Paxius92

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Geben die Selbstbetrachtungen von Mark Aurel nur seine philosophischen Ansichten preis oder gibt es dort auch, ähnlich wie in einem Tagebuch, Stellen die etwas über seine (möglichen) politischen Entscheidungen verraten.
Also konkret: Ich muss, für eine Seminararbeit, der Frage nachgehen ob Mark Aurel plante zwei neue Provinzen im Zuge der Markomannen Kriege zu errichten und frage mich deshalb ob er sich in den Selbstbetrachtungen dazu äußerte.
 
Plante Marc Aurel die Errichtung von zwei neuen Provinzen?

Ich habe eine Seminararbeit zu schreiben mit dem Thema ob Mark Aurel im Zuge der Markomannen Kriege zwei neue Provinzen errichten wollte. "Marcomannia" und "Sarmatia". In der Historia Augusta sowie bei Cassius Dio finden sich Hinweise darauf. Es wäre gut wenn hier eine Diskussion darüber entbrennen würde ob dies denn Technisch überhaupt zu bewerkstelligen gewesen wäre. Gibt es ein Werk was Auskünfte über die Römischen Finanzen, Militär und Verwaltungsapparat zur Zeit Mark Aurels gibt, was dieses beweisen könnte? Sind die Selbstbetrachtung nur ein rein Philosophisches Werk oder könnten sie hier Aufschluss darüber geben? Ich bedanke mich schon einmal im vorraus.
PS: Wäre es immer gut die Literatur zu nennen, wenn man Behauptungen aufstellt.
 
Hast Du sie denn gelesen? Meine Lektüre ist schon einige Zeit her, aber mir ist nichts derartiges aufgefallen. Im ersten Buch schreibt er in erster Linie über seine eigene Erziehung und Ausbildung sowie über seine Familie. Die weiteren Bücher enthalten philosophische Sentenzen. Ein Tagebuch, eine Autobiographie oder ein politisches Programm sind die "Selbstbetrachtungen" nicht.
Außerdem, wenn sich Mark Aurel in seinen "Selbstbetrachtungen" zu seinen Provinzplänen geäußert hätte, würden sie von der heutigen Forschung vermutlich nicht so angezweifelt.
 
Zu den "Selbstbetrachtungen" habe ich mich hier schon geäußert: http://www.geschichtsforum.de/f82/informationen-den-selbstbetrachtungen-51105/#post750500

Ansonsten frage ich mich, ob es der richtige Ansatz ist, von der Machbarkeit der Provinzerrichtung auf die Historizität derartiger Pläne schließen zu wollen. Das eine hat mit dem anderen nicht zwingend zu tun. Die Geschichte ist voll von Herrschern und Politikern, die etwas wollten und planten, was sich als nicht umsetzbar erwies.

Letztlich wird man nicht viel mehr machen können als die Angabe in der Historia Augusta für glaubwürdig zu halten oder eben nicht.
 
Zu den "Selbstbetrachtungen" habe ich mich hier schon geäußert: http://www.geschichtsforum.de/f82/informationen-den-selbstbetrachtungen-51105/#post750500

Ansonsten frage ich mich, ob es der richtige Ansatz ist, von der Machbarkeit der Provinzerrichtung auf die Historizität derartiger Pläne schließen zu wollen. Das eine hat mit dem anderen nicht zwingend zu tun. Die Geschichte ist voll von Herrschern und Politikern, die etwas wollten und planten, was sich als nicht umsetzbar erwies.

Letztlich wird man nicht viel mehr machen können als die Angabe in der Historia Augusta für glaubwürdig zu halten oder eben nicht.

Eben, Marc Aurel selbst sagt in den Selbstbetrachtungen so gut wie nichts zu seinen Feldzügen, nur dass er sie im Land der Quaden am Gran geschrieben hatte. Militärlager sind zwar im heutigen Ungarn und der Slowakei nachweisbar, die schriftlichen Quellen sind aber recht dürftig, und die Chronologie der Ereignisse und deren Verlauf sind unklar, Solange archäologische Funde keine neue Erkenntnisse bringen, bewegen wir uns im Bereich der Mutmaßungen.

Antoninus Pius, Marc Aurels Vorgänger hatte die Grenze in Britannien bis nach Schottland zum Firth of Forth verschoben. Die Grenzlinie war wesentlich kürzer, als die alte entlang des Hadrianwalls. Die Legionen waren äußerst erbittert darüber, als Commodus sie wieder auf den Hadrianswall zurückbeorderte. Septimius Severus annektierte Teile Mesopotamiens mit Nisibis und Dura Europos und führte einen Feldzug ins heutige Schottland. Der Antoninuswall war zwar wesentlich kürzer, als der des Hadrians, es sprachen aber die Erfahrungen schließlich doch eher dafür, dass sich der Antoninuswall dauerhaft nur unter günstigen Bedingungen halten ließ. Die Grenzlinie war zwar kürzer, aber es fehlte ein befestigtes urbanes Zentrum, das wie Eboracum/York ausreichende Reservetruppen und Personal für administrative Aufgaben beherbergen konnte.

Die Bedingungen für eine Expansion waren am Ende der Markomannen- und Sarmatenkriege ungünstiger, als zur Zeit Trajans, Hadrians und Antoninus. Die Antoninische Pest, die nach Schätzungen bis zu 10% der gesamten Reichsbevölkerung dahingerafft hatte, war ein empfindlicher Aderlass, der nicht zuletzt auch große Teile der Reichsaristokratie das Leben gekostet hatte.

Trajans Eroberungen musste sein Nachfolger Hadrian unter wesentlich günstigeren politischen Verhältnissen bis auf Dakien alle wieder räumen. Sicher hätte die Besetzung des gefährlichen Theißtrichters und die Annexion von Teilen des heutigen Tschechiens und der Slowakei der Verteidigung Pannoniens und Italiens ein größeres Vorfeld verschafft, die Kontrolle eines so großen Gebietes, das weder über ein ausgebautes Straßennetz, noch über eine urbane Infrastruktur verfügte, wäre aber wohl kaum mit römischen Legionen, Auxiliarverbänden und Vexilationes machbar gewesen.

