Inwiefern war die DDR eine Demokratie?

P

Penny

Gast
Hallo!
Mich würde mal interessieren, inwiefern das Staatssystem der DDR eine Demokratie war, da sie ja doch noch recht viele diktatorische und sozialistische Einschübe (SED) hatte?
Wieso nannte man sie dann eine Volks"demokratie"?

Was ich auch noch wissen möchte ist, wie es dazu gekommen ist, dass man sich am Ende dann doch für die pluralistische Demokratie entscheiden konnte, und wie die "Ossis" dies aufgenommen haben? Befürwortung oder vereinzelt vllt sogar Abneigung?
 
Hallo!
Mich würde mal interessieren, inwiefern das Staatssystem der DDR eine Demokratie war, da sie ja doch noch recht viele diktatorische und sozialistische Einschübe (SED) hatte?
Wieso nannte man sie dann eine Volks"demokratie"?

Was ich auch noch wissen möchte ist, wie es dazu gekommen ist, dass man sich am Ende dann doch für die pluralistische Demokratie entscheiden konnte, und wie die "Ossis" dies aufgenommen haben? Befürwortung oder vereinzelt vllt sogar Abneigung?

naja, von Demokratie kann man nicht wirklich sprechen, auch nicht von einer Republik (res publica = öffentliche Sache). Die SED sagte, wo's lang geht, die DDR-CDU hat während ihrer ganzen Existenze nur beim Schwangerschaftsabbruch gegen die SED gestimmt. Bei Wahlen war die Zustimmung zur Regierung immer über 99 % (= Werte, die in einer wirklichen Demokratie nie vorkommen).
 
naja, von Demokratie kann man nicht wirklich sprechen, auch nicht von einer Republik (res publica = öffentliche Sache). Die SED sagte, wo's lang geht, die DDR-CDU hat während ihrer ganzen Existenze nur beim Schwangerschaftsabbruch gegen die SED gestimmt. Bei Wahlen war die Zustimmung zur Regierung immer über 99 % (= Werte, die in einer wirklichen Demokratie nie vorkommen).

Das kann man deuten, wie man will.
Die SED beanspruchte für sich, das Volk zu vertreten.
Das ging 1989 nach hinten los, als das Volk sagte,"Wir sind das Volk".

Man muss sich auch mal überlegen, wann das alles begann.
Deutschland war zerstört. Die späteren alten Greise kannten nur Krieg und Verbitterung. Im laufe der Jahre, merkten sie nicht, das eine neue Generation herranwächst.
 
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Das klingt als könne kein Staat mit Wahlpflicht eine Demokratie sein.

Nein, das ist nicht so gemeint. Es ist nicht die Wahlbeteiligung gemeint, sondern der Prozentsatz der erhaltenen Stimmen einer Partei bzw. eines Lagers. In Luxemburg beispielsweise gilt Wahlpflicht, ebenso im Kanton Schaffhausen (Schweiz) gilt Stimm- und Wahlpflicht. Dort hat man aber diverseste politische Lager zur Auswahl (und nicht wie in der DDR nur die Blockparteien).

Volkskammer ? Wikipedia

Wahlpflicht ? Wikipedia
 
Das Wahlsystem der DDR ist hinreichend bekannt, ich will es aber trotzdem nochmal aus persönlicher Sicht erläutern:
Alle Parteien waren in der "Nationalen Front" zu einer Einheitsliste zusammengefasst. Diese gewährleistete, dass die SED immer das Sagen hatte.
Als Wähler konnte man Namen auf der Liste streichen. Ließ man einen Namen ungestrichen, war es eine JA-Stimme. Strich man die ganze Liste mit einem großem Kreuz, war die Stimme ungültig. In der Praxis feuerte man den Zettel ungelesen in die Urne. War man zur Kaffee-Zeit immer noch nicht da, kamen sie mit der Wahlurne vors Haus gefahren. In Studentenwohnheimen kam es schon mittags vor, die verkaterten Studies aus den Betten zu zerren.
Daran gemessen, fanden in den 80ern irgendwo in El Salvador oder Burundi wahrhaft demokratische Wahlen statt- es war einfach nur eine Farce und jeder wusste das.
 
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Das Wahlsystem der DDR ist hinreichend bekannt, ich will es aber trotzdem nochmal aus persönlicher Sicht erläutern:
Alle Parteien waren in der "Nationalen Front" zu einer Einheitsliste zusammengefasst. Diese gewährleistete, dass die SED immer das Sagen hatte.
Als Wähler konnte man Namen auf der Liste streichen. Ließ man einen Namen ungestrichen, war es eine JA-Stimme. Strich man die ganze Liste mit einem großem Kreuz, war die Stimme ungültig. In der Praxis feuerte man den Zettel ungelesen in die Urne. War man zur Kaffee-Zeit immer noch nicht da, kamen sie mit der Wahlurne vors Haus gefahren. In Studentenwohnheimen kam es schon mittags vor, die verkaterten Studies aus den Betten zu zerren.
Daran gemessen, fanden in den 80ern irgendwo in El Salvador oder Burundi wahrhaft demokratische Wahlen statt- es war einfach nur eine Farce und jeder wusste das.
Deine Sätze in allen Ehren. Mir ist es leid, mich immer wieder rechtfertigen zu müssen, warum ich es da ausgehalten habe.
Was da oben ein paar Betonköpfe beschlossen haben, hat mich nie gejuckt. Und ich lebe immer noch.
 
