"Herrenmenschen"- und "Lebensraum"-Ideologie in der NS-Zeit: Zusammenhang mit Verlust der dt. Kolonien?

UTB Band 2 750-1976 Landwirtschaft und ländliche Gesellschaft in Deutschland

Die Bauernaussage gilt erst für einige Zeit nach der Machtergreifung und der neuen Ordnung in der Landwirtschaft.
 
Der Kleinadel wurde von der Niederlage im 1. WK, der Novemberrevolution schwer getroffen, viele waren verarmt und mussten an Tankstellen und als Seketärinnen arbeiten und waren sogar sehr oft auf Spenden, Kartoffeln und Kleider angewiesen.
Dem Kleinadel, sofern er er zu den Agrariern im Osten gehörte, ging es bereits im Kaiserreich nicht gut, was das Materielle betrifft, einfach weil die ostelbische Landwirtschaft zunhmend nicht mehr konkurrennzfähig war. Das hat wenig mit dem Krieg zu tun.

Tankstellen wirst du in Deutschland damals noch nicht so viele gefunden haben, (außer in den Großstädten) so viele Kraftwagen fuhren damals noch nicht durch die Gegend.
Wer aus dem landbesitzenden Adel kam, nagte, auch wenn es mit der Landwirtschaft nicht gut lief auch durchaus nicht am Hungertuch, der hatte immernoch die Möglichkeit sein Land oder Teile davon zu verkaufen.
Wen es heftig traf, dass waren die Berufssoldaten aus dem Kaiserreich, sprich die Offiziersränge, die ihr ganzes Leben beim Militär verbracht und nie einen Zivilberuf gelernt hatten.
Die hatten in der Tat in der Weimarer Zeit erstmal ein Problem.

Der begüterte Adel und Burgeousie hatte herzlich wenig von den völkischen Bewegungen zu gewinnen und haben sich bloß damit arrangieren müssen.

Begüterten Adel im Sinne des klassischen Landadels gab es schon am Ende des Kaiserreichs kaum noch, einfach weil sich mit Landwirtschaft, auch mit Großlandwirtschaft zunehmend weniger Geld machen ließ.
Die Teile des ehemmaligen Adels, die tatsächlich noch über große Mittel verfügten, kamen oft aus Familien, die sich im Laufe der Zeit zusätzliche wirtschaftliche Standbeine aufgebaut hatten.

Die "Bourgeoisie" im Sinne des Wirtschaftsbürgertums, sprich Fabrikanten usw. konnten sich von der radikalen Rechen durchaus vorteile versprechen.
Namentlich das Verbot der Arbeiterparteien, Zerschlagung der Gwerkschaften, Rückabwicklung des 8-Stunden-Tages und so weiter. Die bevorzugten zwar unter den rechtsradikalen Veranstaltungen eher die DNVP, als die Nazis, aber von der Seite gab es durchaus Sympathien für rechts außen.

Für den Adel geziemt sich Arbeit an sich überhaupt nicht, eher "Berufung" zur Führung, Leutnants und Oberst fielen ihnen auch in der Wehrmacht einfach aufgrund der Familie zu, sie mussten keine lange Karriere dorthin nehmen.
Diese Vorstellung mag für irgendwo für das 17.-18. Jahrhundert mal zugetroffen haben, war aber bereits im 19. Jahrhundert antiquiert.

Man wird sicherlich kaum Adlige/Ex-Adlige in typischen Arbeiter-Berufen finden, aber durchaus eine ganze Menge irgendwo im Handel oder solche, die irgendwann im Zuge der Industrialisierung mal eingestiegen sind und sich irgendwo ein Unternehmen aufgebaut haben oder da eingestiegen sind.

Ein "Leutnant" hat jetzt relativ wenig mit tatsächlichen größeren Führungsaufgaben zu tun. Das waren im beginnenden 20. Jahrhundert Subaltern-Offiziere.
Und einen Rang als Leutnant konnte man im Kaiserreich durchaus auch als Bürgerlicher relativ gut erreichen, das war keine besonders lange Karriereleiter, über die man da musste.
Bürgerliche hatten es im Kaiserreich und vor allem in Preußen relativ schwer, an die wirklich hohen militärischen Ränge zu kommen, aber es war absolut möglich es in der Armee zum Leutnant, Oberleutnant, Hauptmann oder Major zu bringen, ohne als Bürgerlicher eine Ausnahmeerscheinung zu sein.

Und Oberst wurde man in der Wehrmacht nicht wegen adliger Abstammung.
Mit dem starken nummerischen Anwachsen der Wehrmacht ab Mitte der 1930er Jahre entstanden viele entsprechende Posten, was dann relativ schnelle Karrieren möglich machte, aber die Leute, die die bekleideten, waren keine auf Grund ihrer Abstammung ausgewählten Amateure (jedenfalls nicht da wo mal ausgebildete Leute hatte), sondern Personen, die die entsprechenden Laufbahnen und Ausbildungen bei der "Reichswehr" durchlaufen hatten.
In der NS-Zeit dürfte bei Beförderungen eher ein entsprechendes Parteibuch, als eine adlige Abstammung geholfen haben, wenn Leistungskriterien außer Kraft gesetzt wurden.

