Der Krieg - mehr noch, ihn zu verlieren - hat nichts mit der Lebensgrundlage der Bevölkerung zu tun?
Der Krieg betraf vielleicht in den Gegenden Ostpreußens wo tatsächlich gekämpft wurde und Verwüstungen stattfanden direkt die Lebensgrundlage.
Allerdings dafür wurde bereits im Krieg die "Ostpreußenhilfe" ins Leben gerufen.
Ansonsten ging dürfte es den Ex-Adligen Agrarieren und auch nicht Adligen Bauern im Osten, sofern sie ihren Besitz weiterhin in Deutschland hatten, in der ersten Zeit nach dem Krieg erstmal recht gut gegangen sein, weil dadurch, dass überall in Europa die Agrarproduktion in Mitleidenschaft gezogen war und Russland wegen des Bürgerkriegs als Großlieferant von Agrarerzeugnissen erstmal ausfiel, die Preise für Lebensmittel gestiegen sein dürften.
Dann kam bis 1923 die Inflationszeit, in der Lebensmittel ein wertvolles Tauschgut waren und in der Schulden, die auf den Güterkomplexen lasteten erstmal weitgehend entwertet wurden.
In the long run ging es mit der Landwirtschaft im Osten kommerziell bergab, der Krieg allerdings dürfte disesen Umstand kurzfristig erher umgekehrt und den Landbesitzern Luft verschafft haben.
Der landbesitzende Adel war auch schwer getroffen, aber so lange er Land hatte war er nicht vollständig verarmt. Das erbte allerdings oft nur der Erstgeborene, die nachgeborenen sollten im Militär Karriere machen. Die Verträge von Versaille limitierten das Heer allerdings auf 4.000 Offiziere, von 10.000 adligen Offizieren schafften es erst nur 900 unter diese Stellen. 4.500-4.800 adlige Offiziere starben im 1. WK, das war fast ein Viertel der volljährigen, männlichen adligen. Zeigt auch schon wie wichtig dieser Betufszweig für sie war.
Wie gesagt, die Berufssoldaten, die hatten in der Weimarer Zeit natürlich erstal ein Problem. Konnten aber teilweise auch in anderer Verwendung im Staatsdienst unterkommen oder aber in der Armee verbleiben, sofern sie bereit waren Aufgaben zu übernehmen, die eigentlich unterhalb ihrer Qualifikation waren, mit entsprechend geringerer Bezahlung.
Dann musst du aber auch das Alter dieser Personen bedenken.
Gerade die höheren Offiziere, im Generalsrang, waren keine jungen Männer. Das waren in dann schon in der Regel Personen jenseits der 50, die man noch ein paar Jahre beschäftigen musste, dann waren die mehr oder minder reif für die Rente.
Außerdem und das sollte man nicht unterschätzen, war im preußischen Offizierskorps eine vergleichsweise hohe Bildung Vorraussetzung für den Zugang zu den höheren Rängen.
Mit vorhandenem Abitur oder mehr, ließ sich allerdings auch in den zivilen Bereichen relativ einfach einsteigen, das hatte in etwa den Stellenwert, den heute ein abgeschlossenes Studium hat.
Damit kam man unter. Möglicherweise nicht mit einer Bezahlung entsprechend der bildungstechnischen Qualifikation aber man kam unter.
Außerdem ließ sich das militärische Fachwissen möglicherweise auch noch anders vermarkten, z.B. als Militärberater im Ausland, wenn dort versucht wurde Streitkräfte zu modernisieren etc.
Diejenigen, die da eher Probleme gehabt haben dürften, dass dürften die Subalternoffiziere sein, die entsprechende Bildung in dem Maße nicht mitbringen mussten etc. und die auch nicht das Spezialwissen der Stäbler und höheren Befehlhaber hatten, dass sich noch anderswo verwenden ließ.
Aber diese Ränge waren keine Adelsdomäne mehr.
Zum Restlichen:
1. Ich habe nirgendwo bestritten, das es durchaus völlig verarmte Adlige gab, nur dass das die Regel gewsen wäre.
Der von dir zitierte Aufruf ist von 1931, der hat nichts mit den Folgen des Weltkrieges zu tun, sondern mit der Weltwirtschaftskrise.
2. Die soziale Wunschvorstellung des Adels hatte aber nicht unbedingt etwas mit den Realitäten zu tun. Sicherlich, der Wunschtraum vielder Adliger war zu leben wir irgendwann im 17. oder 18. Jahrhundert oder in der idealisierten Vorstellung davon.
Das ändert aber nichts daran, dass Teile des Adels durchaus die wirtschaftlichen Realitäten sahen und sich anderen Tätigkeitsfeldern nicht verschlossen.
Selbst der alte Metternich, so ungefähr das Idealbild dessen, was sich nen konservativer Adliger im 19. und beginnenden 20. jahrhundert so vorstellte, hatte absolut kein Problem damit, auf seinem Grund und Boden Eisenhütten zu errichten, diese zu betreiben und damit privat in den industriellen Sektor einzusteigen. (ist u.a. in Siemann: "Metteernich, Stratege und Visionär" nachzulesen.
In Oberschlesien wurde die Schwerindustrie, an ihrem Anfang im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert maßgeblich vom preußischen Staat und von den adligen Grundbesitzern wie etwa der "Henkel v. Donnersmarck" mit aufgebaut.
Das nahmen diesen Leuten ihre Standesgenossen durchaus nicht übel.
Auch die Gutsbesitzer auf dem Land, betrieben nebenher de facto noch anderes, weil zu den Güterkomplexen natürlich auch Mühlen und Handwerksbetriebe aller Art gehörten.
Auch ein adliger Gutsbesitzer betrieb nebenher möglicherweise noch eine Ziegelei, Gerberei oder ähnliches, die die umliegenden Güter/Ortschaften mit versorgte oder eine Handelsgesellschaft um die eigenen Agrarprodukte zu vermarkten.
Und das ließ sich natürlich auch ausbauen.
Das hängte man als Adliger vielleicht nicht an die große Glocke. Es ist aber nicht so, dass das so verpöhnt gewesen wäre, dass man dann von seinen Standesgenossen ausgestoßen worden wäre oder ähnliches.
Es ist nicht so, dass es für den Adel in der Wilhelminischen oder der Weimarer Zeit nichts anders gab als vom Landbesitz und seinr Grundrente zu leben oder Soldatz zu sein.
3. Ein "Fideikommiss" musste nicht zwangsläufig etwas mit Landwirtschaft zu tun haben. Ein Fideikommis war erstmal ein durch seine Rechtsform definiertes gesondertes Familienvermögen, dass nicht im Privatbesitz einer Einzelperson war.
Das konnte Landbesitz umfassen, umfassen, musste aber nicht.
Die Abschaffung dieser Rechtsform hat nichts mit einem speziellen Versuch zu tun explizit den Großgrundbsitz zu zerschlagen.
Es dürfte wahrscheinlich eher mit der Problematik des Dispositionsrechts über eine solche Vermögensmasse zusammenhängen, denn die musste im Prinzip vorsehen, dass es so etwas wie ein Oberhaupt der Familie gab, dass die gemeinsamen finanziellen Angelegenheiten zu verwalten hatte.
Das dürfte den konservativen, hierarchischen Rollenbildern im Kaierreich entsprochen, aber kaum zum demokratischen auf Gleichberechtigung und Abschaffung alter Privilegien ausgerichteten Ethos der Republik gepasst haben.