Institoris in Eile?

Robespierre

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Hallo,

ich meine, in einem Buch gelesen zu haben, Heinrich Kramer habe den Hexenhammer unter Zeitdruck verfasst. Insbesondere die Quellenangaben sollen deshalb voller Fehler sein. Das Buch, in dem ich das las, war wohl dies:

Der Hexenhammer: Malleus Maleficarum Taschenbuch – 1. Oktober 2000
von Wolfgang Behringer (Herausgeber, Übersetzer), Günter Jerouschek (Herausgeber, Übersetzer), Heinrich Kramer (Autor), Werner Tschacher (Übersetzer)



Täuscht meine Erinnerung mich, oder steht das da wirklich so? Hat jemand dieses Buch und kann mir nebst Auflage die Seite nennen, auf welcher das steht? Andere Quellen sind genauso willkommen.

Vielen Dank & beste Grüße,

Robespierre
 
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Hallo,

ich meine, in einem Buch gelesen zu haben, Heinrich Kramer habe den Hexenhammer unter Zeitdruck verfasst. Insbesondere die Quellenangaben sollen deshalb voller Fehler sein. Das Buch, in dem ich das las, war wohl dies:

Der Hexenhammer: Malleus Maleficarum Taschenbuch – 1. Oktober 2000
von Wolfgang Behringer (Herausgeber, Übersetzer), Günter Jerouschek (Herausgeber, Übersetzer), Heinrich Kramer (Autor), Werner Tschacher (Übersetzer)



Täuscht meine Erinnerung mich, oder steht das da wirklich so? Hat jemand dieses Buch und kann mir nebst Auflage die Seite nennen, auf welcher das steht? Andere Quellen sind genauso willkommen.

Vielen Dank & beste Grüße,

Robespierre

Es gibt schon Indizien dafür, dass Kramer/Institoris bei seinem Hexenhammer möglicherweise unter Zeitdruck stand. Jedenfalls sind ihm (oder seinem Gehilfen Johann Gremper) bei mehreren Quellen- und Querverweisen Fehler und falsche Zitate unterlaufen.


Institoris war bereits 1484 in Ravensburg aufgeschlagen, wo er eine Hexenverfolgung startete, und er war aus Tirol herauskomplimentiert worden, nachdem der Bischof von Brixen offen sagte, er halte Institoris für wahnsinnig.

Der Hexenhammer sollte diese Schlappe wettmachen und seine (theologisch durchaus umstrittene) Position stärken.

In dem Wikiartikel zum Hexenhammer steht tatsächlich, dass Institoris unter Zeitdruck stand und fehlerhafte Nummerierungen der Kapitel dafür sprechen, dass sie Kramer aus Zeitdruck unterlaufen sind.

Kramer zeigte allerdings ohnehin einen sehr eigenwilligen Umgang mit Quellen. Er stellte seinem Werk die von ihm selbst verfasste Hexenbulle Innozenz VIII. voran und ein Gutachten der Universität zu Köln.

Dieses Gutachten war eigentlich sehr zurückhaltend und reserviert. Durch redaktionelle Bearbeitung gelang es aber Kramer, die Gelehrten aus Köln sozusagen als Kronzeugen für seine Thesen und Positionen einzuspannen.

Umstritten ist heute in der Forschung die Autorenschaft und Mitarbeit Jakob Sprengers. Einige gehen davon aus, dass Kramer das ganze Werk verfasst habe und seinen Ordensbruder Sprenger nur genannt habe, um dessen größeres Ansehen als Theologe für die eigenen Thesen als Fürsprecher einzuspannen.

Kramer/Institoris zeigte eine gewisse "Kreativität" im Umgang mit Quellen, um Autoren und Texte auch dann noch als Fürsprecher für die eigenen theologischen Positionen und Thesen anzuführen, wenn der Wortlaut der Quellen das eigentlich gar nicht hergab.
 
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ich meine, in einem Buch gelesen zu haben, Heinrich Kramer habe den Hexenhammer unter Zeitdruck verfasst. Insbesondere die Quellenangaben sollen deshalb voller Fehler sein.
Es gibt schon Indizien dafür, dass Kramer/Institoris bei seinem Hexenhammer möglicherweise unter Zeitdruck stand. Jedenfalls sind ihm (oder seinem Gehilfen Johann Gremper) bei mehreren Quellen- und Querverweisen Fehler und falsche Zitate unterlaufen.
Möglich. Aber wir reden hier von einem Text des 15. Jhdts.
Falsche Zitate und Quellenangaben können natürlich ein Indiz für Zeitdruck sein. Im Stress passieren Fehler. Allerdings möchte ich zu bedenken geben, dass die Texte damals noch selten gedruckt waren, und Kramer keine Uni-Bibliothek oder gar einen Browser zur Verfügung hatte. Wenn ich eine Bibelstelle brauche oder etwas, von dem ich weiß, dass es in der MGH publiziert wurde oder einen der antiken Klassiker, dann sind das ein paar Klicks im Netz. Vor 25 Jahren konnte ich das meiste in der Institutsbibliothek im Hist. Seminar relativ geräuschfrei recherchieren - war langsamer als heute, ging aber -, jetzt stellen wir uns mal die Situation um 1485 vor: Erste Drucke auf Papier gibt es schon (Inkunabeln), aber die meisten Bücher sind noch schwer und in Pergament gebunden, handschriftlich, tw. mehrere Jahrhunderte alt, mit verlaufener Tinte hier, Mäusefraß dort, und in der Büchertruhe* dort drüben liegen die schimmelbefallenen Exemplare. Mal eben an den Bibliothekskatalog, Standort ermitteln, Buch am Rücken erkennen und aus dem Regal ziehen war nicht. Bestenfalls gab es eine Bücherliste und in der stand hoffentlich drin, in welcher Truhe das gesuchte Buch zu finden war - wenn es nicht beim blinden Bartholomäus in der Zelle lag oder der unordentliche Ulrich es dort abgelegt hatte, wo es gerade passte. Klöster waren ja Männer-WGs... (Oder Frauen-WGs).
Wie oft zitieren wir aus dem Gedächtnis? Wenn es sich nicht gerade um eine Belegarbeit handelt, stört sich da auch niemand dran. Ich würde daher in die Fehler von Heinrich Kramer nicht zu viel interpretieren. Sie sind ein Indiz, aber den Beleg müsste man anderweitig erbringen.


*Sic, in den alten Klöstern lagen die Bücher in Truhen und standen nicht in Regalen.
 
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