Diplomatie und Politik, Staatführung waren die anderen traditionellen Beschäftigung sowie Großgrundbesitz, die Latifundien, die sollten nach dem 1. WK aufgelöst werden, aber da wich der Uradel ganz schnell von seinen Traditionen ab und gründete umfassende Berater- und Anwaltsgremien die es schafften die Auflösungen aufzuhalten...
..... Verzeihung, wie meinen?

In Staatsdienst und Diplomatie kam schon zu Kaises Zeiten niemand mehr ohne entsprechende Qualifikation rein, nur weil er adelig war.

Den Großgrundbesitz in Ostelbien musste niemand künstlich "auflösen".
Der zerfiel von selbst, weil weil Importgetreide vor allem aus Russland (in der Weimarer Zeit der Sowjetunion und Polen) billiger war und massiven Preisdruck ausüben konnte.
Ein Großteil der Ostelbischen Landwirtschaft war in den 1920er Jahren finanziell komplett am Ende und musste durch staatliche Subventionen gestützt werden (siehe "Osthilfe").
Das war in der Weimarer Zeit keine Quelle besonderer ökonomischer Macht mehr.

Und es hat auch nie Versuche gegeben den Großgrundbesitz im Osten aufzulösen um die Ex-Adligen von dort zu verjagen oder so etwas.
Was es gab, und in der späteren Weimarer Republik in größerer Zahl, dass waren Zwangsversteigerungen und damit im Zusammenhang stehende Zerschlagungen überschuldeter Güterkomplxe.
Das hatte aber nichts damit zu tun, ob das in der Hand von Ex-Adligen war, sondern diente einfach der Schuldenregulierung.
 
Gibt also verschiedene Möglichkeiten wie ein Erbhof belastet werden kann, "das Gesetz ist wasserdicht, außer wenn es das nicht ist".
In der Theorie hätte es die gegeben. Das wäre aber so wie es da verfügt war praktisch nicht umsetzbar gewesen.
Wenn der Eigentümer eines "Erbhofes" erstmal zu Gericht hätte laufen müssen um sich die Genehmigung für eine Belastung zu holen, wäre das ein langwieriges juristisches Verfahren geworden und sehr wahrscheinlich wären die zuständigen Gerichte völlig überlastet gewesen, weil dann ein Großteil der Landwirte diesen Weg hätte gehen müssen, wenn Modernisierung anstand.

In der Weise hätte man nicht effektiv wirtschaften können, jedenfalls nicht dauerhaft, so lange keine anderen wirtschaftlichen Standbeine vorhanden waren, aus denen sich bei Beedarf Kapital für Modernisierungen abziehen ließ.
 
Dem Kleinadel, sofern er er zu den Agrariern im Osten gehörte, ging es bereits im Kaiserreich nicht gut,
Damit hast du Recht das war ein bereits länger andauernder Prozess.
Das hat wenig mit dem Krieg zu tun.
Der Krieg - mehr noch, ihn zu verlieren - hat nichts mit der Lebensgrundlage der Bevölkerung zu tun?

Wer aus dem landbesitzenden Adel kam, nagte, auch wenn es mit der Landwirtschaft nicht gut lief auch durchaus nicht am Hungertuch,
Der landbesitzende Adel war auch schwer getroffen, aber so lange er Land hatte war er nicht vollständig verarmt. Das erbte allerdings oft nur der Erstgeborene, die nachgeborenen sollten im Militär Karriere machen. Die Verträge von Versaille limitierten das Heer allerdings auf 4.000 Offiziere, von 10.000 adligen Offizieren schafften es erst nur 900 unter diese Stellen. 4.500-4.800 adlige Offiziere starben im 1. WK, das war fast ein Viertel der volljährigen, männlichen adligen. Zeigt auch schon wie wichtig dieser Betufszweig für sie war.

Spendenaufruf der brandenburgischen DAG-Abteilung von 1931 (Deutsche Adelsgenossenschaft) schrieb:
Wer schenkt uns wieder Kartoffeln, die eine so große Rolle bei unseren Schutzbedürftigen spielen, da sie oft ihre einzige Nahrung bedeuten?"

Wichtiger als dieser Aspekt erscheint jedoch die Tatsache, daß die wirtschaftliche Lage am unteren Ende der inneradligen Sozialhierarchie tatsächlich dramatisch war. Dies bezeugen die Akten der mit immensem Aufwand, kläglichen Mitteln und mäßigem Erfolg betriebenen Armenunterstützung der Adelsverbände zweifelsfrei. Als Beleg für das Ausmaß der Knappheit im Kleinadel muß die Tatsache gelten, daß verarmte Standesgenossen nicht nur mit (spärlichen) Geldzuwendungen, sondern häufig mit Nahrungs-, Brennstoff- und Kleidungsspenden unterstützt wurden.
Der Vorstand der DAG-Landesabteilung Frankfurt/Oder, die 1926 Unterstützungsgelder in einer Gesamthöhe von 2.000 Mark auszahlen konnte, baten Aufrufen um Kartoffel- und Brikettspenden als „Weihnachtsfreude" für bedürftige Standesgenossen. Der Gutsbesitzer Bodo v.d.Marwitz, der vier Jahre zuvor mit sechs anderen Gutsbesitzern eine Spende von 350 Zentnern Kartoffeln aufgebracht hatte, sah sich aufgrund von Ernteausfällen außerstande, der DAG erneut Mittel zur Verfügung zustellen. Diese Naturalien-Spenden verweisen auch auf das äußerst knappe Budget, das für Finanzhilfen zur Verfügungstand - die Größe der „Weihnachtsfreude", die der bayerische Landesverband 1926 mit „Geldmitteln in Höhe von 850 Mark" bereiten konnte, welche an „in Notgeratene" Standesgenossen verteilt wurden, läßt sich durch eine einfache Division berechnen.

