ich selbst schrieb:
Zur Erinnerung: Ich hatte die Treffsicherheit nicht ins Spiel gebracht
Den Aspekt "Pfeilhagel" - übrigens in Form von Salven (volleys) - bestreitet übrigens niemand.
Dem aufmerksamen Leser wird folgende Stelle in meinem vorherigen Post nicht entgangen sein:
Zur Treffsicherheit:
Ich bin hier von verschiedenen Quellen ausgegangen (von der wikipedia bis zum Meyers, zugegeben nicht dem allerneuesten).
Ich kenne mich mit der Waffe zu wenig aus, um zu sagen, warum sie treffsicher war oder nicht.
Ich hab hier einfach der Information vertraut, um ganz ehrlich zu sein.
Ich konnte mein Argument nicht selbst belegen, ich war aufgrund der obigen Quellen davon ausgegangen, dass sie in dieser Form existierte.
Ich habe daraufhin mein Argument zurückgezogen, gleichzeitig jedoch betont, dass es nicht das relevanteste war, das ich anführe.
Nur als Hinweis...
Du liebe Zeit; jetzt nimm das doch bitte nicht persönlich :friends:
Ich hatte doch lediglich noch auf Deine - wahrscheinlich eher rhetorisch gemeinte - Fragestellung "Aber warum sollten diese Waffen auch einer hohen Treffsicherheit bedürfen?
Meist kamen sie im Kampf gegen große Massen von Gegnern durch "Pfeilhagel" zum Einsatz..." geantwortet...
Die französischen Ritter bei Crécy und Azincourt wären in Kettenhemden kaum genug geschützt gegen die englischen Salven gewesen (hierüber wird auch oft gestritten, ich traue dem englischen Langbogen diese Durchschlagskraft allerdings auf eine Distanz von 100 Metern zu).
Entsprechend schwere Pfeile waren aber gar nicht darauf ausgelegt, mit ihnen so weit zu schießen, sondern eben auf Entfernungen von ca. 50m oder evt. einige Meter mehr (dazu können die Bogenexperten sicherlich Genaueres sagen). Pfeile, welche für Entfernungen von 100m und mehr gemacht waren, waren leichter - bzw. mußten sie leichter sein -, hatten dafür aber nicht die entsprechende Durchschlagskraft wie die schweren Pfeile.
Die wichtigste Frage dazu ist jedoch: Bei Verwendung welcher Pfeilspitzen?
Selbst der
Needlebodkin, der aufgrund seiner ahlen-/nadelförmigen Konstruktion in Kettengeflechte eindringen bzw. diese durchdringen konnte, braucht zum einen eine gute Materialqualität und zum anderen zusätzlich noch etwas "Glück": Unter einem Kettenpanzer befindet sich nämlich der
Gambeson, und der besteht aus 2 Lagen Leinen (eher weich), 4 Lagen Filz (insgesamt ca. 1,2 cm dick), 2 Lagen Leinen (Zeltstoff, sehr hart) sowie 2 Lagen Leinen (eher weich) und ist zudem relativ fest durchgesteppt. Um da hindurch zu kommen, muß selbst ein
Needlebodkin auf eine Naht o.ä. treffen...
Anm.: Daß ein Gegner in Realität nicht wie eine Zielscheibe in der Landschaft herumsteht, sondern zumindest in gewisser Bewegung ist, brauchen wir hierbei mE nicht zu diskutieren, so daß ich dies nur der Vollständigkeit wegen erwähne.
Von daher zogen wohl auch die meisten der französischen Ritter im sog. Harnisch in die Schlacht.
Diese Rüstungen brachten teilweise ein Gewicht zwischen 15 und 20 Kilo auf die Waage.
Damit ist man nur schwer in der Lage, nach einem Sturz wieder aufzustehen.
Den ersten beiden Sätzen widerspreche ich grundsätzlich nicht (ich denke einmal nicht, daß Du davon ausgehst, Ritter wären gewöhnlich bereits voll gerüstet quer durch die Lande zum Heer gereist).
Der letzte Satz ist nur dann richtig, wenn der Ritter nach dem Sturz benommen, bewußtlos, schwerer verletzt oder gar tödlich verletzt war.
Den logistischen Aufwand beziehe ich auf den Transport von Rüstungen etc.
Allein das Gewicht stellte hier eine große Herausforderung dar (außer natürlich beim nur leicht gepanzerten Kettenhemdträger).
