Herkunft des Matronenkult aus keltischem Kult

Chan

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Hallo zusammen.

Ich bin in einer Debatte an gebildete Leute geraten, die ernsthaft behaupten, dass der römische Matronenkult nicht aus dem keltischen Drei-Mütter-Kult um die Suleviae entstanden ist, sondern dass beide Kulte lediglich parallel bestanden und kein kausaler Zusammenhang besteht. Trotz meiner Verweise auf zahlreiche Sekundärquellen, die die Genese des Matronenkultes aus dem keltischen Kult behaupten (und belegen) bleiben jene Leute bei ihrem Leugnung.

Gibt es auch nur den Hauch einer Chance, dass sie mit ihrer Leugnung richtig liegen?
 
Hallo zusammen.

Ich bin in einer Debatte an gebildete Leute geraten, die ernsthaft behaupten, dass der römische Matronenkult nicht aus dem keltischen Drei-Mütter-Kult um die Suleviae entstanden ist, sondern dass beide Kulte lediglich parallel bestanden und kein kausaler Zusammenhang besteht. Trotz meiner Verweise auf zahlreiche Sekundärquellen, die die Genese des Matronenkultes aus dem keltischen Kult behaupten (und belegen) bleiben jene Leute bei ihrem Leugnung.

Gibt es auch nur den Hauch einer Chance, dass sie mit ihrer Leugnung richtig liegen?

In allen mir vorliegenden Publikationen wird ganz eindeutig ausgeführt, dass der Matronenkult der "Mütter" zu den keltischen und besonder den gallischen Glaubensvorstellungen zählt. Somit verbreitete sich der Kult unter den Soldaten der auf keltischem und germanischem Boden stationierten Truppen sowie im Volk. Im inneren Germanien schlug der Kult niemals Wurzeln. Es ist durchaus möglich, dass die Suleviae - also die Gruppe keltischer Schutzgöttinnen - änliche Glaubensvorstellungen verkörpern, wie sie mit den Matronen verbunden sind. Dennoch ist dieser Kult unbedeutend geblieben und es ist nicht beweisbar, dass sich von ihm der Matronenkult abgeleitet hat.

Davon zu trennen ist die Verehrung der römischen "Matrona", also der frei geborenen verheirateten Römerin. Sie erscheint in der Öffentlichkeit nie allein, begleitet ihren Mann zu Gastmählern, ist rechtsfähig und wirkt im Kult, wo es eigene Frauenfeste gibt.
 
Bechert ordnet die Matronen eher den Ubiern zu: "Ihre zahlreichen Beinamen, die ihrer sprachlichen Herkunft nach germanisch waren, gingen nach weitgehend übereinstimmender Auffassung wohl auf Stammes, Familien, Orts- und Flussbezeichnungen der Ubier zurück, in deren Siedlungsgebiet das Gros der Matronenaltäre gefunden wurde."
(Germania Inferior. Eine Provinz an der Nordgrenze des Römischen Reiches. Mainz 2007)
Hans Joachim Schalles dagegen sieht sowohl keltische als auch germanische Elemente: "Während die Matronenprädikationen auf Oberitalien und das Rheinland beschränkt sind, sind die mit ihnen gleichzusetzenden Matres im gesamten Westen verbreitet [...] Aus dem Xantener Raum liegen sieben sichere Weihen vor. Sie gelten den Müttern, deren Beinamen aus Ethnien (Frisaviae, Treverae, Brittae) oder aus Ortsnamen (Quadruburgiae) gebildet sind. Die wohl germanischen Matres Ananneptae und Arsacae sind bislang nicht hinreichend gedeutet. [...] Mit Dea Hludana betreten wir den germanischen Vorstellungskreis. [...] Hludana ist nur durch ein knappes Dutzend Inschriften belegt, die sich auf einen engen geographischen Raum zwischen [...] der Eifel und [...] Friesland konzentrieren. Sie zeigt sich in ähnlicher Gestalt, wie die Matronen mit langem Mantel. Auffallend ist die Namensähnlichkeit mit der nordgermanischen Erdgöttin Hloðyn."
(Religion und Kult. In: Colonia Ulpia Traiana. Xanten und sein Umland in römischer Zeit. Xanten 2008)
 