Diese Vorstellung mag für irgendwo für das 17.-18. Jahrhundert mal zugetroffen haben, war aber bereits im 19. Jahrhundert antiquiert.
Stärker als im Bürgertum und Kleinadel war der Beruf, falls ein solcher ausgeübt wurde im Selbstverständnis dieser Gruppe nicht Berufung, sondern lediglich eine Facette „freien Herrentums“. Anders als der Berufsoffizier, Gutsbesitzer oder Landrat aus dem niederen Adel vereinigte der ideale Fürst auch im 20. Jh. neben Reichtum, Titel und der Tradition seines Namens unterschiedliche geistige, körperliche und soziale Fähigkeiten als Großgrundbesitzer, Forstwirt, Schloßherr, Offizier, Diplomat, Jurist, Reiter, Jäger, Gastgeber, Tänzer, Redner, Causeur, Sportsmann, Kunst-Kenner, Mäzen und Wohltäter, die in ihrer Summe Lebensform des „freien Herrentums“ formten. In vielen Fällen entsprach auch dieses Selbstbild eher den Wunschvorstellungen als den Realitäten. Die soziale Kluft zwischen dem reichen hochadligen Schloßherren und der kargen Existenz der selbstwirtschaftenden Kleinadeligen Ostelbiens war jedoch real. Die faktische Distanz vom „Dienst“-Ideal und den Realitäten der besser gestellten Militär- und Beamten-,,Dynastien“ des niederen Adels ergab nicht zuletzt aus der jahrhundertealten Herschaftstradition einer Adelsgruppe in der man nicht Offizier oder Beamter „war“, sondern Offiziere und Beamte „hatte“ und über diese verfügt.


Und Oberst wurde man in der Wehrmacht nicht wegen adliger Abstammung.
Doch Karrierechancen in den traditionellen Adelsberufen eröffnete das Dritte Reich auch unabhängig vom nachweisbaren Engagement für die „Bewegung".
Mit der Wiedereinführung der Wehrpflicht im März 1935 wurden die Karrierechancen im Militär, die der Versailler Vertrag extrem reduziert hatte, schlagartig gesteigert.
In Aufrufen mahnten adlige Offiziere die Adelsjugend, es gebe nun mehr keinen Grund, einen bürgerlichen Beruf auszuüben, „statt -zum Teufel nochmal! - der inneren Stimme zu folgen, [...] die nun aber bei jedem, der einen alten Namen trägt, wie eine Fanfare schmetternd zu den Waffen rufen muß." Wenn das Vaterland rufe, gehöre der junge Adel wie immer „in die erste Angriffswelle." Aufrufe dieser Art verhallten nicht ungehört.
Innerhalb von zwei Jahren hatte sich die Anzahl aktiver adliger Offiziere mehr als verdoppelt, was die Absicherung von ca.1.300 zusätzlichen Militärkarrieren für adlige Männer bedeutete. Hinzu kamen die bereits vor 1933 vom Adel massiv genutzten Karrieremöglichkeiten, die zunächst die SA, dann die SS boten. Früh und konsequent wurde die „Expansion als Zukunftschance" im Adel erkannt, was sich nicht zuletzt im starken Engagement in der SS widerspiegelte. In der SS gehörten im Jahre 1938 8,4% der Standartenführer, 14,3% der Brigadeführer, 9,8% der Gruppenführer und 18,7% der Obergruppenführer zum Adel. Prozentual nahmen diese Anteile in den unteren Dienstgraden und nach der Expansion des SS-Apparates stark ab; in absoluten Zahlen ausgedrückt entstand in der SS jedoch ein erhebliches Potential an Karrierechancen, das Adlige parallel zu den verbesserten Möglichkeiten in der Wehrmacht nutzten.

Den Großgrundbesitz in Ostelbien musste niemand künstlich "auflösen".
Siehe:
Artikel 155 der Weimarer Reichsverfassung von 1919 bestimmte, dass Fideikommisse aufzulösen sind.
 
Obacht, die Fideikommiss ist ein rechtlicher Sonderfall! Die Fideikommiss wurde rechtlich aufgelöst. Fand hier eine Enteignung statt?

Mit der Wiedereinführung der der Wehrpflicht wurden natürlich wieder mehr Offiziere gebraucht. Viele der Adelsfamilien ergriffen nun diese Chance. Aber ohne entsprechende Leistungen bei der Offiziersausbildung ging das auch nicht.

Die SS ist ein Sonderfall und steht letztlich eher außen vor.
 
Nun so viel ich weiß war die NSDAP auf dem Land sehr stark, gerade unter den selbstständigen Bauern. Wo bei sich eine Schere zwischen den Protestantischen Gebieten (sehr hohe Zustimmung, Marginalisierung der anderen Parteien) und den Katholischen (das Zentrum und die BVP blieben stark, die NSDAP blieb unter den Erwartungen) auf tat.

Für Hitler war es auch sehr wichtig auf den ländlichen, den bäuerlichen Hintergrund der NSDAP hin zu deuten. Das begann schon bei den braunen Hemden, die auf die deutsche Erde hinweisen sollten.
 