Rom hätte dazu die Unterstützung von germanischen, sarmatischen und dakischen Klientelfürsten gebraucht. Die Markomannen- und Sarmatenkriege hatten aber gezeigt, dass diese alten Klientelverhältnisse nicht mehr so recht funktionierten. Münzen aus der Zeit Antoninus zeigten, dass Rom damals noch bei den Quaden einen König von Roms Gnaden einsetzen konnte, während Marc Aurel ein Kopfgeld auf Ariogaisos den König der Quaden aussetzte und in einer Schlacht gegen diesen nur durch das Regenwunder im Land der Quaden gerettet wurde. Ariogaisos wurde zwar danach von Marc Aurel nach Alexandria verbannt, und er setzte bei den Quaden wieder seinen romfreundlichen Kandidaten Furtius als König ein.

Die Markomannen und Sarmatenkriege kann man durchaus als Vorboten der späteren großen Völkerwanderung sehen. Durch Wanderungsbewegungen von Stämmen wie den Goten wurden andere germanische Stämme näher an die Grenzen des Imperiums geschoben, und die Stämme der Markomannen, Quaden, Jazygen, Roxolanen, Vandalen und Langobarden, die in die Kämpfe mit den Römern verwickelt waren, versuchten sich aus den Klientelverhältnissen zu lösen und drängten auf Reichsgebiet.

Erstmals seit den Zügen der Kimbern und Teutonen kamen germanische Stämme bis nach Italien, belagerten Aquilea und zerstörten Opitergium. Zeitweise schien es, als läge die Iniative völlig auf Seiten der Barbaren. Die Krise konnte schließlich gemeistert werden, aber schon Commodus, bzw seine Generale, mussten 182 einen dritten Markomannenkrieg führen, und in der Reichskrise des 3. Jhds brachen überall die Dämme.

Als vor einigen Jahren bei Hedemünden, das Schlachtfeld am Harzhorn entdeckt wurde das wohl aus der Zeit der Germanenfeldzüge Alexander Severus/Maximinus Thrax stammt, hätten wohl die meisten Althistoriker der Uni Göttingen, aber nicht nur dort, den Römern einen Feldzug so weit in die Germania libera nicht zugetraut.

Insgesamt aber dürfte die Errichtung und Beherrschung zweier neuer Provinzen Sarmatia und Marcomannia die finaziellen und demographischen Kräfte des Imperium Romanums überfordert haben. Auch Dacia ließ sich dauerhaft nicht halten und wurde wie auch die Decumates Agri (diese wohl schon früher) um 270 planmäßig von den Römern geräumt.
 
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Marc Aurel war pleite. Er musste das Tafelsilber verkaufen, um Legio I und II Italica aufzustellen. Wie hätte er bankrott und nach dem Aderlaß durch die Pest eine Provinzialisierung stemmen sollen?

Seine Legionen waren dezimiert. Pannonien, Noricum und Teile Italiens verwüstet. Das alleine wieder zu richten war eine Mammutaufgabe.

Commodus war das wohl klar, weshalb er auf diese Pläne verzichtete.
 
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Vergiss nicht, das die Provinzbewohner die Kosten hätten tragen müssen. Das Militär darf man nicht mit einbeziehen, das war ja vorhanden.
Ansonsten gab es ja eher einen schlanken Staat.
 
Vergiss nicht, das die Provinzbewohner die Kosten hätten tragen müssen. Das Militär darf man nicht mit einbeziehen, das war ja vorhanden.
Ansonsten gab es ja eher einen schlanken Staat.

Nicht nur die Provinzen zahlten Steuern, auch die Römer zahlten diverse Steuern.

In den beiden neuen Provinzen gab es viel zu tun, wie oben bereits angemerkt. Aber diese Provinzen waren in Sachen Infrastruktur und Besteuerbarkeit eher mit der Germania Magna als mit Dacia oder Gallia geschweige denn Asia zu vergleichen; also ein massives Zuschußgeschäft während der Provinzialisierung.

Der römische Staat war zwar schlanker als heute, aber die Kosten laufen primär für Infrastruktur zur Erschliessung und Sicherung auf (Strassen, Befestigungen, Städte, etc. ...). Und das römische Militär muß man sehr wohl einbeziehen, denn es war Rückgrat auch der zivilen Administration und von Infrastrukturmassnahmen. Auch hätte man Einiges an Militär gebraucht die Sudeten und West-Karpaten zu sichern. Und das mit einer Armee, die durch Pest und Krieg stark dezimiert war.

Das Alles zu finanzieren mit leeren Kassen und mit einem Reich, dessen Provinzen durch die Pest gebeutelt waren, wird schwierig. In Zeiten, in denen das Bruttosozialprodukt sinkt, sollte man eigentlich die Geldmenge senken, um Inflation zu vermeiden. Commodus konnte das nicht wissen. Er hat zwar auf die teure Provinzialisierung verzichtet, aber dennoch die Geldmenge durch Münzverschlechterung erhöht. Womit er nicht unwesentlich zur kommenden Krise beigetragen haben sollten.
 
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Ja, aber die Kängurus können trotzdem springen.

Das Militär hätte man vorverlegt. Wozu neues? Ja, vielleicht 2, 3 Auxiliareinheiten, um die Rückwärtigen Provinzbewohner vom Aufstand abzuhalten, aber die hätte man von den gerade Unterworfenen nehmen können, indem diese auf Posten in Weit-Weit-Weg setzte und die dortigen Truppen an die Donau verlegte. Die Praxis dürfte nicht unbekannt gewesen sein.

Infrastruktur? Baut die Armee. Material nimmt man aus dem Lande. Wenn noch Geld gebraucht wird, zahlen die Anwohner. Das haben die Römer schon in der Republik so gehandhabt.

Städte bringen Geld. Denn wie wir es aus der Germania Magna kennen, werden erst mal keine Städte errichtet, sondern Märkte und Gerichtshöfe. Und selbst deren Erhaltung liegt dann bei den Einwohnern.

