"Irrenhäuser" im 17./18. Jahrhundert

Wenn man sich die Zusammenhänge bei der Erkrankung von George III. anschaut, ist die Untersuchung auch nach damaliger Sicht nicht so verkehrt gewesen, auch wenn ich mich frage, was man damit direkt schlussfolgern wollte.

Ich meine das hier:

Aus: Georg III. (Vereinigtes Königreich) ? Wikipedia)

Sowas wie Schwermetalle konnte man doch wahrscheinlich nicht ohne weiteres finden(?). Außerdem ist es wie in der Kriminalistik der Zeit, wenn man nicht weiß, was man suchen soll, wird man "es" auch kaum finden.


So wie ich das aus meiner Quelle herausgelesen habe, ging es bei den Autopsien verstorbener Patienten darum physische Anomalien festzustellen. Erwähnt wird, daß man einen Patienten seziert habe, bei dem das Gehirn unnatürlich klein erschien, und man versuchte Gemeinsamkeiten und Zusammenhänge herzustellen. Das Problem mit dem Unterfangen liegt meines Erachtens nicht zuletzt darin, daß die moderne Chirugie und das Verständnis der Anatomie auch noch in den Kinderschuhen steckte. Da spiegelt sich dann wahrscheinlich auch das Problem der Kriminalistik wieder, wie du schon gesagt hast.
 
So wie ich das aus meiner Quelle herausgelesen habe, ging es bei den Autopsien verstorbener Patienten darum physische Anomalien festzustellen. Erwähnt wird, daß man einen Patienten seziert habe, bei dem das Gehirn unnatürlich klein erschien, und man versuchte Gemeinsamkeiten und Zusammenhänge herzustellen. Das Problem mit dem Unterfangen liegt meines Erachtens nicht zuletzt darin, daß die moderne Chirugie und das Verständnis der Anatomie auch noch in den Kinderschuhen steckte. Da spiegelt sich dann wahrscheinlich auch das Problem der Kriminalistik wieder, wie du schon gesagt hast.
Dankeschön für die Aufklärung! Dann hast Du freilich mit Deinen Zweifeln Recht.

Um diesen Beitrag nicht ganz inhaltsarm zu lassen, mal eine Sicht von Hogarth auf das Sezieren (eines hingerichteten Straftäters in dem Falle allerdings):
Hogarth, William: Folge »Die vier Stationen der Grausamkeit« [4] - Zeno.org
 
Ich hoffe, die Angaben sind nicht zu allgemein.

Mit der Aufklärung und in vielen Gebieten schon mit der Reformation, wurde Armut anders bewertet. Statt Armut zu einem Teil der gottgewollten Ordnung zu zählen wurde Armut zusehends kriminalisiert. Herumziehende Bettler wurden wie Vaganten, "Zügeuner" u. ä. behandelt.
"Da sich das Problem durch Stadt- und Landesverweis grundsätzlich nicht lösen ließ, hatten die Obrigkeiten schon im 17. Jahrhundert begonnen, Armen-, Zucht- und Arbeitshäuser einzurichten. Solche Anstalten konnten mehreren Zwecken zugleich dienen: zum einen zur notdürftigen Versorgung der "ehrbaren" unverschuldeten Armen (also Waisen, Findelkinder, Geisteskranke, Invalide usw.), zum anderen zur Abschreckung und Bestrafung von "böswilligen", arbeitsfähigen Armen, Bettler und Straftäter."
*
Im Grunde waren schon diese Armenhäuser eine Neuerung, auch wenn wir die Methoden der Zeit vielleicht als barsch und wenig geeignet empfinden werden. Damals allerdings galten diese Einrichtungen als modern und zur Besserung der Insassen geeignet.
Mit der Aufklärung wurden allerdings vielerorts Stimmen bemerkbar, welche diese Armenhäuser verändert sehen wollten.
"So forderte man, die Zwangsunterbringung von Armen, Kranken, Geistesgestörten und Straftätern in ein und derselben Anstalt abzuschaffen zugunsten spezialisierter Fürsorgeeinrichtungen."
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Stollberg-Rilinger nennt hier die Hamburger Armenpflegereform von 1788 als Beispiel.

Man muss bei der Betrachtung der damaligen Unterbringungen der Geisteskranken offenbar erstmal schauen, wie überhaupt das Gesundheitssystem in den jeweiligen Staaten aussah. Es gab zwar in einigen Städten bereits seit dem Mittelalter bedeutende Stiftungen von Bürgern, welche den Bau und den Erhalt von Spitälern aber auch der Armenfürsorge förderten und letztlich unabhängig vom Staat überhaupt erst ermöglichten. Oftmals konnten sich aber andernorts doch nur die Wohlhabenden eine nach damaligen Maßstäben gute Versorgung durch Ärzte leisten. Erst im 18.Jh. setzten sich zunehmend staatlich gelenkte und besoldete Gesundheitsbehörden durch. (Davon abgesehen gab es aber schon zuvor bisweilen städtische Deputationen, welche z.B. in Seuchenfällen den Magistrat zu alarmieren hatten.)

