Hollywood-Römer tragen Rot... aber warum?

Eichelhäher

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Ich lese grade das äußerst aufschlussreiche "Big Screen Rome" von Monica Cyrino. Es beleuchtet alle mögllichen "Togafilme" Hollywoods, von "Quo Vadis" bis "Gladiator", und zwar mit für mich teilweise verblüffenden Zeitzeugenerkenntnissen.

Eine ihrer Vermutungen fand ich ganz besonders spannend. Römer tragen Rot. Das weiß jeder. Playmobil-Römer, Plastikfiguren, Reenactment, Filme - die Römer tragen rote Tuniken.

Cyrino hat dafür eine Erklärung: In den frühen Römer-Epen in Technicolor standen die Römer stets für despotische, tyrannische, gottlose Hedonisten, während der Held den wahren Glauben findet und durch Bodenständigkeit und (proto-)christliche Werte den "guten Amerikaner" verkörpert (Marcus Vinicius, Judah Ben-Hur, Spartacus).

Und die gottlosen Despoten der 50er und 60er Jahre, gegen die die heroischen und gottesfürchtigen Amerikaner bestehen mussten, waren nun mal die Kommunisten.

Hat ein Politikum des Kalten Krieges tatsächlich so nachhaltig dafür gesorgt, dass mein neunjähriger Sohn mich 2014 beim Malen eines Bildes korrigiert: "Ich hätt die Tunika aber rot gemalt"?

Auf Historiengemälden (Alma-Tadema, Gerome) gibt es natürlich rote Feldherrnmäntel, aber man kann nicht sagen, dass die Farbe Rot da so vorherrscht wie in den Hollywoodschinken. Sehr deutlich übrigens die Abkehr von Rot in Fellinis "Satyricon", der alle möglichen grellen Blau- und Grüntöne ergänzte, und in "Gladiator", zugunsten von Schwarz, Weiß und Blau, vielleicht um den "Naiver Charme-Look" der alten Streifen zu vermeiden?

Ich fand's faszinierend.
 
ich habe das gefühl das du da soviel rein intepretierst ich mein mario ist auch ein kommunist! und jeder liebt ihn.
 
Die Interpretation stammt von Monica Cyrino, nicht von mir (Cyrino ist immerhin im Amerika der 50er und 60er aufgewachsen und Althistorikerin). Ich fand ihre Interpretation lediglich spannend und habe sie für mich empirisch auf Haltbarkeit abgeklopft.
 
Es war ja auch einmal Stand der Forschung, dass die Tuniken der Legionäre rot waren. In den siebziger Jahren, oder war es erst Anfang der Achtziger, ging man dann von weißen Tuniken aus. Ich gehe bezüglich Hollywoods davon aus, dass man irgendwann einen Historiker fragte, der "rot" sagte, und man sich später nicht nicht mehr darum kümmerte. Schließlich wird sich bei den einschlägigen Firmen ein entsprechender Fundus gebildet haben.

Heute wäre es komplizierter. Für die Feldschlacht ist allerdings eindeutig die Wahl der roten Tunika (blau bei aus Marinesoldaten gebildeten Legionen) überliefert, wenn die Legionäre sich nicht den Göttern geweiht hatten, was für die Zeit der Republik einige male überliefert ist. Für religiöse Handlungen kleidete man sich in die Toga candida.
 
Jeder weiß doch - zumindest jeder der Asterix gelesen hat - dass Legionärstuniken grün mit einer schwarz-weißen Borte sind. :still:



Die Moderatorenkollegen werden diesen Unsinn morgen früh löschen.
 
Bitte nicht löschen, Asterix ist doch eine wichtige Quelle. Ohne sie wüssten wir nicht, wie die Sphinx ihre Nase verlor. ;)

Außerdem stellt sich ja durchaus zum Thema die Frage, wieso grün und nicht das in Hollywood beliebte rot gewählt wurde.
 