In allen mir vorliegenden Publikationen wird ganz eindeutig ausgeführt, dass der Matronenkult der "Mütter" zu den keltischen und besonder den gallischen Glaubensvorstellungen zählt (...) Es ist durchaus möglich, dass die Suleviae - also die Gruppe keltischer Schutzgöttinnen - änliche Glaubensvorstellungen verkörpern, wie sie mit den Matronen verbunden sind. Dennoch ist dieser Kult unbedeutend geblieben und es ist nicht beweisbar, dass sich von ihm der Matronenkult abgeleitet hat.

Danke für das Statement. Ich verstehe allerdings nicht, wie sich folgender Satz:

Somit verbreitete sich der Kult unter den Soldaten der auf keltischem und germanischem Boden stationierten Truppen sowie im Volk. Im inneren Germanien schlug der Kult niemals Wurzeln

mit obiger Aussage vereint, dass es keine Beweise für die keltische Herkunft des Matronenkultes gibt. Bedeutet das, dass die römischen Altare, deren Inschrift eine Weihung an die keltischen Suleviae ist, nichts mit dem Matronenkult zu tun haben? Kaum vorstellbar.

Meines Wissens gibt es für die Frage der Herkunft des Matronenkultes keine alternative Hypothese.

Hier sind Zitate, die ich zusammengesucht habe:

Religionsgeschichtliches Handbuch für den Raum der altchristlichen Umwelt ... - Karl Prümm - Google Books

(S. 759 / Text von 1954)

Nach dem heutigen Stand der Forschung ist also der Matronenkult zum wenigsten ein germanisch beeinflusster keltischer Kult; vielleicht beruht er unmittelbar auf germanischer Grundlage. Die Formen des Kultes stehen unter dem Einfluss der gallo-römischen Umgebung.

Sulevia: a Gaulish and Brythonic mother goddess (They who Lead Well)

Sulevia is a goddess known throughtout northern Gaul and Britain in either her singular form of Sulevia or her triple-goddess form as the Suleviae. Over 44 inscriptions to Sulevia/Suleviae have been found at: Alzey and Trier in Germany as well as Vienne-en-Val, Loiret, France. At Collias in the Gard region of France she is invoked as Suleviae Idenniace Minervae and is assimilated by Interpretato Romana with the plural forms of both the goddesses Juno and Minerva (...) As Matribus Sulevis several inscriptions (at least 9) are known from the Capitol in Rome. In Britain, inscriptions to this goddess have been found at: the temple of Colchester which reads MATRIBVS SVLEVIS SIMILIS ATTI F CI CANT VSLM (To the Sulevi mothers, Similis the son of Attius, of the Civitas Cantiacorum, willingly and deservedly fulfills his vow.)

Matronenkult im Rheinland

Matronenkult im Rheinland

Die römischen Eroberer fanden in unserer Heimat den uralten kelto=germanischen Kult der Dreimütter vor. Tolerant, wie sie waren, ließen sie ihn bestehen und machten ihn sich zu eigen. Ganz fremd war er ihnen nicht. Die immer in der Dreizahl erscheinenden Suleviae, von den Römern als Matronae bezeichnet, entsprachen in etwa den römischen Parzen.

