Ignatius Sancho ein gebildeter ehem. Sklave im 18.Jh.

Brissotin

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Hier eine kleine Kurzbiographie, die ich in einem Buch mit Bildern von Gainsborough gefunden habe.
Es handelt sich um Ingnatius Sancho und zeigt, welche Karriere selbst ein Diener machen konnte.
1729 wurde Sancho auf einem Sklavenschiff geboren, trat 1749 in die Dienste als Diener (Servant) der Herzogin von Mantagu. Ab 1766 stand er in engem Briefkontakt mit Laurence Stern (die Briefe wurden 1782 wegen ihre literarischen Wertes sogar veröffentlicht). 1768 malte Gainsborough ihn in 1 Std. und 40 Min., als Sanchos Frau (die Herzogin von Montagu) bei Gainsborough porträtiert wurde. Sie schenkte ihm dieses Bild höchstwahrscheinlich (es muss schon recht teuer gewesen sein), aus Dank für seine guten Dienste. Bis 1773 war Sancho als Kammerdiener (Valet) des 4ten Grafen von Cardigan angestellt, aus dessen Diensten er in Ehren entlassen wurde, worauf er sich als Lebensmittelhändler in Maryfair niederließ. Er verfasste eine "Theory of Music" und war wegen seines hohen Geistes und seiner Auffassungsgabe bei seinen ehem. Herren sehr beliebt. 1780 starb Sancho.

Ganz bestimmt hatte Sancho ein enormes Glück, dass er von seiner Umgebung so gut aufgenommen wurde. Viele Leute aus dem Umkreis von Gainsborough waren ja Abolutionisten. Das Porträt von Sancho strahlt trotz einer gewissen Flüchtigkeit die Aura eines Gentlemen aus, worauf auch Kleidung wie Gestik hindeuten. (er hat wie fast alle Gentlemen die Hand in der Weste)

Ich fine die Person des Ignatius Sancho recht interessant, da ein eigenes Geschäft in einer englischen Stadt schon für eine gewisse Akzeptanz im England des 18.Jh. spricht, die gegenüber ehem. Sklaven aus Afrika möglich war. Intelligenz und Diensteifer ließen Sancho ja einen Aufstieg nehmen, der ebenso für einen weißen Diener etwas sehr erstrebenswertes gewesen wäre.
Hier ein Bild von Sancho (das von Thomas Gainsborouh): http://www.100greatblackbritons.com/bios/ignatious_sancho.html

Oups das könnte verwirrend sein: Mit "Sanchos Frau" meine ich Herrin, nur gab es die Bezeichnung nicht im 18.Jh. oder sie war recht unüblich. Man sprach bei der Herschaft von Herr und Frau aus Sicht der Diener.
 
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Ich war im Sommer wenige Tage in Wien und dort auch im "Mozarthaus" in der Blutgasse... Im dortigen Mozartmuseum wurde von einem Sklaven berichtet, der ein ähnliches Schicksal hatte - leider weiß ich keine Details mehr, aber vielleicht ist das ein weiterer Rechercheansatz für Dich?
 
Ich war im Sommer wenige Tage in Wien und dort auch im "Mozarthaus" in der Blutgasse... Im dortigen Mozartmuseum wurde von einem Sklaven berichtet, der ein ähnliches Schicksal hatte - leider weiß ich keine Details mehr, aber vielleicht ist das ein weiterer Rechercheansatz für Dich?
Ich war auch dort. Ich tippe mal darauf, Du meinst Soliman(1721-1796). Angelo Soliman - Wikipedia

Du hast natürlich Recht, das ist eine höchst interessante Lebensgeschichte :yes: und verdeutlicht, was im Zeitalter der Aufklärung, da waren Sancho und Soliman natürlich Zeitgenossen, möglich war. Vor allem sind beide eben schöne Beispiele dafür, was man im 19.Jh. hätte bei rassistischen Ansichten als Gegenargumente anführen können. Denn beide Männer wiesen eine hohe Bildung auf und waren in bestimmten Kreisen ausgesprochen angesehen und beliebt.
 
