Informationen zur Person Bismarcks

Der geschäftstüchtige Herr Wiechmann fragte schriftlich bei der zweiten Sendung beim Kanzler an, ob er denn die Heringszubereitung künftig als „Bismarck-Hering“ handeln dürfe.
Der Reichkanzler soll sich in einem persönlichen Brief bedankt haben und seine Zustimmung zum Namen „Bismarck-Hering“ gegeben haben.
Das jedenfalls versichern die Nachfahren des glücklichen Fischhändlers.
Das wertvolle Schriftstück existiert wohl leider nicht mehr, da es im Oktober 1944 bei der Bombardierung von Stralsund verbrannt ist. Bis dahin soll es im Kontor der Fabrik gehangen haben.
Es mag ja sein, dass ein Stralsunder Fischhändler mal Bismarck beliefert hat. Die Geschichte mit der Namensgebung ist gleichwohl erfunden. Der Fischhändler Wiechmann hätte sicherlich nicht versäumt, das entsprechend zu vermarkten. Dass man auf diese Idee erst hundertsoundsoviel Jahre später gekommen ist und dafür ein angeblich 1944 verbranntes Dokument bemüht, sagt doch alles.
 
Ein Ereignis mit Bezug auf Bismarck, das sich erst vor kurzem abgespielt hat:

Geradezu ironisch, weil Bismarck eigentlich ein Gegner des deutschen Kolonialismus war.

 
Geradezu ironisch, weil Bismarck eigentlich ein Gegner des deutschen Kolonialismus war.
Nur hat Deutschland ja die meisten seiner Kolonien dennoch unter Bismarck gewonnen. Was natürlich auch daran liegt, dass es später, als sich das Reich um eine aktivere Kolonialpolitik bemühte, kaum noch etwas zu verteilen gab.

Ein bisschen verhielt sich Bismarck bei den Kolonien halt wie Maria Theresia bei den polnischen Teilungen ("Sie weinte, aber sie nahm", Friedrich der Große).
 
Bismarck hielt von Kolonien wenig bis gar nichts. Diese waren lediglich Mittel zum Zwecke.
Bismarcks Motive sind auf der pragmatisch-situativen Ebene zu finden und lassen sich auf bestimmte außen- wie innenpolitische Rahmenbedingungen bzw. Erwartungen zurückführen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wobei die Sache natürlich ein wenig komplizierter ist.

Man darf wenn man Bismarcks Haltung zum Thema Kolonien betrachtet, ja durchaus nicht übersehen, dass Bismarck die kolonisierbaren Gebiete in Afrika ja durchaus auch für den Versuch nutzte, dadurch die französische Regierung Ferry in ihren kolonialen Vorhaben zu unterstützen und damit Frankreichs expansive Energien von Europa und damit von der Revanchethematik weg zu lenken.

So gesehen, wird man Bismarck sicherlich durchaus auch als eine Figur betrachten können, die für die französische und in geringerem Maße belgische Kolonialgeschichte (Kongokonferenz) eine gewisse Relevanz hatte und dort mindestens eine Nebenrolle spielte, was die koloniale Landnahme angeht.

Betrachtet man das von dieser breiteren Plattform, als von derjenigen Bismarck in dieser Frage auf seine Haltung zu deutschen Kolonialprojekten zu reduzieren, wird man im Ergebnis schon zum Ergebnis kommen können, dass er durchaus eine Schlüsselfigur für die Aufteilung des afrikanischen Kontinents unter den europäischen Kolonialmächten war.


Insofern trifft die Anschuldigung des Kolonisatoren durchaus in gewissem Maße zu, wenngleich ich es auch im Sinne einer kritischen Haltung der Person Bismarck gegenüber etwas unausgewogen finde, ihn mehr oder weniger darauf zu reduzieren, Grund zur Kritik hat der Mann ja wirklich auch auf anderen Politikfeldern genug geliefert.

Vandalismus rechtfertigt das natürlich nicht.
 
Wobei die Sache natürlich ein wenig komplizierter ist.

Was mir durchaus bewusst ist.

Es war nicht allein das kolonialpolitische Intermezzo gegen London, sondern ein mit Außenpolitik eng zusammenhängendes innenpolitisches Motiv, welches in der Forschung Eingang als Kronprinzenthese Eingang gefunden hat.
Konkret ist hier der damals erwartete Thronwechsel und dann ein folgendes deutsches Kabinett "Gladstone". Bismarck erwartete in diesem Fall seine Entlassung, eine Annäherung an Großbritannien, als dessen Junior, einen Systemwechsel nach englischen Vorbild und möglicherweise eine Prinzipienpolitik a la Gladstone.
Die Kolonialpolitik war in erster Linie antienglisch, so erklärte es Bismarck selbst 1884 den Zaren in Skierniewice, der ebenfalls das Ableben Wilhelm I. fürchtete.
Es ging Bismarck in aller erster Linie um den Erhalt seiner Macht und um die Aufrechterhaltung des Systems.
Schon die Geschichte des ersten Schutzbriefs im April 1884 zeigt den Zusammenhang zwischen Innen- und Außenpolitik. Die außenpolitische lage war überaus günstig für ein Exempel gegen England.
Das Ende vom Lied war, das der Kronprinz zustimmte, Bismarck bei seiner Thronbesteigung nicht zu entlassen und damit war dann auch der Systemerhalt gesichert. Bismarck hatte sein Ziel erreicht und die Kolonialpolitik wurde genauso schnell wieder beendet, wie sie begonnen hatte.

