historische Kerne von Sagen

Aineas

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hallo,

Da ich im Zuge von Analysen der literarischen Symbolik antiker (vor allem hellenistischer) Schriften parallel die Abfolge von historischen Ereignissen im Mittelmeerraum zu rekonstruieren versuche, bin ich natürlich auch an diverse Mythen und Sagen geraten, die ich zunächst auf ihren wahren Kern und Hintergründe untersuchen muss, ehe ich zur Interpretation übergehe. Dabei erscheinen mir drei bedeutendere Sagen nennenswert:

1. Atlantis
2. Die Fahrt der Argo
3. Homers Ilias

Die Überlegungen der Odyssee könnte man mit letzterem verbinden. Da es sich beim Mythos um Atlantis, den aus heutiger Sicht Platon erstmals aufbrachte, um den Schwersten der drei handelt, wäre es sinnvoll mit diesem aufzubauen, da er meines Wissens nach mit Troja in Verbindung gebracht werden kann. Bevor ich die 3 Themen zur Diskussion freigebe (wobei ich um das Einhalten der oben genannten Abfolge der Punkte bitte), erlaube ich es mir zuvor noch meine derzeitige Sicht der Dinge kund zu tun:

Zu Atlantis:
Wenn wir die Zahl der Jahre, die von Platon als temporäre Distanz zwischen der Veröffentlichung seiner Dialoge und dem Untergang der Insel angegeben wird, auf die der Monde beziehen, so erhalten wir eine neue Zahl, die den Untergang Atlantis um das Jahr 1087v.Chr.(wenn wir von einer Rückrechnung zur Zeit der Publikation der platonischen Dialoge Timaios und Kritias ausgehen) bzw. um das Jahr 1287v. Chr. (wenn wir von einer Rückrechnung zur Zeit Solons Todes[der nach Angaben Platons dessen Quelle darstellt]) einordnet. Heutiger Annahmen und Schätzungen zufolge fand die 2. Zerstörung Trojas (erste Zerstörung 1250v.Chr.) 1185v.Chr. statt und fällt somit fast mittig in die Zeitspanne der oben genannten Fixpunkte. Desweiteren kann unter Insel (als welche Atlantis beschrieben wird) auch als "abgegrenztes Gebiet" verstanden werden (man denke mal an die "Insulae" Roms). Somit könnte die Stadt Troja und ihr Einflussgebiet als abgegrenztes Gebiet verstanden werden, welches eine wichtige Handelsstadt an der engen Verbindung zwischen schwarzem Meer und Mittelmeer darstellt. Eine "enge Verbindung" besteht auch an der Westseite des Mittelmeers, die Straße von Gibraltar und jenseits dieser soll sich laut Platon Atlantis erstrecken. Was, wenn Platon eine falsche Vorlage besaß, der zufolge Atlantis (Stadt des Atlas) so groß war und sich an einer Meerenge befand, dass er aus eigener Kenntnis diese niemals in Kleinasien zu lokalisieren gewagt hätte. Außerdem sei zu beachten, dass Troja, neben Ilias, Ilios,Ilion von den Hetthitern Wilusa und von den Ägyptern Wirudja genannt wurde. Die Relationen der Dinge, die Platon beschreibt, können durchaus aufgrund im Laufe der Zeit verfälscht und gesteigert worden sein, was bei vielen Überlieferungen der Fall war (ich denke daran, dass Alexander der Große angeblich in einem Glasgefäß zum Meeresgrund gelassen wurde und ein Fisch ihn .. naja das ist eine andere Geschichte). Es läuft darauf hinaus, dass in meinen Augen Atlantis Troja sehr ähnelt und es sich eventuell nur um ein verzerrtes Bild der ebenfalls sagenumwobenen Stadt handelt (angemerkt sei auch, dass Hisbaert Gaefs eine ähnliche Meinung zur Grundlage einiger Teile seines Historien-Romans Troja macht). Dennoch könnte ich mir vorstellen, dass es auch andere Theorien gibt, die ich samt ihrer Argumente und Ungereimtheiten gerne erfahren würde.

Nun zur Argonautensage:

Der historische Kern zur legendären Fahrt der Argo liegt meines Erachtens unweit von der ersten Zerstörung Trojas 1250v.Chr., welche oft mit dem Plünderzug des Herakles gleichgesetzt wird. Um 1250v.Chr. ist zudem der Fall der mykenischen Kultur und die Herrschaftsübernahme durch die unzivilisierteren Achaier zu verzeichnen gewesen, zu denen man Herakles, Iason und Atreus zählen kann. Demnach schloß sich eine Horde babarischer Krieger zu einem Plünderzug zusammen, der sie in das entfernte Kolchis führen sollte, von dem ich hörte, man hätte sich in dieser Zeit erzählt, die Flüsse dort seien so goldreich, dass man bloß ein Fließ hineinhalten müsste, worauf sich Goldstückchen darin verfingen. Ob die zu Helden gewordenen nun tatsächlich mit einem goldenen Fließ heimkehrten ist zu bezweifeln, allerdings erscheint es mir wie die Symbolik dafür, dass sie mit reicher Beute zurücksegelten. Ebenso zweifelhaft sind die Künstler an Bord (z.B. Orpheus), denn von wilden Achaiern wird gesagt, dass sie sich nicht einmal wuschen - wieso sollten sie da Wert auf die Klänge der Lyra gelegt haben? Natürlich mochte es noch einige Griechen, die der mykenischen Kultur entstammten, geben, aber man hätte sie wahrscheinlich nicht mit an Bord genommen.