Nein, das müssen wir nicht. Aber ab und zu sollte man ruhig daran erinnern, auch wenn es für unsere Kinder Gott sei Dank mehr wie Comedy klingt.

Unsere Kinder haben, Gott seis gedankt, andere Sorgen.
Mein Sohn zB. ist 80 geboren, war noch Pionier mit Halstuch.

Der hat die Zeit so verdrängt, der erinnert sich an nichts mehr.
Letztens sagte ich zu ihm, kannst du dich noch erinnern, wie dein Pioniergelöbnis lautete? Nö, sagte er, nur das wir mal im Ferienlager waren.
 
Die DDR war mit Sicherheit keine Demokratie und kein Rechtsstaat!

Auf Phoenix war vorgestern eine Podiumsdiskussion mit Althaus (Thüringens MP), Gauck (ehemals Chef der damals Gauck-Behörde), einer Politikerin der Grünen und Jens Weißflog. Die haben sehr gut die Missstände aufgedeckt und auch erklärt, wie nicht jede Ungerechtigkeit jeden treffen musste. Aber sie konnte!

@Flo: Dieser "Rechtfertigungsdruck" gefällt mir auch nicht. Es wird leider zu selten zwischen dem Staat und der Umgebung des Einzelnen getrennt. Meine Verwandten in Dresden haben früher auch über verschiedene Sachen geschimpft und waren z.B. dankbar für die Kinderbetreuung. Jeder, der nicht mit dem Kopf durch die Wand will richtet sich sein Leben nach den äußeren Umständen ein. Unabhängig davon kann man mal Ärger mit dem Staat (Polizei, MfS oder beim Militär) haben oder auch nicht.

Allerdings halte ich es für sehr wichtig, dass allen (und gerade den Kindern) mit aller Deutlichkeit gesagt wird, was für ein Unrechtssystem die DDR war. Und genauso wichtig ist es, dass das "normale Leben" erklärt wird.

Denn ganz schlimm sind für mich Darstellungen, die jeden als Mitläufer bezeichnen, die nicht ganz offen Widerstand geleistet haben. Ich sehe einen großen Unterschied zwischen dem normalen Bürger, der sich wie in jeder anderen Gesellschaft seinen Platz gesucht hat und denen, die z.B. durch Denunziation mitgemacht haben. Wobei letzteres nicht per se verurteilt werden sollte, es sollte aufgearbeitet werden (bei allen Schwierigkeiten in der Umsetzung...).

Eine Freundin von mir ist auch Jahrgang 1980, genau wie Dein Sohn. Sie kann sich noch ziemlich gut an verschiedenes erinnern. Auch wenn sie selber nicht davon betroffen war, so hat sie doch einige staatliche Willkür im Freundeskreis erlebt und das prägt halt (manche Kinder stärker und bewusster, andere schwächer oder unbewusster).

Solwac
 
Die SED hatte wie auch die anderen leninistischen und marxistischen Parteien ein sehr merkwürdiges Verständnis von Demokratie. So wurde etwa die Begriffe "Diktatur des Proletariat" und "Volksdemokratie" nicht als widersprüchlich empfunden.
Grundlegend hierfür ist das Verständnis eines Klassenkampfes.
Vielsagend ist das die Verfassung der DDR von 1968, die anders als die erste Verfassung den Anschein westlicher Standards aufgab.
So heißt es in Artikel 1: "Die Deutsche Demokratische Republik ist ein sozialistischer Staat deutscher Nation. Sie ist die politische Organisation der Werktätigen in Stadt und Land, die gemeinsam unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei den Sozialismus verwirklichen."
Noch beindruckender ist Artikel 2: "Alle politische Macht in der Deutschen Demokratischen Republik wird von den Werktätigen ausgeübt. Der Mensch steht im Mittelpunkt aller Bemühungen der sozialistischen Gesellschaft und ihres Staates. Das gesellschaftliche System des Sozialismus wird ständig vervollkommnet."

Im Grunde folgt das Demokratieverständnis dieser simplen Formel:
Das Volk = Die Werktätigen/Arbeiterklasse = Die Partei
Daraus folt: Demokratie = Diktatur des Proletariat = Diktatur der Partei
Die Bundesrepublik war nach SED-Verständnis deswegen auch keine Demokratie sondern galt als faschistisch/imperialistisch/etc., da eben nicht alle Macht in den Händen der von der Partei geführten Arbeiterklasse lag. :S
 
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Deine Sätze in allen Ehren. Mir ist es leid, mich immer wieder rechtfertigen zu müssen, warum ich es da ausgehalten habe.

Aber Flo, wieso solltest du dich persönlich für das diktatorische und undemokratische DDR-Regime rechtfertigen?