Der Kleinadel wurde von der Niederlage im 1. WK, der Novemberrevolution schwer getroffen, viele waren verarmt und mussten an Tankstellen und als Seketärinnen arbeiten und waren sogar sehr oft auf Spenden, Kartoffeln und Kleider angewiesen. Sie waren entsprechend wütend und radikalisierten sich nach völkisch-rechts, zur Deutschnationalen, zum Stahlhelm und zur NSDAP.

Wird reden hier von der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft, die ja schon vor dem Kriege zu Tage trat. Deshalb, nein der verlorene Krieg an sich hat wenig damit zu tun.

Wir reden vom Niedergang des Kleinadels, der vom Ausgang des 1. WK sehr schwer getroffen wurde, aber auch im anderen Fall würde ich nicht zustimmen, Krieg und Niederlage hatten ebenso schwere Auswirkung auf die Landwirtschaft.

Je nachdem, welchen Aspekt man betrachtet, lassen sich die realen Einbußen, die der gesamte Adel seit Kriegsende erlitt, als Totalverluste (Höfe, Kadettenanstalten), tiefe Einschnitte (Offizierkorps, Beamtenschaft) oder mühsam beherrschte Zustände der permanenten Krise (so in der Landwirtschaft) beschreiben. Die Einschnitte und Verluste trafen jedoch nicht alle Adelsgruppen gleich schwer.
Dramatisch wirkten sich diese v.a. im Kleinadel aus
 
Der landbesitzende Adel war auch schwer getroffen, aber so lange er Land hatte war er nicht vollständig verarmt.
Durch die Weimarer Verfassung hat aber der landbesitzende (Klein)adel kein Land verloren. Ich sehe auch nicht, wieso er vom Ausgang des 1.WK "schwer getroffen" wurde. Ja, die Weimarer Verfassung bestimmte, dass Familienfideikommisse aufgelöst werden mussten. Die Ausführung dazu lag allerdings bei den Ländern. In Preußen bspw. konnte die Auflösung bis zum Tod des Nutzungsinhabers aufgeschoben werden. Die Auseinandersetzungen zur Auflösung zogen sich über Jahre hin - bis in die NS-Zeit und bis heute in die Bundesrepublik. Wenn ein Fideikommiss aufgelöst wird, wird ja damit auch nicht der Adel enteignet. Vielmehr wird das Erbe nach normalen Erbrecht ggf. inklusive Erbschaftssteuer an die Erbberechtigten verteilt. Die Erbberechtigten sind in dem Fall die Familie des verstorbenen Familienfideikommissnutznießers - also ebenfalls Kleinadelige.
Bei der Enteignung hochadeliger Landesherren hingegen wurden Kompromisse gemacht. Bspw. von 29.800ha Grundbesitz der Fürsten von Waldeck behielten sie nach dem 1.Weltkrieg 3.396 ha sowie das Nutzungsrecht an Schloß Arolsen.
Nach dem 2.Weltkrieg im Sommer 1945 hingegen hat man unter dem Motto "Junkerland in Bauernhand" mit der Landenteignung von Kleinadeligen in der sowjetischen Besatzungszone ernst gemacht.

Wenn der Kleinadel bereits nach dem 1.Weltkrieg seinen agrarischen Grundbesitz verloren hätte, wäre diese sowjetische Bodenreform im Sommer 1945 ins Leere gelaufen oder gar nicht erst intiiert worden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Krieg - mehr noch, ihn zu verlieren - hat nichts mit der Lebensgrundlage der Bevölkerung zu tun?
Der Krieg betraf vielleicht in den Gegenden Ostpreußens wo tatsächlich gekämpft wurde und Verwüstungen stattfanden direkt die Lebensgrundlage.
Allerdings dafür wurde bereits im Krieg die "Ostpreußenhilfe" ins Leben gerufen.

Ansonsten ging dürfte es den Ex-Adligen Agrarieren und auch nicht Adligen Bauern im Osten, sofern sie ihren Besitz weiterhin in Deutschland hatten, in der ersten Zeit nach dem Krieg erstmal recht gut gegangen sein, weil dadurch, dass überall in Europa die Agrarproduktion in Mitleidenschaft gezogen war und Russland wegen des Bürgerkriegs als Großlieferant von Agrarerzeugnissen erstmal ausfiel, die Preise für Lebensmittel gestiegen sein dürften.
Dann kam bis 1923 die Inflationszeit, in der Lebensmittel ein wertvolles Tauschgut waren und in der Schulden, die auf den Güterkomplexen lasteten erstmal weitgehend entwertet wurden.

In the long run ging es mit der Landwirtschaft im Osten kommerziell bergab, der Krieg allerdings dürfte disesen Umstand kurzfristig erher umgekehrt und den Landbesitzern Luft verschafft haben.

Der landbesitzende Adel war auch schwer getroffen, aber so lange er Land hatte war er nicht vollständig verarmt. Das erbte allerdings oft nur der Erstgeborene, die nachgeborenen sollten im Militär Karriere machen. Die Verträge von Versaille limitierten das Heer allerdings auf 4.000 Offiziere, von 10.000 adligen Offizieren schafften es erst nur 900 unter diese Stellen. 4.500-4.800 adlige Offiziere starben im 1. WK, das war fast ein Viertel der volljährigen, männlichen adligen. Zeigt auch schon wie wichtig dieser Betufszweig für sie war.
Wie gesagt, die Berufssoldaten, die hatten in der Weimarer Zeit natürlich erstal ein Problem. Konnten aber teilweise auch in anderer Verwendung im Staatsdienst unterkommen oder aber in der Armee verbleiben, sofern sie bereit waren Aufgaben zu übernehmen, die eigentlich unterhalb ihrer Qualifikation waren, mit entsprechend geringerer Bezahlung.