Und schaut doch mal auf die Landkarte: Das zu beobachtende Vorfeld hätte sich eher verkleinert als vergrößert.

Und dann ist die Frage, wie die Provinzen zugeschnitten worden wären: Marcomannia als Brückenkopf mit den Achsen March/Bernsteinroute als Strategischer Ausgangspunkt für zukünftige Konflikte hätte keinesfalls ganz Böhmen umfassen müssen. Damit hätte man dann auch die Klientelkönige endlich besser unter Kontrolle gehabt.

Die militärische Infrastruktur war übrigens schon angelegt. Wer's nicht glaubt, mag es nachlesen bei Balázs Komóroczy, Marcomannia Der Militärschlag gegen die Markomannen und Quaden - ein archäologischer Survey in 2000 Jahre Varusschlacht Konflikt, Stuttgart 2009, S.114-125.

Die Jazygen hatte man schon beim Bau eines befestigten Limes gegen ihre Nachbarvölker unterstützt. Auch wenn Dakien nicht, wie schon einmal angenommen wurde bis zur Theiß reichte, hätte man einen günstigeren Grenzverlauf erreichen können, um die freien Daker besser zu kontrollieren. Die hätten dann auf einem 100km breiten Streifen zwischen 2 römischen Provinzen gelebt. Eine längere Grenze hätte es hier auch nicht gegeben. (Ja, man streitet sich, ob die Befestigungen nicht eher zum Einschluss der Jazygen dienten. Aber bei einem derart dezimierten Volk wage ich, das zu bestreiten.)

Peter Kehne, Rom in Not Zur Geschichte der Markomannenkriege im selben Katalog wie oben, S. 106 bezeichnet die fraglichen Gebiete als "Provinzen im Okkupationszustand". Wie gesagt Stelle ich mir keine übergroßen Provinzen vor, sondern Provinzen, die die schon errichtete Infrastruktur an March und Theiß erhielten. Dazu ein Umland, welches zur Versorgung des Militärs nicht mit Städten überzogen, sondern ländlich eingerichtet war. Das hätte dem Pessimismus Marc Aurels entsprochen, der so eine effektive Kontrolle der 'unzuverlässigen Verbündeten' eingerichtet hätte.

Ein zweites Griechenland mit einer Hauptstadt wie Alexandria einzurichten, wäre natürlich teurer geworden, aber das behauptet auch niemand.

Was den angeblichen Personalmangel betrifft, waren übrigens gerade neue Legionen aufgestellt worden.
 
Ja, aber die Kängurus können trotzdem springen.

Das Militär hätte man vorverlegt. Wozu neues? Ja, vielleicht 2, 3 Auxiliareinheiten, um die Rückwärtigen Provinzbewohner vom Aufstand abzuhalten, aber die hätte man von den gerade Unterworfenen nehmen können, indem diese auf Posten in Weit-Weit-Weg setzte und die dortigen Truppen an die Donau verlegte. Die Praxis dürfte nicht unbekannt gewesen sein.

Infrastruktur? Baut die Armee. Material nimmt man aus dem Lande. Wenn noch Geld gebraucht wird, zahlen die Anwohner. Das haben die Römer schon in der Republik so gehandhabt.

Städte bringen Geld. Denn wie wir es aus der Germania Magna kennen, werden erst mal keine Städte errichtet, sondern Märkte und Gerichtshöfe. Und selbst deren Erhaltung liegt dann bei den Einwohnern.

Und schaut doch mal auf die Landkarte: Das zu beobachtende Vorfeld hätte sich eher verkleinert als vergrößert.

Und dann ist die Frage, wie die Provinzen zugeschnitten worden wären: Marcomannia als Brückenkopf mit den Achsen March/Bernsteinroute als Strategischer Ausgangspunkt für zukünftige Konflikte hätte keinesfalls ganz Böhmen umfassen müssen. Damit hätte man dann auch die Klientelkönige endlich besser unter Kontrolle gehabt.

Die militärische Infrastruktur war übrigens schon angelegt. Wer's nicht glaubt, mag es nachlesen bei Balázs Komóroczy, Marcomannia Der Militärschlag gegen die Markomannen und Quaden - ein archäologischer Survey in 2000 Jahre Varusschlacht Konflikt, Stuttgart 2009, S.114-125.

Die Jazygen hatte man schon beim Bau eines befestigten Limes gegen ihre Nachbarvölker unterstützt. Auch wenn Dakien nicht, wie schon einmal angenommen wurde bis zur Theiß reichte, hätte man einen günstigeren Grenzverlauf erreichen können, um die freien Daker besser zu kontrollieren. Die hätten dann auf einem 100km breiten Streifen zwischen 2 römischen Provinzen gelebt. Eine längere Grenze hätte es hier auch nicht gegeben. (Ja, man streitet sich, ob die Befestigungen nicht eher zum Einschluss der Jazygen dienten. Aber bei einem derart dezimierten Volk wage ich, das zu bestreiten.)

Peter Kehne, Rom in Not Zur Geschichte der Markomannenkriege im selben Katalog wie oben, S. 106 bezeichnet die fraglichen Gebiete als "Provinzen im Okkupationszustand". Wie gesagt Stelle ich mir keine übergroßen Provinzen vor, sondern Provinzen, die die schon errichtete Infrastruktur an March und Theiß erhielten. Dazu ein Umland, welches zur Versorgung des Militärs nicht mit Städten überzogen, sondern ländlich eingerichtet war. Das hätte dem Pessimismus Marc Aurels entsprochen, der so eine effektive Kontrolle der 'unzuverlässigen Verbündeten' eingerichtet hätte.

Ein zweites Griechenland mit einer Hauptstadt wie Alexandria einzurichten, wäre natürlich teurer geworden, aber das behauptet auch niemand.

Was den angeblichen Personalmangel betrifft, waren übrigens gerade neue Legionen aufgestellt worden.


