IG Die Kreuzzüge *1

JetLeechan

Aktives Mitglied
Die Umfrage ist zu Ende und kam zu einem Unentschieden zwischen "Angriffsziel Ägypten" und "Venedig und der Vierte Kreuzzug". Wie bereits im IG-Forum gesagt halte ich es daher für sinnvoll wenn wir chronologisch vorgehen und den Ägypten-Aspekt bis 1200 diskutieren und dann auf Venedig einschwenken.

Ägypten als Angriffsziel

Beziehungen zwischen Franken und Ägyptern zu Beginn der Kreuzzüge:

Laut der Historia bella sacri schickten die Kreuzfahrer des Ersten Kreuzzugs, auf anraten des byzantinischen Kaisers Gesandte nach Kairo. Diese sollen einen Brief bei sich gehabt haben, der dem Kalifen (wahrscheinlich sollte der Brief an den Wezir, al-Afdal gehen, da das Kalifat der Fatimiden schon länger nur noch eine Scheinherrschaft war, ähnlich wie bei den Merowingern im 8. Jahrhundert) von Ägypten überreicht werden sollte. Der Inhalt dieses Briefes soll die Aufforderung gewesen sein, entweder zum Christentum zu konvertieren und an der Seite der Franken zu kämpfen, oder falls er das nicht tun würde, die Franken Feinde der Ägypter werden würden.
Dies wird leider in keiner weiteren Quellen erwähnt, jedoch sprechen mehrere Quellen von einer ägyptischen Gesandtschaft, die die Franken vor Antiochia erreichte. Scheinbar wollten sie die Franken dazu bewegen die Seldschuken zu bekämpfen und gleichzeitig einem Nichtangriffspakt zuzustimmen, dafür würden die Ägypter bei der Einnahme Jerusalems helfen. Man kann diesen Umstand demnach vielleicht auch als Bestätigung für den in der Historia bella sacri geschilderten Brief sehen.
Daraufhin wollte man von fränkischer Seite dieses Angebot annehmen und schickte Boten nach Kairo, die einen offiziellen Vertragsabschluss vornehmen sollten. Der Vertrag kam aber niemals zu Stande. Al-Afdal hielt die Boten außerdem über ein Jahr in Kairo fest, als sie zu den Franken zurückkehrten, waren die Seldschuken keine Gefahr mehr für das fatimidische Ägypten und die Fatimiden hatten Jerusalem bereits selbst zurückerobert.
Nun wollten die Fatimiden Jerusalem nicht mehr an die Kreuzfahrer übergeben und es kam 1099 zur Eroberung durch die Kreuzfahrer. In der Folgezeit kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit den Ägyptern, denen bei scalon eine entscheidende Niederlage beigebracht werden konnte, wegen internen Auseinandersetzungen verblieb die Stadt aber in ägyptischer Hand. Gottfried von Bouillon plante offenbar einen Angriff auf Ägypten um die Herrschaft der Christen über das Heilige Land zu sichern, starb aber zuvor im Jahre 1100. Urban II. hatte noch 1099, vor der Eroberung Jerusalems, die Mailänder für einen Angriff auf Ägypten gewinnen wollen, der folgende Kreuzzug von 1100 wurde aber in Kleinasien besiegt.
Verschiedentlich kam es danach zu Kämpfen zwischen den Franken und den Ägyptern, denen unter anderem al-Arish am Roten Meer genommen werden konnte. Aber bisher fand kein Angriff auf das ägyptische Kernland statt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Erst mal vielen Dank für die Steilvorlage. Ich nehme an, dass jetzt die Möglichkeit besteht, Anmerkungen zu machen oder Fragen zu stellen, ehe es zum nächsten Abschnitt weitergeht.
Ich fange mal an. Verzeih bitte, dass ich ab und an Datumsangaben nenne oder anfrage - das hilft mir als älterem Menschen bei der Orientierung.;)

Frage 1:
da das Kalifat der Fatimiden schon länger nur noch eine Scheinherrschaft war, ähnlich wie bei den Merowingern im 8. Jahrhundert
Das "schon länger" halte ich nur für bedingt richtig. Gewiß waren Aleppo, Damaskus und der größte Teil Palästinas verlorengegangen, aber viele datieren den Niedergang doch erst ab 1094 (Tod von al-Mustansir und Dschamali - Kettermann: Atlas zur Geschichte des Islam, S. 71).