Dann musst du aber auch das Alter dieser Personen bedenken.
Gerade die höheren Offiziere, im Generalsrang, waren keine jungen Männer. Das waren in dann schon in der Regel Personen jenseits der 50, die man noch ein paar Jahre beschäftigen musste, dann waren die mehr oder minder reif für die Rente.

Außerdem und das sollte man nicht unterschätzen, war im preußischen Offizierskorps eine vergleichsweise hohe Bildung Vorraussetzung für den Zugang zu den höheren Rängen.
Mit vorhandenem Abitur oder mehr, ließ sich allerdings auch in den zivilen Bereichen relativ einfach einsteigen, das hatte in etwa den Stellenwert, den heute ein abgeschlossenes Studium hat.
Damit kam man unter. Möglicherweise nicht mit einer Bezahlung entsprechend der bildungstechnischen Qualifikation aber man kam unter.
Außerdem ließ sich das militärische Fachwissen möglicherweise auch noch anders vermarkten, z.B. als Militärberater im Ausland, wenn dort versucht wurde Streitkräfte zu modernisieren etc.

Diejenigen, die da eher Probleme gehabt haben dürften, dass dürften die Subalternoffiziere sein, die entsprechende Bildung in dem Maße nicht mitbringen mussten etc. und die auch nicht das Spezialwissen der Stäbler und höheren Befehlhaber hatten, dass sich noch anderswo verwenden ließ.
Aber diese Ränge waren keine Adelsdomäne mehr.

Zum Restlichen:

1. Ich habe nirgendwo bestritten, das es durchaus völlig verarmte Adlige gab, nur dass das die Regel gewsen wäre.
Der von dir zitierte Aufruf ist von 1931, der hat nichts mit den Folgen des Weltkrieges zu tun, sondern mit der Weltwirtschaftskrise.

2. Die soziale Wunschvorstellung des Adels hatte aber nicht unbedingt etwas mit den Realitäten zu tun. Sicherlich, der Wunschtraum vielder Adliger war zu leben wir irgendwann im 17. oder 18. Jahrhundert oder in der idealisierten Vorstellung davon.
Das ändert aber nichts daran, dass Teile des Adels durchaus die wirtschaftlichen Realitäten sahen und sich anderen Tätigkeitsfeldern nicht verschlossen.

Selbst der alte Metternich, so ungefähr das Idealbild dessen, was sich nen konservativer Adliger im 19. und beginnenden 20. jahrhundert so vorstellte, hatte absolut kein Problem damit, auf seinem Grund und Boden Eisenhütten zu errichten, diese zu betreiben und damit privat in den industriellen Sektor einzusteigen. (ist u.a. in Siemann: "Metteernich, Stratege und Visionär" nachzulesen.

In Oberschlesien wurde die Schwerindustrie, an ihrem Anfang im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert maßgeblich vom preußischen Staat und von den adligen Grundbesitzern wie etwa der "Henkel v. Donnersmarck" mit aufgebaut.
Das nahmen diesen Leuten ihre Standesgenossen durchaus nicht übel.

Auch die Gutsbesitzer auf dem Land, betrieben nebenher de facto noch anderes, weil zu den Güterkomplexen natürlich auch Mühlen und Handwerksbetriebe aller Art gehörten.
Auch ein adliger Gutsbesitzer betrieb nebenher möglicherweise noch eine Ziegelei, Gerberei oder ähnliches, die die umliegenden Güter/Ortschaften mit versorgte oder eine Handelsgesellschaft um die eigenen Agrarprodukte zu vermarkten.
Und das ließ sich natürlich auch ausbauen.

Das hängte man als Adliger vielleicht nicht an die große Glocke. Es ist aber nicht so, dass das so verpöhnt gewesen wäre, dass man dann von seinen Standesgenossen ausgestoßen worden wäre oder ähnliches.

Es ist nicht so, dass es für den Adel in der Wilhelminischen oder der Weimarer Zeit nichts anders gab als vom Landbesitz und seinr Grundrente zu leben oder Soldatz zu sein.


3. Ein "Fideikommiss" musste nicht zwangsläufig etwas mit Landwirtschaft zu tun haben. Ein Fideikommis war erstmal ein durch seine Rechtsform definiertes gesondertes Familienvermögen, dass nicht im Privatbesitz einer Einzelperson war.
Das konnte Landbesitz umfassen, umfassen, musste aber nicht.

Die Abschaffung dieser Rechtsform hat nichts mit einem speziellen Versuch zu tun explizit den Großgrundbsitz zu zerschlagen.

Es dürfte wahrscheinlich eher mit der Problematik des Dispositionsrechts über eine solche Vermögensmasse zusammenhängen, denn die musste im Prinzip vorsehen, dass es so etwas wie ein Oberhaupt der Familie gab, dass die gemeinsamen finanziellen Angelegenheiten zu verwalten hatte.
Das dürfte den konservativen, hierarchischen Rollenbildern im Kaierreich entsprochen, aber kaum zum demokratischen auf Gleichberechtigung und Abschaffung alter Privilegien ausgerichteten Ethos der Republik gepasst haben.
 
