"heidnische" Gegendarstellungen zur Mischehenfrage?

Kassia

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Die Frage ist zwar nicht nur historisch, sondern auch religiös beeinflußt, aber ich stelle sie trotzdem. Momentan interessieren mich einfach die, die nicht oder nur spärlich erwähnt wurden (so z.B. die versklavten Römer).

Letztens habe ich mich mit den biblischen Büchern Esra/Nehemia beschäftigt. Ob das nun ein oder zwei Bücher sind, ist hier völlig egal. Es geht dort um Mischehengesetzgebung. Das zurückgekehrte Volk, das den Schock des Exils hinter sich hat, zumindest zeitlich, betreibt eine Art Ursachenforschung und kommt darauf, daß man vor JHWH gesündigt hat, indem man sich mit den unreinen Völkern des Umlandes vermischt hat. Amoriter, Hethiter, Ägypter... (die Hethiter gab es zwar damals nicht mehr, aber das nur am Rande). So beschließen sie, ihre nicht - jüdischen Frauen buchstäblich in die Wüste zu schicken, mitsamt den Kindern.
Erste Frage: Ging das umgekehrt auch, daß die Juden die an nicht-jüdische Männer verheirateten Frauen wiederbekamen - wenn sie die überhaupt wiederhaben wollten. ?
Zweite Frage: Gibt es in der vorderorientalischen Literatur entsprechende Gegendarstellungen bzw. ergänzende Texte, daß die Juden entsprechende Anwandlungen hatten, daß es Probleme gab, weil die auf einmal die Eheverträge lösten? Konnten die nicht-jüdischen Frauen mit ihren Kindern wieder zu ihren Völkern zurückkehren?
Dritte Frage: Waren die nicht-jüdischen Völker auch so fanatisch in ihrer Religion, daß sie alles andere ausschlossen, oder sahen die Mischehen eher locker-pragmatisch, eher geschäftlich; also wäre so eine Aktion auch z.B. unter den Baals-Anhängern möglich gewesen? Und gibt es darüber vergleichbare Berichte?
Um es kurz zu machen: Wie wird dieser ganze Themenbereich in der altorientlischen Literatur berichtet und bewertet?

Mir ist durchaus bewußt, daß die Bibel kein "Geschichtsbuch" ist. Dennoch vermute ich durchaus einen historischen Kern dabei. Mischehen sind bis heute im Judentum nicht ganz ohne, außerdem zieht sich gerade diese Problematik wie ein roter Faden durch viele Bücher (z.B. Tobit). Selbst bei den Katholiken mußte man früher konvertieren oder ledig bleiben :scheinheilig:
 
Dieser Reinheitswahn schien nicht lange anzuhalten. Denn bereits die Bibel erzählt uns das König David eine Frau namens Betseba (oder Batseba ?) verführte die mit einem hethitischen Krieger Urija verheiratet war. Sie war Jüdin. Urija starb im Kampf und König David heiratete die Frau welche später König Salomon gebar.
Aber einen solchen Reinheitswahn hatten auch andere Völker. Allen voran die Spartaner. Und auf Platz zwei fallen mir die Karthager ein.
 
Bevor man von "Wahn" spricht, sollte man sich mal überlegen, welche Verhaltensweisen bei welchen Umweltbedingungen zielführend sind.

Die Gefahr eines umherziehenden Stammes ist es immer, von anderen Stämmen entweder vernichtet zu werden (durch Krieg oder durch Verlust des Zugangs zu den Nahrungsmitteln) oder seine kulturelle/ religiöse Identität zu verlieren, indem man von anderen versklavt oder auf anderem Wege assimiliert wird.

Die Liste der Völker, die auf diesem Weg als kulturelle Einheit verschwunden sind, ist lang. Die Juden haben den "Weltrekord" im Bewahren ihrer kulturellen Identität über einen sehr langen Zeitraum inne, und das ohne räumlichen Zusammenhalt.

Da muss man schon ab und zu mal etwas glauben, das dabei hilft.
 
Ja aber dann jag ich doch nicht Frauen und Kinder weg. Auf so einem langen Marsch ist zahlenmässige Stärke nur von Vorteil bei Verhandlungen mit anderen Stämmen (Durchmarschrecht, Rastplätze, Jagdrecht etc.) Und bei Notzeiten fliegen zuerst die Kranken, Schwachen und Alten raus. Aber doch nicht die Frauen und Kinder.. Zudem kann ich die ja in meinem Sinne erziehen.
Ich erkenne es gerne an das sie die Nr. 1 im bewahren der eigenen Tradition sind.
 
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Ja aber dann jag ich doch nicht Frauen und Kinder weg.

Wenn es um die Abwendung einer genetische Assimilation geht, ist dies eine geeignete Maßnahme.

Man darf sich natürlich nicht vorstellen, das die Leute diese Nicht-Assimilation damals gewollt (Ursache) und und zu diesem Zweck an das "Reinheitsgebot" geglaubt hätten (Wirkung).

Es ist vielmehr umgekehrt : Am Anfang steht der Glaube (Ursache) und daraus ergibt sich die Kontinuität eines homogenen, autonomes Volkes (Wirkung).
 
