Iwan IV, der "Schreckliche"

schwedenmann

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Hallo

Wie wird heutzutage der Zar Uwan der Schreckliche gesehen?

Als Moderniesierer Rußlands ?
Als Despot, und /oder Person mit patogenen Zügen ?



Iwan war ja wohl eine vielschichtige Person: gebildet, clever aber zugleich jähzornig, grausam und hatte zu keinem Vertrauen, außgenommen seiner 1. Ehefrau.



mfg
schwedenmann
 
Wie wird heutzutage der Zar Uwan der Schreckliche gesehen?

Als Moderniesierer Rußlands ?
Als Despot, und /oder Person mit patogenen Zügen ?

Iwan war ja wohl eine vielschichtige Person: gebildet, clever aber zugleich jähzornig, grausam und hatte zu keinem Vertrauen, außgenommen seiner 1. Ehefrau.

Folgt man der Darstellung von de Madadriaga zu Ivan IV, dann kommt sie zu folgendem Urteil:

"The confusion which still exists over the interpretation of Ivan`s reign provides one of the most obvious example of the nefarious influence of ideology over historical writing." (S. 367).

Mit anderen Worten, es ist selten jemand so durch ideologische Brillen verzerrt dargestellt worden.

Für eine angemessene, neutrale Würdigung der Persönlichkeit von Ivan IV ist es sicherlich notwendig, ihn immament zu sehen. Dazu gehören unter anderem die generelle Bedeutung einer brutalen machiavellistischen Machtpoltik, den Einfluss der Kirche und den Herausforderungen der zentrifugalen Kräfte eines Gebietes, ohne klare geographische Barrieren.

Und seine Rolle als "Modernisierer", auch im Sinne von M. Weber, kann man beurteilen, wenn man die Nachfolger und ihre Politik im Lichte der Vorarbeiten von Ivan IV beurteilt. Ein Peter d. G. und die petrinischen Reformen, fortgesetzt durch eine Katharina d.G. wäre wohl nicht denkbar gewesen, hätte es das integrative und zentralisierende Wirken von Ivan IV nicht gegeben.

Ivan the Terrible - Isabel de Madariaga - Google Books

In diesem Sinne ist es relevant, Ivan IV vor dem Hintergrund der Probleme seiner Epoche und den spezifischen Bedingungen in Russland zu verstehen, um ihn überhaut beurteilen zu können.
 
Zuletzt bearbeitet:
Folgt man der Darstellung von de Madadriaga zu Ivan IV, dann kommt sie zu folgendem Urteil:

"The confusion which still exists over the interpretation of Ivan`s reign provides one of the most obvious example of the nefarious influence of ideology over historical writing." (S. 367).

Mit anderen Worten, es ist selten jemand so durch ideologische Brillen verzerrt dargestellt worden.
..

Thane,

so wie ich es verstehe, bezieht sich Madariaga hier im Besonderen auf das propagierte Geschichtsbild des Ivan IV während der Stalinzeit.

Allerdings stimmen die Seiten unserer Bücher nicht überein.
in meinem Buch ist die Seite 367 der Anfang des (Kapitels) Chapter XXII : Ivan´s Legacy to Russia.

Was mich bei der Ivan-Story.. (sorry für die Flapsigkeit) von Isabel de Madariaga besonders beindruckt hat:
Die Mutter lässt, nach dem unerwarteten Tod des Vaters Basil III, mit Hilfe ihrer vorhandenen Beziehungen, die Verwandtschaft systematisch ermorden, um den Spross nach oben zu bringen.
(Es wäre eine interessante Frage, ob dies im Rahmen einer "normativen Kraft des Faktischen" geschah .. :devil:)
Was mich auch erstaunt hat, ist die Beschreibung des jungen Ivan, durch Madariaga, als Tierquäler.
Folgt man ihrem Buch, dann hat Ivan als Kind und Jugendlicher daran Gefallen gefunden, Kleintiere auf einen Kremlturm zu schleppen, diese herabzuwerfen und zu sehen wie diese zerschellten.

Jedenfalls ein sehr interessantes Buch..
aber mei, die Kunst ist lang, und kurz ist unser Leben.