Die antoninische Pest war aber sehr real, es handelte sich um die schlimmste Epidemie der Antike, und was die Aufstellung neuer Legionen betrifft, so handelte es anscheinend um das letzte Aufgebot, wenn Gladiatoren und Sklaven dafür mobilisiert werden mussten.

In Dakien gab es Goldbergwerke, und auch in Mesopotamia und Assyria gab es etwas zu holen, was auf die Marcomannia und Sarmatia nicht zutraf. Um den Krieg führen zu können, waren die Römer darauf angewiesen, gegen Subsidien germanische Söldner anzuwerben, die wiederum Forderungen geltend gemacht hätten, als Foederati auf Reichsgebiet angesiedelt zu werden. Ein nicht ganz ungefährlicher Ausweg wie die späteren Erfahrungen mit den Goten und anderen Stämmen zeigten. Um die Soldaten für ihre Leistungen zu belohnen, war Septimius Severus gezwungen, ihnen Zugeständnisse zu machen. Auf Dauer drohten die Legionen zu einer Miliz aus Wehrbauern werden. Auch die als Bundesgenossen angeworbenen Truppen wären selbstbewusster geworden und hätten Forderungen gestellt. Es drohte eine Barbarisierung der Armee, und wenn auch romanisierte Hilfstruppen nicht unbedingt als Barbaren bezeichnet werden konnten, so wären sie doch kaum in der Lage gewesen, zur Romanisierung beizutragen.
 
Hätte, würde, könnte. (Ist nicht bös gemeint, ich muss mich nur kurz fassen, da ich immer wieder aus dem Netz geworfen werde.)

Marc Aurel hat de facto neue Truppen aufgestellt. Daraus, dass man sie nicht wieder auflöste, können wir sehen, dass man sie bezahlen konnte. Ich bezweifele, dass man die zusätzlichen Germanen weiterhin gebraucht hätte. Und die Anwerbung ganzer Aufgebote nach Ethnie gab es auch schon in der Republik. Ebenso die Forderung nach Lebensraum. (z.B. Kimbern, Helvetier und Usipeter) Und die Gegener Marc Aurels haben es auch gefordert; man kann es sogar mit unter die Kriegsgründe zählen. Neue Föderaten auf Reichsgebiet sind in der Zeit noch ein Anachronismus. Falls Du auf die Auxilien anspielst, sind das ja gerade keine Föderaten. Marc Aurels Legionäre mögen Hosen getragen haben, aber in der Spätantike sind wir hier noch nicht.

Was das letzte Aufgebot angeht, so müssen wir doch feststellen, dass es zum Sieg ausreichte. Gewöhnlich hält man aber ein Gebiet mit weniger Truppen als man zur Eroberung braucht. (Die angeblich potentiellen Föderaten wurden nach dem Krieg nach Hause geschickt. Ihre Anwerbung und Entlassung war aber ein gewöhnlicher Vorgang, keine Notmaßnahme.)

Dann sind Sicherheit und der Schutz von Handelswegen durchaus ein Wert für sich. Es behauptet ja niemand, das Marc Aurel mit den Kolonien einen Goldesel erschaffen wollte. Denn eine neue Provinz kostete eben kaum etwas, wie schon gepostet. Die Soldaten hatte man schon und schickte sie auch so, bis auf die paar auswärtigen verbündeten Ethnien, nicht mehr nach Hause. Zwei Handvoll Höherer Beamter findet man immer. Auf dem Rest bleiben die Besiegten sitzen: Vae victis!

Bei der Sicherheit lag doch auch gerade der große Gewinn. An March und Theiß stand man so günstig, dass man alles, was aus dem Vorfeld kam, leicht hätte angreifen können. Nicht nur mit mäßigen Kräften, die man aus einem kurzen Grenzabschnitt zusammenrief, sondern mit richtigen Heeren, die zwar auf mehrere Lager verteilt lagen, doch so stationiert waren, dass sie schnell zusammengezogen werden konnten. Ganz offensichtlich spielte diese Strategie beim Sieg über die Markomannen/Quaden/etc. eine Rolle. Sie war also erprobt, während die alte Aufstellung versagt hatte.

Dann darf ich daran erinnern, wie stark sich Europa in der frühen Neuzeit ausbreitete. Trotz regelmäßiger Seuchen und großer Hungersnöte.
 
Ich bedanke mich schon einmal für die vielen hilfreichen Informationen.
Ich denke das hier der ein oder andere Akademiker das liest, weshalb ich dir Plagiatsfrage stellen muss. Darf ich denn hier vorformulierte Ideen , nachdem ich ihre Richtigkeit in einer Quelle nachgeprüft habe, umformuliert in meine Arbeit übernehmen oder wäre das ein Plagiat?
Also zum Beispiel: "Der Antoninuswall war zwar wesentlich kürzer, als der des Hadrians, es sprachen aber die Erfahrungen schließlich doch eher dafür, dass sich der Antoninuswall dauerhaft nur unter günstigen Bedingungen halten ließ. Die Grenzlinie war zwar kürzer, aber es fehlte ein befestigtes urbanes Zentrum, das wie Eboracum/York ausreichende Reservetruppen und Personal für administrative Aufgaben beherbergen konnte." Als hier formulierte Idee.



Dann auf die Richtigkeit überprüft und umgeändert, etwa: "Der Antoninuswall war nicht zu halten da es in seiner Umgebung an Infrastruktur fehlte."
 
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Hätte, würde, könnte. (Ist nicht bös gemeint, ich muss mich nur kurz fassen, da ich immer wieder aus dem Netz geworfen werde.)

Marc Aurel hat de facto neue Truppen aufgestellt. Daraus, dass man sie nicht wieder auflöste, können wir sehen, dass man sie bezahlen konnte. Ich bezweifele, dass man die zusätzlichen Germanen weiterhin gebraucht hätte. Und die Anwerbung ganzer Aufgebote nach Ethnie gab es auch schon in der Republik. Ebenso die Forderung nach Lebensraum. (z.B. Kimbern, Helvetier und Usipeter) Und die Gegener Marc Aurels haben es auch gefordert; man kann es sogar mit unter die Kriegsgründe zählen. Neue Föderaten auf Reichsgebiet sind in der Zeit noch ein Anachronismus. Falls Du auf die Auxilien anspielst, sind das ja gerade keine Föderaten. Marc Aurels Legionäre mögen Hosen getragen haben, aber in der Spätantike sind wir hier noch nicht.