Matrone ? Wikipedia

Eine Matrone (v. lat.: matrona: Frau von Stand, Familienmutter, ehrbare Ehefrau, vornehme Dame, Herrin und Gebieterin), selten auch Matres oder Matrae (für Mater als Schöpferin der Natur und aller Dinge sowie Urheberin, Quelle, Ursprung, Wurzel und Grund) genannt, öfter auch Dea oder Deae ist eine römisch/germanisch/keltische Muttergottheit, welcher zwischen dem ersten und fünften Jahrhundert in Europa von Angehörigen der in römischen Diensten stehenden Oberschicht Votivsteine und Altäre errichtet wurden (...) Dieser (Volks-) Kult, der maßgeblich durch die römischen Legionäre und auch durch die Völkerwanderung verbreitet wurde, ist verwandt mit dem Disen-, Nornen- sowie dem Walkürenkult der nordischen Mythologie.

Wingarden.de

Was aber sahen die römischen Eroberer in der keltischen weiblichen Dreiheit? Indoeuropäische Muttergöttinnen, wie es Autorinnen und Autoren wie Sylvia u. Paul. E. Botheroyd, Sophie Lange und viele mehr meinen? Sophie Lange schreibt: „... von den Römern (in der Eifel) übernommenen Gottheiten gehören die Dreiergöttinnen. Da die Römer nichts Synonymes für diese göttlichen Frauen bieten konnten, übernahmen sie diese unverändert und bezeichneten sie als Matronen...." (Wo Göttinnen das Land beschützten, S. 17, 1995)

Römische Inschriften - Weihinschriften - Sulevi/abus / C(aius) Iul(ius) / Severus | rid24.de

Die Suleviae sind Göttinnen, die wohl mit den Matronen gleichzusetzen sind, ohne explizit als solche bezeichnet zu werden.

Matres, Matronae, or Mothers

The cult of the three matres or matronae (both words mean 'mothers') is known from Gaul (including Germania Inferior and Superior), northern Spain, and northern Italy. This region is more or less identical to that of the La Tène-culture (the Celts), which suggest a Celtic origin of this cult, which is only known from the Roman age.
 
 
 
 
 
 
Bedeutet das, dass die römischen Altare, deren Inschrift eine Weihung an die keltischen Suleviae ist, nichts mit dem Matronenkult zu tun haben?
Du hast ja eine ganze Menge zusammengetragen! Ja, die Inschriften der Weihesteine sind allesamt lateinisch, sie stammen aus dem späten 1. bis frühen 3./4. Jh. Abgesehen von den charakteristischen gleichartigen Darstellungen dreier Frauen sind die Namen am interessantesten: es finden sich unbestimmbare, keltisch deutbare, germanisch deutbare, und alle sind si latinisiert.
Die Verbreitung wie auch die zeitliche Einordnung legen nahe, dass sich diese mit der Verbreitung römischer Techniken (Steinhauerei, Inschriften, Kurzformeln) während der Romanisierung der Provinzen, in denen sie aufgestellt wurden, verbinden lassen. In dieser Zeit waren romanisierte Gallier, in Grenznähe aber auch romanisierte Germanen keine Seltenheit. Insofern ist von einem römisch-keltisch-germanischem Synkretismus auszugehen, z.B. auch vergleichbar mit dem Dianatempel bei Trier, dessen Diana zugleich auch die keltische Jagdgöttin war. Mit dieser allmählichen Vermischung und teils auch Adaption von Glaubensvorstellungen, also mittels synkretistischer Deutung, erklären sich die Namen am einfachsten. Ob hierbei viel gewonnen ist, wenn man bei solchen Votivsteinen, die im weitesten Sinne mit ländlichem Fruchtbarkeitskult zu tun haben, und die in verwandter Form sicher bei den beteiligten Kulturen schon vorhanden waren partout eine spezielle davon als Ursprung ermitteln will? ich meine, das ist nicht nötig, da die Ähnlichkeit / Verwandtschaft so groß ist, dass die Integration verschiedener Namen offenbar kein Problem bereitete.