Darüber habe ich gestern auch nachgedacht! Und nicht, dass ihr glaubt, mir gehen hier irgendwie die wilden Theorien aus oder so, aber - Uderzo ist rot-grün-blind. =)

Nicht ausgeschlossen, dass er die Farbe nahm, die er für "Römertunikafarbe" hielt, und erst später erfuhr, dass er die andere meinte. Bei roten Wiesen und grünen Pferden hat man ihn schnell korrigiert, bei Kleidung sicher eher nicht.

Danke für deinen Post, Riothamus! Hast du eine Quelle für die roten Tuniken? Das finde ich spannend.
 
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Da beruf ich mich zunächst auf Isidor von Sevilla, Origines, XIX, XXII, 10:

"Russata, quam Graeci phoeniceam vocant, nos coccinam, repertam a Lacedaemoniis ad celandum coloris similitudine sanguinem quotiens quis in acie vulneraretur, ne contemplanti adversario animus augesceret. Hanc sub consulibus Romani usi sunt milites; unde etiam russati vocabantur. Solebat etiam pridie quam dimicandum esset ante principia proponi, quasi admonitio et indicium futurae pugnae." (Von Lacus Curtius hierher kopiert.)

Aufgrund von Plinius, Historia naturalis, XX, 3 wird übrigens vermutet, dass Karmesin der fragliche billige Ersatz für blutrotes Purpur war, obwohl er nur schreibt, dass Offiziersmäntel damit gefärbt wurden. Daraus schloss man auf ein scharlachrotes Erscheinungsbild, weshalb Connolly und andere diesen Farbton für ihre Römer benutzten. Allerdings gibt es Karmesin auch in blutrot. Es dient z.B. bis heute den Kardinälen als Ersatz für den echten Purpur. In der Realität mögen die Tuniken der Legionäre mit noch billigerem roten Farbstoff behandelt gewesen sein.

Warum sollen wir hier dem spätantiken Schutzpatron des Internets glauben? Plutarch, Pompeius, 68, 4 schreibt: "Caesar, therefore, after saying that the expected day had come, on which they would fight against men, and not against want and hunger, quickly ordered the purple tunic to be hung up in front of his tent, that being the Roman signal for battle." (Vom Perseus Project hierher versetzt, wo man auch den griechischen Text findet.)

Wer nicht glaubt, dass man solches Umziehen vor der Schlacht beachtet hat, sollte bedenken, dass die meisten Schlachten gestüzt auf ein Lager ausgefochten wurden. Zudem überliefert Plutarch als schlechtes Vorzeichen, dass Crassus vor der Schlacht bei Carrhae einen schwarzen Mantel trug und von den Legionären genötigt wurde, den korrekten Purpurmantel anzulegen.

Dies erklärt auch die Quellen (Rechnungen aus dem Wüstensand, Stoffreste) zu schlichtem, ungefärbten Leinen. Zu religiösen Anlässen, wozu z.B. Triumphzüge zählten, wurde natürlich die Toga Candida getragen. Für die Republik gibt es Belege, dass sich ganze Heere vor der Schlacht den Göttern weihten und daher in reinem Weiß fochten.

Zu dem Blau für die Legionen aus Marinesoldaten müsste ich nachschauen, wo es steht, aber die römischen Feldherren zur See sollen sogar einen blauen Feldherrnmantel getragen haben.

Die Quellen für die Tunikenfarbe, auch Stoffreste und Bildzeugnisse, sind zusammengestellt in: Graham Sumner, Roman Military Clothing, Bd.1 100 BC - AD 200, Bd. 2 AD 200-400 (Osprey's Men at Arms 374/390).
 
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Hat ein Politikum des Kalten Krieges tatsächlich so nachhaltig dafür gesorgt, dass mein neunjähriger Sohn mich 2014 beim Malen eines Bildes korrigiert: "Ich hätt die Tunika aber rot gemalt"?
In Kubricks "Spartacus" sind die Römer auch rot bemäntelt:
Dem Drehbuch des Filmes lag der gleichnamige, kommunistisch geprägte Roman von Howard Fast zugrunde.
Ich denke, die roten Umhänge sehen einfach besser aus und passen zur Dramaturgie.

