Juden- bzw. Christenverfolgung unter Domitian

Sepiola

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Eusebius von Caesarea schrieb:
19. Auf des Domitian Befehl, die Nachkommen Davids hinzurichten, sollen nach einem alten Berichte einige Häretiker die Nachkommen des Judas, eines leiblichen Bruders unseres Erlösers, angezeigt haben mit dem Bemerken, sie stammen aus dem Geschlechte Davids und seien mit Christus selbst verwandt, Hegesippus berichtet darüber wörtlich also:

20. „Noch lebten aus der Verwandtschaft des Herrn die Enkel des Judas, der ein leiblicher Bruder des Herrn gewesen sein soll. Diese wurden als Nachkommen Davids gerichtlich angezeigt. Ein Evokatushttp://www.unifr.ch/bkv/kapitel49-19.htm#1 führte sie vor Kaiser Domitian. Denn gleich Herodes fürchtete sich dieser vor der Ankunft Christi. Domitian fragte jene, ob sie von David abstammen. Sie bestätigten es. Sodann fragte er sie nach dem Umfange ihrer Besitzungen und nach der Größe ihres Vermögens. Sie antworteten, sie besäßen beide zusammen nur 9000 Denare, und davon gehöre jedem die Hälfte. Aber auch dieses Vermögen bestünde — so fügten sie bei — nicht in Geld, sondern im Werte eines Feldes von nur 39 Morgen, die sie mit eigener Hand bewirtschafteten, um davon die Steuern zu zahlen und ihren Lebensbedarf zu decken. Hierauf zeigten sie ihm ihre Hände und bewiesen durch die Härte ihrer Haut und durch die Schwielen, welche sie infolge ihrer angestrengten Arbeit an ihren Händen trugen, daß sie Handarbeiter waren. Als man sie über Christus und über die Art, den Ort und die Zeit seines Reiches fragte, antworteten sie, dasselbe sei nicht von dieser Welt und dieser Erde, es sei vielmehr ein himmlisches und englisches Reich, das erst am Ende der Welt kommen werde, wenn Christus in Herrlichkeit erscheinen wird, um die Lebenden und die Toten zu richten und jedem nach seiner Gesinnung zu vergelten. Daraufhin verurteilte sie Domitian nicht, sondern verachtete sie als gemeine Leute. Er setzte sie in Freiheit und befahl, die Verfolgung der Kirche einzustellen. Sie aber erhielten nach der Freilassung, da sie Bekenner und Verwandte des Herrn waren, führende Stellungen in der Kirche. Nachdem Frieden geworden war, lebten sie noch bis Trajan.“ So berichtet Hegesippus.
http://www.unifr.ch/bkv/kapitel49-18.htm
BKV

Soweit Eusebius von Caesarea bzw. Hegesippus.
Was davon ist glaubwürdig?
Die Juden hatte Domitian ja anscheinend auf dem Kieker:

Sueton schrieb:
Vorzüglich hart wurde die Beitreibung der Judensteuer gehandhabt. Man denunzierte beim Fiskus sowohl die, welche, ohne sich als Juden zu bekennen, nach jüdischer Weise lebten, als die, welche durch Verheimlichung ihrer Abstammung sich der Zahlung der ihrem Volke auferlegten Steuer zu entziehen versucht hatten. Ich erinnere mich, als ganz junger Mensch zugegen gewesen zu sein, als vor dem Prokurator und einem zahlreich versammelten Kollegium ein neunzigjähriger Greis sich besichtigen lassen muße, ob er beschnitten sei!
Suetonius Tranquillus, Gaius, Biographien, Die zwölf Caesaren, Titus Flavius Domitianus - Zeno.org
Cassius Dio schrieb:
Und im gleichen Jahr ließ Domitian neben vielen anderen den Konsul Flavius Clemens hinrichten, obwohl er sein Vetter war und Flavia Domitilla, ebenfalls eine Verwandte des Kaisers, zur Frau hatte.
Beiden wurde Atheismus zum Vorwurf gemacht, weshalb auch viele andere, die sich in jüdische Lebensformen hineintreiben ließen, Verurteilung erfuhren. Einige von ihnen wurden hingerichtet, andere nur ihres Vermögens beraubt; Domitilla mußte lediglich in die Verbannung nach Pandataria gehen.​
Lexikon :: bibelwissenschaft.de