Im Wiki Artikel wird erwähnt, dass zusätzlich eine Ähnlichkeit mit den germanischen Disen-, Nornen- und Walkürenvorstellungen anzunehmen sei; auch gibt es die Deutung der drei Idisi des Merseburger Lösezaubers als Matronen -- das halte ich für sehr zweifelhaft, da doch eine zu lange Zeit zwischen den Votivsteinen/altären und den ersten Schriftquellen, welche Nornen und Walküren erwähnen, liegt (z.B. die altengl. Glossen des 8.Jh.) auch sind Walküren und Nornen deutlich kriegerischer als Matronen mit Fruchtkörben :D
 
Hans Joachim Schalles dagegen sieht sowohl keltische als auch germanische Elemente: "Während die Matronenprädikationen auf Oberitalien und das Rheinland beschränkt sind, sind die mit ihnen gleichzusetzenden Matres im gesamten Westen verbreitet [...]

Dekumatland:

Insofern ist von einem römisch-keltisch-germanischem Synkretismus auszugehen, z.B. auch vergleichbar mit dem Dianatempel bei Trier, dessen Diana zugleich auch die keltische Jagdgöttin war. Mit dieser allmählichen Vermischung und teils auch Adaption von Glaubensvorstellungen, also mittels synkretistischer Deutung, erklären sich die Namen am einfachsten
.

Dazu wieder Fragen:

Kann man als Fazit ziehen, dass nur Indizien, aber keine echten Beweise für eine keltische Herkunft des Matronenkultes sprechen?

Gibt es außerhalb des römischen Matronenkults überhaupt einen Beleg für die Existenz eines keltischen Dreimütter-Kultes oder kann man diesen nur aus den römischen Hinterlassenschaften rekonstruieren?

Haben jene Recht, die behaupten, dass die ungefähre Deckungsgleichheit der Verbreitungsgebiete von keltischem Matres-Kult und römischem Matronae-Kult kein zwingender Beleg für einen kausalen Zusammenhang (von Matres zu Matronae) ist?
 
Dazu wieder Fragen:

Kann man als Fazit ziehen, dass nur Indizien, aber keine echten Beweise für eine keltische Herkunft des Matronenkultes sprechen?

Die Forschung geht eindeutig davon aus, dass es sich bei den Matronen um keltische Göttinnen handelt und der Matronenkult somit keltischen Ursprungs ist.

Dazu das "Lexikon Alte Kulturen":

Matronen, keltische Göttinnen, die bildlich meist als Dreiheit dargestellt sind. Füllhorn und Früchte als ihre Attribute verweisen auf Bezüge zur Vegetation. Verehrt wurden sie vor allem von den Soldaten der auf keltischem und germanischem Boden stationierten römischen Truppen sowie vom Volk.

(Lexikon Alte Kulturen, Band 2, Mannheim 1993, S. 629)
Dass sich dieser keltische Kult besonders bei jenen Soldaten verbreitete, die auf keltischem Boden stationiert waren, ist eine einsichtige Wechselwirkung.

.Gibt es außerhalb des römischen Matronenkults überhaupt einen Beleg für die Existenz eines keltischen Dreimütter-Kultes oder kann man diesen nur aus den römischen Hinterlassenschaften rekonstruieren?

Der Matronenkult ergibt sich auch aus der Hinterlassenschaft keltischer Stämme wir der Treverer auf linksrheinischem Gebiet und natürlich auf gallo-keltischem Boden. Für zusätzliche Ausbreitung sorgten die dort stationierten Soldaten. Keinesfalls handelt es sich jedoch um einen germanischen Kult, denn in Innergermanien gibt es keine Spuren davon.

Haben jene Recht, die behaupten, dass die ungefähre Deckungsgleichheit der Verbreitungsgebiete von keltischem Matres-Kult und römischem Matronae-Kult kein zwingender Beleg für einen kausalen Zusammenhang (von Matres zu Matronae) ist?