Frage 2:
die Franken Feinde der Ägypter werden würden
Haben die sich tatsächlich als Franken und Ägypter "angeredet", oder wird das hier nur der Einfachheit halber gesagt?

Frage 3:
In der Folgezeit kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit den Ägyptern, denen bei (A)scalon eine entscheidende Niederlage beigebracht werden konnte
12.08.1098, bei Runciman S. 284f., der aber immerhin darauf aufmerksam macht, dass die ägyptische Flotte nach wie vor die Küste beherrschte und die Häfen schützte.

Frage 4:
Verschiedentlich kam es danach zu Kämpfen zwischen den Franken und den Ägyptern, denen unter anderem al-Arish am Roten Meer genommen werden konnte. Aber bisher fand kein Angriff auf das ägyptische Kernland statt.
In der Grenzfestung el-Arisch starb am 02.04.1118 König Balduin (Runciman, S. 416). Sind wir chronologisch schon so weit?
 
Zuletzt bearbeitet:
Erst mal vielen Dank für die Steilvorlage. Ich nehme an, dass jetzt die Möglichkeit besteht, Anmerkungen zu machen oder Fragen zu stellen, ehe es zum nächsten Abschnitt weitergeht.
Ich fange mal an. Verzeih bitte, dass ich ab und an Datumsangaben nenne oder anfrage - das hilft mir als älterem Menschen bei der Orientierung.;)
Ich hatte mir eigentlich nichts dabei gedacht gerade an diesem Punkt aufzuhören, es war bloss so das ich nach der ganzen Arbeit heute nicht mehr in der Lage war eingermaßen fehlerfrei zu schreiben und daher nach mehrfacher Korrektur einen Schlußstrich ziehen musste:red:.
Das "schon länger" halte ich nur für bedingt richtig. Gewiß waren Aleppo, Damaskus und der größte Teil Palästinas verlorengegangen, aber viele datieren den Niedergang doch erst ab 1094 (Tod von al-Mustansir und Dschamali - Kettermann: Atlas zur Geschichte des Islam, S. 71).
Mit das Kalifat war untergangen meinte ich nicht das Reich als solches sondern die politische Stellung des Kalifen, der die faktische Gewalt an den Wezir verloren hatte. Wie lange genau das her ist weiss ich jetzt aber gar nicht, aber das bezog sich auch mehr auf die Tatsache das den Kreuzfahrern der Umstand eigentlich schon hätte bekannt sein können.
Haben die sich tatsächlich als Franken und Ägypter "angeredet", oder wird das hier nur der Einfachheit halber gesagt?
Nur der Einfachheit halber. In den Quellen heißt es meistens babylonie, seltener egypti. (statt y auch mit i)
12.08.1098, bei Runciman S. 284f., der aber immerhin darauf aufmerksam macht, dass die ägyptische Flotte nach wie vor die Küste beherrschte und die Häfen schützte.
Die Schlacht 1100 wurde zwar gewonnen, aber Ascalon ergab sich nicht bzw. konnte nicht übernommen werden weil eben interne Konflikte dies verhinderten. Die Ägypter behielten die Stadt daher. Entscheidend war die Schlacht aber weil sie klar die Grenzen der Verteidgung Syriens für die Fatimiden aufzeigte und soweit ich das in Erinnerung habe die Kreuzfahrer eine große Menge an Beute ergattern konnten. Wobei natürlich "Entscheidend" natürlich nur eine Floskel ist und wahrscheinlich fehl am Platz, sagen wir es war ein guter Sieg.
In der Grenzfestung el-Arisch starb am 02.04.1118 König Balduin (Runciman, S. 416). Sind wir chronologisch schon so weit?
Ja, ich habe dort einen kleinen Sprung eingebaut weil ich nicht zu weit ausufern wollte, schließlich sollte dies nur die Basis sein und in der Zwischenzeit ist eben nicht mehr soviel passiert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mit das Kalifat war untergangen meinte ich nicht das Reich als solches sondern die politische Stellung des Kalifen, der die faktische Gewalt an den Wezir verloren hatte. Wie lange genau das her ist weiss ich jetzt aber gar nicht, aber das bezog sich auch mehr auf die Tatsache das den Kreuzfahrern der Umstand eigentlich schon hätte bekannt sein können.
Ich hab die Sache nochmal nachgelesen und es war ihnen tatsächlich bekannt. :pfeif:
 