Abschließend zu Troja: Zusammenfassend kann man über die Stadt sagen, dass es sich um eine zivilisierte und kultivierte Siedlung handelte, die aufgrund ihrer Lage ein wichtiges Handelszentrum im Mittelmeerraum der damaligen Zeit darstellte. Es ist anzunehmen, dass sie tatsächlich von Achaiern und nicht von Arzawern (die zu jener Zeit gegen die Hetthiter kämpften) oder Hetthitern (die zu jener Zeit gegen die Arzawer kämpften und versuchten sich auf der Kupferinsel Zypern zu behaupten) vernichtet wurde. Allerdings stimmen auch hier die Relationen nicht ganz, da der Krieg aufgrund der Heeresversorgung der Achaier maximal ein Jahr gedauert haben konnte, denn selbst mit der Plünderung umliegender Gebiete (z.B. Thrakien) sie nicht im Stande eine 10jährige Belagerung durchzuführen, zumal es sich bei ihnen um stumpfe Achaier handelt, deren hygienische Probleme wahrscheinlich zu Seuchen führten, die sogar Einzug in Homers Ilias fanden. Außerdem wird der Feldzug gegen Troja weniger wegen des Raubes einer Frau, sondern vielmehr wegen der Aussicht auf eine lukrative Plünderung begonnen worden sein (welche die Achaier einige Jahrzehnte zuvor bereits das erste Mal durchführten). Nebenbei sei erwähnt, dass die Trojaner die verbindende Meerenge zwischen dem schwarzen Meer und dem Mittelmeer beherrschten und dort von Handelsreisenden beliebig hohe Zölle verlangten. Die Eleminierung dieser Zollstelle, hätte für die Achaier die Aussicht auf künftige Seehandelsrouten in den Norden und überhaupt eine bessere Anbindung an den Seehandel bedeutet. Zwar tauchen neuerdings Hinweise dafür auf, dass Troja in England gelegen haben könnte, aber diese können genauso gut Auskunft über einen anderen wichtigen Kampf unter keltischen Stämmen zu ähnlicher Zeit geben, von dem wir bisweilen nichts wussten, da uns diesbezügliche literarische Hinweise fehlen (entweder wir kennen die keltische Schrift nicht oder sie existierte nicht einmal wie es vermutet wird).

So das wäre im Wesentlichen meine Kenntnis über die historischen Kerne der drei Sagen, vielleicht wisst ihr ja mehr. Ich würde mich über zahlreiche Antworten freuen.
 
Atlantis ist ein Beispiel Platons für Gefahren eines Staates, wenn er moralisch verdirbt und somit eine philosophische Schrift und weniger eine Sage.
Man kann versuchen atlantisähnliche Städte auf dem Globus zu suchen, hat dann aber 2 Probleme:
1) Man muss viele Angaben von Plato sehr flexibel anwenden/zurechtbiegen (Atlantis ist größer als Afrika und dergleichen)
2) Man muss begründen, warum man der Meinung ist, dass es tatsächlich reale Vorbilder hat und nicht nur eine Produkt Platons Phantasie ist um recht abstrakte Ideen plausibler und begründet erscheinen zu lassen.

Deine Argonauteninterpretation erscheint mir auch sehr gewagt. Wieso sollte es einen Raubzug nach Mykene beschreiben, wenn die Argonauten doch weg von Griechenland segeln? Ging es nicht ans Schwarze Meer?
Die Besatzung der Argo bietet ein kleines Best of der antiken Helden. Wurde hier vielleicht eine ältere Sage um einige Klassiker ergänzt um sie moderner wirken zu lassen oder wie kam das zustande? Dies fände ich persönlich interessant. Gerade Orpheus und Herakles haben doch auch eigene Geschichten.
 
Wenn wir die Zahl der Jahre, die von Platon als temporäre Distanz zwischen der Veröffentlichung seiner Dialoge und dem Untergang der Insel angegeben wird, auf die der Monde beziehen

Warum sollten wir? Platon war bestimmt nicht zu dämlich, die beiden Zeiteinheiten "Jahr" und "Monat" auseinanderzuhalten.


Desweiteren kann unter Insel (als welche Atlantis beschrieben wird) auch als "abgegrenztes Gebiet" verstanden werden (man denke mal an die "Insulae" Roms).
Im Griechischen? Glaube ich nicht. Atlantis wird als Insel, größer als Libyen (=Nordafrika) und Asien zusammen beschrieben, und diese Insel soll im Meer versunken sein.
Das paßt mit Troja überhaupt nicht zusammen.


Es läuft darauf hinaus, dass in meinen Augen Atlantis Troja sehr ähnelt
Na klar, indem Du Platons Atlantis unter dem Vorwand, er habe "eine falsche Vorlage besessen", ein "verzerrtes Bild" geliefert, das "im Laufe der Zeit verfälscht" worden sei, beiseiteschiebst, und dafür Dein eigenes Atlantis zurechtkonstruierst, das Troja ähnelt.

Genauso funktionieren auch die 1000 anderen Atlantis-Theorien: Man schiebt aus Platons Bericht alles beiseite, was nicht paßt, und interpretiert dafür alles mögliche hinein, was paßt.

Diese Methode macht sicherlich Spaß, nur eines kann man mit ihr garantiert nicht erreichen: Den historischen Kern einer Sage herausfiltern.



Dennoch könnte ich mir vorstellen, dass es auch andere Theorien gibt, die ich samt ihrer Argumente und Ungereimtheiten gerne erfahren würde.
Die gibt es wie Sand am Meer...

... Santorin, Sizilien, Helgoland, Kanarische Inseln, Madeira, Bahamas, Bermuda-Dreieck, Sibirien, Antarktis, Sri Lanka, etc. etc. etc. ...

Es wird vermutlich schwierig sein, einen Ort auf der Erde zu finden, der noch nicht mit Atlantis in Verbindung gebracht worden ist.

Lokalisierungshypothesen zu Atlantis ? Wikipedia
 
Leider fehlt mir heute die Zeit, um es noch ein wenig genauer zu erläutern und zu begründen, ich werde mich dem Morgen widmen, also habt ein wenig Geduld.
 
Ich empfehle dir, Aineas, ein schmales rotes Heftchen der Reclam-Serie: die "Unglaublichen Geschichten" des Palaipathos.
Der versuchte schon zu hellenistischer Zeit, historische Kerne in Sagen freizulegen, und einige sind durchaus plausibel. "Great minds think alike" könnte man sagen, aber nimm dir lieber wie P. kleine Brocken nacheinander und genau vor, als einen riesigen Troja-Atlantis-Argonautenbraten aufzutischen, der - wie Hyokkose und Themistokles schon entdeckt haben – nicht an allen Stellen gut durchgebraten ist.
 
zunächst einmal vielen Dank für eure Antworten.