Was das letzte Aufgebot angeht, so müssen wir doch feststellen, dass es zum Sieg ausreichte. Gewöhnlich hält man aber ein Gebiet mit weniger Truppen als man zur Eroberung braucht. (Die angeblich potentiellen Föderaten wurden nach dem Krieg nach Hause geschickt. Ihre Anwerbung und Entlassung war aber ein gewöhnlicher Vorgang, keine Notmaßnahme.)

Dann sind Sicherheit und der Schutz von Handelswegen durchaus ein Wert für sich. Es behauptet ja niemand, das Marc Aurel mit den Kolonien einen Goldesel erschaffen wollte. Denn eine neue Provinz kostete eben kaum etwas, wie schon gepostet. Die Soldaten hatte man schon und schickte sie auch so, bis auf die paar auswärtigen verbündeten Ethnien, nicht mehr nach Hause. Zwei Handvoll Höherer Beamter findet man immer. Auf dem Rest bleiben die Besiegten sitzen: Vae victis!

Bei der Sicherheit lag doch auch gerade der große Gewinn. An March und Theiß stand man so günstig, dass man alles, was aus dem Vorfeld kam, leicht hätte angreifen können. Nicht nur mit mäßigen Kräften, die man aus einem kurzen Grenzabschnitt zusammenrief, sondern mit richtigen Heeren, die zwar auf mehrere Lager verteilt lagen, doch so stationiert waren, dass sie schnell zusammengezogen werden konnten. Ganz offensichtlich spielte diese Strategie beim Sieg über die Markomannen/Quaden/etc. eine Rolle. Sie war also erprobt, während die alte Aufstellung versagt hatte.

Dann darf ich daran erinnern, wie stark sich Europa in der frühen Neuzeit ausbreitete. Trotz regelmäßiger Seuchen und großer Hungersnöte.

Der Sieg ist das Imperium, aber sehr teuer gekommen, und wenn auch eine germanische Infiltration von den römischen Behörden noch immer aufgefangen werden konnte, ist doch unverkennbar, dass die römische Armee in ihrer Schlagkraft nachließ. Die Armee war nicht nur ein militärischer, sondern auch ein wichtiger sozialer Faktor. Bis zur Zeit Vespasians bestanden die Legionen nicht nur aus römischen Bürgern, sondern mehrheitlich aus Italikern. Da die Legionäre zum größeren Teil aus den urbanen Zentren des Imperiums rekrutiert wurden, bildete die römische Armee ein wichtiges Element der Romanisierung. Im Verlauf des 2. Jhds war jedoch dieser städtische Bestandteil immer mehr zurückgegangen, da die Städte, nicht zuletzt wegen der antoninischen Pest das Menschenmaterial für das Militär nicht mehr hergaben. Die Zwangsaushebung war ein Notbehelf, von dem man aber selten Gebrauch machte. Man griff auf die Landbevölkerung zurück, die aber in den westlichen Provinzen bei weitem nicht so gut romanisiert war. Damit setzte sich das Heer aus einer neuen sozialen Schicht zusammen, die weit weniger in der römisch-hellenistischen Kultur zuhause war, als die Legionen des 1. Jhds. Die Soldaten waren sicher kräftig und verfügten über physischen Mut, waren aber mit dem sehr differenzierten römischen Exerzierreglement vielfach überfordert. Dazu kam, dass die Germanen, die zuvor recht zersplittert waren, sich zu größeren, wenn auch losen Völkerverbänden zusammenschlossen und, wie schon erwähnt, sich Wanderungsbewegungen bemerkbar machten wie die der Goten, die von der Weichselmündung nach Süden zogen. Germanische Stämme gingen Allianzen mit Jazygen, Roxolanen, Vandalen u. a. Stämmen ein, was deren Kräftepotential erhöhte.

Dazu kam eine wirtschaftliche Rezession. Hadrian hatte noch einmal eine letzte Phase der Urbanisierung durchgeführt und das Städtewesen bis an die Grenzen des Imperiums getragen. Damit entfiel aber der wirtschaftliche Vorteil der Gewinnung eines Hinterlandes als Absatzmarkt, und wirtschaftliche Impulse konnten daher von seiner Kolonisation nicht ausgehen. Schon unter Trajan machte sich bemerkbar, dass sich lokale Honorationen um munizipale Ämter nicht mehr drängten und sie nur widerwillig übernahmen. Die Gemeinden waren Träger der finaziellen Lasten, bevor die Steuern in die Hände der Statthalter gelangten, mussten sie innerhalb der Städte aufgebracht werden. Gerieten die städtischen Verwaltungen in Unordnung, war auch der Eingang der Abgaben gefährdet. Die Kaiser widmeten dieser Entwicklung ihre Aufmerksamkeit, und Städte, die mit ihrer Finanzgebarung nicht fertig wurden wurden unter Kuratel gestellt. Trajan hatte in Dakien noch einmal reiche Kriegsbeute gemacht, unter Marc Aurel wuchsen aber die Ausgaben so sehr, dass er mit gutem Beispiel voranging und demonstrativ, als symbolischen Akt, sein Tafelsilber verkaufte. Die erhöhte Bürokratisierung verursachte steigende Kosten. Als das Imperium noch blühte, galt es als Ehre, mit dem eigenen Vermögen den Heimatgemeinden zu helfen. Als die Wirtschaft stagnierte, gleichzeitig aber die Staatsausgaben für das Militär immer größer wurden, ging das Engagement für städtische Ehrenämter zurück.

