salvus Aktives Mitglied

    Klar warum nicht!

    Die aufgestellte These kann eine von vielen sein!

    Nichts weiteres wollte ich mit meinem Beitrag aussagen.

    Nichts genaues weiß man wirklich.:weinen:
     
  10. salvus

    salvus Aktives Mitglied

    Nun zunächst einmal ist der Arnsberger Wald wohl "haud procul" vom Gebiet zwischen Ems und Lippe. Niemand kann mir sagen ob Tacitus nicht vieleicht dieses Gebiet mit saltus teutoburgensis gemeint hat.

    Seis drum:

    Ich habe lediglich geäußert, daß ich eine Vermutung von jemanden durchaus nachvollziehen kann. Aber in einem sind wir uns einig:

    Es ist und bleibt eine Vermutung.

    Und: Es gibt zahlreiche andere Vermutungen - die ich wohl ebenfalls nachvollziehen kann.:autsch:
     
  11. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Was die Sauerlandhypothese angeht, so argumentiert Neubourg 1885 - auch wenn das nicht gegen die Sauerlandhypothese gerichtet ist, sondern gegen Mommsens Vorschlag, die Varusschlacht bei Barenau (also Kalkriese) zu suchen -, dass Tacitus kein einziges Mal schreibe, dass die Römer die Ems überquert hätten. Neubourgs Behauptung: Was auch immer Tacitus rafft, Flussüberquerungen beschreibt er immer: "Wer diese ultimi Bructerorum des Tacitus sind, liegt, wenn man eben die Marschrichtung des Germanicus im Auge behält, klar auf der Hand. Es können keine anderen Bructeri gemeint sein, als diejenigen, welche zwischen den Quellen der Ems und Lippe wohnten. Die Römer waren, wie sich aus tac. Annal. 1, 60 - 63 ergibt, zwischen Ems und Lippe hingezogen - und zwar von Norden anch Südosten - ohne einen von beiden Flüssen zu überschreiten; einen etwaigen Übergang hätte Tacitus erwähnt und erwähnen müssen, wie er es in ähnlichen Fällen zu thun pflegt."*
    Neubourg nennt natürlich auch einige Fälle, wo das der Fall ist, meines Erachtens ignoriert er dabei aber, dass in diesen Fällen die Flussüberschreitung nicht bloß ein Akt geographischer Deslozierung ;) war, sondern immer im Zusammenhang mit einem anderen Ereignis gesehen wurde. Z.B. erwähnt Tacitus auch nicht extra, dass Caecina den Rhein überschritten hat, obwohl das auf der Hand liegt.

    Für Neubourg ist Tacitus im Übrigen nicht nur der einzige, mit de Varusschlacht überhaupt annähernd lokalisieren lässt, sondern überhaupt der Hauptbelastungszeuge.

    *Kursiv, was bei Neubourg in Latina statt in Fraktur abgedruckt ist, fett, was bei Neubourg durch A u s e i n a n d e r s c h r e i b u n g hervorgehoben ist.
     
  12. tela

    tela Aktives Mitglied

    Um mal darauf zurückzukommen, was Tacitus denn mit haud procul wirklich gemeint haben könnte, hier mal die Übersetzungen der ersten Textstellen und meine Ansichten dazu.

    Inzwischen versuchte Piso ohne Erfolg, die in geringer Entfernung wartende Flotte anzugreifen.

    Interpretation: Hier wird ein Geschehen geschildert, das sich wirklich in unmittelbarer Nähe abspielt.

    zuletzt schloss er nicht weit vom Pagydafluss eine römische Kohorte ein.

    Interpretation: Auch hier würde ich das Geschehen unmittelbar am erwähnten Fluss lokalisieren.

    Denn nicht lange zuvor hatte Iulia, als sie ganz in der Nähe des Theaters des Marcellus...

    Interpretation: Ein Geschehen innerhalb Roms, daher wohl auch in unmittelbarer Nähe zum Marcellustheater zu sehen.

    In Thrakien behaupteten sich Rhoimetalkes und die Söhne des Kotys, das Ufer der Donau beherrschten 2 Legionen in Pannonien, wei in Moesia, während ebensoviele in Dalmatien standen, die nach der Lage dieses Gebietes jenen Rückendeckung boten und, wenn Italien plötzliche Hilfe verlangen sollten, ganz aus der Nähe herbeigeholt werden konnten.

    Interpretation: Im Gegensatz zu den bisherigen Stellen ist hier eine deutlich größere Entfernung gemeint. Von Dalmation bis nach Italien ist es ein ganz schönes Stück, bis Rom sehr weit.

    als sie näher heranrückten, wurden sie durch einen plötzlichen Ausfall in Verwirrung bebracht und unter dem Schutz einer Kohorte Sugambrer zurückgenommen, die der römische Feldherr, da sie in Gefahren stets einsatzbereit war und durch den Lärm ihrer Schlachtgesänge und Waffen einen nicht minder grimmigen Eindruck machte, in der Nähe aufgestellt hatte.