Da ich bereits sagte die 3 Sagen chronologisch abzuhandeln, werde ich zunächst lediglich auf den Mythos um Atlantis eingehen und die beiden anderen außer Acht lassen, obwohl ich auch dazu einiges sagen könnte.

Nun also:
Platon schreibt von einer Insel (wie die Definition für Insel lautet wäre eine Überlegung wert), die jenseits der Säulen des Herkules, ergo im atlantischen Ozean liegt. Über ihre Größe heißt es, sie sei so groß wie Lybien und Asia (wahrscheinlich Asia minor) zusammen. Bestanden soll sie bis ca. 9600 vor Christus, worauf sie binnen einem Tag und einer Nacht einer gewaltigen Naturkatastrophe erlag und "im Meer versank". Desweiteren ist erwähnenswert, dass sich die Größe der Flotte (1200 Schiffe), der Armee sowie der Gebäude und Städte proportional zur Flächenangabe verhält.
Punkt Zwei, den man meines Erachtens getrennt betrachten sollte, ist die Beziehung zwischen Atlantis und dem Ur-Athen, welches nach Platon eine Population von 20.000 besaß wie auch eine ideale Staatsstruktur (Politea) besaß und es vollbrachte die Eroberungen Atlantis zu stoppen. Diese Passage von Platon scheint mir am ehesten fiktiv, denn die Gründe für solche Erwähnungen sind eindeutig, die Verherrlichung der eigenen Polis und ihres Systems und dessen Rechtfertigung durch historische Zustände, die zu Erfolgen führten.
Gut, lassen wir mal die Beziehung zu Athen und anderen Kulturen weg, denn wir sprechen hier gerade von finalen Zügen der Jungsteinzeit und archäologische Funde beweisen meines Wissens lediglich leicht fortgeschrittene Siedlungsspuren (erste Städte) im Gebiet des arabischen Mondes.
Platon berichtet genauer von einer Inselfläche, die 3000x2000 Stadien entspricht, demnach betrug ihre Fläche 194400km². Als Richtwerte könnten Deutschland mit ca. 375.000km²,
die Kanaren mit ca. 7.400km²
und die Türkei/weite Gebiete des damaligen Asia Minor mit ca. 779.000km².
Wie es scheint handelt es sich dabei also weder um derzeit noch existente Inseln im Mittelmeerraum, die unter solcher Bezeichnung denkbar wären, noch um eine Insel, die dem Vergleich in ihrer Größe ähneln würde.

Ehe ich fortfahre, wäre eventuell eine Begründung dafür angebracht, dass ich nach einem realen Hintergrund für Platons Erwähnung suche.
Dazu zuvor die Sicht eines Zweiflers, was den Wahrheitsgehalt des Atlantis Mythos angeht:
Um die Tapferkeit und die Stärke der zahlenmäßig unterlegenden Athener gegenüber der Armee aus Atlantis hervorzuheben, musste letztere umso stärker und überragender dargestellt werden, sodass der Sieg besonders spektakulär und glorreich wirkt. Um Zweifel an den Geschehnissen auszuräumen, beschreibt Platon sehr genau und detailliert, damit nicht der Anschein entsteht, die Geschichte sei lediglich Mittel zum Zweck. Um Nachforschungen vorzubeugen, verlagert er den Ort der Stadt weit in den Westen, sodass vor allem seine Zeitgenossen schwer Spuren finden konnten und sie unfähig waren zu widersprechen, da ihnen die Kenntnis über jenes Gebiet größtenteils fehlte. Der Ort kann auch deswegen nicht existiert haben, weil der Meeresboden des Atlantiks aufgrund der unterirdischen Plattenbewegung entstanden ist und sich in seiner Höhe zu sehr unterscheidet als dass er die Überschwemmung einer derart großen Insel zuließe. Und wo ich gerade dabei bin: Woher soll das Wasser, das die Insel überflutete, denn gekommen sein? Es hätte doch zwangsläufig eine Erhöhung des Meeresspiegels zur Folge gehabt und dies an ausnahmslos jeder Stelle auf der Erde. Dazu wären ungeheure Wassermassen benötigt worden, die jedoch nicht einfach aus dem Nichts kommen können, ohne anschließend wieder zu verdunsten und die Insel freizugeben. Ich könnte es noch weiter ausführen, aber ich denke es ist klar geworden, worauf es hinausläuft.

Ok, ich gebe zu, das sind kaum überwindbare Argumente; zumindest kaum überwindbar, von einem bekannten Standpunkt aus. Aber um ein starkes Gegenargument vorweg zu nehmen, das viele zusammenfasst: Ohne die Tatsache des Wunschdenkens in uns auszulassen, ist es doch merkwürdig wieso sich so viele Menschen über diesen Mythos Gedanken machen und ihn von zahlreichen Perspektiven beleuchten. Man kann sie doch nicht allesamt für Träumer halten, die sich aus ihren Wünschen eine neue Realität zusammenbasteln. Mal ist die Rede von Teilen kultureller Prägung, die durch ein verschollenes Volk erklärbar ist (z.B einige Aspekte der Freude an der Natur), außerdem der komische Zufall, dass es sich ausgerechnet um diesen Ort, nicht um einen anderen handelte. Wenn ich mich nicht irre dürfte sich Platon auch von Herodots Bericht über Ägypten inspirieren haben lassen, der die historische Geschichte dieses Landes ab etwa 11000 vor Christus beziffert. Das wäre ein Indiz für das gewählte Datum des Untergangs der Insel. Aber für ihren Ort? Die zentrale Frage, die es auf den Punkt bringt ist folgende: Konnte Platon ohne jegliche Inspiration eine Insel erfinden und sie so genau beschreiben?
Ich denke das konnte er nicht, aber wenn er keine Kenntnis einer derartigen Stadt besaß, was veranlasste ihn dann all diese Details in dieser Anordnung zu nennen? Gebäude wie z.B. Tempel und die Erwähnungen von Götterbildern könnte ich mir noch erklären - aber was ist mit den Kanälen, den Mauerringen und den Wassergräben, was ist mit der Rennbahn an der Küste der Insel, wieso 10 Könige und 60.000 Parzellen? Dieses Kanalsystem ist mir nur aus Karthago bekannt und meines Wissens hat Platon diese Stadt nie besucht. Was die Rennbahn angeht so bin ich mir völlig unschlüssig ob es überhaupt um 360v.Chr. irgendwo ein Hippodrom gegeben hat (ich würde nicht zweifeln, dass eines existierte, aber wie kommt man darauf seine Strecke an der Küste einer solchen Insel entlang verlaufen zu lassen?). Und falls es sich um eine Erfindung handelte, dann wird Platon irgendeine Anzahl von Königen gewählt haben, warum jedoch ausgerechnet 10? 27 hättens doch auch getan, obgleich das nicht ganz so erhaben klingt. Da wir die arabischen Ziffern kennen lernten und im 10er System rechnen, hat für uns 10 eine größere Bedeutung als 27, doch war das im Hellenismus genauso?
Es gibt viele Fragen, bei Annahme einer Fiktion, ebenso wie bei Annahme eines wahren Kerns. Wichtig ist allerdings, dass wir keine Ansicht von vorn herein ausschließen, denn vielleicht übersehen wir dann einen enorm wichtigen Aspekt, der jedoch noch nicht zu beginn ins Auge stach.