Es gibt zu diesem Thema ausgezeichnete Literatur.

https://www.duncker-humblot.de/buch/der-tanz-um-den-aequator-9783428077892/?page_id=1

https://www.duncker-humblot.de/buch...nialerwerb-1883-1885-9783428133710/?page_id=1
 
Bismarck äußerte sich einmal über die Verantwortung im Umgang mit fremden Geld:

"Mein ganzes Leben war hohes Spielen mit fremden Gelde. Ich konnte niemals mit Sicherheit voraussehen, ob meine Pläne gelingen würde. Dieses Wirtschaften mit fremden Vermögen hat auf meinem Verantwortlichkeitsgefühl stets ungeheuer schwer gelastet, wie es bei jedem Minister der Fall sein wird, der Ehre im Leibe hat. Aber es ging nicht anders; ich mußte vorwärts, wenn ich mein Ziel erreichen wollte. Noch jetzt habe ich Nächte, wo ich nicht schlafen kann, wenn ich bedenke, wie anders alles hätte kommen können."
(Buchner, Rudolf; Georg Engel (Hrsg.): Otto von Bismarck - Werke in Auswahl: Achter Band, Teil B - Rückblick und Ausblick 1890 - 1898, Darmstadt 2001, S. 256)

Gebet Bismarcks kurz vor seinem Tod:

"Oh Gott, nimm mein schweres Leiden von mir oder nimm mich auf in Dein himmlisches Reich. Beühte meine Geliebten und behüte auch mein Land und laß es nicht verloren gehen."
(ebenda S. 260)

Fieberphantasien auf dem Sterbebett:

"Eine ihm [Bismarck] und seiner Familie befreundete Dame, die am Sterbebette stand, erzählte mir [Bülow] später, Fürst Bismarck habe in seinen Phantasien Serbien, Rußland und Engand genannt, habe wiederholt "Hilfe, Hilfe" gerufen und immer wieder gestöhnt: "Ach Deutschland, Deutschland, Deutschland..."
(ebenda S. 260)

Ansprache an eine Abordnung aus Köln (Auszug): Elsaß-Lothringen als militärische Deckung (24. April 1895):

[...] Die ganze Erwerbung des Elsaß und Lothringens geschah ja nicht aus der Liebe der Einwohner zu uns und aus nationaler Gesinnung der deutschen Bewohner, sondern sie war für uns ein rein geographisches Bedürfnis, den Ausgangspunkt der französischen Angriffe weiter wegzurücken, daß man sich wenigstens ausrüsten kann, ehe sie bis Stuttgart vordringen. Daß auf dieser Scholle Menschen wohnten, die ihren deutschen Ursprung längst vergessen hatten - ich will nicht sagen, daß das bedauerlich wäre, ich gönnen ihnen ihre Existenz - das konnte uns nicht abhalten, uns zu decken; es ist das Vorland für uns wie das Glacis der Festungs, im Belagerugunzustande räumt man es unter Umständen, wie das bei jeder Belagerung vorkommen kann und wie die Franzosen es z.B. bei Hamburg getan haben. Das ist außerordentlich hart für jeden davon betroffenen Bewohner. Aber daß wir viel darnach fragen sollten, ob die Elsässer gern Deutsche sind oder nicht, das ist eine unbescheidene Zumutung, wie sie sich die Franzosen auch nicht haben gefallen lassen; sie haben immer getan, was ihnen paßte, mit Höflichkeit, aber mit Härte. [...]
(ebenda S. 215)

Gespräch mit Geheimrat von Rottenburg am 25. Januar 1890 in Berlin:

"Schon am ersten Tag nach seiner Rückkehr sagte mir der Fürst, er sehe ein, sein Verbleiben im Amte sei unmöglich. Der Kaiser sei ihm völlig entfremdet; er höre andere Leute - der Fürst nannte den Grafen Douglas und den Maler Heyden -, und deren Stimme habe mehr Gewicht als die seinige. In dem Kronrat habe er sich überzeugt, daß seine Kollegen ihn verlassen hätten. Der Fürst lag in seinem Schlafrock auf dem Sofa, Tränen in den Augen. Selbstredend war auch ich tief bewegt, faßte mich aber doch so weit, daß ich dem Fürsten erwiderte: "Durchlaucht wollen sich erinnern, daß ich Ihnen schon im Herbst die Besorgnis ausgedrückt habe, Ihr Verhältnis zum Kaiser sei nicht das alte. Indes, wenn Eure Durchlaucht jetzt längere Zeit in Berlin bleiben, läßt sich vielleicht noch alles ausgleichen." Der Fürst schüttelte als Antwort nur den Kopf. Schon damals war ich überzeugt, daß ein Ausgleich nicht möglich wäre."
(Milatz, Alfred (Hrsg.): Otto von Bismarck - Werke in Auswahl: Siebter Band - Reichsgestaltung und europäische Friedenswahrung - Dritter Teil: 1883 - 1890, Darmstadt 2001, S. 741)
 