* Barabara Stollberg-Rilinger: "Europa im Jahrhundert der Aufklärung" Philipp Reclam jun., Stuttgart, 2006
S.220
** ebenda: S. 220-221
 
Scheint mir so, als sei die Bezeichnung also auch in Bayern für Strafen, d.h. geringe Haftstrafen nicht unüblich gewesen.
Danke für den Hinweis! Ich habe bzgl. Narrenhäusl mal meine Fühler ausgestreckt und mittlerweile rausgefunden, dass die Narrenhäusl-Strafe einer abgemilderten Prangerstrafe glich. Ins Narrenhäusl (oft neben dem Pranger) wurde eingesperrt, wer für den Pranger zu schwach erschien, also in der Tat bspw. Kinder, aber auch Schwangere, wie ich herausgefunden habe, da bspw. in Klagenfurt aufgrund der Zunahme der ledigen Schwangerschaften 1575 extra ein Narrenhäusl beim Schlosser (sic!) bestellt wurde. Leider habe ich kein Bild gefunden, in meiner Vorstellung sieht das Narrenhäusl aber eher wie ein Käfig aus, denn das es zu unserer Diskussion hier passen würde.

Des weiteren wird es so dargestellt, daß es anscheinend üblich gewesen sei an Patienten medizinische Experimente durchzuführen, was schließlich um 1667 nicht mehr zugelassen wurde. Das Datum ergibt sich daraus, daß um diese Zeit eine Anfrage zu einem Bluttransfusionsversuch vorlag, der abgelehnt wurde. Etwa zehn Jahre später begann anscheinend ein Dr Allen im Bedlam Autopsien durchzuführen, in der Hoffnung er könne physische Merkmale für Erkrankungen finden und auf diese Art und Weise Heilmethoden finden. Eine radikale Änderung in Behandlung und Verständnis ist es sicher nicht, sondern vielleicht eher ein Anfang.
Als Ursache würde ich hier eher das Patientenbild ansetzen. Nach damaligem medizinischem Verständnis gab es keine geistigen Erkrankungen, vielmehr mussten alle Erkrankungen eine körperliche Ursache haben. Dieses Patientenbild geht durchaus noch zurück auf Galen, der selbst unterschiedliche Persönlichkeiten mit körperlichen Ursachen, also der Viersäftelehre erklärt. Hinzu kommt die dualistische Seelenlehre, bzw. die sich um die Beschaffenheit der Seele rankende Diskussion, wobei die Seele in aller Regel mit dem Intellekt also auch der Fähigkeit zu denken und zu sprechen gleichgesetzt wurde. So argumentierte bspw. eine Descartes, dass alles, das keine Seele hat, maschinenartig sei und dementsprechend auch nicht fühlen könne. Wer also nicht spricht oder nicht "normal" denkt, der fühlt auch nicht und hat sogar, als darüber hinausgehenden Schluss, keine Seele (mehr).
 
Wie also von mir oben schon angenommen, wurden offenbar auch Geisteskranke in gewöhnliche Krankenhäuser eingeliefert. Ich denke mal, das kam daher, wenn man keine andere speziellen Einrichtungen dafür hatte.
Ein weiteres Beispiel dafür, habe ich aus Württemberg. Bis um die Mitte des 18.Jh. wurden im Raum Stuttgart die Geisteskranken einfach ins Spital gesteckt. Zwischen 1740 und 1815 war dann aber die Zeit, als die ersten "modernen" Krankenanstalten dafür errichtet wurden. Am 18. Dezember 1738 wendete sich der "Constistorialrath" und der Magistrat mit einem Schreiben an die herzögliche Regierung in Bezug auf die Einrichtung von einem speziellen "Dollhauß". Schon kurz zuvor hatten die Stadtphysici Gmelin und Linke auf die Belästigung der Kranken des "Lazareths" durch die Geisteskranken hingewiesen. 1746 endlich beschloss Carl Eugen, der zwei Jahre zuvor die Herrschaft angetreten hatte, die Einrichtung einer solchen Anstalt. Seit 1749 konnten vorerst 12 Patienten in einer Einrichtung untergebracht werden, welche noch ein Annex zum bestehenden Zucht- und Arbeitshaus war.*
Pläne des Gebäudes aus den 1780ern stellen schon einen größeren Bau dar, wobei jeder Insasse ein eigenes Zimmer hatte. Die Türen führten zum Innenhof, die Fenster nach außen.**

Ich denke mal, welchen Franz Anton Mesmer (1734-1815) ich meine, dürfte aus dem von mir verlinkten Wikipediaeintrag einleuchtend sein.
Er arbeitete auch mit Hypnose, welche sich damals zusehends einer Beliebtheit erfreute und auch manchmal schlicht als "Mesmerisieren" bezeichnet wurde, was schon Bände über seine Berühmtheit spricht.

Wenn man mit "Hypnose Mesmer" bei der Bildersuche googelt, kommt man zu einigen zeitgenössischen Abbildungen. Ich will nur keine direkt verlinken, weil ich nicht weiß wie seriös die Homepages sind.

Aber ich fürchte, das führt dann eh eher wieder weg vom Thema "Irrenhäuser im 17. und 18.Jh.".
Hatte mich gehörig geirrt. Grüsser stellt Mesmers Methoden als typisch für die Behandlung der Geisteskranken in der Zeit der Aufklärung dar.***

*
Otto Joachim Grüsser: "Vom Tollhaus in Ludwigsburg zur Königlichen Heilanstalt Winnenthal"
in: "Baden und Württemberg im Zeitalter Napoleons" Band 2, Cantz, Stuttgart, 1987
S. 373-374
**
ebenda: S. 376
***
ebenda: S. 373
 
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