Ich hab die Sache nochmal nachgelesen und es war ihnen tatsächlich bekannt. :pfeif:

Vielen Dank für die umfangreichen Erläuterungen!
Dass bei der Schlacht von Askalon "unermeßliche Beute" gemacht wurde, bestätigt auch Runciman (S. 284).
Hoffentlich geht es so weiter.:winke:
 
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War die Stadt Arsuf nicht auch in ägyptisch-fatimidischen Besitz? Sie wurde ja auch 1099 von Gottfried von Bouillon vergeblich belagert. Die Episode des Ritters Gerard d'Avesnes der von den Sarazenen an die Stadtmauer gehängt und zwölf Pfeiltreffer der anstürmenden Kreuzfahrer überlebt hatte ist mir da noch im Gedächtnis.

Habe meinen Runciman zur Zeit leider nicht zur Hand.
 
Noch ein paar Ergänzungen müssen gemacht werden:
- Ich habe abwechselnd von Ägyptern und Fatimiden gesprochen. Soweit ich das richtig erfasst habe machen die arabischen Quellen aber eine doch recht deutliche Trennung zwischen Bewohnern und Herrschaftsgruppe, -familie, - Apperat und dan nocheinmal von jenen, die im Dienste dieses Apperats stehen, d.h. Kämpfer, Beamte etc. das können nämlich durchaus auch Christen, Juden oder Andere sein. Dagegen aber fächern sie die Bewohner nicht auf in Einheimischem Zugezogene, Christen etc. sondern jeder Bewohner Ägypten ist schlicht Ägypter (nur wenn es besonders erwähnenswert ist, zB. bei Steuerfragen ist das anders) im Gegensatz zu den Lateinischen. Außerdem wird noch einmal deutlich getrennt zwischen Ägypten und dem "erweiterten Ägypten" nämlich dem Herrschaftsbereich der Fatimiden und später Ayyubiden, der sich bis Palästina, Syrien und weiter erstreckt.

- Der angebliche Plan Gottfrieds Ägypten anzugreifen muss eine Fehlinterpretation meinerseits gewesen sein, weder bei Mayer, Riley-Smith, Jaspert, Setton und selbst nicht in der maßgebliche Biographie Gottfrieds (Life an Ancestry of Godfrey of Bouillon, Andressohn, 1949) wurde dies erwähnt, ich fand auch keine Quellenbelege. Wahrscheinlich war hier eben die Unterscheidung zwischen syrischem und eigentlichem Ägypten nicht gemacht worden und es meinte einen Angriff auf fatimidisches Gebiet in Syrien.

- Der Plan Urban II. Ägypten anzugreifen, dafür konnte ich auf Anhieb eine Quelle finden. MGH SS 20, S. 24, Historia mediolamensis des Landuflus von Sancto Paulo (www.dgmh.de und dann links auf scriptores -> SS). Leider gibt es keinen Bericht über die Motive und Urbans II. Kenntnisse von Ägypten wage ich doch stark zu bezweifeln, aber allein die Erwähnung ist ja schon erwähnenswert (Wortspiel :yes:).
 
War die Stadt Arsuf nicht auch in ägyptisch-fatimidischen Besitz? Sie wurde ja auch 1099 von Gottfried von Bouillon vergeblich belagert. Die Episode des Ritters Gerard d'Avesnes der von den Sarazenen an die Stadtmauer gehängt und zwölf Pfeiltreffer der anstürmenden Kreuzfahrer überlebt hatte ist mir da noch im Gedächtnis.

Habe meinen Runciman zur Zeit leider nicht zur Hand.