Die Stationierung an March und Theiß wäre zwar für das Imperium günstiger gewesen, hätte aber auch größeren Aufwand und Kosten für Administration gefordert, und wichtiger noch die Verbindungslinien waren wesentlich länger, als sie am Antoninuswall waren. Wie schon gesagt, ließ sich die Verlegung der Reichsgrenze bis zum Firth of Forth nur unter günstigen Bedingungen halten, obwohl der Antoninuswall viel kürzer war, als der des Hadrian. Die Römer haben sich schließlich auf den Hadrianswall zurückgezogen, obwohl noch Septimius Severus erfolgreich in Britannien kämpfte

Die Annexion des reichen Mesopotamiens und die Einverleibung Armeniens hätte das Partherreich zu einem Vasallenstaat von Roms Gnaden gemacht und die Bedrohung aus dem Osten liquidiert. Schon Caesar hatte Pläne gehabt, auf Alexanders Spuren zu wandeln. Trajan, zweifellos einer der militärisch fähigsten Kaiser ist letztendlich trotz glänzender Erfolge wie der Einnahme Seleucia/Ktesiphons und der Erbeutung des Thrones der Arsakiden mit der Ausdehnung des Imperiums bis zum Schat el Arab gescheitert, und vermutlich hätte das auch ohne einen gefährlichen Judenaufstand in Ägypten und der Cyrenaika nicht geklappt.

Augustus Plan der Eroberung Germaniens bis zur Elbe- Sudeten- Donaulinie schien 12 v. Chr abgeschlossen. Tiberius ritt mit nur einem Reitknecht und kleinem Gefolge bis zur Elbe, wo sein Bruder Drusus verunglückt war. Cassius Dio schreibt Germanien glich einer romanisierten Provinz, wäre nicht....Varus im klassischen Morast steckengeblieben wie Heine spottete.

Tiberius hat unter wesentlich günstigeren Voraussetzungen wie sie zur Zeit Marc Aurels herrschten, das Projekt des Augustus, die Grenze des Imperiums bis zur Elbe auszudehnen nicht wiederholt. Außer der Eroberung Britanniens, Dakiens und der Einverleibung einiger Klientelstaaten als römische Provinzen erwiesen sich die Pläne von Marc Aurels Vorgängern, die Reichsgrenzen auszudehnen und zu arrondieren in den meisten Fällen als auf Dauer nicht haltbar. Es fällt daher sehr schwer, anzunehmen, dass ausgerechnet Marc Aurels Pläne unter politisch, militärisch und wirtschaftlich wesentlich ungünstigeren Voraussetzungen mit der Ausdehnung des Imperiums und der Errichtung zweier neuer Provinzen ohne nennenswerte Infrastruktur mehr Erfolg gehabt hätten, als seine Vorgänger, wobei nicht einmal sicher ist, ob er diese Pläne hatte und wie ernst es ihm mit der Verwirklichung dieser Projekte war. Die Voraussetzungen, unter denen es einigen Räuberhauptmännern/ Conquistadoren gelang, zwei Hochkulturen zu vernichten waren doch recht verschieden, von denen im 2. Jhd, jedenfalls kamen diesen Epidemien eher zu Hilfe, während die antoninische Pest von den heimkehrenden Truppen Lucius Verus von Parthien über das ganze Imperium verbreitet wurde, und überhaupt... die Kängeruhs mögen springen können, mit leeren Beuteln hüpft man aber erfahrungsgemäß nicht weit.
 
Ich bedanke mich schon einmal für die vielen hilfreichen Informationen.
Ich denke das hier der ein oder andere Akademiker das liest, weshalb ich dir Plagiatsfrage stellen muss. Darf ich denn hier vorformulierte Ideen , nachdem ich ihre Richtigkeit in einer Quelle nachgeprüft habe, umformuliert in meine Arbeit übernehmen oder wäre das ein Plagiat?
Also zum Beispiel: "Der Antoninuswall war zwar wesentlich kürzer, als der des Hadrians, es sprachen aber die Erfahrungen schließlich doch eher dafür, dass sich der Antoninuswall dauerhaft nur unter günstigen Bedingungen halten ließ. Die Grenzlinie war zwar kürzer, aber es fehlte ein befestigtes urbanes Zentrum, das wie Eboracum/York ausreichende Reservetruppen und Personal für administrative Aufgaben beherbergen konnte." Als hier formulierte Idee.



Dann auf die Richtigkeit überprüft und umgeändert, etwa: "Der Antoninuswall war nicht zu halten da es in seiner Umgebung an Infrastruktur fehlte."


Wenn du schreibst, dass du das im Kleinen Pauly gelesen hast, geht das in Ordnung.
 
Cassius Dio

Ich hätte auch noch ein Problem mit Cassius Dio. In der Marc Aurel Biographie von Jörg Fündling ist bei den Anmerkungen folgenden zu lesen:
15 Marcomannia, Sarmatia 175: HA Aurel 24,5. Stämme und Provinzpläne vor 180: 27,19. Cass. Dio: 72,33,4² vgl. 72,20,2; Übersetzung "besiegt" ... von Alföldy 1971, 404. Irrelevant Herodians Behauptungen von Plänen "bis zum Ozean" (Hdn. 7,2,9).

Die stellen in der Hisoria Augusta waren sehr einfach zu finden doch bei Cassius Dio könnte ich langsam verzweifeln. Auch würde es mich interessieren welche Werke hier von Alföldy gemeint sind und was die Abkürzung "Hdn." bedeutet.
 