Bismarck hat es fertig gebracht, beim Ableben Abekens, der viele Jahre sein enger Mitarbeiter gewesen war, nicht einmal der Witwe zu kondolieren. Das hat er Thile überlassen. Ganz im Gegensatz zu Kaiser Wilhelm I. .

Abeken war mit den heraufziehenden Kulturkampf nicht einverstanden, er war sekpetisch. Das galt auch für Keudell und Thile. Thile quittierte den Dienst, Keudell ließ sich ins Ausland versetzen.
 
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Eine Anekdote, überliefert von Robert von Keudell.

Eines Abends wollte ich mit einem Freunde von Regenwalde nach Naugard fahren. Es war schon spät, als wir durch Kniephof kamen, und wir beschlossen dort die Nacht zu bleiben. Bismarck empfing uns sehr freundlich, sagte aber sogleich. da er schon um 7 Uhr nach Naugard fahren müsste. Das wollten auch wir. Er empfahl uns wiederholt, nicht so früh aufzubrechen, sagte aber endlich: "Gut, wenn ihr es denn nicht anders wollt, so werde ich euch um halb sieben wecken."
Es war ziemlich spät, als er uns die Treppen um Schlafzimmer geleitete. Vor dem einschlafen sagte mein Gefährte: "Ich habe mehr getrunken als ich gewohnt bin, und möchte morgen ausschlafen." "Das wird nicht gehen", sagte ich, "was wir abgemacht haben, wird Bismarck uns um halb sieben mobil machen." "Abwarten", sagte der andere, verschloß die Tür und schob mit äußerster Kraftanstrengung einen Schrank vor die Tür.
Um halb sieben, es war schon hell ruft Bismarck, "Seid ihr fertig?" Keine Antwort. Er drückte vergebens auf die Klinke und tritt mit dem Fuße die alte Türe ein., kam aber wegen des Schrankes nicht weiter.
Bald darauf ruft er im Hof, "Seid ihr fertig?" Kein Laut. Sogleich krachten zwei Pistolenschüsse, die Fensterscheiben klirrten und Kalk von der angeschossenen Decke fällt auf das Bett meines Gefährten. Da gibt dieser das Spiel verloren, bindetvein Handschuh an einem Stock und steckt es als Friedensfahne zum Fenster raus.
Bald waren wir untern, Bismarck empfing uns beim Frühstück mit gewohnter Liebenswürdigkeit, ohne seines kleinen Sieges zu erwähnen.

Keudell, Fürst und Fürstin Bismarck
 
Bald darauf ruft er im Hof, "Seid ihr fertig?" Kein Laut. Sogleich krachten zwei Pistolenschüsse, die Fensterscheiben klirrten und Kalk von der angeschossenen Decke fällt auf das Bett meines Gefährten.

Die Szene muss man sich mal plastisch vorstellen: Wenn einer der Angesprochenen in dem Augenblick ans Fenster getreten wäre, wäre er tot gewesen.
 
Wenn zu sehr offtopic, bitte löschen: Wilhelm I. schenkte Bismarck nach der Reichsgründung das Gut Friedrichsruh inklusive dem Sachsenwald vor den Toren Hamburgs. Richard Baer, letzter Lagerkommandant des KZ Auschwitz heuerte unter falschem Namen beim Enkel des Eisernen Kanzlers, der ebenfalls Otto hieß, an. Baer hielt sich 15 Jahre in Friedrichsruh auf und arbeitete dort als Forstarbeiter, Holzverkäufer, Hausmeister und in der Verwaltung bevor er 1960 verhaftet wurde. Er sollte Hauptangeklagter im Auschwitz Prozess werden, starb aber vor Verhandlungsbeginn.

Der Sachsenwald ist seit Kaisers Zeiten ein gemeindefreies Gebiet. Das bedeutet, das der Eigentümer des Waldes, also z.Zt. Bismarcks Ururenkel Gregor, die Höhe der Gewerbesteuer bestimmt, wenn sich dort Unternehmen ansiedeln. Genau das ist in den letzten Jahren geschehen. Mehrere millionenschwere Unternehmen teilen sich als offiziellen Unternehmenssitz eine Waldhütte, weil die Gewerbesteuer gegen null tendiert. Böhmermann hat vor ein paar Wochen eine Sendung zur Steueroase Sachsenwald gemacht.
 
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