Doch, Arsuf wurde von Gottfried erfolglos belagert, bzw. konnte wegen Streitigkeiten zwischen ihm und Raimund nicht erobert werden, es fiel dann aber 1101 unter Balduin I.
Ich habe diese Episode weggelassen da ich fand das Ascalon die Verhältnisse noch etwas besser darstellt aber Arsuf ist zweifelsohne auch eine Erwähnung wert.
 
Hier paßt rein die Sage vom "Zweybeweibten Graf von Gleichen". Die Burgruine "Gleichen" ist bei Erfurt zu sehen.
Der Graf war verheiratet, hat sich dem Kreuzzug angeschlossen und ist in sarazenische Gefangenschaft geraten. Die Tochter des Sultans hat sich in ihn verliebt, ihn befreit und ist mit ihm in seine Heimat geflohen. Im "Freudenthal" unterhalb der Burg soll sich der Sage nach der heimkehrende Graf samt Gefolge und sarazenischer Frau mit seiner Ehefrau getroffen haben. Mit päpstlicher ERlaubnis hat der Graf die Sarazenen-Frau als Zweitfrau geheiratet und alle lebten glücklich und zufrieden.
Im Freudenthal unterhalb der Burg Gleichen ist eine Gaststätte, in der in Wandmalereien diese Geschichte dargestellt ist.
Soweit die Sage ....
Ich habe vor einiger Zeit beim MDR eine Sendung gesehen, die befaßte sich mit den historisch nachweisbaren Tatsachen zum Graf von Gleichen. Da ist nicht viel übrig geblieben von der netten Sage! Ausgangspunkt der Sage ist der Grabstein, auf dem der Graf von Gleichen abgebildet ist mit seinen zwei Frauen und die Petition eines anderen, späteren Grafen an Luther, er wolle eine Dispens zur Heirat einer zweiten Frau wie "der zweybeweibte Graf von Gleichen".

Historisch nachgewiesen ist, daß der Graf von Gleichen verheiratet war und zum Kreuzzug aufgebrochen ist. Er war jedoch nicht jahrelang unterwegs, wie die Sage berichtet sondern ist wohl kaum über Italien hinaus gekommen. Beim Papst war er auch nicht so direkt, vielleicht mal in dessen Nähe. Er hat sich vermutlich längere Zeit in Italien aufgehalten und ist dann wieder nach Thüringen zurückgekehrt. Seine Frau ist bald darauf gestorben und er hat zum zweiten Mal geheiratet - eine Einheimische, keine Sarazenin. Er hatte beide Frauen sehr geliebt und deshalb sind beide auf seinem Grabstein verewigt worden.

Somit ist die Sage insoweit wahr: Er hatte zwei Frauen - jedoch nacheinander.
 
Der Plan Urban II. Ägypten anzugreifen, dafür konnte ich auf Anhieb eine Quelle finden. MGH SS 20, S. 24, Historia mediolamensis des Landuflus von Sancto Paulo (www.dgmh.de und dann links auf scriptores -> SS).

Erst einmal erlaube ich mir, den Link zu korrigieren (Tippfehler o.ä.): DMGH digital

Wenn ich Dich richtig gelesen habe, meintest Du dann folgenden Text: Digitale Bibliothek - Münchener Digitalisierungszentrum
Korrekt?

Wahrscheinlich ist mein Latein einfach zu schlecht, aber ich kann irgendwie die Stelle nicht finden...
:rotwerd:
 
Erst einmal erlaube ich mir, den Link zu korrigieren (Tippfehler o.ä.): DMGH digital

Wenn ich Dich richtig gelesen habe, meintest Du dann folgenden Text: Digitale Bibliothek - Münchener Digitalisierungszentrum
Korrekt?

Wahrscheinlich ist mein Latein einfach zu schlecht, aber ich kann irgendwie die Stelle nicht finden...
:rotwerd:
Oh Mann, der Fehler passiert mir dauernd mgh nicht gmh, du hast recht, danke:pfeif:. Und die Seite ist auch noch verkehrt, es ist Seite 22. Zeile 11

Ich kann das auch nicht einfach so aus dem Blauen heraus übersetzen aber da steht soviel wie:
"Anselm von Bois, Bischof von Mailand, könnte sich bemühen ein Heer aus verschiedenen Völkern zusammenzuführen, weil er so das Reich Bailonien erobern könnte...", oder so ähnlich.
 