Was ist von dem angeblichen Befehl "die Nachkommen Davids hinzurichten" zu halten?
Dass Domitian einen zweiten jüdischen Aufstand (unter einem Messias / "Sohn Davids") fürchtete, wäre schon denkbar. Die Eliminierung aller Davidnachkommen wäre ein radikales Mittel der Vorbeugung. Aber wirklich realistisch?
Wie realistisch ist die Darstellung überhaupt?
Zwei Bauern werden angezeigt. Der Fall wird aber nicht von den lokalen Behörden abgehakt, sondern die Bauern werden vor den Kaiser geführt. Der leitet die Untersuchung persönlich. Die beiden Bauern geben zu, Nachkommen Davids zu sein. Sie erwarten auch einen Messias: Der soll vom Himmel mit einem Engelsheer daherfahren. Da lässt der Kaiser die beiden Bauern frei. Nicht nur das: Die ganze Christenverfolgung wird abgeblasen.

Was mir auch nicht ganz klar ist:
Waren die Christen nur als jüdische Sekte von den Maßnahmen betroffen?
Oder gab es gezielt Maßnahmen gegen Christen?
 
Was mir auch nicht ganz klar ist:
Waren die Christen nur als jüdische Sekte von den Maßnahmen betroffen?
Oder gab es gezielt Maßnahmen gegen Christen?
Ich glaube nicht, dass die Römer zu dieser Zeit wirklich den Unterschied zwischen Christen und Juden im Detail kannten. Bei Domitian wäre es möglich, dass Flavius Josephus, der den Flavier-Kaisern sehr nahe stand ihm erläuterte woran Christen glaubten. Vater und Bruder des Kaisers hatten Erfahrung mit dem verbissenen Freiheitswillen des jüdischen Volkes gemacht und wussten ,dass ihnen ihr Gott über alles ging.
Domitian war der erste Imperator, der sich offiziell mit Herr und Gott anreden ließ. Das dürfte weder Juden noch Christen leicht über die Lippen gekommen sein und musste zum Konflikt führen. Schon unter Caligula war es fast zur Revolte in Judea gekommen, als dieser seine Statue im Tempel von Jerusalem aufstellen lassen wollte und göttliche Anbetung für sich beanspruchte.

Domitianus war bestrebt die alten römischen, religiösen Gesetze wieder durchzusetzen (Todesstrafe durch lebend einmauern für unkeusche Vestalinnen etc.) und stand offenbar fremden Kulten sehr ablehnend gegenüber. Auch ließ er die Philosophen, ebenso wie sein Vater Vespasian verfolgen da sie, seiner Ansicht nach das Volk verwirrten.

Flavius Clemens und Domitilla waren als einzige nahe Verwande eine ständige oder eingebildete Bedrohung für den an Verfolgungsängsten leidenden Kaiser, der keine leiblichen Kinder hatte. Möglicherweise war die Anklage wegen jüdischer Lebensweise nur ein Vorwand um sie loszuwerden.
 
Von außen betrachtet war der Unterschied wahrscheinlich gar nicht so groß, da auch das Judentum ein sich ausbreitender Kult war, der unterschiedliche Sympathiesanten und Proselyten unter Römern, Griechen usw. anzog, die sich wie Cassius Dio es ausdrückte "in jüdische Lebensformen hineintreiben ließen".