Der Matronenkult geht - wie schon gesagt - auf die Kelten zurück. Man muss also von einem keltischen Kult sprechen, der von Römern übernommen wurde, die die keltischen Gebiete erobert hatten. Dass macht den Matronenkult jedoch nicht zu einem "römischen" Kult im eigentlichen Sinn.
 
Die Forschung geht eindeutig davon aus, dass es sich bei den Matronen um keltische Göttinnen handelt und der Matronenkult somit keltischen Ursprungs ist.

Ich muss sagen, Dieter, dass ich über diese Aussage ein wenig erstaunt bin. Ich habe oben zwei Autoren angeführt, von denen der eine einen germanischen Kult um die Matronen betont, der andere zwar eher zu einem keltischen Ursprung tendiert, sich da aber nicht ganz sicher zu sein scheint. Beide sind anerkannte Wissenschaftler auf dem Gebiet der Geschichte und Archäologie der Germania Inferior, letzterer ist so etwas, wie eine Koryphäe für die Religionsgeschichte der römischen Rheinprovinzen. Also ganz so eindeutig oder einhellig scheint mir "die Forschung" da nicht von etwas auszugehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
(...) Also ganz so eindeutig oder einhellig scheint mir "die Forschung" da nicht von etwas auszugehen.
dem kann ich mich nur anschließen - und gebe noch mal zu bedenken, dass im gefragten Zeitraum und in der entsprechenden Gegend genügend Gründe für Synkretismus vorliegen.
Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter, indem ich die Vorstellung oder Erwartung, man könnte feststellen, dass ein drei-Matronen/Mütter-Kult am soundsovielten des Jahres soundso exakt von dieser Kultur und keiner anderen aus der Taufe gehoben wurde, für absurd halte.
 
Ich muss sagen, Dieter, dass ich über diese Aussage ein wenig erstaunt bin. Ich habe oben zwei Autoren angeführt, von denen der eine einen germanischen Kult um die Matronen betont, der andere zwar eher zu einem keltischen Ursprung tendiert, sich da aber nicht ganz sicher zu sein scheint. Beide sind anerkannte Wissenschaftler auf dem Gebiet der Geschichte und Archäologie der Germania Inferior, letzterer ist so etwas, wie eine Koryphäe für die Religionsgeschichte der römischen Rheinprovinzen. Also ganz so eindeutig oder einhellig scheint mir "die Forschung" da nicht von etwas auszugehen.

Die von Becher zitierten Ubier gelten als keltisierter Stamm und haben in diesem Zusammenhang auch den keltischen Matronenkult übernommen:

Da Varianten dieses Münztypos bereits früher im Oppidum auf dem Dünsberg bei Gießen auftraten, wird heute zumeist angenommen, dass die Ubier vor ihrer Umsiedlung mit den keltischen oder stark keltisierten Bewohnern des Lahntals und anschließenden Mittelgebirgsraumes zu identifizieren sind.

Ubier ? Wikipedia

Somit hatte der Matronenkult auf keltisch-gallischem Gebiet seine Wurzel und breitete sich auch bei den keltischen oder keltisierten germanischen Stämmen westlich des Rheins aus. In Innergermanien findet sich keine Spur eines solchen Kults.

Caesar bescheinigte den Galliern eine tiefe Religiosität. Ihre Götter wurden von den Römern ihren eigenen gleichgestellt, ... doch gab es auch unübertragbare Götternamen wie die Stutengöttin Epona ... oder die zumal am Niederrhien verehrten drei Matronen mit meist keltischen Beinamen. Matronensteine finden sich ähnlich in der Provence und auf Irland.

(Akexander Demandt, Die Kelten, München 1998, S. 37)

In einer anderen Publikation finde ich:

Die Mütter (matrones, matres) gehören ursprünglich zu den Glaubensvorstellungen der Gallier. Von ihnen aus verbreiteten sie sich zu den Germanen, jedoch nur zu germanischen Söldnern, die im römischen Heere dienten und zu den keltisierten Stämmen. Im inneren Germanien schlug der Mütterkult niemals Wurzeln und kann demnach schwerlich zum echten Bestand der gremanischen Mythologie gezählt werden.
 