Gehen wir weiter in der Geschichte der Kreuzzüge.
Das Erstarken der Zengiden im Nordosten des Heiligen Landes führt nach einiger Zeit der Ausdehnung zu einer Patt-Situation mit den Kreuzfahrern. Sowohl den Lateinern als auch den Zengiden wird klar das es im Norden "nichts mehr zu holen gibt", so richten beide Parteien ihr Augenmerk gen Ägypten.
1154 gelingt dem Königreich Jerusalem endlich die Eroberung Askalons. Damit ist der Weg nach Ägypten frei. Es folgt in den 60er Jahren des 12. Jahrhunderts ein komplizierte Ränkespiel zwischen den Herrschern Ägyptens, dem ehemaligen Wesir, den Zengiden unter Nur ad-Din und dem Königreich Jerusalem unter Amalrich I. In dessen Folge mehrfach wichtige Hafenstädte wie Alexandria den "Besitzer" wechseln und Ägypten zeitweise sogar unter lateinischem "Protektorat" steht. Letztlich muss sich Amalrich aus Ägypten zurückziehen. Saladin, der Neffe von Nur ad-Dins General Shirkuh übernimmt als Sultan die Macht in Ägypten und markiert das Ende der Fatimiden.

Bereits 1169 gab es ein lateinisch-byzantinisches Bündniss das zusammen erfolglos Damietta belagerte. 1177 wird eine Großoffensive gegen Ägypten geplant. Das Kommando wird Phillip von Flandern angetragen (übrigens auch die Krone Jerusalem), beides lehnt er ab. Somit kommt auch die ägyptische Offensive nicht zu Stande.

Wichtig für uns ist aber die Tatsache das Saladin neuer Herrscher in Ägypten wird. Zuvor war der Handel der Lateiner mit Ägypten weitreichend. Saladin jedoch erkennt die geostrategisch günstige Lage (besser als die Fatimiden offensichtlich) Ägyptens und richtet seine
Politik konsequent auf den Schutz der Wirtschaft.
Wichtigster Vorteil ist der Transithandel. Zum einen kommen Waren aus China, Indien, der arabischen Halbinsel und auch Ostafrikas über das Rote Meer oder Straßen die am Roten Meer entlangführen nach Ägypten. Ägypten war Zwischenstation für nordafrikanische Pilger ins al-Higaz, der Region in der Mekka und Medina liegen, und viele Pilger kombinieren ihre Pilgerreise mit dem Warenhandel der in Ägypten statt findet. Dazu kommen natürlich noch die Mittelmeerhäfen und die Straßen nach Syrien.
Saladin soll gesagt haben: "Das die Franken den Zugang zum Roten Meer erobern wollten, ist die schlimmste Gefahr für den Islam aller Zeiten gewesen." Schaut man sich die enorme ökonomische Bedeutung Ägyptens an wird auch klar wieso. Ägypten war nicht nur die Kornkammer des Römischen Reiches, es war auch die Kornkammer der islamischen Welt. Das al-Higaz war von den Nahrungsmittellieferungen Ägyptens abhängig(!).
So verbietet Saladin denn auch den Lateinern jeglichen Handel innerhalb Ägyptens und dem Roten Meer. Er ließ das Rote Meer von Lateinern Räumen und abriegeln. Nur noch in den Hafenstädten durften sich lat. Händler aufhalten. Trotz all dem blühte der Ägyptenhandel der italienischen Seestädte. Die Christen wurden sogar explizit aufgefordert und unterstützt wenn es darum ging kriegswichtige Güter wie Holz, Eisen,Waffen, Pech und andere die in Ägypten nicht produziert werden konnten zu liefern. (Das sind genau die Waren, deren Handel auf dem 3. und 4. Laterankonzil verboten wird) Laut al-Maqdisi wird Ägypten als Land der Handelsreisenden und der Handelsgeschäfte bezeichnet.
Das die Lateiner Palästinas über Ägypten im Bilde waren zeigt uns nicht nur der Elan Amalrichs I. sondern auch die Beschreibung Ägyptens bei Willhelm von Tyrus:
"Das ganze Gebiet Ägyptens [...] , liegt zwischen zwei Sandwüsten welche zu ewiger Unfruchtbarkeit verdammt sind. Ägypten würde weder ergiebige Ernten aller Art produzieren noch sie überhaupt kennen wenn es nicht zu bestimmten Zeiten fruchtbar gemacht würde, durch die großzügigen Ausuferungen des Nils. Wie auch immer, der Fluss macht die angrenzenden Gebiete geeignet für Anbaupflanzen wenn die Lage des Landes geeignet ist, dort, wo er eine Oberflächenebene die nahe ist findet, dort breitet sich der Fluß freier aus, und wo er sich ausgebreitet hat macht er größere Flächen des Landes fruchtbar. Von Kairo flussabwärts zur See, findet der Fluss eine weite Landschaft vor wo er große Spannweite hat. Hier sind die fruchtbaren Gebiete deshalb weiter ausgebreitet. Dieses verhilft dem Königreich zu Reichtum und vergrößert es. [...] Daher erweitert oder verringert der Fluß die Größe des Königreichs, da die Gegenden die nicht vom Fluss befruchtet werden verdammt sind, wie wir gesagt haben, der brennenden Sonne und der ewigen Unfruchtbarkeit. [...] Es gibt aber auch noch eine andere Region die zu Ägypten gehört. Diese Region liegt eine Tagesreise von Kairo durch unbewohnbares Land. Diese Region profitiert auch von den Armen des Flußes die sie besuchen und demnach hat sie einen besonders guten und fruchtbaren Boden und erfreut sich eines Reichtums an Feldern und Weingärten."
 
