Inwiefern ging es den Menschen am Ende des 19.Jh. besser als am Anfang?

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zuzaki

Gast
Klar, die soziale Frage wurde am Ende des 19.jh. durch etwa den Sozialgesetzgebungen etwas gelöst aber irgendwie brauche ich da noch weiter Gründe, wieso sich Menschen am Ende des 19. Jh. besser gefühlt haben oder auch Gründe in Faktoren, in denen es nicht der Fall war.
Danke im Vorraus
 
Nicht zu vergessen, die Gesundheitsfürsorge, bzw. neue medizinischer Erkenntnisse die jetzt auch teilweise den Unterschichten zu gute kamen. Das betrifft auch die gestiegene Lebenserwartung, verringerte Säuglingssterblichkeit.
 
Nicht zu vergessen, dass Ende des 19. Jhdts. in den meisten europäischen Staaten große Teile der männlichen Bevölkerung bereits wahlberechtigt waren (wenn auch vielfach nicht nach einem gleichen, sondern nach einem nach Zensus abgestuften Wahlrecht), und das zu Parlamenten mit echten Mitentscheidungsbefugnissen. Anfang des 19. Jhdts. waren das noch Ausnahmen.

Auch im Bereich der Justiz (klare Zuständigkeitsregelungen; Unabhängigkeit der Richter von politischer Einflussnahme, zum Teil verbunden mit der Einführung von Geschworenengerichten; Rechtskodifikationen für mehr Rechtssicherheit) hatte sich im Laufe des 19. Jhdts. in vielen Staaten einiges verbessert.

Nicht zu vergessen die Aufhebung der Grunduntertänigkeit der bäuerlichen Bevölkerung (sowie der damit in Zusammenhang stehende Entfall der Patrimonialgerichtsbarkeit).

Im Bereich des Wirtschaftslebens zunehmende Gewerbefreiheit.

Im späten 19. Jhdt. wurden zunehmend auch Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz (gefährliche Maschinen, Arbeitsbedingungen und Arbeitsräume; auch Arbeitszeit und Besonderheiten bei der Beschäftigung von Kindern, Jugendlichen und Frauen, insbesondere Schwangeren) als Themen ernstgenommen.

Inwiefern sich Menschen durch solche Reformen tatsächlich besser gefühlt haben, ist freilich eine andere Frage. So soll z. B. in Russland die Abschaffung der Leibeigenschaft bei den Betroffenen oft gar nicht mal sonderlich viel Begeisterung ausgelöst haben.
 
So soll z. B. in Russland die Abschaffung der Leibeigenschaft bei den Betroffenen oft gar nicht mal sonderlich viel Begeisterung ausgelöst haben.

Was allerdings nicht an der Abscahffung der Leibeigenschaft selbst lag, sondern daran, dass die Grundherren entschädigt und die Kosten dafür auf die Bauern abgewältzt wurden.

Was dazu führte, dass die eben von den Lasten der Leibeigenschaft befreiten Bauern sofort unter enormen wirtschaftlichen Druck gerieten, während gleichzeitig die grundherrlichen Fürsorgepflichten für die Leibeigenen, die ja durchaus auch einen Teil des Systems bildenten ersatzlos entfielen.
 
Z.B. und das ist klar messbar, gelang es in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts durch das Aufkommen von Dampfschiffahrt und Eisenbahn in Europa und Nordamerika erstmals die früher periodisch wiederkehrenden regionalen Hungersnöte durch schlechtes Wetter etc. in den Griff zu bekommen, weil es jetzt möglich war, verderbliche Waren wie Lebensmittel relativ schnell irgendwo einzukaufen und in ganz andere Landstriche zu verteilen.
 
Ja, und zu dem Thema ist auch noch anzumerken, das durch die neuen Transportmittel die Abhängigkeit des einzelnen Menschen von seiner unmittelbaren Heimatregion aufgehoben wurde.
 
Man könnte vielleicht noch die Kindersterblichkeit anführen, die in Europa und Nordamerika deutlich zurückgegangen war. Sicherlich fühlten sich die meisten Eltern besser, wenn nicht so viele ihrer Kinder früh umkamen - und die Kinder selbst werden vermutlich auch froh darüber gewesen sein.
 
Ja, und zu dem Thema ist auch noch anzumerken, das durch die neuen Transportmittel die Abhängigkeit des einzelnen Menschen von seiner unmittelbaren Heimatregion aufgehoben wurde.
Auch vorher schon gab es Wanderungen von Gesellen, die bei manchen Berufen verpflichtend waren. Außerdem war Eisenbahnfahren anfangs sehr teuer – noch in den 1920er Jahren kostete eine Fahrt von Holzkirchen nach München (etwas weniger als 40 km) den Tageslohn eines Tagelöhners – und kam für solche Leute dementsprechend kaum in Frage. Das scheint ohnehin ein Gesetz zu sein, denn jede neue Transportmöglichkeit (Eisenbahn, Flugzeug, Auto) konnten zunächst nur Vermögende nutzen.

Man könnte vielleicht noch die Kindersterblichkeit anführen, die in Europa und Nordamerika deutlich zurückgegangen war.
Ja, aufgrund der verbesserten Medizin und Hygiene überlebten viel mehr Kinder als früher. Und es wurden auch mehr Kinder geboren, denn die früheren Heiratsbeschränkungen (man musste früher nachweisen, dass man in der Lage war, eine Familie zu ernähren) gab es nicht mehr. Als Ergebnis gab es viele Kleinbauern, die sich ob der vielen Kinder schon normal kaum über Wasser halten konnten und sich bei schlechten Ernten verschulden mussten und/oder in die Städte abwanderten, wo sie sich um die Arbeitsplätze gegenseitig Konkurrenz machten. Als Folge gab es in den Städten eine Wohnungsnot, die man sich heute kaum mehr vorstellen kann – nicht umsonst kam es zum Kommunistischen Manifest und zur Gründung von SPD.

Das alles bewirkte einen Bevölkerungsdruck, der nur durch Kriege und Auswanderungen gemildert werden konnte – 6 Millionen Deutsche wanderten vor allem in die USA, aber auch nach Südamerika und Australien aus.

Siehe auch: Massenmigration als Folge der Industrialisierung.
 
Man könnte auch die verbesserte Informationslage der Bevölkerung anführen.

Mitte des 19.Jahrhunderts entwickelten sich in den USA die ersten Massenmedien , zudem wurden Telefon und Telegraphie erfunden. Die Menschen insbesondere auf dem Land wurden viel schneller informiert und waren relativ schnell auf dem neuesten Stand der Nachrichten. Dies führte zu einer schnellen Weitergabe von technischen und medizinischen Fortschritten und damit zu einer besseren medizinischen Lage der Gesamtbevölkerung.
 
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