Nachträglich fällt mir noch ein, im DDR-TV lief '77 eine rumänische Serie "Römer, Daker, fremde Götter". Dort waren die Römer auch rot gekleidet. Auf Youtube zu finden unter Sergiu Nicolaescu - Dacii
 

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Ich vermute, dass ein rotes Heer auf der Leinwand einfach gut aussieht.
Rote oder rotbraune Tuniken gab es aber offenbar: http://diepresse.com/images/uploads...tike_mauer_pompeji_gxoytn8p20111022145530.jpg Auch hier ist ein roter Umgang zu sehen. Einem Gott steht der natürlich auch zu. http://www.wimmer-kommunikation.de/Bilder/Bilder Autor/FILM/ITALIEN/venus_mars.jpg
Vielleicht hat man sich auch von den zahlreichen roten Anstrichen, auf pompejanischen Wänden leiten lassen, dass dies die bevorzugte Farbe der Römer war.
http://sneudeck.jalbum.net/Historische Stätten/Pompeji und die Villa Oplontis/slides/Pompeji_07.JPG
 
Danke an alle für die vielen Quellverweise!

Riothamus: Karmesin kenne ich als traditionelles, äußerst lichtunbeständiges Pigment aus der Aquarellmalerei, das nach relativ kurzer Zeit in der Sonne blasser wird und irgendwann fast völlig verschwindet. Das eröffnet natürlich schöne Möglichkeiten mit verschossenen, ausgeblichenen Tuniken. ;)

Die "purple tunic" habe ich anderswo als "rotes vexillum" gefunden, das vor dem Zelt des Kommandeurs wehte, wenn gekämpft werden sollte. Das wird wohl das gleiche sein? "Tunic" verstanden als "Tuch" (denn eine frühe Tunika hatte ja grad mal Scheinärmel)?

Bei Spartacus bin ich gespannt, ob Cyrino da was zu der Kommunisten-Kontroverse und ihrem Einfluss auf rote Schlacht-Couture schreibt... ich bin erst bei "Ben-Hur". ;)
 
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Stoffe rot zu färben war bei den Römern keine teure Angelegenheit. Die Krapppflanze (Färberröte) kam auch damals im Mittelmeerraum vor.
Das ergibt eine ziemlich kräftige rote Farbe bei damit behandelten Textilien. Unmöglich sind die roten Tuniken und Mäntel nicht. Eine weiße Tunika dürfte, bei Soldaten im Feldeinsatz ziemlich schmuddelig ausgesehen haben.http://www.handweberei-galz.de/WebR...2BBC/59C0/2.2_Fischgratkoper_krapprot.png.jpg.
Purpur war natürlich absoluter Luxus und dem Kaiser oder Triumphator vorbehalten.
 
Laut Georges wurde 'tunica' im übertragenen Sinne als 'Haut, Hülle' verstanden, war eben das, was man direkt auf der Haut trug. 'Vexillum' hingegen ist der Diminutiv von 'Velum', welches 'Segel', aber auch 'Tuch' bedeutet.

Aber auch das 'rote Vexillum' als Schlachtsignal findet man im Georges unter 'vexillum'. Das mag daran liegen, dass sich die Plutarch-Stelle auf Pharsalos bezieht. Zu dem Anlass schreibt Cäsar selbst, dass er das Zeichen mit einem Vexillum gab. Da nun aber Vexillum sich auf ein wie ein Segel aufgespanntes Tuch bezieht, tunica das Kleidungsstück meint, wird dies Signal aus der 'purpurnen Tunika' Plutarchs bestanden haben. Dieser berichtet ja zudem von einer bekannten Gewohnheit.
 
Stoffe rot zu färben war bei den Römern keine teure Angelegenheit. Die Krapppflanze (Färberröte) kam auch damals im Mittelmeerraum vor.