    Interpretation: Ein Ereignis während einer Schlacht, als unmittelbare Nähe.

    Zwischen-Fazit:
    Bei einigen Stellen bezeichnet haud procul etwas, was sich wirklich in unmittelbarer Nähe abspielt (in Rom, während einer Schlacht). Dennoch zeigt die Dalmatien-Stelle, dass auch eine räumliche Entfernung damit angegeben sein kann, die doch deutlich davon abweicht.

    Es ergibt sich also im Augenblick durchaus ein Bild, dass haud procul zwar wirkliche Nähe meinen kann, aber nicht meinen muss!

    Die weiteren Stellen schau ich mir morgen an (oder jemand anderes macht sich die Mühe?)
     
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  13. salvus

    salvus Aktives Mitglied

    Noch eine Vermutung:

    Ich kann es einfach nicht lassen...;)

    Die Brukterer siedelten wohl zwischen Ems und Lippe. Die Quellen beider Flüsse sind nicht weit voneinander entfernt. Die äußere Grenze könnte also auch das Quellgebiet der Ems sein (Schloß Holte-Stukenbrock).

    Nicht weit entfernt davon ist: Detmold und der (heute bekannte) Teutoburger Wald!

    Nur so eine Vermutung...:red:

    @tela:

    Deine Untersuchungen der Textpassagen sind sehr interessant. Mehrheitlich spricht Tacitus wohl eher von kürzeren Entfernungen. Dann kommt allerdings eine Stelle mit deutlich größerer Entfernung. Vieleicht ist "haud procul" nichts anderes als eine Art "Floskel"?
     
    Zuletzt bearbeitet: 28. August 2009
  14. Timber

    Timber Neues Mitglied

    Wie wäre es, wenn es einfach nur ein relatives Maß ist, wie man das ja auch normalerweise erwarten würde? Im Bezugsrahmen einer Stadt wie Rom stelle ich mir als Fußgänger unter "keine Sorge, das Theater ist nicht weit von hier..." etwas völlig anderes vor als im Rahmen einer strategischen Planung, die sich auf das gesamte Imperium bezieht.

    Was ist für Germanicus "nah"? Das kommt drauf an, wieviel Zeit und Mühe sie das gekostet hat und was sie sonst noch so vorhatten...
     
  15. salvus

    salvus Aktives Mitglied

    Genau das meinte ich mit "einer Art Floskel".;)
     
  16. Timber

    Timber Neues Mitglied

    Na, dann sind wir uns ja wieder einig :eek:)

    Ich find's übrigens auch herrlich, über die Varusschlacht zu spekulieren. Es gibt so viele Teilinformationen und trotzdem ergibt das alles keinen richtigen Sinn. Und vielleicht hat Tacitus auch einfach alle Flußnamen durcheinandergewürfelt :eek:P
     
  17. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Reicht die eine Stelle, um Neubourgs These hinfällig werden zu lassen,oder stellen wir uns auf den Standpunkt, dass eine Schwalbe noch keinen Sommer macht und wir es hier mit dem statistischen Ausreißer zu tun haben?
     
  18. tela

    tela Aktives Mitglied

    Und schon war man in die Nähe des Meeres gekommen, das auf die Insel Hiberia zu liegt.

    Interpretation: Das Meer ist noch nicht erreicht, aber in greifbarer Nähe.

    Daraufhin begnadigte der Kaiser ihn selbst, seine Gattin und seine Brüder. Dann der Fesseln ledig, bezeigten sie auch Agrippina, die nicht weit entfernt auf einer anderen Tribüne die Blicke auf sich zog...

    Interpretation: direkte räumliche Nähe

    Und um sich durch edles Bemühen und nach Ruhm strebende Beredsamkeit auszuzeichnen, nahm er sich der Sache der Bewohner von Ilion an: Die Römer stammten ja von Troja ab, des julischen Geschlechts Ahnherr sei Aeneas; und indem er noch andere alte Geschichten, die der Sage sehr nahekamen, redegewand vortrug...

    Interpretation: anderer Gebrauch von 'Nähe', keine räumliche Entfernung

    Ja, sie gab sogar zum unberechtigt sei ihre Strenge gewesen, und übertrug aus ihrem Vermögen, das dem des Kaiser nicht viel nachstand, erhebliche Mittel auf ihn.

    Interpretation: anderer Gebrauch von 'Nähe'

    Das Schiff war noch nicht weit gefahren, und zwei aud dem Kreis der Vertrauten waren bei Agrippina als Begleiter, von denen Crepereius Gallus in der Nähe des Steuerruders stand.

    Interpretation: direkte räumliche Nähe

    Von da zog er ins Land der Taurauniten hiüber und entging dabei einer unvermuteten Gefahr. Denn nicht weit von seinem Zelt griff man einen Barbaren von höherem Rang mit einer Waffe auf.