Grüße hatl
 
so wie ich es verstehe, bezieht sich Madariaga hier im Besonderen auf das propagierte Geschichtsbild des Ivan IV während der Stalinzeit.l

Auch, aber das Bild ist insgesamt diesen Schwankungen unterworfen gewesen. Auch der Interpretation während der Zeit der Sowjetunion.

Darüberhinaus ist es aber auch die - ideologisch verkürzte - Sichtweise nicht auf Ivan IV, sondern auf "Ivan den Schecklichen", die auch im "Westen" zu einer distanzierten Wahrnehmung Russlands geführt hat.

Das hat lange den "unverzerrten" Blick auf Ivan IV versperrt und es ist erfreulich, dass differenzierte Darstellungen in der Zwischenzeit erfolgt sind.

Allerdings stimmen die Seiten unserer Bücher nicht überein. In meinem Buch ist die Seite 367 der Anfang des (Kapitels) Chapter XXII : Ivan´s Legacy to Russia.l

Doch, sie sind identisch, da ich mich genau auf dieses Kapitel bezogen habe, um auf die Ausdeutung der historischen Person für Russland bzw. die Sowjetunion zu verweisen.

Die Mutter lässt, nach dem unerwarteten Tod des Vaters Basil III, mit Hilfe ihrer vorhandenen Beziehungen, die Verwandtschaft systematisch ermorden, um den Spross nach oben zu bringen. l

Madariaga verweist aber auch auf den historischen Kontext, dass in Europa insgesamt ein Zeitalter der "Gewalt" herrschte. In diesem Sinne wird man einen Teil der Gewalt als "normal", für die damaligen Verhältnisse in Europa, einen Teil als zur spezifischen russischen Kultur ghörig, die noch ein wenig gewaltbereiten ist (ohne klischeehaft werden zu wollen), und einen Teil als spezifische Persönlichkeitsmerkmale (pathologisches Verhalten) ansehen können.

n als Kind und Jugendlicher daran Gefallen gefunden, Kleintiere auf einen Kremlturm zu schleppen, diese herabzuwerfen und zu sehen wie diese zerschellten.

Das mag richtig sein. Unter biographischen Gesichtspunkten sicherlich ein relevanter Aspekt. Für das Verständnis seiner Rolle für die Entwicklung von Russland sind diese "Jugendsünden" eher irrelevant, wie bei Madariaga auch zu sehen. Relevanter ist da das System der "Opritschnina".
 
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Wie wird heutzutage der Zar Uwan der Schreckliche gesehen?

Als Moderniesierer Rußlands ?
Als Despot, und /oder Person mit patogenen Zügen ?

Iwan war ja wohl eine vielschichtige Person: gebildet, clever aber zugleich jähzornig, grausam und hatte zu keinem Vertrauen, außgenommen seiner 1. Ehefrau.

Zar Iwan IV. wird im allgemeinen als Begründer des modernen Russlands angesehen. Er reformierte das Heer und das Gerichtswesen, eroberte die letzten Tatarenkhanate Astrachan und Kasan und öffnete Russland Richtung Sibirien, Kaukasus und Schwarzem Meer - auch wenn ihm die Niederwerfung des Krim-Khanats noch nicht gelang, das unter osmanischer Oberherrschaft stand. Insofern kann man zu recht sagen, dass Iwan IV. das Fundament des russischen Imperiums legte.

Was Iwan den "Schrecklichen" betrifft, so sind seine Terrormaßnahmen gegenüber der russischen Bevölkerung - vor allem in der zweiten Hälfte seiner Regierungszeit - gut dokumentiert und werden von den meisten Historikern entsprechend gewürdigt. Inwieweit diese Verdüsterung des Charakters auf die Grausamkeit zurückzuführen ist, mit der ihn die herrschsüchtigen und raffgierigen Bojaren in seiner Jugend behandelten, ist schwer zu sagen. Bei einer Gesamtwürdigung müssen jedoch Iwans IV. machtpolitische Erfolge und seine grausamen Maßnahmen gegenüber der Bevölkerung in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Iwan lediglich als einen "Psychopathen" abzutun, greift auf jeden Fall zu kurz.
 
Iwan IV.