Die von Becher zitierten Ubier gelten als keltisierter Stamm und haben in diesem Zusammenhang auch den keltischen Matronenkult übernommen:

Der Mann heißt Bechert und er beruft sich auf Eck, der wiederum immer wieder das germanische Element an den Ubiern betont.
Des Weiteren ist es methodisch unklug eine offene Forschungsfrage mit einer anderen offenen Forschungsfrage zu beantworten.

In einer anderen Publikation finde ich:

Das ist natürlich eine sehr konkrete Literaturangabe. :still:

Aber offenbar hast du mein Problem nicht verstanden: Es geht mir nicht um eine Positionierung á la "der Matronenkult war keltisch" oder "germanisch", sondern allein um die Behauptung, es gäbe darüber Einigkeit in der Wissenschaft.

So, jetzt doch noch mal zur Frage, ob der Matronenkult in der Germania Libera existiert haben mag oder nicht: Da ist er im Gegensatz zum Rheinland kaum nachweisbar, einfach weil die Materialkultur eine ganz andere war. Bei erhaltenen germanischen Götterstatuen sind wir ja überhaupt schon glücklich, zeigen zu können, dass sie anthropomorph waren.
 
So, jetzt doch noch mal zur Frage, ob der Matronenkult in der Germania Libera existiert haben mag oder nicht: Da ist er im Gegensatz zum Rheinland kaum nachweisbar, einfach weil die Materialkultur eine ganz andere war.

Es gibt keinen germanischen "Mütterglauben" oder eine Verehrung der "matronae", wohl aber nachweislich einen gallo-keltischen. Die Wurzel dieser Verehrung ist also keltisch, während keltisierte germanische Stämme besonders im Rheinland ihn lediglich übernommen haben.

Ungeklärt ist nur, inwieweit sich germanische mit keltischen Vorstellungen verbanden.
 
Es gibt keinen germanischen "Mütterglauben" oder eine Verehrung der "matronae", wohl aber nachweislich einen gallo-keltischen. Die Wurzel dieser Verehrung ist also keltisch, während keltisierte germanische Stämme besonders im Rheinland ihn lediglich übernommen haben.

Genau das sehen Bechert und Eck und in Teilen auch Schalles wohl anders.
 
Genau das sehen Bechert und Eck und in Teilen auch Schalles wohl anders.

Über den Ursprung der Mütterverehrung bzw. des Matronenkults sagt Schalles überhaupt nichts aus. Er beschreibt lediglich, wie die im gesamten Westen verbreitete Matresverehrung auch bei germanischen Stämmen im römischen Rheinland Fuß fasst. Dort ist allerdings nicht der Ursprung.

Bechert spricht von den Ubiern, die ohmehin als keltisch oder keltisiert gelten.
 
Dieter, wir können dieses Spiel noch wochen- und monatelang weitertreiben und alle anderen, v.a. aber Chan langweilen, worauf ich allerdings nicht sonderlich erpicht bin. Gib doch einfach zu, dass die Datenbasis nicht ausreicht, um so kategorisch eine germanische Wurzel dieses Kultes auszuschließen bzw. die Faktenlage nicht ausreichend ist, um eine definitiv keltische Herkunft des Kultes zu postulieren und dass man mit wissenschaftlich offenen Fragen nicht andere wissenschaftlich offene Fragen beantworten kann.
 
Gib doch einfach zu, dass die Datenbasis nicht ausreicht, um so kategorisch eine germanische Wurzel dieses Kultes auszuschließen bzw. die Faktenlage nicht ausreichend ist, um eine definitiv keltische Herkunft des Kultes zu postulieren ... .