Den Schuh musst du dir nicht anziehen und zahllose andere Bürger der DDR wie unsere User balticbirdy oder Timo ebenfalls nicht. Ihr wurdet in dieses System hineingeboren und habt versucht, euer Privatleben so staatsfern und gelungen wie möglich zu gestalten.

Auch impliziert die Tatsache des autoritären sozialistischen DDR-Systems keineswegs, dass die DDR-Bürgerinnen und Bürger in einem Jammertal gelebt hätten, denn genau wie im Westen gab es gute und schlechte Zeiten, Feste, vergnügte Feiern, traurige Episoden und alles andere, was eine menschliche Biografie ausmacht.

Dennoch ist es notwendig und richtig, die sozialistische Disktatur der DDR beim Namen zu nennen und all das aufzuarbeiten, was zu einer Entmündigung und Bespitzelung der Bürger führte und diejenigen zur Verantwortung zu ziehen, die im Auftrag der Staatsmacht anderen Bürgern willentlich Schaden zufügten.
 
Ja Dieter.
Aber es war doch nicht so, dass man ständig den Kopf einziehen musste.

Wenn ich heute lese, wenn Schüler sagen, es war ja so schrecklich in der DDR, dann schüttele ich mit dem Kopf.
Ich persönlich habe den Schrecken der Stasi nur bei der NVA gespürt. Im normalem Leben, ging mir das am Arsch vorbei.

Und heute ist es ja viel schlimmer. Da wird schon ein Vidiobild gemacht, wenn du am Bankautomaten gehst, oder nur einkaufst.
 
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Wenn ich heute lese, wenn Schüler sagen, es war ja so schrecklich in der DDR, dann schüttele ich mit dem Kopf.
Ich finde es gut.

Wobei mir ganz klar ist, dass in der Schule vieles von Schülern aus einer ganz eigenen Perspektive dargestellt wird und dass es natürlich etwas aufgesetztes hat.

Wir erleben in der Welt noch einige andere Unrechtsstaaten (z.B. China, gerade war ja mal wieder der Umgang mit 20 Jahre alten Bildern zu sehen). Trotzdem leben die Leute dort natürlich auch ihr Leben...

Solwac
 
Wenn ich heute lese, wenn Schüler sagen, es war ja so schrecklich in der DDR, dann schüttele ich mit dem Kopf.

Vielleicht auch, weil man nicht alles wusste oder vieles Negative verdrængt hat.
Ein ehemaliger NVA-Soldat einer Spezialeinheit hat mir mal geschildert, was in den Tagen der Mauerøffnung los war. Die sind mit dem LKW in der Gegend herumgefahren worden, mit der Befuerchtung, zum Einsatz zu kommen und auf die eigene Bevølkerung schiessen zu muessen. Und er sagt, sie hætten es wohl getan! (Gott sei Dank blieb der Befehl dazu aber aus, wie wir wissen)
Wer sich seine eigenen Stasi-Akten mal anschaut, kommt aus dem Staunen nicht mehr raus, von wem man alles bespitzelt wurde. Auch das habe ich schon mehrfach geschildert bekommen.

Mir als Wessi hat allein schon der Anblick der Mauer in Berlin gereicht, um zu wissen, dass ich im Osten niemals leben will, und dass ich die westliche Demokratie fuer verteidigungswert gehalten habe und noch heute halte, trotz Videokameras und was es sonst noch an (møglicherweise) schlechten Dingen gibt.

Dennoch gestehe ich jedem zu, fuer sich persønlich sein Glueck im Leben gefunden zu haben, trotz widriger æusserer Umstænde, und trotz eines Lebensstandards, den man im Westen als "rueckstændig" empfunden hat.
Es ist schon klar, dass "die Ossis" nicht von morgens bis abends mit ihrem Schicksal gehadert haben oder stændig Truebsal blasen mussten. Hungern musste wohl auch keiner, auch wenn man nicht zum McDonald gehen konnte.

Gruss, muheijo
 
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Natürlich nicht; aber ich wüßte auch nicht, wo dies irgendjemand in der bisherigen Diskussion in diesem Thread behauptet hat.

Timo, so einen Satz musst du dir doch nicht antun.
Liess mal, worum es hier geht.
Da steht
Inwiefern war die DDR eine Demokratie?
Und da weiss ich jetzt nicht, was du von mir willst.

Wenn ich meine Meinung nicht mehr sagen darf, dann unterscheidet ihr euch auch nicht von einer Diktatur.
 
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Und heute ist es ja viel schlimmer. Da wird schon ein Vidiobild gemacht, wenn du am Bankautomaten gehst, oder nur einkaufst.

Die gelegentlichen Videoaufnahmen am Geldautomat oder im Einkaufszentrum, die weder ausgewertet noch gespeichert werden, wirst du doch wohl nicht allen Ernstes mit den Zuständen bei Horch und Guck vergleichen wollen?


...
Wenn ich meine Meinung nicht mehr sagen darf, dann unterscheidet ihr euch auch nicht von einer Diktatur.

Wo hat dir es jemand untersagt, deine Meinung zu sagen?
 
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