Ansonsten möchte ich noch auf eine weitere Besonderheit aufmerksam machen, die zu häufig übersehen wird, weil es sich mittlerweile um eine Selbstverständlichkeit handelt:

Wir kennen es von heutigen wie auch von antiken Sprachen, dass 1 Wort mehrere Bedeutungen besitzt und dies könnte gravierende Folgen haben.
Nehmen wir einmal an, dass alle Schriftstücke, die zu einer gewissen Zeit dort geschrieben wurden und eine Vokabel OFFENSICHTLICH zum Ausdruck einer anderen als der uns bekannten Bedeutung nutzten, uns heute nicht mehr zugänglich sind (durch Verrottung, Brände und sonstige Zerstörung). In diesem Fall, würde uns heute diese Bedeutung der Vokabel nicht bekannt sein, weswegen die übliche Bedeutung, die man der Vokabel zuteilte, weil sie in den uns vorliegenden Schriften sinnvoll erscheint, für die Übersetzung einiger anderer Texte verwendet wurden, die jedoch auch eine sinnvolle Übersetzung durch eine uns nicht bekannte Bedeutung zuließen. Nehmen wir nun an, diese Bedeutung würde den Inhalt und die Aussagen des Textes maßgeblich verändern. Würde das nicht heißen, dass das, was wir für die wahre Aussage dieses Textes halten, sich in Wahrheit um eine Fehlinterpretation handelt und hieße es dann nicht auch, dass wir falsche Informationen über historische Geschehnisse besitzen, falls es sich bei diesem Text um einen handelt, der Auskunft über Ereignisse, Kulturen und Strukturen in der Vergangenheit gibt, und keine archäologischen Funde parallel als Beweis existieren.

Ich weiß nicht ob diese Überlegung immer berücksichtigt wird und es wäre nicht gar zu unangebracht, sie vor allem dann anzustellen, wenn es um den Versuch geht, die wahren Hintergründe des Mythos zu finden.
 
Da ich bereits sagte die 3 Sagen chronologisch abzuhandeln, werde ich zunächst lediglich auf den Mythos um Atlantis eingehen und die beiden anderen außer Acht lassen, obwohl ich auch dazu einiges sagen könnte.
Hier wäre zu begründen, wie Du auf diese Chronologie kommst. Von Atlantis wissen wir seit Platon, von Troja seit Homer. Da sind einige Hundert Jahre dazwischen. Atlantis zeitlich vor Troja anzusiedeln, hieße die Inpterpretation vorwegzunehmen.
Die zentrale Frage, die es auf den Punkt bringt ist folgende: Konnte Platon ohne jegliche Inspiration eine Insel erfinden und sie so genau beschreiben?
Ein Anglistikprofessor aus Oxford hat sich einen kompletten Kontinent mit mehreren Jahrtausenden Geschichte und 3 oder mehr Sprachen ausgedacht.
Im Vergleich zu Mittelerde ist Atlantis doch fast nichts.
Ich weiß nicht ob diese Überlegung immer berücksichtigt wird und es wäre nicht gar zu unangebracht, sie vor allem dann anzustellen, wenn es um den Versuch geht, die wahren Hintergründe des Mythos zu finden.
Wir könnten über den Autoren suchen. Wer ist Plato? Was hat der Mann sonst so geschrieben? Fügt sich der Bericht von Atlantis in die Werke ein? Vielleicht ergeben sich ja Parallelen...
 
Platon schreibt von einer Insel (wie die Definition für Insel lautet wäre eine Überlegung wert), die jenseits der Säulen des Herkules, ergo im atlantischen Ozean liegt.

Eine Insel ist ein Land, das von allen Seiten von Wasser umgeben ist. Wenn Du Platons Text liest, wirst Du feststellen, daß er diesen Begriff genau in diesem Sinne verwendet und auch säuberlich zwischen "Insel" und "Festland" trennt.

Sogar wenn der Begriff "Insel" noch irgend eine andere, übertragene Bedeutung gehabt hätte: In Platons Text ist, wie aus dem Zusammenhang unmißverständlich hervorgeht, ganz offensichtlich die normale Bedeutung von "nesos" gemeint, wie wir sie aus tausend anderen griechischen Texten auch kennen.

Wie es scheint handelt es sich dabei also weder um derzeit noch existente Inseln im Mittelmeerraum, die unter solcher Bezeichnung denkbar wären, noch um eine Insel, die dem Vergleich in ihrer Größe ähneln würde.

So ist es. Das einzige, was wir also mit Sicherheit sagen können ist: Ein Atlantis, so wie Platon es beschreibt, hat nie existiert.