Eusebius von Caesarea lebte 200 Jahre später und war ein Kirchenvater und daher entsprechend tendenziös. Die Geschichte um die Nachfahren des Judas, die als einfache Handwerker von Domitian verschont wurden, klingt für mich eher wie eine schwankhafte Legende, auch wenn er scheinbar eine ältere, heute verlorene Quelle (Hegesippus) zitiert.
 
Ich glaube nicht, dass die Römer zu dieser Zeit wirklich den Unterschied zwischen Christen und Juden im Detail kannten. Bei Domitian wäre es möglich, dass Flavius Josephus, der den Flavier-Kaisern sehr nahe stand ihm erläuterte woran Christen glaubten. Vater und Bruder des Kaisers hatten Erfahrung mit dem verbissenen Freiheitswillen des jüdischen Volkes gemacht und wussten ,dass ihnen ihr Gott über alles ging.
Domitian war der erste Imperator, der sich offiziell mit Herr und Gott anreden ließ. Das dürfte weder Juden noch Christen leicht über die Lippen gekommen sein und musste zum Konflikt führen.

Wenn es um die Anrede ging: Es werden wohl die wenigsten Juden und Christen in die Verlegenheit gekommen sein, den Kaiser anreden zu müssen.
Am ehesten hätten Leute wie Flavius Josephus Schwierigkeiten bekommen.
Oder Flavius Clemens und Domitilla - falls der Vorwurf der "jüdischen Lebensformen" begründet war.

(Oder eben die Enkel des Judas. Falls an der Legende überhaupt was dran sein sollte.)
 
Wenn es um die Anrede ging: Es werden wohl die wenigsten Juden und Christen in die Verlegenheit gekommen sein, den Kaiser anreden zu müssen.
Nach dem jüdischen Krieg waren eine große Menge Juden als Sklaven nach Rom gekommen. Die Wahrscheinlichkeit, dass auch einige im kaiserlichen Haushalt lebten und z.B. als Schreiber oder Sekretäre tätig waren ist nicht so klein. Es dürfte auch zu Problemen gekommen sein wenn es um Opfer an die göttlichen Flavier ging oder eine Eidesformel, in die der Herr und Gott eingeschlossen werden musste. Domitian verhörte auch persönlich Personen, die der Plasphemie oder Majestätsbeleidigung beschuldigt waren. So ließ er z.B. Apollonius von Tyana (galt eine Zeit lang als eine Art 2. Jesus), der u.A. wegen Zauberei und Beleidigung einer Statue des Kaisers angeklagt war vor sich bringen und sprach auch mit ihm.
Josephus besaß bei Domitian nicht mehr die gleichen Privilegien wie unter dessen beiden Vorgängern. Das könnte auch an der Abneigung des Kaisers gegenüber der Juden gelegen haben.
 
Es dürfte auch zu Problemen gekommen sein wenn es um Opfer an die göttlichen Flavier ging
Ich dachte, den Juden wurden solche Opfer erlassen. Auf Anhänger einer "religio licita" nahm man gewisse Rücksichten.
Auch die Christen hatten das Problem nicht, solange sie noch als jüdische Sekte galten. Das änderte sich erst unter Trajan.

Domitian verhörte auch persönlich Personen, die der Plasphemie oder Majestätsbeleidigung beschuldigt waren. So ließ er z.B. Apollonius von Tyana (galt eine Zeit lang als eine Art 2. Jesus), der u.A. wegen Zauberei und Beleidigung einer Statue des Kaisers angeklagt war vor sich bringen und sprach auch mit ihm.
Ist das nicht auch nur eine Legende?