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1154 gelingt dem Königreich Jerusalem endlich die Eroberung Askalons. Damit ist der Weg nach Ägypten frei.
Nach Runciman (S. 642ff.) begann die Belagerung am 25.01., die Stadt fiel am 19.08.1153. Spätestens seitdem stellte Ägypten keine Bedrohung mehr für die Christen dar; auf die Agonie der dortigen Dynastie wurde ja schon hingewiesen.

Es folgt in den 60er Jahren des 12. Jahrhunderts ein komplizierte Ränkespiel ...
"Der Lockruf Ägyptens" ist das Kapitel bei Runciman (S. 667ff.) betitelt. Amalrich war bereit, Antiochia aufzugeben, um "seine wichtigste politische Bestrebung, die Beherrschung Ägyptens, in die Tat umzusetzen" (S. 669).
Spätestens an diesem Punkt ist die Loslösung vom ursprünglichen Kreuzzugs-Gedanken - Sicherung des "Heiligen Stätten" - vollzogen. Reden wir jetzt über hundsgewöhnliche Machtpolitik? Oder gab es noch andere Motive für die "gefährlichen Abenteuer am Nil" (S. 644)?
 
"Der Lockruf Ägyptens" ist das Kapitel bei Runciman (S. 667ff.) betitelt. Amalrich war bereit, Antiochia aufzugeben, um "seine wichtigste politische Bestrebung, die Beherrschung Ägyptens, in die Tat umzusetzen" (S. 669).
Spätestens an diesem Punkt ist die Loslösung vom ursprünglichen Kreuzzugs-Gedanken - Sicherung des "Heiligen Stätten" - vollzogen. Reden wir jetzt über hundsgewöhnliche Machtpolitik? Oder gab es noch andere Motive für die "gefährlichen Abenteuer am Nil" (S. 644)?

Ich glaube weniger das es ein "Abenteuer" war, sondern vielmehr eine machpolitische Notwendigkeit Ägypten zu erobern. Wie die Geschichte zeigte war Ägypten Saladins Machtbasis von der aus er Syrien und schließlich Palästina erobern sollte. Von der wirtschftlichen Bedeutung des Landes hat JetLeechan bereits geschrieben. Ich denke Amalrich hatte die Bedeutung Ägyptens für ein Überleben der Lateiner im Heiligen Land erkannt, jedoch scheiterte seine Politik. Als der Rest der Christenheit dem im 13. Jahrhundert bewusst geworden ist war es bereits zu spät.
 