Der Ort kann auch deswegen nicht existiert haben, weil der Meeresboden des Atlantiks aufgrund der unterirdischen Plattenbewegung entstanden ist und sich in seiner Höhe zu sehr unterscheidet als dass er die Überschwemmung einer derart großen Insel zuließe.
Ohne die Tatsache des Wunschdenkens in uns auszulassen, ist es doch merkwürdig wieso sich so viele Menschen über diesen Mythos Gedanken machen und ihn von zahlreichen Perspektiven beleuchten. Man kann sie doch nicht allesamt für Träumer halten, die sich aus ihren Wünschen eine neue Realität zusammenbasteln.
Warum nicht? Es gibt so viele Menschen, die die komplette Atlantis-Story für eine Fiktion halten, sollten etwa die alle falsch liegen?


Die zentrale Frage, die es auf den Punkt bringt ist folgende: Konnte Platon ohne jegliche Inspiration eine Insel erfinden und sie so genau beschreiben?
Mit ein bißchen Phantasie braucht es nicht gar zu viel Inspiration. Zumindest muß dem Autor kein realer Ort vorgeschwebt haben. Oder meinst Du, die folgende Beschreibung kann auch nicht erfunden sein?

Das Reich ist eine Halbinsel; die im Nordosten von einer zehn Meilen hohen Bergkette begrenzt wird. Dieselbe ist aber nicht zu übersteigen wegen der Vulkane auf den Gipfeln der Berge [...] An den drei übrigen Seiten wird das Land vom Ozean bespült. Im ganzen Königreiche ist nicht ein einziger Seehafen, und auch die Mündungen der Ströme sind so voll spitziger Klippen und das Meer ist überall so voll gefährlicher Untiefen, daß selbst das leichteste Boot sich nicht hinauswagen darf. [...] Dagegen sind die großen Ströme mit Fahrzeugen bedeckt und reich an vortrefflichsten Fischen [...]
Das Land ist wohl angebaut, den es enthält einundfünfzig ansehnliche Städte, fast hundert ummauerte Flecken und eine große Zahl Dörfer. [...]
[Die Hauptstadt] wird durch den Fluß, der mitten hindurchfließt, in zwei fast zwei gleiche Hälften geteilt. Sie enthält über achtzigtausend Häuser und eine Bevölkerung von mehr als hunderttausend Seelen.
 
ok wo soll ich mit meiner Antwort anfangen?

Nun gut vielleicht hiermit: Mit der chronologischen Abhandlung, die ich in meinem letzten Text zu Beginn erwähnte, meinte ich den Vorgang beim Analysieren und Diskutieren gemäß meiner Nummerierung im ersten Beitrag, die in gewisser Weise auch nach der Reihe geschrieben wurden.

Desweiteren stellt sich die Frage danach, wie wir vorgehen sollten. Es gibt hier und dort Aussagen und Kommentare, Erläuterungen oder Einschränkungen, aber was war nochmal die Ausgangsfrage? Ich glaube die folgende: Welche historischen Hintergründe hat Platons Erzählung von Atlantis ? Und ferner vielleicht auch: Gibt es Übereinstimmungen seiner Schilderung mit anderen (vielleicht mit der Ilias, der Erwägung Mu's, usw.)?

Am besten ich erzähle noch ein wenig darüber, wieso ich eigentlich an Informationen über solche legendären Kulturen interessiert bin: Vor nicht allzu langer Zeit fielen mir in der antiken Literatur, vor allem in den religiösen Schriften, weitreichende Symboliken ein. Ich weiß nicht, ob diese Symboliken von den Autoren bewusst integriert wurden und ob es sich dabei nicht einmal um verschleierte Codes handelt, sondern um beabsichtigte, offensichtliche Beschreibungen sowie Erzählungen, aber um darauf eine Antwort zu finden und vor allem eine Zeitspanne zu entwickeln, in der Texte mit einem symbolischen Inhalt (sei er unbeabsichtigt, offensichtlich oder verschlüsselt geschrieben worden) verfasst wurden, um das Spektrum all solcher zu überblicken. Eigentlich bin ich an den Punkt gelangt, an dem ich die Dichtungen Homers für den Beginn solcher symbolischen Schreibweise hielt, jedoch zweifle ich zusehends vor allem im Hinblick auf die ägyptische Hochkultur daran. Im Zuge meiner Recherche über diese wurde ich wieder etwas stärker mit dem Mythos von Atlantis konfrontiert, der nach Platon ja bekanntlich aus dem Land der Pyramiden stammen soll. Um mich nicht misszuverstehen, wäre es noch sinnvoll anzumerken, dass es mir bei der Aufarbeitung der früh zeitlichen nur verschwommen beschreibbaren Hochkulturen, die noch nicht einmal existieren müssen, kaum um die Symbolik geht (schließlich bin ich keineswegs veranlasst später irgendwelche archäologischen Untersuchungen durchzuführen, die eventuell Schriften jener vergessenen Zivilisation zum Ergebnis hätten), sondern vielmehr darum in dieser Hinsicht ein wenig mehr Licht ins Dunkle zu bringen.

Da es Atlantis Mythen wie Sand am Meer gibt, wäre es nicht sehr geistreich, eine nach der anderen zu erörtern und mit Argumenten zu untermauern bzw. zu widerlegen. Anstelle dessen, könnten wir alle unmöglichen und wahrscheinlichen Beschaffenheiten der Insel (oder des Reiches) Atlantis durch die Anführung allgemeiner Erkenntnisse ausschließen bzw. sammeln und würden somit das Ziel Stück für Stück einkreisen.

Die einzige Frage, die sich dabei noch stellt wäre die, wo wir anfangen sollten. Fangen wir doch bei der Zeit an:

So wie ich das sehe, bewegen wir uns hier im Zeitraum zwischen dem Ende der letzten Eiszeit also dem Fixpunkt 8000v. Chr. und dem Untergang vieler Kulturen im mediterranen Raum um 1200v. Chr.. Natürlich können leichte Abweichungen entstehen, aber ich denke sehr viel früher oder sehr viel später dürfte diese Hochkultur, um welche es sich bei Atlantis (oder etwas ähnlichem) handelte, nicht bestanden haben. Wenn Platon zumindest bei seiner temporären Festlegung richtig gelegen haben könnte, wollen wir dies gewiss auch berücksichtigen.