Josephus besaß bei Domitian nicht mehr die gleichen Privilegien wie unter dessen beiden Vorgängern.
Wo steht das?
An einer Stelle schreibt Flavius Josephus, Domitian habe ihm noch mehr Ehren erwiesen als zuvor Titus.
When Domitian1770 succeeded Titus, he further increased the honors towards me. For example, he disciplined the Judeans who had accused me, and he ordered that a eunuch slave and tutor of my son who had accused me1771 be disciplined. He also gave me tax exemption1772 for my territory in Judea, which is the greatest honor for the recipient.1773 And Domitia,1774 the wife1775 of Caesar, continued benefiting me1776 in many ways.
PACE - The Life of Josephus
deutsch
 
Ich dachte, den Juden wurden solche Opfer erlassen. Auf Anhänger einer "religio licita" nahm man gewisse Rücksichten.
Auch die Christen hatten das Problem nicht, solange sie noch als jüdische Sekte galten. Das änderte sich erst unter Trajan.
Das stimmt zwar aber es gab deshalb häufig Probleme mit Kaisern, die als Gott verehrt werden wollten. Als Philon von Alexandria vor Caligula stand erhielt er von diesem heftige Vorwürfe ,dass die Juden in ihm nicht die Göttlichkeit wahrnahmen. Er sagte, dass es wohl nicht die Boshaftigkeit sondern die Dummheit dieses Volkes sei ,diese nicht zu erkennen.
Ist das nicht auch nur eine Legende?
Kann Legende, kann aber auch Wahrheit sein(ebenso wie die Jesusgeschichte). Phillostratos schrieb über das Leben des Apollonius im Auftrag der Kaiserin Julia Domna. Was davon Wahrheit und wasLlegende ist, werden wir wohl heute nicht mehr feststellen können.

Muss ich erst suchen, kann aber auch sein, dass ich das falsch in Erinnerung habe.
 
Das stimmt zwar aber es gab deshalb häufig Probleme mit Kaisern, die als Gott verehrt werden wollten. Als Philon von Alexandria vor Caligula stand erhielt er von diesem heftige Vorwürfe ,dass die Juden in ihm nicht die Göttlichkeit wahrnahmen.
Caligula war wohl besonders rücksichtslos.
Die Frage ist, ob sich das auch für die Flavier belegen lässt.

Kann Legende, kann aber auch Wahrheit sein(ebenso wie die Jesusgeschichte).
Bei beiden Geschichten ist zu unterscheiden zwischen historischem Kern und Fiktion.

Eine Legende zur Überprüfung einer anderen Legende heranzuziehen, ist vielleicht nicht ganz das geeignete Verfahren zur Wahrheitsfindung. So war mein Eiinwand gemeint.

Phillostratos schrieb über das Leben des Apollonius im Auftrag der Kaiserin Julia Domna.
Das wird ihn nicht davon abgehalten haben, seinen Helden bei Kaisers ein- und ausgehen zu lassen. Im Gegenteil: Apollonius trifft der Reihe nach Nero, Vespasian, Titus, Domitian...
 
Ich glaube nicht, dass die Römer zu dieser Zeit wirklich den Unterschied zwischen Christen und Juden im Detail kannten. Bei Domitian wäre es möglich, dass Flavius Josephus, der den Flavier-Kaisern sehr nahe stand ihm erläuterte woran Christen glaubten. Vater und Bruder des Kaisers hatten Erfahrung mit dem verbissenen Freiheitswillen des jüdischen Volkes gemacht und wussten ,dass ihnen ihr Gott über alles ging.
Domitian war der erste Imperator, der sich offiziell mit Herr und Gott anreden ließ. Das dürfte weder Juden noch Christen leicht über die Lippen gekommen sein und musste zum Konflikt führen. Schon unter Caligula war es fast zur Revolte in Judea gekommen, als dieser seine Statue im Tempel von Jerusalem aufstellen lassen wollte und göttliche Anbetung für sich beanspruchte.

Domitianus war bestrebt die alten römischen, religiösen Gesetze wieder durchzusetzen (Todesstrafe durch lebend einmauern für unkeusche Vestalinnen etc.) und stand offenbar fremden Kulten sehr ablehnend gegenüber. Auch ließ er die Philosophen, ebenso wie sein Vater Vespasian verfolgen da sie, seiner Ansicht nach das Volk verwirrten.