Von einem "germanischen Ursprung" des Matronenkults hat keiner der von dir zitierten Autoren gesprochen und ich kenne auch keinen, der das behauptet. Es geht dort lediglich um eine Verbreitung des Kults im Rheinland bzw. die Integration des Kults in germanische Glaubensvorstellungen. Dass nach einigen Jahrhunderten römischer Herrschaft der Matronenkult auch bei linksrheinischen germanischen Stämmen heimisch wurde, bestreitet niemand.
 
Wenn man Bechert gegen den Strich liest und bei Schalles die Hälfte ignoriert, dann hat in der Tat niemand von einem germanischen Ursprung etwas geschrieben.
 
Wenn man Bechert gegen den Strich liest und bei Schalles die Hälfte ignoriert, dann hat in der Tat niemand von einem germanischen Ursprung etwas geschrieben.

Dafür habe ich einen anderen Beitrsg gefunden, der immerhin rheinische Wurzeln vermutet und die ethnischen Ursprünge offen lässt:

Die Matronenverehrung im Rheinland ging wohl auf einen einheimischen Baumkult zurück; zur Zeit ist noch ungeklärt, ob und inwieweit sie keltische und germanische Vorstellungen miteinander verband.

(Die Römer in Nordrhein-Westfalen, Heinz Günther Horn (Hrsg.), Stuttgart 1987, S. 278)
 
Über den Ursprung der Mütterverehrung bzw. des Matronenkults sagt Schalles überhaupt nichts aus. Er beschreibt lediglich, wie die im gesamten Westen verbreitete Matresverehrung auch bei germanischen Stämmen im römischen Rheinland Fuß fasst. Dort ist allerdings nicht der Ursprung.

Bechert spricht von den Ubiern, die ohmehin als keltisch oder keltisiert gelten.

Ich verstehe jetzt Dieters Standpunkt, nachdem ich Literatur rausgesucht habe: "Man schreibt mit guten Gründen die 'Erfindung' des Matronenkultes den Kelten zu und vermutet in Norditalien seinen Ausgangspunkt. Ohne die Aufnahme des Kultes durch die Römer oder Romanisierte wären die vielen Votivinschriften nicht entstanden. Doch ist auch die Beteiligung der germanischen Kultur wesentlich." (Piergiuseppe Scardigli, Sprache im Umkreis der Matroneninschriften. in Germ. Rest- und Trümmerspr. hggb. v. H. Beck, 1989, S.144) Der Forscher gibt leider keinen Literaturhinweis darauf, welche guten Gründe nun dafür sprechen, und beschäftigt vor allem mit den german. Elementen der Matronennamen. Nichts desto weniger wird der Unterschied deutlich: Ursprünglich wäre der Matronenkult wohl keltisch gewesen. Daß er besonders gut in einem Gebiet belegt ist, das irgendwie mit vermeintlichen Germanen in Verbindung gebracht wird, hätte demnach mit der "Ursprungs"-Behauptung nichts zu tun.
 
@ Chan: nachdem ich mich etwas spät doch noch in die Diskussion einzumischen wage, habe ich deine Ausgangsfrage noch einmal gelesen und bin deinen Links gefolgt.

Ich bin in einer Debatte an gebildete Leute geraten, die ernsthaft behaupten, dass der römische Matronenkult nicht aus dem keltischen Drei-Mütter-Kult um die Suleviae entstanden ist, sondern dass beide Kulte lediglich parallel bestanden und kein kausaler Zusammenhang besteht. Trotz meiner Verweise auf zahlreiche Sekundärquellen, die die Genese des Matronenkultes aus dem keltischen Kult behaupten (und belegen) bleiben jene Leute bei ihrem Leugnung.