Bevor ich fortfahre, gebe ich nochmals zu bedenken, dass wir uns hier nicht ausschließlich auf platonische Aussagen beziehen wollen, sondern möglichst viele (vor allem antike) Texte analysieren würden, die auf eine verschwommene uns kaum bekannte Hochkultur in diesem Zeitraum hinweisen.

Abschließend sollte der mögliche Standort der Hochkultur geklärt werden:
Kurz gesagt würde ich jegliche Orte in Erwägung ziehen, mit denen die Verfasser der informierenden Schriften Kontakt gehabt haben könnten. Aber da die dem antiken Mittelmeerraum entstammende Literatur darüber vielleicht noch die interessanteste ist, wäre es ratsam sich auf diese zu beschränken.
Wenn wir also von den hellenistischen Griechen ausgehen, könnten wir die ihnen bekannten Gebiete auf die, welche auf den Karten des Herodot und des Eratosthenes verzeichnet sind, begrenzen, wobei zumindest die atlantische Ostküste zu berücksichtigen wäre. Ich denke die Quellen über eventuelle Hochkulturen werden sich im hellenistischen Raum zentrieren, aber trotzdem würden zudem karthagische Texte von Belang sein, weil die dort weiterentwickelte Schiffsbaukunst der Phöniker sowie der von dort ausgehende Seehandel führend waren und sie sich ebenfalls an die ostatlantische Küste wagten, weswegen ihre Schriften griechische Aussagen beweisen oder widerlegen können, sofern solche denn existent sind.
 
[...] aber trotzdem würden zudem karthagische Texte von Belang sein, weil die dort weiterentwickelte Schiffsbaukunst der Phöniker sowie der von dort ausgehende Seehandel führend waren und sie sich ebenfalls an die ostatlantische Küste wagten, weswegen ihre Schriften griechische Aussagen beweisen oder widerlegen können, sofern solche denn existent sind.

Nicht existent, mit Ausnahme von wenigen epigraphischen Quellen. Vielleicht solltest du dir als erstes über die Quellenlage im klaren werden.
 
Die einzige Frage, die sich dabei noch stellt wäre die, wo wir anfangen sollten. Fangen wir doch bei der Zeit an:

So wie ich das sehe, bewegen wir uns hier im Zeitraum zwischen dem Ende der letzten Eiszeit also dem Fixpunkt 8000v. Chr. und dem Untergang vieler Kulturen im mediterranen Raum um 1200v. Chr..

Wovon sprichst Du hier eigentlich? Platon lebte im 5./4. Jahrhundert vor Christus, und laut seinen Aussagen war die Atlantis-Story damals schon 9000 Jahre her.
Wenn wir Platons Aussagen für bare Münze nehmen, dann war da 8000-1200 v. Chr. nix mit Atlantis.
Und wenn wir Platons Aussagen als fiktiv ansehen, dann war überhaupt nie was mit Atlantis.

Du warst doch schon auf der richtigen Spur:

Um Nachforschungen vorzubeugen, verlagert er den Ort der Stadt weit in den Westen, sodass vor allem seine Zeitgenossen schwer Spuren finden konnten und sie unfähig waren zu widersprechen, da ihnen die Kenntnis über jenes Gebiet größtenteils fehlte.

Das ist aber noch nicht alles: Um weiteren Nachforschungen vorzubeugen, erklärt er auch noch, die ganze Rieseninsel sei im Meer verschwunden.

Und um ganz sicherzugehen, daß auch niemand auf die Idee kommt, wenigstens noch aus irgendwelchen aus dem Meer ragenden Berggipfeln zu suchen, setzt er noch einen drauf und behauptet, das Meer sei in dieser Gegend unbefahrbar.

Es kommt aber noch dicker: Genau aus diesem Grund verlegt er das Geschehen 9000 Jahre vor seiner Zeit. In eine Zeit, aus der es keinerlei Chroniken, keinerlei Inschriften gibt. Noch nicht einmal die Ägypter mit ihrer vergleichsweise langen Geschichte hatten Aufzeichnungen, die auch nur annähernd so weit zurückdatieren.




Bevor ich fortfahre, gebe ich nochmals zu bedenken, dass wir uns hier nicht ausschließlich auf platonische Aussagen beziehen wollen, sondern möglichst viele (vor allem antike) Texte analysieren würden, die auf eine verschwommene uns kaum bekannte Hochkultur in diesem Zeitraum hinweisen.

Nur gibt es - außer Platons Dialogen - keinerlei antike Texte, die sich auf Atlantis beziehen oder sich auch nur annähernd mit Platons Schilderungen decken. Ein weiteres Indiz dafür, daß Platon sich nicht irgendwelcher vorhandener Überlieferungen bedient hat, sondern sich das Ganze komplett aus den Fingern gesogen hat.
 
Dass es von den Karthagern wenige erhaltene Texte geben würde, war mir in Anbetracht der Zerstörung der Stadt 149v.Chr. und die der damit verbundenen Vernichtung der Bibliothek bewusst, allerdings hatte ich gehofft, dass einige Abschriften in Kolonialgebieten der Karthager z.B. in Spanien gefunden wurden. Anscheinend habe ich mich jedoch getäuscht und nochmal nachrecherchiert, was es mit dem Bericht über Himilkons Fahrt nach Britannien auf sich hatte, wobei mir auffiel, dass der ursprüngliche karthagische Text über diese Erkundung nicht mehr vorliegt, sondern nur noch eine römische Ausgabe, die ihn lediglich als Quelle nennt. Pardon, für diesen Irrtum.
Wer aufmerksam gelesen hat, der hätte übrigens auch diesen Satz hier nicht übersehen:
Wenn Platon zumindest bei seiner temporären Festlegung richtig gelegen haben könnte, wollen wir dies gewiss auch berücksichtigen.
Ich bin mir durchaus darüber im Klaren, dass laut Platon Atlantis 9600v.Chr. untergegangen sein soll, weswegen ich diesen Satz einfügte. Ich habe das Ende der Eiszeit gewählt, weil dieses den letzten größeren Anstieg des Meeresspiegels zur Folge gehabt hat. Es wäre also eine mögliche Ursache für den Untergang, auch wenn es unwahrscheinlich ist, weil die Pole ja nicht auf einen Schlag schmelzen und außerdem darf es als nicht mehr als eine symbolische Idee für das Verschwinden im Meer verstanden werden.