Hallo ihr Lieben,

ich habe mal wieder eine Frage, die mich auf der Seele liegt.
Ich möchte gerne wissen, ob ich da richtig liege mit meinen Gedanken an den
Iwan IV., auch der Schreckliche genannt.
Soviel ich weiß, verlor er früh seinen Vater und er wuchs bei seiner Mutter, die Regentin war, im Kreml auf.
Familienangehörige trachteten nach den Thron, doch alle Thronprätendenten wurden so nach und nach hingerichtet.
Als er auch früh seine Mutter verlor (man nimmt an, dass sie vergiftet wurde), gelang der Junge unter der Obhut der Bojaren. Doch hatte er ein hartes Leben und wurde mehr gequält als er Zuneigung empfing. Schon früh wurde er zum Großfürst ernannt, und mit 16 Jahren zum Zaren gekrönt (bei der Zeremonie soll er angeblich mit Goldmünzen überschüttet worden sein). Als Zar begann er sich an den Bojaren zu rächen.
Er heiratete Annastasia, eine Tochter aus dem Hause Romanow.
Iwan soll eine sehr unruhige Zeit mit Kriegen verbracht haben, die ihm wohl sehr zermürbten. Angeblich soll er einen Briefwechsel mit einem Andrej Kurzky geführt haben, der ihm enttäuscht hatte. Kurzky (kann sein, das der Name falsch geschrieben ist?) hatte sich vom Zaren abgewandt aus dem Grunde dass Iwan zu einer Bestie geworden sei und sadistische Züge an den Tag legte. Immer fühlte sich Iwan verraten - und ein Verdacht reichte schon aus, um eine Todesstrafe zu verhängen.
Der Historiker Andreas Kappeler zweifelt diesen Briefwechsel an. Er ist eher der Meinung es seien Fälschungen. Er, der Zar sollte sich zu einem Briefwechsel mit jemanden eingelassen haben, der ihm verriet?

Was ist überhaupt historisch belegt?
Oder wird das Leben des Iwan IV. nur übertrieben dargestellt? Er soll unter Kontrollverlust gelitten haben. Schon bei den kleinsten Vorkommnissen z. B. seine Schwiegertochter sei nach seinem Ermessen unpassend gekleidet, soll er übermäßig zornig gewesen sein.

I-wie beschäftigt mich diese "Geschichte".

Könnt ihr mir evtl. bitte ein Buch empfehlen, welches mir mehr über diese Person Wissen verschafft?

LG Monika
 
Leider kenne ich mich mit Iwan dem Schrecklichen (1530–1584) zu wenig aus, um dir da ein vernünftiges Buch empfehlen zu können.

Ich habe irgendwo einmal gelesen, dass seine Entscheidung eine Bojarentochter (also die Tochter eines seiner "Untertanen") zu heiraten, keineswegs freiwillig war, sondern notwendig, nachdem es ihm nicht gelungen war, eine Eheverbindung mit einem "europäischen" Herrscherhaus zustande zu bringen. (Offensichtlich erwies sich hier die Religion als wesentliches Hindernis.)

Was seine Schreckensherrschaft betrifft, so dürfte sie vor allem den Adel betroffen haben. Hier wäre vielleicht die Frage zu stellen, inwieweit es sich dabei um einen Machtkampf zwischen Herrscher und Adel gehandelt hat, und ob sich da nicht auch Parallelen zum 15. und 16. Jahrhundert ergeben.
 
Ich spreche leider kein Russisch, aber "der Schreckliche" ist eigentlich eine inadequate Übersetzung. "Der Angst einflösende", Der "Strenge wären zutreffender. Menschen in politischen Führungspositionen sind selten menschlich sympathische Zeitgenossen. Wäre es Iwan IV. gewesen, er hätte sich wohl kaum halten können. Er verlor früh seinen Vater und erlebte als Kind, ganz ähnlich wie auch Peter der Große Palastintrigen und Bojarenverschwörungen.