Stutzig macht mich nämlich die Formulierung eines "keltischen Drei-Mütter-Kultes um die Suleviae" in Gegenüberstellung zum "römischen Matronenkult".
Bei dieser Sulevia scheint es sich zunächst um eine Gottheit zu handeln. Aber das ist wohl die Ausnahme in ihrer Identifizierung mit Minerva (vgl. Suleviae ? Wikipedia) und mutmaßlich eine späte Entwicklung und erscheint mir irgendwie römisch:rotwerd:
Auf jeden Fall kommt sie auch in dieser Kombination, wenn ich mich nicht verlesen habe in dieser Gestalt als Triple vor ebenso wie mit ihrer Identifizierung als Juno (vgl. Persée = Antoine Héron de Villefosse, "Sur une inscription romaine trouvée à Marquise (Pas-de-Calais)". Comptes-rendus des séances de l'Académie des Inscriptions et Belles-Lettres, 28e année, N. 3, 1884. pp.343-349) Das römische Pantheon kannte zwar ein Göttertrias (nach R. Olgivie): in ältester Zeit wohl Mars, Jupiter & Quirinius, die aber schon sehr bald (unter etruskischer Herrschaft) durch Iuppiter, Iono & Minerva ersetzt wurde. Ein Vergleich der Matronen mit den Parzen der römischen Religion läge vielleicht am nächsten, trüge aber wohl nicht weit. Ähnlich Skepsis mag auch gegenüber den Nornen (wie dekumatland andeutet) geboten sein. Ob deine Gesprächspartner aber an solch eine Parallele dachten?

Kann man als Fazit ziehen, dass nur Indizien, aber keine echten Beweise für eine keltische Herkunft des Matronenkultes sprechen?

Gibt es außerhalb des römischen Matronenkults überhaupt einen Beleg für die Existenz eines keltischen Dreimütter-Kultes oder kann man diesen nur aus den römischen Hinterlassenschaften rekonstruieren?

Haben jene Recht, die behaupten, dass die ungefähre Deckungsgleichheit der Verbreitungsgebiete von keltischem Matres-Kult und römischem Matronae-Kult kein zwingender Beleg für einen kausalen Zusammenhang (von Matres zu Matronae) ist?

Ich bin mir schließlich nicht ganz so sicher, ob du deine gelehrten Gesprächpartner nicht vielleicht mißverstanden haben könntest. So wäre an die Differenz einer mehr oder weniger singuläre Sulevia zu denken, die ich durchaus von dem möglicherweise ursprünglichen Weihekult trennen würde; freilich könnten sie sich auch implizit auf eine in dem von dir verlinkten Kommentar diskutierte Frage der Deutung der Weihinschrift "Sulevi/abus / C(aius) Iul(ius) / Severus" (aus Köln/ Sankt Gereon) beziehen (Schicksalsgöttinnen?). Eine Trennung eines römischen von einem keltichen Matronenkult erscheint mir aber wenig sinnvoll, zumindest zur Zeit.

Ich habe mehrfach Artikel durchgeschaut, die ich mir mal zu den Matronennamen besorgt hatte, die sich leider sehr einseitig in "germanistischer" Sichtweise dem Thema zuwenden; die Deutungen der Namen germanischer Herkunft versuchen vor allem Bezugnahmen auf mögliche Orte, wie Stammesgebiete, Gehöfte oder ähnliches. Das mag alles sehr interessant sein, aber ich weiß gerade noch nicht, ob es wirklich mehr ist als Spekulation. Konstrastiv erscheint es zumindest auch seltsam, daß die Keltenforscher anscheinend eher wenig beizutragen haben. Mir scheint sich hier eine Trennung keltischen & germanischen Matronenkultus anzudeuten (vgl. etwahttp://www.jstor.org/discover/10.2307/20189872?uid=3737864&uid=2&uid=4&sid=21101443535957), der mir ebenfalls nicht einleuchten will, zumindest z. Zt.

Auch ist mir die Funktion des Matronenkultes noch nicht so recht klar; am ehesten erscheint mir ein Ahnenverehrung plausibel. Ich muß wohl noch etwas recherchieren ...
 
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