Aber wie es aussieht können wir mittlerweile zusammenfassen:
Die platonische Erzählung ist wie ich zugeben muss doch höchstwahrscheinlich fiktiv, denn es stecken offensichtlich andere Motive dahinter. Außerdem ist Platons Beschreibung wie du sagst Hyokkose tatsächlich auf eine Weise verschwommen dargestellt, die das Verschleiern einer Fiktion als Absicht hat. Den Mythos um Platons Atlantis können wir demnach als Erfindung bezeichnen.

Dennoch gibt es noch einen Text, auf den ich hinweisen möchte:

Homer der den Epos im 8.Jh. v.Chr. verfasste, schreibt in der Odyssee von der Insel Scheria im westlichen Ozean. Auf Scheria lebten die Phäaken, sie hatten Tempel deren Wände mit gediegenen Erz besetzt waren und deren Simse aus Blauen Stahl waren, der Kern der Stadt war mit einer Ringmauer umgeben, es gab alle Arten von Früchten, die Stadt hatte zwei Quellen, das Land war reich [...] Bevor Odysseus zu der Insel der Phäaken kam war er auf der Insel Ogygia gefangen welche Calypso, einer Tochter von Atlas, gehörte. Diese Insel lag 18 Tage von Scheria entfernt.​

Ich würde das Zitat wie folgt kommentieren:

Da Homer vor Solon und Platon lebte wird er kaum Befürworter eines realen Atlantis gewesen sein, sondern allerhöchstens die Erzählung in der Odyssee eine Quelle für Platon. Zwar ähnelt die Größe der Insel nicht der von Atlantis, aber ansonsten gibt es viele Übereinstimmungen. Zu bemerken wäre zudem, dass Scheria noch um ca. 1180v.Chr. existiert haben muss, wenn Homer denn hier einen realen Ort beschreibt.

Unklar ist mir dabei wie es um die archäologischen Funde auf Korfu bestellt ist, die Homers Erwähnung stützen oder widerlegen würden. Überrascht hat mich darüber hinaus die Aussage im Zitat, Scheria läge im westlichen Ozean. Ich persönlich besitze zu geringe Kenntnisse von Homers Odyssee, weswegen ich nicht genau weiß, ob er vom westlichen Ozean spricht. Aber unabhängig von alledem bestünde die Frage:

Beschreibt Homer eigentlich irgendeine Insel oder ein Land jenseits der Säulen des Herakles? Falls nicht könnten wir einen Harken an den Atlantismythos machen, denn ich denke nicht, dass ein weiterer Autor dieser Zeit aus dem Mittelmeerraum etwas ähnliches erwähnt hat.
 
Da ich zufällig nochmal nach einigen Klicks im Netz auf etwas zum Thema Atlantis gestoßen bin, wollte ich es noch erwähnen, ehe wir zum 2. Mythos voranschreiten. Und zwar folgendes:

Und es [Troja] hat auch wirklich existiert. Warum wohl fand der Altertumsforscher Dr. Schliemann bei einer Ausgrabung einen Topf voll Goldmuenzen mit der Praegung "Von Kronos, Koenig von Atlantis"?
(gefunden auf Meine Theorie über den Standort von Atlantis - Seite 5 - :: forum.grenzwissen.de ::)

It was afterward proven that the sixth, city above the second was really ancient Troy! The second city was immensely more ancient, and very conservatively, its destruction may be placed at 20,000 B. C.! It had been a very great city, with Cyclopean architecture and a high grade of civilization. All this is immensely important in view of the announcement of the "Chronos of Atlantis" vase found there. The priests of Sais told Solon that Atlantis had been destroyed 9,000 years before their conversation. This would seem to prove that the second city of Schilemann was actually the metropolis of an Atlantean colony, and that the mother country was still existing at the time the Treasure was placed in the second city!
(gefunden auf How I Found The Lost Atlantis: Sidebar: Who Dr. Heinrich Schliemann Was and the Treasures He Found)

Weiß irgendjemand etwas über diesen ominösen Goldfund? Mir wäre er zumindest neu und erscheint daneben äußerst suspekt.

Nahe läge die beliebte "nachträglich gefälschte oder echte Münzen an einem nicht zu erwartenden Ort auf den Acker werfen oder in die Ruinen legen und somit eine Sensationsmeldung verursachen" Variante, aber vielleicht ist an der Geschichte tatsächlich was drann.
 
Dieses berühmte Schliemann-Troja-Argument ist nur die halbe Wahrheit: Der Standort von Troja war in der Antike bekannt. Außerdem wurden Münzen erst einige Jahrhunderte nach dem Trojanischen Krieg geprägt, von Kroisos von Lydien in einer Gold-Silber-Legierung (Elektron).
 
Zu Troja und Atlantis kann man, wenn man denn möchte, auch noch lesen: E. Zangger, Ein neuer Kampf um Troja sowie sein Buch zu Atlantis.

Viele der hier vorgebrachten Gründe für eine mögliche Gleichsetzung finden sich da auch in sehr ausführlicher Form. Und wenn man noch nach Rezensionen zu beiden Werken suchen sollte, dann bekommt man noch mehr Gründe geliefert, warum das eher nicht so ist, wie Zangger meint.
 
An die Tatsache mit der Münzprägung kann ich mich erinnern; ich meine mich zu erinnern, dass zu dieser Zeit mit Gold und Silber, dass in Form von Barren und Stäbchen gegossen war, gehandelt wurde (ich glaube Shiqlu nannte sich eine Einheit dieser Zeit). Somit wäre also auch der Mythos von den atlantischen Münzen in Troja widerlegt und die Fülle der Argumente, die gegen die Existenz einer Hochkultur sprechen, überwiegt am Ende doch, sodass alle diesbezüglichen Forschungs-, Lokalisierungs-, Deutungs- und Erklärungsversuche einer Insel namens Atlantis wahrscheinlich aus menschlichem Wunsch- und Traumdenken herrühren.
Zugegeben, es würde mich persönlich auch faszinieren, wenn es eine mysteriöse versunkene Stadt gäbe, von der noch nicht allzu viele wissen, aber mir ist es lieber die bewiesene Realität zu akzeptieren als mir eine eigene zu schaffen (sofern wir denn die Realität als das sehen, was wir als diese annehmen und auf was sich unsere Beweise stützen).