Ähnlich wie Peter engagierte Iwan Fachkräfte aus Westeuropa, Hanseatische Kaufl- Bergleute, Minen- und Eisenhütteninspektoren hatten schon vor Iwans Geburt die Nemezkaja Sloboda, die Deutsche- oder Ausländervorstadt, die später Peter I. so gut gefiel. Nach dem Vorbild der Janitscharen stellte Iwan IV. die Truppe der Strelitzen auf, die erst Peter zerschlug und auflöste. Ausländer, mit denen orthodoxe Russen eigentlich keinen Kontakt pflegen durften, konnten in der Ausländervorstadt ihre Religion praktizieren. Nach Rückschlagen gelang es Iwan IV., Kasan zu erobern. Bedeutender noch, als die russische Expansion nach Kasan war langfristig der Beginn der Eroberung und Erschließung Sibiriens durch die Stroganows und den Ataman der Kosaken Jermak.
 
Was ist überhaupt historisch belegt?
Oder wird das Leben des Iwan IV. nur übertrieben dargestellt? Er soll unter Kontrollverlust gelitten haben. Schon bei den kleinsten Vorkommnissen z. B. seine Schwiegertochter sei nach seinem Ermessen unpassend gekleidet, soll er übermäßig zornig gewesen sein.

I-wie beschäftigt mich diese "Geschichte".

Könnt ihr mir evtl. bitte ein Buch empfehlen, welches mir mehr über diese Person Wissen verschafft?

LG Monika

Iwan war wohl ein innerlich sehr zerrissener Mensch. Er soll einerseits sehr gebildet und religiös, andererseits aber auch krankhaft misstrauisch, jähzornig, manchmal auch wankelmütig gewesen sein. In den ersten Jahren seiner Herrschaft stand er wohl unter dem positiven Einfluss seiner Ehefrau. Nach deren Tod versuchte er, eine Prinzessin aus dem polnischen, schwedischen oder englischen Königshaus zu heiraten, was ihm jedoch von den dortigen Höfen verweigert wurde. Iwan hat das wohl als sehr demütigend empfunden.
Er beschäftigte sich wohl auch immer wieder mit dem Plan, abzudanken und Russland zu verlassen. Es sollen Geheimverhandlungen mit England stattgefunden haben, ob Iwan evtl. dort Asyl bekommen könne. Tatsächlich hat Iwan wohl zumindest zweimal seinen Hof verlassen und konnte nur durch hohe Überredungskunst zur Rückkehr gebracht werden. Dies können aber auch taktische Machtspielchen gewesen sein. Falls sie es waren, waren es aber für ihn höchst gefährliche.

Politisch neigte Iwan wohl zur großen Strenge. Er richtete in Teilen Russlands die Opricnina ein, eine Art Hausmacht in der er eine Terrorherrschaft errichtete. Es existierte dort eine eigene Armee, die ziemlich grausam mit Gegnern des Zaren umging. Die Botschaft lautete wohl, man solle es nicht wagen, die Autorität des Zaren in Frage zu stellen.

In wie weit das alles historisch gesichert ist, kann ich nicht sagen. Ich habe dieses Wissen hauptsächlich aus "Hans-Joachim Torke, Die russischen Zaren".

Es kam wohl immer wieder zu grausamen Hinrichtungen von politischen Gegnern. Einer dieser Blutorgien im Jahr 1570 hat er wohl selbst beigewohnt. Dies sei bemerkenswert, da lt. den Informationen aus obigem Buch in der altrussischen Gesellschaft Hinrichtungen durch zu Tode Quälen nicht üblich gewesen seien. Zumindest sah es die Rechtsordnung nicht vor. Man muss jedoch entgegenhalten, dass in anderen europäischen Ländern, die aus russischer Sicht als fortschrittlich galten wie dem HRR, Frankreich und England Hinrichtungen durch Vierteilung, Verbrennen, zu Tode Sieden usw. damals durchaus nicht unüblich waren. Vielleicht waren diese Strafen also einfach eine "Modernisierung".

Sein Jähzorn dürfte durchaus historisch sein, so prügelte er nicht nur seine schwangere Schwiegertochter bis sie eine Fehlgeburt erlitt sondern erschlug auch seinen Sohn und Thronfolger, was sicherlich nicht in seinem politischen Interesse lag. Thronfolger wurde danach sein anderer Sohn, ein Kretin, was seine Dynastie beendete.

Andererseits hat auch Peter der Große seinen Sohn Alexei zu Tode foltern lassen und legte wohl bei Hinrichtungen sogar persönlich Hand an, was bei Iwan eher unwahrscheinlich ist. Und ihn nennt man den Großen und nicht den Schrecklichen.
 
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