Der Sieg ist das Imperium, aber sehr teuer gekommen, und wenn auch eine germanische Infiltration von den römischen Behörden noch immer aufgefangen werden konnte, ist doch unverkennbar, dass die römische Armee in ihrer Schlagkraft nachließ. Die Armee war nicht nur ein militärischer, sondern auch ein wichtiger sozialer Faktor. Bis zur Zeit Vespasians bestanden die Legionen nicht nur aus römischen Bürgern, sondern mehrheitlich aus Italikern. Da die Legionäre zum größeren Teil aus den urbanen Zentren des Imperiums rekrutiert wurden, bildete die römische Armee ein wichtiges Element der Romanisierung. Im Verlauf des 2. Jhds war jedoch dieser städtische Bestandteil immer mehr zurückgegangen, da die Städte, nicht zuletzt wegen der antoninischen Pest das Menschenmaterial für das Militär nicht mehr hergaben. Die Zwangsaushebung war ein Notbehelf, von dem man aber selten Gebrauch machte. Man griff auf die Landbevölkerung zurück, die aber in den westlichen Provinzen bei weitem nicht so gut romanisiert war. Damit setzte sich das Heer aus einer neuen sozialen Schicht zusammen, die weit weniger in der römisch-hellenistischen Kultur zuhause war, als die Legionen des 1. Jhds. Die Soldaten waren sicher kräftig und verfügten über physischen Mut, waren aber mit dem sehr differenzierten römischen Exerzierreglement vielfach überfordert. Dazu kam, dass die Germanen, die zuvor recht zersplittert waren, sich zu größeren, wenn auch losen Völkerverbänden zusammenschlossen und, wie schon erwähnt, sich Wanderungsbewegungen bemerkbar machten wie die der Goten, die von der Weichselmündung nach Süden zogen. Germanische Stämme gingen Allianzen mit Jazygen, Roxolanen, Vandalen u. a. Stämmen ein, was deren Kräftepotential erhöhte.

Ich antworte Abschnittsweise, da ich immer noch nicht so lange online bleiben kann.

Was hat das mit dem Thema zu tun? Willst Du zeigen, das Marc Aurel nicht hätte siegen dürfen? Du zeigst doch eher auf, warum eine effizientere Verteidigung notwendig war.

Bei dem Spiel der Bündnisse in seinem Vorfeld spielte Rom doch für gewöhnlich kräftig mit. Nur erkannte man noch nicht, welch große Ethnien sich weiter entfernt bewegten. Selbst wenn man es erkannt hätte, was hätte das bewirkt? Das Bedürfnis nach effizienterer Verteidigung.

Und, dass die Landbevölkerung weniger Intelligenz besaß als der Stadtrömer ist doch sicher nicht dein Ernst. Dass die Armee nicht mehr so aussah, wie es sich klein Lucius in Rom vorstellte, ist ein alter Hut, und hat nichts mit der Errichtung von Provinzen zu tun.
 
Dazu kam eine wirtschaftliche Rezession. Hadrian hatte noch einmal eine letzte Phase der Urbanisierung durchgeführt und das Städtewesen bis an die Grenzen des Imperiums getragen. Damit entfiel aber der wirtschaftliche Vorteil der Gewinnung eines Hinterlandes als Absatzmarkt, und wirtschaftliche Impulse konnten daher von seiner Kolonisation nicht ausgehen. Schon unter Trajan machte sich bemerkbar, dass sich lokale Honorationen um munizipale Ämter nicht mehr drängten und sie nur widerwillig übernahmen. Die Gemeinden waren Träger der finaziellen Lasten, bevor die Steuern in die Hände der Statthalter gelangten, mussten sie innerhalb der Städte aufgebracht werden. Gerieten die städtischen Verwaltungen in Unordnung, war auch der Eingang der Abgaben gefährdet. Die Kaiser widmeten dieser Entwicklung ihre Aufmerksamkeit, und Städte, die mit ihrer Finanzgebarung nicht fertig wurden wurden unter Kuratel gestellt. Trajan hatte in Dakien noch einmal reiche Kriegsbeute gemacht, unter Marc Aurel wuchsen aber die Ausgaben so sehr, dass er mit gutem Beispiel voranging und demonstrativ, als symbolischen Akt, sein Tafelsilber verkaufte. Die erhöhte Bürokratisierung verursachte steigende Kosten. Als das Imperium noch blühte, galt es als Ehre, mit dem eigenen Vermögen den Heimatgemeinden zu helfen. Als die Wirtschaft stagnierte, gleichzeitig aber die Staatsausgaben für das Militär immer größer wurden, ging das Engagement für städtische Ehrenämter zurück.

Alles altbekannt. Aber es ist uns altbekannt, nicht Marc Aurel, der die Ursachen nicht so klar sah wie wir, was z.B. in der genannten Biographie von Fündling auch so dargestellt wird.

Aber es hat auch nichts mit eventuellen neuen Provinzen zu tun. Du müsstest darstellen, wo da die Kosten liegen. Wie gesagt, dass waren keine Megaprojekte. Zudem waren sie doch schon fast fertig.
 
Die Stationierung an March und Theiß wäre zwar für das Imperium günstiger gewesen, hätte aber auch größeren Aufwand und Kosten für Administration gefordert, und wichtiger noch die Verbindungslinien waren wesentlich länger, als sie am Antoninuswall waren. Wie schon gesagt, ließ sich die Verlegung der Reichsgrenze bis zum Firth of Forth nur unter günstigen Bedingungen halten, obwohl der Antoninuswall viel kürzer war, als der des Hadrian. Die Römer haben sich schließlich auf den Hadrianswall zurückgezogen, obwohl noch Septimius Severus erfolgreich in Britannien kämpfte

Falsch. Man hätte die Inneren Linien zurückgewonnen, indem man Basen vor der alten Linie anlegt. Bezüglich der französischen Grenze zu Zeiten Ludwig XIV. ist das doch eine altbekannte Maßnahme. (Ja, anachronistisch, erläutert aber wie ich es meine.)

Beim Hadrianswall war es eine völlig andere Situation, sowohl geographisch, als auch wirtschaftlich. Eine kleine Provinz Marcomannie hätte die suebischen Handelspartner nicht eliminiert. Und dort wurden die Nachschublinien tatsächlich verlängert.

Die Verwaltung ist da schon interessanter. Aber noch in der Notitia dignitatem sieht man, wie schlank sie war. Wo sind da die hohen zusätzlichen Kosten? Bis Diokletian gab es nur das Militär, einen kleinen Stab des Statthalters, den dieser besoldete und einen kleinen Stab des Steuerbeamten, der Geld einbrachte. Bei der Besoldung des Stabes des Statthalters mag ich mich irren, aber der Posten war ja nicht so groß. Für den Rest war die Provinzialbevölkerung verantwortlich, wenn es sich nicht um einen Militärbezirk handelte.
 