Für Hitler war es auch sehr wichtig auf den ländlichen, den bäuerlichen Hintergrund der NSDAP hin zu deuten.
Einen ländlich-bäuerlichen Hintergrund hatte die Nationialsozialistische Arbeiterpartei eigentlich überhaupt nicht. Erst ab 1927/28 dämmerte den Nazis, dass sie bei der bäuerlichen Landbevölkerung eventuell bessere Wahlchancen hatten als bei der städtischen Arbeiterbevölkerung.

Daß sich der Partei neue Aussichten auf dem Lande eröffneten, ist auch Hitler nicht entgangen, und das erklärt, warum er am 13. April 1928 einen Zusatz zu Punkt 17 des Parteiprogramms von 1920 veröffentlichte. Vielleicht begann er schon während des Wahlkampfs zu erkennen, daß die Konzentration auf die Arbeiterklasse keine befriedigenden Gewinne bescheren konnte. Jedenfalls handelte er allein aus taktischen und opportunistischen Motiven, nur von dem Bestreben geleitet, die Anziehungskraft der NSDAP auf die Wähler durch eine Dämpfung der Furcht vor dem Radikalismus der Partei zu erhöhen. Der Zusatz hat den ursprünglichen Sinn von Punkt 17 fraglos entstellt und außerdem Hitlers Erklärung auf der Generalmitgliederversammlung der Partei im Jahre 1926 Lügen gestraft, das Programm von 1920 werde niemals geändert. Der Argwohn, daß das Programm lediglich ein nach Belieben verwendetes Instrument für Hitlers Machttrieb sei, erhielt dadurch natürlich neue Nahrung. In weiterer Perspektive ist Hitlers Vorgehen aber als erster Schritt zu einer ausgereiften probäuerlichen Politik zu sehen, wie sie die NSDAP nach dem Mai 1928 verfolgen sollte.​
Bis zu den Wahlen machten sich jedoch antikapitalistische und antibürgerliche Töne in der Propaganda der Partei noch stärker bemerkbar. Von „echtem deutschem Sozialismus" erfüllt, griff die NSDAP sowohl die Parteien der Mittelschichten wie die der Linken wütend an, und indem sie ihre Hauptanstrengung nach wie vor auf industrielle Zentren richtete, zeigte sie deutlich, daß sie ihren politischen Durchbruch vor allem vom Proletariat erhoffte.​

Zur einer Umstellung der Propaganda kam es dann erst nach dem Misserfolg bei der Reichstagswahl 1928:

Es wurde beschlossen, das Schwergewicht der Propaganda von den Städten auf ländliche Gebiete zu verlagern und die Propaganda selbst den Bauern, den Mittelschichten, den Industriellen und den extremen Nationalisten anzupassen. Der kräftige antikapitalistische und „sozialistische" Gehalt der Propaganda, der bis 1928 so viel dazu beigetragen hatte, das Bürgertum und die Großindustriellen von dem gefährlichen Radikalismus der NSDAP zu überzeugen, sollte drastisch reduziert werden. Von nun an hatten Nationalismus, Antisemitismus, Konservativismus, Gesetz und Ordnung, der Vertrag von Versailles und außenpolitische Fragen im Vordergrund zu stehen. In Hitlers Reden ging es jetzt vornehmlich um die internationale Lage Deutschlands und um eine wütende Kritik an Stresemanns Außenpolitik.​


Das begann schon bei den braunen Hemden, die auf die deutsche Erde hinweisen sollten.
Auch die braunen Hemden hatten ursprünglich keine ideologische Relevanz. Die ersten Braunhemden (wohl noch etwas heller in der Farbe) wurden von Gerhard Roßbach, einem frühen Mitstreiter Hitlers, erworben; es handelte sich um Restposten von Uniformhemden, die für die deutschen Truppen in Ostafrika produziert worden waren.

siehe auch:
 
Danke für eure Antworten. Was mir jetzt zu dem ganzen Thema Lebenraum-Ideologie ab den 1880ern, NSDAP in den 1920ern einfällt:

Die Probleme der Landwirtschaft in D oder Preußen in den 1920ern werden ja nicht plötzlich vom Himmel gefallen sein. Auch wäre mir nicht bekannt, dass z.B. Friedrich Ebert bzgl. Landwirtschaftspolitik Harakiri betrieben hätte. Da war offenbar schon unter Wilhelm II einiges im Argen, und die Weimarer Republik hat diese Altlasten geerbt. Stichwort Betonköpfige Junker in Ostelbien...

Lässt sich folgende Theorie irgendwie erhärten: War das Deutsche Reich vor 1914 in gewisser Weise ein Koloss auf tönernen Füßen, wenn man sich die Landwirtschaft und Versorgung ansieht? Es gab hochmoderne Metropolen, vor allem Berlin (damals auch bekannt als "Elektro-Stadt", ging schon in die Richtung eines frühen Silicon Valley). Und auf der anderen Seite war die Versorgunglage doch immer etwas angespannt. Einen wesentlich Anteil hatten jene betonköpfigen ostelbischen Junker, welche entweder keinen Willen oder kein Kapital hatten, ihre Güter auf den aktuellen Stand zu bringen. Am liebsten hätten sie weiter gemacht wie im Jahre 1800 mit quasi-leibeigenen Bauern und Knechten. Dadurch blieb ein großer Teil des landwirtschaftlichen Ertragspotenzials östlich der Elbe ungenutzt bzw. stand für die aufstrebenden Städte nicht zur Verfügung, welche dringend auf eine gute Versorgung angewiesen waren.