Nach Runciman (S. 642ff.) begann die Belagerung am 25.01., die Stadt fiel am 19.08.1153. Spätestens seitdem stellte Ägypten keine Bedrohung mehr für die Christen dar; auf die Agonie der dortigen Dynastie wurde ja schon hingewiesen.

Hmm, ich hatte einen Aufsatz gelesen in dem 1154 stand, Mayer etc. sagen auch 1153...:(

"Der Lockruf Ägyptens" ist das Kapitel bei Runciman (S. 667ff.) betitelt. Amalrich war bereit, Antiochia aufzugeben, um "seine wichtigste politische Bestrebung, die Beherrschung Ägyptens, in die Tat umzusetzen" (S. 669).
Spätestens an diesem Punkt ist die Loslösung vom ursprünglichen Kreuzzugs-Gedanken - Sicherung des "Heiligen Stätten" - vollzogen. Reden wir jetzt über hundsgewöhnliche Machtpolitik? Oder gab es noch andere Motive für die "gefährlichen Abenteuer am Nil" (S. 644)?
Was meinst du mit "hundsgewöhnlicher Machtpolitik"?
Aber wenn du bei Runciman weiterliest, steht da zumindest in der englischen Ausgabe auf Seite 365:
"Byzantine good-will was necessary to Amalric to carry out hischief political ambition, which was the control of Egypt. The existence of the Latin states depended, as he well understood, on disunion amongst their Moslem neighbours. Moslem Syria was now united ; but so long as Egypt was at enmity with Nur ed-Din,the situation was not desperate. The Fatimid Caliphate was, however, in such decadence that its end seemed imminent. It was essential that it should not fall into Nur ed-Din's hands."
Amalrich ging es also nach wie vor um die Sicherung der Heiligen Stätten, die man seiner Ansicht nach nicht gegen einen Zagenangriff eines geeinten islamischen Reiches verteidigen hätte können.
 
eine machpolitische Notwendigkeit Ägypten zu erobern ... Saladins Machtbasis ... Bedeutung Ägyptens für ein Überleben der Lateiner im Heiligen Land ...

Ist eine Art von "Putativnotwehr" gemeint?;)
Als Amalrich 1163 König wurde, stellte Saladin noch keine Gefahr dar. Ich meine, man sollte die Idee einer "friedlichen Koexistenz" nicht von vornherein ausschließen bzw. die Gründe näher betrachten, warum niemand an sie glaubte (glauben wollte).

Der Hinweis auf die "wirtschaftliche Bedeutung" geht ja schon ein bißchen weg von der "Notwendigkeit" - vielleicht sollte man dem nachgehen.
 
Hmm, ich hatte einen Aufsatz gelesen in dem 1154 stand, Mayer etc. sagen auch 1153...:(
Notfalls drüber abstimmen lassen!;)

Was meinst du mit "hundsgewöhnlicher Machtpolitik"?
Eine Politik, die sich von ihrem ursprünglichen (religiösen, defensiven) Motiv abgelöst hat zugunsten einer weltlichen, aggressiven Eroberungspolitik.

Aber wenn du bei Runciman weiterliest, steht da zumindest in der englischen Ausgabe auf Seite 365:
"Byzantine good-will was necessary to Amalric to carry out hischief political ambition, which was the control of Egypt. .... It was essential that it should not fall into Nur ed-Din's hands."
Amalrich ging es also nach wie vor um die Sicherung der Heiligen Stätten, die man seiner Ansicht nach nicht gegen einen Zagenangriff eines geeinten islamischen Reiches verteidigen hätte können.
Das Zitat ist in der deutsch Fassung identisch. Um mal das Zangenbild aufzunehmen: Man hätte ja auch Nur ed-Din, der seit 1154 in Damaskus war, von Norden (Byzanz) und Süden in die Zange nehmen können, mindestens so lange, wie es in Ägypten drunter und drüber ging.


 
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