Die Annexion des reichen Mesopotamiens und die Einverleibung Armeniens hätte das Partherreich zu einem Vasallenstaat von Roms Gnaden gemacht und die Bedrohung aus dem Osten liquidiert. Schon Caesar hatte Pläne gehabt, auf Alexanders Spuren zu wandeln. Trajan, zweifellos einer der militärisch fähigsten Kaiser ist letztendlich trotz glänzender Erfolge wie der Einnahme Seleucia/Ktesiphons und der Erbeutung des Thrones der Arsakiden mit der Ausdehnung des Imperiums bis zum Schat el Arab gescheitert, und vermutlich hätte das auch ohne einen gefährlichen Judenaufstand in Ägypten und der Cyrenaika nicht geklappt.

Persien ist doch etwas größer und nicht mit zwei kleineren Provinzen zu vergleichen. Wie schon mehrfach gesagt: kein Mammutprojekt, sondern zwei Ausgangspunkte für das Militär. Das alles andere zu große Happen gewesen wären, darin stimme ich Dir zu.
 
Augustus Plan der Eroberung Germaniens bis zur Elbe- Sudeten- Donaulinie schien 12 v. Chr abgeschlossen. Tiberius ritt mit nur einem Reitknecht und kleinem Gefolge bis zur Elbe, wo sein Bruder Drusus verunglückt war. Cassius Dio schreibt Germanien glich einer romanisierten Provinz, wäre nicht....Varus im klassischen Morast steckengeblieben wie Heine spottete.

Tiberius hat unter wesentlich günstigeren Voraussetzungen wie sie zur Zeit Marc Aurels herrschten, das Projekt des Augustus, die Grenze des Imperiums bis zur Elbe auszudehnen nicht wiederholt. Außer der Eroberung Britanniens, Dakiens und der Einverleibung einiger Klientelstaaten als römische Provinzen erwiesen sich die Pläne von Marc Aurels Vorgängern, die Reichsgrenzen auszudehnen und zu arrondieren in den meisten Fällen als auf Dauer nicht haltbar. Es fällt daher sehr schwer, anzunehmen, dass ausgerechnet Marc Aurels Pläne unter politisch, militärisch und wirtschaftlich wesentlich ungünstigeren Voraussetzungen mit der Ausdehnung des Imperiums und der Errichtung zweier neuer Provinzen ohne nennenswerte Infrastruktur mehr Erfolg gehabt hätten, als seine Vorgänger, wobei nicht einmal sicher ist, ob er diese Pläne hatte und wie ernst es ihm mit der Verwirklichung dieser Projekte war. Die Voraussetzungen, unter denen es einigen Räuberhauptmännern/ Conquistadoren gelang, zwei Hochkulturen zu vernichten waren doch recht verschieden, von denen im 2. Jhd, jedenfalls kamen diesen Epidemien eher zu Hilfe, während die antoninische Pest von den heimkehrenden Truppen Lucius Verus von Parthien über das ganze Imperium verbreitet wurde, und überhaupt... die Kängeruhs mögen springen können, mit leeren Beuteln hüpft man aber erfahrungsgemäß nicht weit.

Da wir wissen, was Bismarck tat, wissen wir, was Merkel will? Offensichtlich ein Fehlschluss.

Und dass die clades Variana bloß in der Propaganda der Grund für den Römischen Rückzug war, ist doch heute auch nichts Neues mehr. Bezüglich Tiberius gibt es immer noch die Vermutung, dass er den Krieg einfach leid war.

Es ging mir bei der Pest um das notwendige Personal. Trotz der spanischen Grippe, fand man im 1.Weltkrieg immer noch genügend Leute, die man abschlachten konnte, falls das Beispiel besser gefällt.

Was Marc Aurel angeht, hatte er das Gebiet bereits unter Kontrolle gebracht. Die Frage war nun, was damit geschehen sollte.

Statt hier immer wieder aufzuzeigen, dass dies aufgrund von Argumenten, die wir teilweise nur unserem reflektierterem Wissensstand hinsichtlich der Ursachen einiger Zeitumstände verdanken, nicht möglich war, fände ich es viel interessanter die real belegten Gründe ´für die Aufgabe der bereits gemachten Eroberung zu betrachten. Vielleicht bringt uns dies zu einem Punkt, an dem man entscheiden kann, was Marc Aurel plante.

Und ein 3. wurde noch gar nicht genannt: Hatte Marc Aurel bereits entschieden, was er bezüglich des fraglichen Gebiets wollte? Ich habe ihm da ja ein recht weitgehendes militärisches Verständnis, sowie die Verkennung der Ursachen wichtiger Entwicklungen unterstellt. (Letztere ist ja, wenn ich mich recht entsinne, nur indirekt belegt.) Vielleicht fand er auch Philosophische Erwägungen wichtiger. Denken wir an den Somnium Scipionis, den er sicher kannte. Er muss sich zumindest gefragt haben, was der ganze Krieg soll. Und dann hat man auch Fundstellen in seinen Selbstbetrachtungen. Aber das ist, wenn ich mich richtig erinnere, in der von Paxius92 genannten Biographie auch dargestellt.

In dem Sinne, kommt es mir darauf an zu zeigen, dass der Gedanke neuer Provinzen - im Stil von wohlüberlegt vom Kaiser und seinen Beratern erwogen -damals nicht unmöglich war.

(Damit es nicht in der Argumentation untergeht: Marc Aurel hatte ja schon getan, was für unmöglich erklärt wird: Die Bevölkerung eines Gebiets unterworfen und militärische Infrastruktur geschaffen. Und so wenig nennt der Römer ja schon Provinz. Jedenfalls wurde bezüglich Germaniens so argumentiert. Hier muss es zwar erwähnt werden, ist aber, wie ich zugebe, nicht entscheidend, da wir über eine spekulative Dauerhaftigkeit reden.)
 
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