Unter dem Aspekt könnte man sich auch überlegen, ob Wilhelm II und seine Regierung 1914 einfach nur in spätabsolutistischem Geist aus reiner Ehrpusseligkeit und Natiolalismus durch Belgien nach Frankreich marschierten, oder ob hintergründig auch Aspekte wie Versorgung und damit "Lebensraum" die Agenda mitbestimmten. Wenn vielleicht nicht bei Wilhelm II. selbst, so vielleicht doch in Teilen seiner Regierung. Vergleich z.B. die Zuwanderung nach Elsaß-Lothringen nach 1871:

+15,8% bis 1910 aus dem "Altreich"

Nach 1871 hatte Preußen auch zollfreien Zugriff auf Agrarprodukte aus Baden und Bayern, das könnte auch ein Motiv gewesen sein, die Vereinigung mit diesen Ländern anzustreben. Während man sich Österreich mit seiner Almwirtschaft lieber nicht ans Bein binden wollte?

Wenn man eine solche Motivlage unterstellt, wäre der Vertrag von Versailles mehr als gerechtfertigt. Man hätte innenpolitisch bei der Landwirtschaft über Jahrzehnte versagt. Und bevor man sich mit Gutsbesitzen östlich der Elbe anlegt, sucht man sein Heil lieber darin, seine Nachbarn zu überfallen...


Insgesamt könnte man die Theorie soweit ausdehnen, dass man, bezogen auf Europa, extrem viel der Ereignisse und Konfliktlagen und den Imperialismus insgesamt des 19. und 20. Jahrhunderts auf das Thema "Versorgungslage in der boomenden Industriegesellschaft" zurückführt.

-Auswanderung nach Übersee (USA): geschenkt
-Kolonialismus: Diente auch dazu, Leute unterzubringen, für die im Heimatland kein Platz war. Von England erfolgreich praktiziert (Australien, Südafrika.,..), von Wilhelm II bei seiner Forderung nach dem "Platz an der Sonne" offenbar nicht vollumfänglich überblickt...
-Nationalismus und Imperialismus: War vielleicht nicht nur ein abstrakter Wunsch nach nationaler Größe, sondern auch ein ideologischer Überbau, mit dem man rechtfertigen konnte, irgendwem sein Land wegzunehmen. Sei es der Nachbar in Europa oder die Eroberung neuer Kolonien... Aber eben nicht aus Selbstzweck, sondern weil man dieses Land wirklich selbst dringend brauchte, um seine Industriegesellschaft aufzubauen. vgl. z.B. Frankreich -> Algerien und die Einbindung ins "Mutterland". Könnte also zumindest für andere Nationen gelten und Deutschland bis Bismarck (Vereinigung mit Baden, Bayern), nicht für das spätere Deutschland unter dem nationaltümelden Wilhelm II...

In dieser Theorie gleichen die europäischen Nationalstaaten Schnellkochtöpfen, angeheizt durch die Disruption des Wandels zur Industriegesellschaft.

Tja, und der deutsch-preußische Schnellkochtopf ist dann 1914 als erstes explodiert!
Und warum: weil man seine Hausaufgaben nicht gemacht hatte bzw. die Lage nicht überblickte. Agrarreformen, welche die Versorgungspotenziale aktiviert hätten, wurden Unterlassen aus Angst vor den ostelbischen Junkern. Die offiizielle Kolonialpolitik des Kaiserreichs war kaum attraktiv und anscheinend auch wenig systematisch-tiefschürfend (Aufbau von größerem Handelsvolumen usw.) und konnte im Gegensatz zu anderen Mächten (GB) kaum Druck aus dem Kessel nehmen. Teilweise ging es bei den deutschen Kolonien wohl eher ums "Herzeigen" als um das systematische Nutzen. Der übrige Druckverlust, der sich durch eine Auswanderung in die USA (& Co.) ergab, war nicht ausreichend.

Das Üble war, dass Wilhelm II. zwar gerne große Töne spuckte aber seinen Laden nicht in den Griff bekam und warscheinlich trotzdem auch gescheitert wäre, selbst wenn er Deutschland um 30.000 km² vergrößert hätte. Der deutsche Nationalismus war tumber Selbstzweck. ("wir wollen auch!")

Für diese Inkompetenz gab es dann am Ende die Quittung, welche auf den 28.05.1919 datiert ist.

Soweit mal eine Geschichtstheorie, basierend auf Agrarpolitik, bin mal gespannt, was davon haltbar ist.;)

Auch für die weitere Entwicklung würde das Sinn ergeben. Vor allem in der NS-Zeit wurden dann die längst überfälligen Argrarreformen angegangen. Vielleicht waren davon auch einige, auf die Grenzen von 1937 bezogene Komponenten tatsächlich nur unter einer Diktatur umsetzbar.

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde weiter herumreformiert. In den 1960er - 1980er Jahren wurden in der BRD große Flurbereinigungen durchgeführt. Die DDR erkannte bald, dass sie mit den ersten ideologischen Bodenreformen historisch komplett in die falsche Richtung gerannt war und legte große Agrarflächen zu LPGs zusammen.