Flavius Clemens und Domitilla waren als einzige nahe Verwande eine ständige oder eingebildete Bedrohung für den an Verfolgungsängsten leidenden Kaiser, der keine leiblichen Kinder hatte. Möglicherweise war die Anklage wegen jüdischer Lebensweise nur ein Vorwand um sie loszuwerden.

Das frühe Christentum machte in Speise- und Reinheitsgeboten Zugeständnisse in der Heidenmission, dennoch dürften in vielen christlichen Gemeinden Mitglieder aus Palästina und Kleinasien die mit dem Judentum vertraut waren einen großen Anteil gehabt haben. Eine deutliche Zäsur, an der sich die Wege der beiden monotheistischen Religionen trennten, war die Zerstörung des Tempels 70 n. Chr., und die traditionelle Tempelsteuer die von allen Juden in Israel und Diasporagemeinden in Kleinasien, Ägypten und Kyrene zum Unterhalt des tempels eingezogen wurde, musste seit den Flaviern an den römischen Staat abgeführt werden. Domitian war berüchtigt dafür, diese Steuer besonders rigoros einzuziehen. Sueton erwähnt eine Geschichte, dass ein älterer Mann, ein Jude, dazu gezwungen wurde, seine Geschlechtsteile inspizieren zu lassen. Als Kriegsgefangene gelangten viele juden in die Provinzen und auch nach Italien, es sollen soviele gewesen sein, dass der Preis für Sklaven stark sank. judäa galt seit langem als eine unruhige, oft aufständische Provinz, und das mag durchaus zu einer Art antikem Antisemitismus geführt haben. In Kyrene und Ägypten gab es zur Zeit Trajans gewaltztätige Konflikte zwischen Griechen und Juden. Bei den schon erwähnten Persönlichkeiten aus dem Kaiserhaus, hält man es zumindest für denkbar, dass Flavius Clemens es möglicherweise war, doch ist zumindest fraglich, dass das der Grund für dessen Exekution war. Christenverfolgungen unter Domitian erwähnen Laktanz, Eusebius und Orosius, die 200 Jahre später und tendenziös schreiben. Als Beleg für christen- und judenfeindliche Maßnahmen durch Domitian wird häufig die Appokalypse des Johannes angeführt (Apk 12, 11, Apk 13), die in die Zeit Domitians datiert wurde.
Es sind allerdings Zweifel daran entstanden, dass die Apk zur Zeit Domitians entstand, Th. Witulski datierte sie in die Zeit Hadrians.

Domitian hatte die Pflege des rechtswesens auf seine Fahnen geschrieben, und Sueton gab zu, dass es ihm gelang die Korruption einzuschränken. Jedenfalls war er bekannt dafür, dass er gerne Verordnungen und Gesetze erließ, u. a. eines, dass den Weinbau in Italien zugunsten von Nahrungsmitteln einschränken sollte- übrigens heute noch ein thema italienischer Landwirtschaftspolitik. Gesetze oder Verordnungen gegen das Christentum hat Domitian anscheinend keine hinterlassen. Plinius der Jüngere hätte sich dann nicht an trajan´wenden müssen, um sich Klarheit darüber zu verschaffen, wie mit Christen zu verfahren sei.

Die Antwort des Kaisers war widersprüchlich, es sollte nicht gefahndet werden, man hielt sie für harmlos, waren sie aber akllzu stur oder glaubensfest, konnten sie trotzdem exekutiert werden.