    Interpretation: direkte räumliche Nähe

    In diesen Tagen lieferte Martius Macer nicht weit von Cremona ein glückliches Treffen. Unternehmungslustig, wie er war, ließ er nämlich seine Gladiatoren zum anderen Poufer übersetzen

    Interpretation: Da Cremona am Po liegt, ist hier auch ziemliche räumliche Nähe gemeint.

    Nicht weit davon stand der Prokurator Marius Maturus, der Vitellius die Treue hielt.

    Interpretation: direkte räumliche Nähe

    Der Kampf spielte sich nicht weit weg von Rom ab.

    Interpretation: Fidenae ist ca. 5 km vom Stadtzentrum entfernt, da der Kampf zwischen Fidenae und Rom stattfand, ist auch hier die Entfernung sehr gering.

    Auf der Gegenseite richtete sich die römische Schlachtlinie aus, nicht weit vom Rheinstrom entfernt.

    Interpretation: Eine Schlacht wohl direkt am Rhein, also direkte räumliche Nähe.

    Die während einer langen Friedenszeit in der Nähe des Lagers aufgeführten Bauten...

    Interpretation: direkte räumliche Nähe

    Die Stelle find ich gerade nicht... :red:

    Einige Sklaven, die ihnen in der Nähe von Pisos Schlafgemacht zufällig in den Weg liefen..

    Interpretation: direkte räumliche Nähe

    Mit diesen Truppen rückte er, alles auskundschaftend und zum Entscheidungskampf bereit, in wohlgeordnetem Heereszug ins feindliche Gebiet und schlug nicht weit von Jerusalem sein Lager auf.

    Interpretation: Das Lager wird sich sicher in relativer Nähe zur belagerten Stadt befunden haben.

    Schon waren sie der Erschöpfung nahe...

    Interpretation: anderer Gebrauch von 'Nähe'

    Nicht weit von da liegen Ebenen, die, wie es heißt, einst fruchtbar und mit großen Städten besiedelt waren...

    Interpretation: Auch hier ist eine relative Nähe bezeichnet.

    Zusammenfassung:

    Ich würde den Gebrauch von haud procul nach folgenden Kriterien gliedern:
    direkte Nähe (Sichtweite), relative Nähe (die '20 - 30 km), große Entfernung und anderer Gebrauch.

    Dann ergibt sich folgendes:

    direkte Nähe (8)
    Tac. ann. III, 64; Tac. ann. IV, 47; Tac. ann. XII, 37; Tac. ann. XIV, 5;
    Tac. ann. XIV, 24; Tac. his. III, 42; Tac. his. IV, 22; Tac. his. IV, 50

    relative Nähe (10)
    Tac. ann. II, 81; Tac. ann. III, 20; Tac. ann. IV, 71; Tac. ann. XII, 32;
    Tac. his. II, 23; Tac. his. III, 79; Tac. his. IV, 16; Tac. his. IV, 36;
    Tac. his. V, 1; Tac. his. V, 7

    große Entfernung (1)
    Tac. ann. IV, 5

    anderer Gebrauch (3)
    Tac. ann. XII, 58; Tac. ann. XIII, 13; Tac. his. V, 3

    plus die umstrittene mit dem Teutoburger Wald.

    In Prozent:

    direkte Nähe: 36,36%
    relative Entfernung: 45,45%
    große Entfernung: 4,45 %
    andere Verwendung: 13,63 %

    haud procul wird offenkundig schon meistens verwendet, um entweder ein Geschehen zu bezeichnen, dass sich in Sichtweite abspielte oder doch in relativ überschaubarer Entfernung. Nur eine Verwendung fällt wirklich komplett aus dem Rahmen - oder vielleicht zwei, wenn man haud procul dennoch auf den Raum Kalkriese beziehen will. Jedenfalls wäre die Varusstelle keine absolut singuläre, wenn man sie auf den Raum Kalkriese bezieht.

    Schlußfolgerungen? Was meint die Gruppe dazu?
     
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  19. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Mein Fehler, richtiges Buch, falsches Kapitel. :autsch: Korrekte Stelle: Tac. his. IV, 27. Beachte zwei Zitate vorher, da ist nämlich Tac. his. IV, 16 richtig. Klarer Fall von copy and paste. =)
     
  20. Timber

    Timber Neues Mitglied

    Erstmal danke für die Untersuchung!

    Meiner Meinung sieht man ganz gut, daß mit "haud procul" ein Konzept deutlicher Nähe vorliegt, das unserem heutigen Sprachgebrauch sehr ähnlich ist. Das auf absolute Entfernungsangaben (30 km) objektivieren zu wollen, finde ich zu simpel. Im konkreten Fall (Varusschlachtfeld) würden ein bis maximal drei Tagesmärsche aber meiner subjektiven Einschätzung nach gut passen.
     

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