Wenn man die EU als europäisches Friedensprojekt sieht, wird auch der Zusammenhang klar, warum der größte Posten die gemeinsame Agrarpolitik darstellt. Hier werden die meisten Milliarden verteilt. Auch die zum Teil als Neokolonialismus bezeichnete Handels- und Zollpolitik der EU kann man unter dem Gesichtspunkt sehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Selbst bei Anspannung aller agrarökonomischen Kräfte wäre eine vollständige Selbstversorgung des deutschen Kaiserreiches nicht möglich gewesen. Phosphordüngermangel, Futtermittelmangel, Arbeitskräftemangel ( hier dann im Krieg), um nur einige produktionsbegrenzende Faktoren zu nennen.

Wilhelm II hatte keinen "seinen Laden" !!!
 
Die Probleme der Landwirtschaft in D oder Preußen in den 1920ern werden ja nicht plötzlich vom Himmel gefallen sein. Auch wäre mir nicht bekannt, dass z.B. Friedrich Ebert bzgl. Landwirtschaftspolitik Harakiri betrieben hätte. Da war offenbar schon unter Wilhelm II einiges im Argen, und die Weimarer Republik hat diese Altlasten geerbt. Stichwort Betonköpfige Junker in Ostelbien...

Das lag nur teilweise an "betonköpfigen Junkern", den größeren Teil machen Eisenbahn und Dampfschiffahrt aus.

Lebensmittel sind ja nun einmal Massengüter, die entsprechende Transportschwierigkeiten machen und obendrein noch verderblich.
Ohne Motorisierung oder Dampfkraft und ohne die Transportkapazitäten moderner Frachtschiffe oder Eisenbahnen und deren Zuverlässigkeit und Geschwindigkeit war es vor der Mitte des 19. Jahrhunderts nicht möglich große Mengen an Lebensmitteln (ich rede hier von Massengütern, nicht von Luxuswaren) über weite strecken zuverlässig und schnell zu transportieren.
Außer in den Küstengebieten und im Einzugsbereich größerer Flüsse, wo man entsprechende Wasserstraßen hatte, die das teilweise ermöglichten.

Das ändert sich aber mit der Eisenbahn und dem Dampfschiff, die diese Möglichkeiten bieten.

Und in dem Moment, in dem diese Möglichkeit aufkam, musste die Ostelbische Landwirtschaft auf einmal mit dem riesigen Agrarsektor Russlands konkurrieren, was vorher nicht der Fall war, weil man einen Großteil des Russischen Getreides aus der Ukraine und den Zentralregionen gar nicht so ohne weiteres auf den deutschen Markt hätte bringen können, weil, es entweder logistisch nicht möglich war oder die Transportkosten zu hoch gewesen wären.

Die Ostelbische Landwirtschaft war durchaus pro Hektar produktiver als in vielen Gegenden etwa Russisch-Polens.

Aber sie hatte nicht die Riesen Flächen Russlands und die enorm produktiven Schwarzerde-Böden vor allem in der Ukraine zur Verfügung, sondern vergleichen damit eher bescheidene Flächen und von Natur aus zum Teil mäßig produktive sandige Böden.
Hinzu kommt, dass auf Grund geringerer Lebensqualität in Russland dort auch das Lohnniveau des Agrarproletariats niedriger war, als im deutschen Ostelbien.


Das waren Vorraussetzungen, für die konnten "die Junker" nichts. Einige von denen verhielten sich druchaus nicht besonders innovationsfreundlich, was Einführung größere Anzahlen von landwirtschaftlichen Maschinen angeht und moderner Düngemittel angeht, vielen dürfte aber auch das Geld dafür gefehlt haben.
Ein Problen hier ist, dass die deutsche Handelspolitik bis ins ausgehende 19. Jahrhundert, wo dann Agrarzölle eingeführt wurden, eine Freihandelspolitik war, so dass mit der Eisenbahn und der Dampfschiffahrt immer mehr konkurrenzlos günstiges Getreide sei es direkt für den menschlichen Verzehr oder als Futtermittel aus Russland auf den deutschen Markt kommen konnte.

Das dürfte für die deutsche Bevölkerung als ganze auch durchaus erfreulich gewesen sein, weil dadurch in der Tendenz die Lebensmittelpreise sinken mussten, nur für die Landwirtschaft und im Besonderen die Ostelbische, drückte das natürlich auf die Profite und damit auch auf die Möglichkeit Kapital für Innovationen auf die Seite zu legen und zu modernisieren.

Das war durchaus nicht nur Unwille der Agrarier.
 
Mich wundert das ein bisschen. Durch das Haber-Bosch-Verfahren wurden doch einige Gegenden, die bislang landwirtschaftlich kaum nutzbar waren zumindest mittelfristig nutzbar gemacht.
Wie meist du das jetzt? Zusätzliche N-Düngergaben allein erhöhen den Ertrag nicht zwingend erheblich. NPK in den richtigen Verhältnissen zusammen zeigen da größte Wirkung. Der "künstliche" Dünger konnte ja auch erst nach dem WKI verstärkt eingesetzt werden.
 
Wir reden doch über die 1920er Jahre. Da wurden Gegenden, die bislang kaum oder nur sehr rudimentär landwirtschaftlich genutzt werden konnten, in die landwirtschaftliche Nutzung mit einbezogen. Wegen der chemischen Düngung.
 
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