Wenn es um die Abwendung einer genetische Assimilation geht, ist dies eine geeignete Maßnahme.
Also dafür würde es selbstverständlich nicht ausreichen, nur die eingeheirateten (=andersgläubigen) Frauen mit ihren Kindern wegzuschicken, sondern dann müßten eingeheiratete Männer mit anderer Religion ebenso weg!

Daß nur die eingeheirateten Frauen mit ihren Kindern weggeschickt worden, hat vermutlich mehr damit zu tun, daß die Religionszugehörigkeit über die Mutter bestimmt wurde und wird. War die Mutter jüdischen Glaubens, waren es auch die Kinder; sofern die Mutter einer anderen Religion angehörte, waren auch die Kinder nicht Mitglied der jüdischen Religion. Daher war es eben unproblematisch, andersgläubige Männer samt ihren Kindern dazubehalten. Und mit *genetischer* Assimilation hat das wenig zu tun.
 
Dieser Reinheitswahn schien nicht lange anzuhalten. Denn bereits die Bibel erzählt uns das König David eine Frau namens Betseba (oder Batseba ?) verführte die mit einem hethitischen Krieger Urija verheiratet war.

Das war aber doch lange vor Esra/Nehemia.
 
Also dafür würde es selbstverständlich nicht ausreichen, nur die eingeheirateten (=andersgläubigen) Frauen mit ihren Kindern wegzuschicken, sondern dann müßten eingeheiratete Männer mit anderer Religion ebenso weg!

Daß nur die eingeheirateten Frauen mit ihren Kindern weggeschickt worden, hat vermutlich mehr damit zu tun, daß die Religionszugehörigkeit über die Mutter bestimmt wurde und wird. War die Mutter jüdischen Glaubens, waren es auch die Kinder; sofern die Mutter einer anderen Religion angehörte, waren auch die Kinder nicht Mitglied der jüdischen Religion. Daher war es eben unproblematisch, andersgläubige Männer samt ihren Kindern dazubehalten. Und mit *genetischer* Assimilation hat das wenig zu tun.

Waren die Männer denn eingeheiratet? Gab man nicht die Frau mit der Heirat raus? Ich denke die lebte dann bei dem anderen Volk. Und ob sie da noch soviel Einfluß hatte, daß ihre Kinder Juden wurden?

Immerhin wird die Möglichkeit der Konversion in Betracht gezogen. Es werden also nur die weggeschickt, die nicht konvertierten. Allerdings wurde einigen Völkern auch diese Möglichkeit verwehrt. (Ammon und Moab).
Dei erstrebte Einheit ist eine Altargemeinschaft. Beim Wiederaufbau des Tempels und Altares wollen einige Heiden sich beteiligen und den Altar dann auch mitbenutzen. Das wäre immerhin ein Hinweis darauf, daß nicht alle so fanatisch waren. Aber gibt es darüber Quellen? Wie reagierten die anderen darauf??
 
Beim Wiederaufbau des Tempels und Altares wollen einige Heiden sich beteiligen und den Altar dann auch mitbenutzen. Das wäre immerhin ein Hinweis darauf, daß nicht alle so fanatisch waren. Aber gibt es darüber Quellen? Wie reagierten die anderen darauf??

Das dürfte der Haken sein: die Kultreinheit.

Sorry, der Artikel ist zu lang als dass ich auf die Schnelle eine Zusammenfassung basteln könnte:

[FONT=arial,sans-serif][SIZE=-1]http://www.sankt-georgen.de/leseraum/boehler3.pdf[/SIZE][/FONT]
 
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Genau auf den Artikel beziehe ich mich ja, da ich bei dem Verfasser vor kurzem eine Prüfung ablegte. Und beim Lernen kamen mir die Fragen in den Sinn. Allerdings laufen Prüfungen naturgemäß so ab, daß man gefragt wird und nicht, daß man fragt. Leider.:cry:
 
Genau auf den Artikel beziehe ich mich ja, da ich bei dem Verfasser vor kurzem eine Prüfung ablegte. Und beim Lernen kamen mir die Fragen in den Sinn. Allerdings laufen Prüfungen naturgemäß so ab, daß man gefragt wird und nicht, daß man fragt. Leider.:cry:

Hmmm ... :grübel:

Bin einigermaßen ratlos.

Vielleicht hilft das ein klein wenig weiter:
Uns interessiert hier an diesen Vorgängen zunächst vornehmlich die Durchführung der rituellen
Absonderung der Gemeinde. Sie wurde im Exil vollzogen, nachdem das annähernd vollständige Aufgehen der von Assyrien deportierten Nordisraeliten in der aufnahmebereiten Umwelt die Priester und Thoralehrer darüber belehrt hatte, welche entscheidende Bedeutung für ihre eigenen Interessen die Errichtung solcher rituellen Schutzwälle haben mußte


[URL="http://%5b/SIZE"][URL="http://%5b/SIZE"]www.uni-potsdam.de/u/paed/Flitner/Flitner/Weber/WEWRIII.rtf]Quelle[/URL][/URL]
 
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