Ein weiterer bekannter Schwarzer war Ibrahim Petrowitsch Hanibal, der Zar Peter I. von den Türken geschenkt wurde. Peter wurde sein Pate und ließ ihm eine sorgfältige Erziehung und Ausbildung geben. Ibrahim Petrowitsch war eine stattbekannte Erscheinung im jungen Petersburg, der auch von der Elite beachtet wurde. Eine seiner Enkeltöchter war die Großmutter von Puschkin.
 
scorpio: Ein weiterer bekannter Schwarzer war Ibrahim Petrowitsch Hanibal, der Zar Peter I. von den Türken geschenkt wurde. Peter wurde sein Pate und ließ ihm eine sorgfältige Erziehung und Ausbildung geben. Ibrahim Petrowitsch war eine stattbekannte Erscheinung im jungen Petersburg, der auch von der Elite beachtet wurde. Eine seiner Enkeltöchter war die Großmutter von Puschkin.

Das ist doch sogar verfilmt worden, "Der Mohr des Zaren" oder so ähnlich. Muss aus den 70ern sein. Kann mich jedenfalls erinnern, wie eine Legion von Babuschkas um seine Braut bei der Anprobe des Kleides herum wimmert (... armes Kind, muss einen Mohren heiraten...).
 
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Das ist doch sogar verfilmt worden, "Der Mohr des Zaren" oder so ähnlich. Muss aus den 70ern sein. Kann mich jedenfalls erinnern, wie eine Legion von Babuschkas um seine Braut bei der Anprobe des Kleides herum wimmert (... armes Kind, muss einen Mohren heiraten...).
Deswegen wäre es interessant wie man mit diesem Hanibal abgesehen von Peter umging. Meines Erachtens brauchte ein wirklich akzeptierter ehemaliger Sklave, wenn ich die beiden Beispiele vergleiche, auch eine gebildete und aufgeklärte Umgebung, um aufzusteigen. Wäre interessant, ob das im Falle dieses Hanibal eher "nur" eine Laune des Zaren war.
 
Peter hatte allerdings die Angewohnheit Leute unabhängig von ihrer Herkunft zu fördern. Er wollte ja Untertanen, die selbstständig denken und handeln konnten. Am höchsten stiegen Alexander Menschikow, von dem manche Anekdoten behaupten, er habe als Pastetenverkäufer angefangen. Martha Skawronska stieg von einer litauischen Dienstmagd zur regentin Katharina I. auf. Massie führt in seiner Biographie einen Leibeigenen an, der in einer Kanzlei arbeitete. Eines Tages machte er anonym den Vorschlag, vorgedruckte Formulare zu verwenden. Dieser Mann war mit seinem Herren in Italien und Konstantinopel gewesen, und er wurde auf einen hohen Posten als Diplomat versetzt.
 
Dieser Aufstieg war diesen Leuten allerdings auch möglich, weil sie eine sorgfältige Ausbildung genossen. Schwieriger war die Lage, wenn ein Sklave in einer Gesellschaft aufwuchs, die eine rassistisch motivierte Form der Sklaverei kannte. In den amerikanischen Kolonien und In Westindien wurden Schwarze von Bildung ausgeschlossen.

Interessant ist allerdings das Schicksal von Sally Hemmings, der Freigelassenen und Geliebten von Thomas Jefferson.

Ich habe vor Jahren mal eine Reportage gesehen, die sich auf Spurensuche machte und eine weiße und eine schwarze Amerikanerin zusammenbrachte, die beide direkte Nachkommen des US Präsidenten waren.
 
Scorpioi: Ich habe vor Jahren mal eine Reportage gesehen, die sich auf Spurensuche machte und eine weiße und eine schwarze Amerikanerin zusammenbrachte, die beide direkte Nachkommen des US Präsidenten waren.
Naja, es dürfte mittlerweile hunderte Nachkommen geben, schwarz und weiß.
 
Dieser Aufstieg war diesen Leuten allerdings auch möglich, weil sie eine sorgfältige Ausbildung genossen.
Die interessante Frage ist doch immer nach der Motivation der Menschen, welche diese Aufsteiger unterstützten. War es im 18.Jh. ein Hobby von Priveligierten? Oder muss man den abolotionistischen Hintergrund im Falle der Whigs des 18.Jh. doch höher einstufen. War es ihnen also eine ware Herzensangelegenheit? Zu Letzterem bin ich sehr geneigt, weiß aber nicht, ob das vielleicht eine positivistische Sichtweise wäre, welche durch meinen Hang zum 18.Jh. bestimmt ist.:grübel:
 
Die interessante Frage ist doch immer nach der Motivation der Menschen, welche diese Aufsteiger unterstützten. War es im 18.Jh. ein Hobby von Priveligierten?