Tertullian, der im 3. Jahrhundert schrieb, kritisiert in seiner Verteidigungsschrift des Christentums gerade die Widersprüchlichkeit. Er tut so, als gäbe es Gesetze, die das Christentum verbieten, und er behauptet in Apologeticum Nero habe ein Edikt erlassen, das Christsein mit Todesstrafe bedrohte.
Insgesamt muss die Christenverfolgung des Nero zwar bruatal, aber auch ziemlich planlos verlaufen sein, und von einer gezielten Christenverfolgung gibt es unter Domitian keine Belege, auch wenn fast alle Quellen das Unwesen eines Spitzelapparates unter Domitian erwähnen.

ich halte es eher wahrscheinlicher, dass Domitian keine Maßnahmen, Fahndungen etc, gezielt gegen Christen angeordnet hat, denn dann hätte sie sich auch in Edikten, Maßnahmen, Exekutionen gegen Christen niedergeschlagen. Plinius konnte anscheinend auf keine früheren Verordnungen zurückgreifen, sondern musste sich an Trajan wenden.
 
Gesetze oder Verordnungen gegen das Christentum hat Domitian anscheinend keine hinterlassen.

Was ist vom "Befehl, die Nachkommen Davids hinzurichten" zu halten?
Hegesipp hat sich 60 Jahre nach Domitian auf die Suche nach Überliefungen gemacht. Wäre es möglich, dass hinter dieser Legende noch ein historischer Kern steckt?
 
Was ist vom "Befehl, die Nachkommen Davids hinzurichten" zu halten?
Hegesipp hat sich 60 Jahre nach Domitian auf die Suche nach Überliefungen gemacht. Wäre es möglich, dass hinter dieser Legende noch ein historischer Kern steckt?

Kommt natürlich drauf an, wen Du fragst.;) Wie Du Dir denken kannst, habe ich z. B. keine Probleme, einen historischen Kern der Geschichte anzunehmen. Domitians Herrschaftszeit liegt so ziemlich i. d. Mitte zw. den beiden jüdischen Kriegen. M. E. ist es gut möglich, dass Domitian und seine Beamten die jüdische Szene scharf beobachteten und versuchten potentielle jüdische Aufstandsführer - erst recht jene, die als Davididen im Volk messianische Stellung erlangen könnten - einzukassieren und zu verhören.
 
Kommt natürlich drauf an, wen Du fragst.;) Wie Du Dir denken kannst, habe ich z. B. keine Probleme, einen historischen Kern der Geschichte anzunehmen.
Oh, dann können wir mal gelegentlich über den historischen Kern von Indienreisen (Apollonius, Jesus) diskutieren! :winke:

M. E. ist es gut möglich, dass Domitian und seine Beamten die jüdische Szene scharf beobachteten und versuchten potentielle jüdische Aufstandsführer - erst recht jene, die als Davididen im Volk messianische Stellung erlangen könnten - einzukassieren und zu verhören.

D. h. eine Anweisung, ein scharfes Auge auf potentielle Messiasse zu haben. Nicht eine Anweisung, Davids Nachkommenschaft auszurotten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Oh, dann können wir mal gelegentlich über den historischen Kern von Indienreisen (Apollonius, Jesus) diskutieren! :winke:
Brauchen wir nicht:winke:, denn zum ollen Apollonius fehlt mir jedes Wissen; und zu Jesus: Ich wüsste nicht, wann Jesus nach seiner Taufe Zeit gehabt haben soll, nach Indien zu reisen. Ich weiß nicht mal, welche Quellen von einer Indienreise Jesu erzählen (irgendwelche gnostischen?).
Wahrscheinlich sollte man diese Quellen mit einem Hegesippus, den der nicht allzu märchen-verliebte Eusebius würdig erachtete zu zitieren, nicht auf eine Stufe stellen. Falls Du beide Erzählungen für gleich glaubwürdig bzw. gleich unglaubwürdig hältst, dann würde das meiner Meinung nach von einem sehr schlechten historischen Urteilsvermögen zeugen. Ich schätze aber, Du selbst hältst beides nicht einmal für gleich unglaubwürdig, denn Du hättest im Forum bestimmt nie ernsthaft die Frage gestellt, ob die Indienreise Jesu einen historischen Kern hat oder nicht.