Warum griff man dann überhaupt zum Purpurfarbstoff, der exorbitant teuer war, wenn man das gleiche Ergebnis mit Färberkrapp erreichen konnte? :grübel:
 
Warum griff man dann überhaupt zum Purpurfarbstoff, der exorbitant teuer war, wenn man das gleiche Ergebnis mit Färberkrapp erreichen konnte? :grübel:
Warum kaufen reiche Leute echte Diamanten, wenn doch ein Zuchtdiamant auch ganz schön funkelt ? Purpur sieht anders aus als krapprot. Es hat einen Stich ins Violette was offenbar als besonders edel angesehen wurde.
 
Purpur sieht anders aus als krapprot. Es hat einen Stich ins Violette was offenbar als besonders edel angesehen wurde.


Aha, also gab's doch kleine unterschiedliche Nuancen, die ein Kenner eben sah!

Der Vergleich mit dem Zuchtdiamanten hat mich natürlich in erster Linie überzeugt! =)
 
Aha, also gab's doch kleine unterschiedliche Nuancen, die ein Kenner eben sah!
Der Rechte trägt Purpur(natürlich synthetisch hergestellt), heute würde man es als Violett bezeichnen. Es ist genau die Mitte zwischen rot und blau. Der römische Kaiser trug also kein rot sondern violett.
Im 20. Jh. galt die Farbe nicht als besonders toll, deshalb gab es den Spruch bei voletter Bettwäsche: "Lila ist der letzte Versuch."
 

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:rofl: Mein letzter Versuch ist immer braun.

Da kommt wieder das moderne Farbempfinden auf - dieses Lila wirkt auf mich total grell und billig, aber das gilt ja für vieles, was die Antiken als schön und edel ansahen, siehe Augustus von Primaporta... Hat sich was mit stiller Einfalt, edle Größe!

Das Purpur-Embargo 215 war dann natürlich ähnlich politisch signifikant wie der Einsatz von Rot im Hollywood der McCarthy-Ära!
 
Nicht nur ein Kenner. Abgesehen davon ist oft unklar, ob violettes oder rotes Purpur gemeint ist. Isidor betont aber gerade die Ähnlichkeit der Farbe zu Blut. Dies konnte man in der Antike mit Purpur oder mit Karmesin erreichen. Ich meine Cäsar, bzw. der Autor des entsprechenden Buches, beschreibt seinen Feldherrenmantel als rot. Er muss ihn wegwerfen, da die gegnerischen Bogenschützen ihn daran erkennen, als er das Hafenbecken von Alexandria durchschwimmen muss.

Für die Farbe der Tuniken ist wenig gefunden, da gewöhnliche Soldatenmäntel eher als braun überliefert sind.

Elegant wäre die Vermutung, dass Feldherren (Imperatortitel) Purpur trugen, Offiziere den Ersatz aus Karmesin und einfache Legionäre Färberkrepp. Aber Isidor betont ja die Ähnlichkeit zu Blut. Und auch später hat man beim Militär nicht immer den billigsten Farbstoff genommen.

Ich wollte mir gerade ein paar lateinische Rotfarbtöne heraussuchen. Laut Georges spricht Catull von "tunicae russae militares". Ein Dichter mag zwar auch an Blut gedacht haben, zumal es keine Stellenangabe gibt, dennoch ist es ein weiterer Hinweis.

@ Verschmutzung weißer Tuniken: Reinweiße (candida) Tuniken sollen ja nur zu besonderen, religiösen Anlässen getragen worden sein.

Ungefärbtes Leinen sieht schon per se etwas schmuddelig aus. Und es mag ja noch in einem günstigen Braun- oder Gelbton gefärbt worden sein. Jedenfalls wird der alltägliche Dienst nicht in weißer oder roter Tunika versehen worden sein. Das bedeutet sicher auch, dass die Legionäre oft nicht in roter Tunika kämpfen konnten.
 
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