Ganz provokativ: Ich fürchte, die sogenannten Hofmohren waren mehr eine Art exotisches Spielzeug. Beste Ausbildung, JA. Beste Resultate, JA.
Aber um wahre Gleichberechtigung der Völker ging es damals gar nicht. Wirklich global wurde damals nicht gedacht.

So, ich freu mich auf ein paar Rote.
 
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Du hast natürlich Recht, das ist eine höchst interessante Lebensgeschichte :yes: und verdeutlicht, was im Zeitalter der Aufklärung, da waren Sancho und Soliman natürlich Zeitgenossen, möglich war. Vor allem sind beide eben schöne Beispiele dafür, was man im 19.Jh. hätte bei rassistischen Ansichten als Gegenargumente anführen können. Denn beide Männer wiesen eine hohe Bildung auf und waren in bestimmten Kreisen ausgesprochen angesehen und beliebt.

Würdest Du den Fürst Hermann von Pückler-Muskau mit seiner äthiopischen Kindfrau Makhbuba noch in diesem Kontext sehen? Ich mein... ist ja immerhin noch Vormärz :grübel:
 
Würdest Du den Fürst Hermann von Pückler-Muskau mit seiner äthiopischen Kindfrau Makhbuba noch in diesem Kontext sehen? Ich mein... ist ja immerhin noch Vormärz
Kann man vielleicht. Ich kenne ja Schloss Branitz (Cottbus) und bin ein bisschen im Bilde. Aber ich weiß nicht, in wieweit diese denn nun in den Kontext zu einem schriftstellerisch aktivem Mann zu sehen ist, der mit einem Laurence Stern im Kontakt stand. Bei Angelo Soliman ist das ja ähnlich, wenngleich dessen Karriere bis hin zum Erzieher noch erstaunlicher vielleicht sogar zu nennen wäre.

Eine gute Frage wäre, inwie weit denn auch Frauen aus solchen Verhältnissen aufsteigen konnten. Vielleicht das aber in einem eigenen Thread.

@ balticbirdy
Sicherlich das war die Motivation sie aus Afrika zu importieren. Dabei fällt mir gleich ein Gemälde des Palais des Fürsten Liechtenstein in Wien ein. Es ist von Bellotto. Ein Kammermohr bedient darauf eine Herrschaft. Da fällt mir ein, dass dies ganz gut die Umstände von Soliman vor seiner Erhöhung schildert.
Aber mir geht es ja um das Danach. Man darf dabei die Wirkung der Aufklärung nicht vergessen. Wien war im Falle Solimans zur Zeit Joseph II. davon durchdrungen und noch vielmehr war dies sicherlich die englische Gesellschaft der Freunde Gainsboroughs. (Ich nenn sie jetzt mal Freunde.)

Nachtrag: Habe Bellottos Bild gefunden: Image:Canaletto (I) 060.jpg - Wikimedia Commons
 
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Ich erinnere mich vage, dass, ich glaube es war Rovere, einmal jemand auf einen ähnlich bekannten Hofmohren aus wien, der dann jahrelang nach seinem Tod in einem Raritätenkabinett ausgestellt wurde.
 
Ich erinnere mich vage, dass, ich glaube es war Rovere, einmal jemand auf einen ähnlich bekannten Hofmohren aus wien, der dann jahrelang nach seinem Tod in einem Raritätenkabinett ausgestellt wurde.
Das war doch Soliman, steht auch bei Wikipedia, dass sein Körper eine Weile ausgestellt wurde.
 
Ich habe bei der Recherche nach den Fürstäbtissinnen noch einen interessanten Kammermohren gefunden, der zwar vielleicht privat nicht sehr glücklich wurde und auch ohne Nachkommen starb, aber immerhin einen gewissen Reichtum scheinbar anhäufte: Ignatius Fortuna (gestorben 1789). Ignatius Fortuna - Wikipedia Er war Kammermohr am Hofe der Fürstäbtissin von Essen und wurde von dieser wohl sehr reich beschenkt.
 
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