D. h. eine Anweisung, ein scharfes Auge auf potentielle Messiasse zu haben.
Ja, über diesen Weg kann ich mir zumindest eine Begegnung zw. jenen Herrenverwandten und Domitian vorstellen (nach dem Motto: ein Kaiser, der die rebellische Unbeständigkeit der Juden kennt, interessiert sich aus polit. Vorsicht nicht nur generell für potentielle Messiasse aus der Nachkommenschaft Davids, sondern im Speziellen auch für eine Bewegung, die sich auf einen bestimmten Davididen als Messias beruft, der wiederkommen soll und das Reich Gottes errichtet. Unter diesen Messias-Anhängern werden davididische Verwandte des Messias ausfindig gemacht und der Kaiser lässt diese zu sich bringen, um jenen "Reichs-Phantasien" auf den Grund zu gehen. Als die Verhörten ihm ihre beschaulichen Lebensverhältnisse darlegen, ihre Schwielen vorzeigen, die von Feldarbeit und nicht von polit. Konspiration zeugen, und dann noch erklären, das Reich Christi sei gar nicht von dieser Welt, also kein irdisches Reich, sondern ein himmlisches, hält der Kaiser sie für spinnerte religiöse Idealisten und schickt sie beruhigt weg. Lächerlich diese Typen, aber ungefährlich - und das zählt.

Nicht eine Anweisung, Davids Nachkommenschaft auszurotten.
Eusebius von Caesarea
19. Auf des Domitian Befehl, die Nachkommen Davids hinzurichten ...
Den Befehl Domitians (übrigens nicht die Nachkommen Davids "auszurotten", sondern) die Nachkommen Davids hinzurichten (welche dieser Nachkommen? Mussten es unbedingt alle sein, oder nur bestimmte, die gefährlich werden könnten?), nennt nicht Hegesippus, sondern es ist eine Eingangs-Erklärung zum nachfolgenden Hegesipp-Zitat, welche Eusebius formuliert hat. Er mag diese Formulierung aus der Bemerkung Hegesipps gewonnen haben, dass die beiden Enkel des Judas aufgrund ihrer davididischen Abstammung angezeigt wurden und Domitian auch die Frage dieser Abstammung im Verhör zuerst geklärt wissen wollte.
Hegesipp selbst sagt nicht, dass Domitian vorhatte, alle Davididen umzubringen, sondern aus ihm wird nur deutlich, dass diese Abstammung, offensichtlich in Verbindung mit anderen verdächtigen Merkmalen (z. B. Messias-Anhänger und zugleich Messias-Verwandte) ausreichte, um bei den röm. Behörden angezeigt zu werden, was Domitian freilich vorher mittels Befehlen veranlasst haben muss.
 
Was ist vom "Befehl, die Nachkommen Davids hinzurichten" zu halten?
Hegesipp hat sich 60 Jahre nach Domitian auf die Suche nach Überliefungen gemacht. Wäre es möglich, dass hinter dieser Legende noch ein historischer Kern steckt?
Das ist ein bekannter biblischer Topos, der sich mehrfach in der Heils- oder Unheilsgeschichte wiederholt.
Imm wieder tauchen irgendwelche Leute auch, die das Gottesvolk ausrotten wohlen. Es steht ständig am Rande der Ausrottung.
Erst ist da dieser Pharao, der es auf die Neugeborenen abgesehen hat. Dann gibt es noch Babylonier, Assyrer usw. Ein Tier ist in der Vision des Propheten gefährlicher als der andere und das vierte muss schlimmer sein als Assyrer, Babylonier und Griechen.
Im Neuen Testament ging es dann gleich weiter mit dem Kindermord des Herodes Antipas.
Dass das Topos auch in römischer Zeit Fortsetzung findet verwundert genaus wenig, wie der erneute Mangel an nicht-legendhaften Belegen.
 