Ich würde vorschlagen, dass wir zum nächsten Mythos voranschreiten, der Argonautensage. Nach meinem bisherigen Wissen ist der historische Kern, der dahinter steckt, der folgende:

Die Ursache für den Verfall der mykenischen Kultur ab 1200v.Chr. könnte die Integration von Achaiern, die aus dem Norden stammten, in die Gesellschaft sein. Zu einem gewissen Zeitpunkt könnte es geschehen sein, dass die Achaier den Griff nach der Macht in den griechischen Stadtstaaten wagten, weil sie einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der Bevölkerung ausmachten und darum auch die Herrschaft beanspruchten. Der Erhalt der mykenischen Kultur, wenn auch auf niedrigerem Niveau, und die gegensätzliche Zerstörung einiger Städte ist dadurch zu erklären, dass die Fürsten zum Teil Widerstand leisteten (und besiegt wurden) oder die Macht den Achaiern anboten und verschont oder gar in gewissem Maße an der Herrschaft beteiligt blieben. Da der Norden wesentlich unzivilisierter war und die von dort stammenden Menschen wenig Wert auf Körperpflege und Bildung legten, wurde die bis dahin bestehende Kultur zumindest nicht weiterentwickelt, sondern blieb in Teilen erhalten (wahrscheinlich vor allem durch das Zutun achaierfreundlicher Fürsten, die mykenischer Abstammung waren und deren Geschlecht bis zum endgültigen Untergang fortbestand) und wurde teilweise von achaischen Königen vernachlässigt, wodurch der Rückgang zu erklären wäre.

Soviel zur Vorgeschichte, die erzählenswert war, da sie die Ursache für meine Theorie darstellt: Einige Sprößlinge der achaischen Fürsten erfuhren in dieser Zeit gewiss vom sagenhaft reichen Kolchis (an der Ostküste des Schwarzen Meeres), über das die Legende existierte, dass man nur ein Fließ in einen Fluss halten müsse, um es anschließend voller Goldstücke herauszuziehen. Gierig nach Gold und allerlei Schätzen wie die wilden Barbaren waren, reizten sie diese Gerüchte wahrscheinlich zu einem Plünderungszug. So sammelten sich schnell einige grobe Kerle und unternahmen die Fahrt in den Osten des schwarzen Meeres, wobei sie angeblich auch Troja verwüsteten oder zumindest dessen Hafenanlagen, weil die sich mächtig vorkommenden Achaier der Ansicht waren, sie müssten weder Zölle noch sonstige Bezahlungen entrichten. Nachdem sie dann den Bosporus passierten, segelten sie nach Kolchis, plünderten dort was zu plündern war und kehrten reich beladen zurück.

Ausgeschmückt sähe diese Geschichte dann so aus wie wir sie unter dem Namen Argonautensage kennen. Passagiere der Argo wie z.B. Orpheus wurden meiner Meinung nach nachträglich in einer Zeit einer kulturellen Blüte Griechenlands, die nach dem dunklen Zeitalter angesiedelt war, in die Sage eingefügt, da Achaier wenig Gespür für Kunst besaßen.
 
Wenn ich mich nicht irre dürfte sich Platon auch von Herodots Bericht über Ägypten inspirieren haben lassen, der die historische Geschichte dieses Landes ab etwa 11000 vor Christus beziffert.
Du musst dabei allerdings immer bedenken, dass Herodot in Ägypten auf Dolmetscher angewiesen war, die ihm viel Unsinn erzählten (bspw. dass die Hieroglyphen auf der Cheops-Pyramiden berichteten, wieviel Knoblauch die Arbeiter beim Bau aßen.)

Platon wäre es im übrigen ähnlich gegangen, wenn er in Ägypten für Atlantis "recherchiert" hätte.

Die zentrale Frage, die es auf den Punkt bringt ist folgende: Konnte Platon ohne jegliche Inspiration eine Insel erfinden und sie so genau beschreiben?
Ich denke das konnte er nicht, aber wenn er keine Kenntnis einer derartigen Stadt besaß, was veranlasste ihn dann all diese Details in dieser Anordnung zu nennen?
Die Antwort auf diese Frage ist recht simpel: Atlantis und Ur-Athen mussten bis ins kleinste Detail als krasse Gegensätze erscheinen.

Nur ein paar Beispiel:
- Atlantis ist riesig groß, Ur-Athen klein
- Atlantis ist eine expandierende Seemacht, Ur-Athen eine geordnete, kleine Polis
- auf Atlantis gibt es exotische Tiere und Pflanzen im Überfluss, in Ur-Athen nur die sinnvollen Nutztiere und -pflanzen
- die Atlanter sind von Wasser umgeben, nicht nur weil sie auf einer Insel wohnen, sondern weil sie überall Kanäle und Hafenbecken anlegen; in Ur-Athen wir soetwas nicht gemacht
- die Athener sind genügsam, die Atlanter streben ständig nach mehr Luxus, bemalen ihre Häuser bunt, vergolden ihre Tempel usw.

Grundsätzlich empfehle ich dir mal die Lektüre des Artikels Kritias (Platon)] in der Wikipedia.
 
Ausserdem kannte Platon die Geschichte nur vom Hörensagen . Wenn ein Priester im ägyptischen Saiis jemals jemanden von Atlantis berichtet hat, warum sind keine schriftlichen Zeugnisse aus Ägypten vorhanden. Vor allen Dingen, da die Ägypter alles und jedes schriftlich aufgezeichnet haben und dieses sogar in Stein schlugen ?
Ich denke mir, der Herr Platon wollte sich entweder nur wichtig machen oder er erfand diese Geschichte nur um den Königen dieser Zeit zu zeigen das Ruhm, Macht und Reichtum vergänglich sind.
 
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