1. Packpferde, Transportkarren u. dgl. wurden nicht nur von Rittern benötigt. Man bedenke zudem, daß Waffen und Rüstungen auch auf einem Kriegszug nicht das Einzige ist, was transportiert wird.
2. Auch Kettenpanzer bringen es auf ein Gewicht von 15 bis 20 kg.
3. Kämpfer in Kettenvollpanzerung (langes Kettenhemd mit Hand, Kettenhaube, optional Kettenbeinlinge) sind Schwergepanzerte.
Ein weiteres Problem der Ritterheere im Gegensatz zum Söldnerheer war auch, dass Rüstungen und die übrige Ausrüstung weit teurer waren als die eines Bogenschützen.
Daß Rüstung, Pferde (ganz besonders) und auch übrige Ausrüstung beim Ritter und den Knechten seiner Lanze teurer waren, ist klar. Nur war das kein Problem der Ritterheere, sondern des Ritters selbst, denn er mußte selbst für all diese Ausrüstung aufkommen, d.h., diese finanzieren, beschaffen und unterhalten.
Auch die Ausbildung war sehr viel länger als die(immer noch lange) Ausbildung eines Langbogenschützens.
...
Die Ausbildungszeit eines Bogenschützen relativiert sich, falls dieser in seiner heimtlichen Kultur bereits mit dem Bogenschießen aufgewachsen ist.
Die Ausbildungszeit eines Ritters endete etwa um das 18. bis 22. Lebensjahr (wenn er gewöhnlich vom Knappen zum Ritter wurde); zudem war er ebenso traditionell in seiner Heimat mit Reittechniken, Kampftechniken, körperlicher Ertüchtigung etc. seit dem 6./7. Lebensjahr aufgewachsen.
Vgl. dazu
Junker - Beitrag #4
Doch schließlich setzten sich Waffen durch, die noch weniger Ausbildung erforderten:
Armbrüste und Feuerwaffen, letztere sind nach einer rasanten Entwicklung ja heute noch präsent.
Bezüglich Feuerwaffen ohne Diskussion d'accord; bei der Armbrust stimmt es, daß sie sich etwa ab dem Hochmittelalter gegenüber dem Bogen durchgesetzt hatte, der bis dahin zwar desöfteren erfolgreich eingesetzt wurde, aber sich nie richtig etablieren konnte.
Armbrustschützen waren im hoch- und spätmittelalterlichen (westlichen) Europa der Standard bzgl. Fernkampf - übrigens auch in England, ehe dort ab Ende des 13. Jh. der Langbogner (wie erwähnt infolge der Integration der Waliser) aufkam.
Die Ritter waren zu Verschwinden verurteilt, weil sie zu teuer und eine zu lange Ausbildungszeit benötigten.
Richtig ist, daß infolge der Agrarkrise des 14. Jh. etc. ihre ökonomische Krise einsetzte, so daß sie ihre kostenaufwendige Ausrüstung nicht mehr finanzieren/unterhalten konnten.
Sozial und politisch gesehen unterlagen sie langfristig der neuen Macht der Städte, welche ihre Fehden als gewalttätigen Raub ansahen (aus dieser Sichtweise stammt das Bild des "Raubritters").
Militärisch gesehen haben sie ihren Niedergang aber zu einem Teil selbst verschuldet - da sie aus "taktischer Dummheit und Arroganz" (Zitat
Balticbirdy; ich würde statt "Arroganz" eher "übermäßiger Stolz" schreiben) Schlachten verloren -, zum anderen Teil zeigte sich durch den Niedergang der traditionellen Lehnsverhältnisse auch ein Wandel in der Heeresorganisation u. dgl.
Bzgl. Ausbildungszeit möchte ich widersprechen - siehe oben...
Leichtere Kavallerie dagegen überlebte noch lange. (Man denke an den Polenfeldzug, als sich die polnischen Reiterregimenter noch vergeblich gegen die Panzer der Wehrmacht einsetzten).
Auch schwere Kavallerie überlebte recht lange; in einigen Ländern bis incl. des Ersten Weltkriegs (Stichwort: Kürassiere).
Anm. noch bzgl. Polenfeldzug:
Bitte aber nicht der Legende aufsitzen, die den klassischen Kavallerieangriff gegen deutsche Panzer postuliert!
Vgl. dazu
Kavallerie-Einheiten der Neuzeit - Beitrag #35 und
Kavallerie-Einheiten der Neuzeit - Beitrag #39
Ansonsten wollen wir aber zudem auch bei der Diskussion im Mittelalter bleiben...