Mal kurz zusammen gefasst:
Die Kinder der Heiligen hießen nach den Großeltern. Landgraf Hermann I. war ein bedeutender Fürst, aber skrupellos auf die Förderung der thüringischen Territorialinteressen bedacht; seine Schaukelpolitik im deutschen Thronstreit zwischen Welfen und Staufern hatte nicht ihresgleichen. Er gehörte zu den Gründern des Deutschritterordens, förderte die höfische Kultur und baute die Wartburg aus. Im Alter verfiel er in Wahnsinn. Erst sechs Jahre nach seinem Tod wurde der einzige Enkel im Mannesstamm geboren und nach ihm benannt. Gertrud, die Jüngste, erhielt den Namen von Elisabeths Mutter, der deutschblütigen Gemahlin des Königs Andreas von Ungarn. Diese Fürstin stammte aus dem Hause der Herzöge von Andechs-Meranien; sie erregte bei den Magyaren durch Verschwendungssucht, die Neigung zu Intrigen und die völkische Überheblichkeit solchen Hass, dass man sie 1213 ermordete. Ihr Töchterlein Elisabeth war damals gerade fünf Jahre alt, befand sich aber gar nicht mehr im Umkreis der Mutter, sondern wurde schon seit zwei Jahren in Thüringen für eine spätere Ehe mit dem Erben der Landgrafschaft erzogen; das Hochzeits-Projekt war zu einer Zeit ausgehandelt worden, als Elisabeth noch kaum geboren war.
So haben die Kinder der Heiligen von den vier Großeltern nur die Großmutter von väterlicher Seite leibhaftig kennengelernt: Sophia d. Ä., die Tochter des bayerischen Herzogs Otto I. Sie hatte schon Elisabeths Jugend überwacht; das kleine Mädchen, das ihre Schwiegertochter werden sollte, dankte es ihr mit Vertrauen und Zuneigung. Als sich Elisabeth ausschließlich ihrer karitativen und religiösen Tätigkeit widmete, wusste sie, dass die drei Kinder, welche sie geboren hatte, nicht ins Leere fallen mussten; die Schwiegermutter, die schon an ihr Mutterstelle vertreten hatte, würde für Hermann, Sophia d. J. und - aus der Entfernung - für Gertrud, die kleine Nonne, in aller Liebe sorgen. So geschah es auch - vielleicht nach einer ganz kurzen Zwischenzeit, in welcher sie die Verlassenheit Elisabeths teilten; doch spricht eigentlich alles dafür, dass es sich bei der Tradition, die solches berichtet, eher um eine zwar rührende, aber falsche Ausschmückung der frühzeitig wuchernden Legende handelt. Die „Nestwärme" empfingen die zwei älteren Geschwister jedenfalls von der treusorgenden Großmutter, die jüngere Schwester in ihrem Konvent. Zwei Jahre nach der Heiligsprechung Elisabeths starb Sophia d. Ä. mit sechsundsechzig Jahren. Ihr Tod bedeutete für die Kinder einen schmerzlicheren Verlust als derjenige ihrer leiblichen Mutter. Man muss diese problembeladenen Verwandtschaftsbeziehungen mitbedenken, wenn man die mütterliche Unbedingtheit, welche Sophia d. J. in späterer Zeit bewies, richtig einschätzen will.
gibt es noch andere Quellen zur Kindheit?
en hesse