Das ist ein bekannter biblischer Topos, der sich mehrfach in der Heils- oder Unheilsgeschichte wiederholt.
Imm wieder tauchen irgendwelche Leute auch, die das Gottesvolk ausrotten wohlen. Es steht ständig am Rande der Ausrottung.
Erst ist da dieser Pharao, der es auf die Neugeborenen abgesehen hat. Dann gibt es noch Babylonier, Assyrer usw. Ein Tier ist in der Vision des Propheten gefährlicher als der andere und das vierte muss schlimmer sein als Assyrer, Babylonier und Griechen.
Im Neuen Testament ging es dann gleich weiter mit dem Kindermord des Herodes Antipas.
Dass das Topos auch in römischer Zeit Fortsetzung findet verwundert genaus wenig, wie der erneute Mangel an nicht-legendhaften Belegen.

Dein Topos-Vorwurf kann höchstens Eusebius treffen. An Hegesipp geht er vorbei. Hegesipp berichtet nicht, Domitian hätte alle Nachkommen Davids ausrotten wollen oder so, sondern er berichtet dass zwei Herrenverwandte als Nachkommen Davids angezeigt und als solche verhört wurden. Bei Hegesipp den von Dir eingebrachten Topos zu finden, ist gar nicht so leicht. Für den Christen Hegesipp müssten ja die Christen das Gottesvolk gewesen sein, nicht die Nachkommen Davids (deren Großteil ja nicht aus Christen, sondern Juden bestand). Von diesen Christen werden zwei verhört und wieder entlassen. Von der Wiederspieglung eines uralten Topos von der Gefährdung des Gottesvolkes kann da schlecht die Rede sein.

Edit: Ok. Ich war zu voreilig. Da steht ja auch:
Er setzte sie in Freiheit und befahl, die Verfolgung der Kirche einzustellen.
Der Topos-Gedanke ist also doch nicht so schlecht, wie ich dachte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hegesippus war doch Judenchrist und gehörte damit zu beiden Gottesvölkern. ;)

Die Verwandt Jesu mit David dürfte selbst schon als aufgesetzte Legende gelten, zumal Abstammung des Zimmermann Joseph vom König David auf zwei unterschiedlichen Linien konstruiert wurde. Es scheint wenig glaubhaft, dass Domitian die Nachfahren des Judas (d. h. die Verwandten des Jesus) für Nachfahren Davids hielt. Eine derartige Information dürfte Domitian nur aus den Evangelien des Matthäus oder Lukas oder aus deren "Quellen" gezogen haben. Tatsächlich stammen beide Schriften, die die Verwandtschaft Jesu mit David behaupten, ungefähr aus der Zeit, als Domitian regierte. (Ins Bild passt auch noch, dass der Kindermord zu Bethelem nur bei Matthäus geschrieben steht, der mit am stärksten mit alttestamentarische Topoi arbeitet.)

Wenn Hegesipps bzw. Eusebs Angaben richtig sein sollen, so müsste der Kaiser Domitian nicht nur eine dezidierte Kenntnis der damals zeitgenössischen christlichen Legendenbildung gehabt haben, sondern diese auch noch für wahr gehalten haben. Wie sonst wäre es zu erklären, dass er die einfachen Handwerker und Bauern aus der Verwandtschaft Jesu aus Galilia für Abkömmlinge Davids gehalten haben soll?

Die einfachere Erklärung ist natürlich die, dass diese Legende um Domitian und die Verwandten Jesu bzw. die Nachfahren des Judas im Einklang mit den oben genannten Evangelien steht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine derartige Information dürfte Domitian nur aus den Evangelien des Matthäus oder Lukas oder aus deren "Quellen" gezogen haben. Tatsächlich stammen beide Schriften, die die Verwandtschaft Jesu mit David behaupten, ungefähr aus der Zeit, als Domitian regierte.

Die Behauptung, Jesus sei ein Nachkomme Davids, kursierte unabhängig von den Stammbäumen bei Matthäus oder Lukas. Die finden wir schon bei Paulus im Römerbrief.
 
Brauchen wir nicht:winke:, denn zum ollen Apollonius fehlt mir jedes Wissen; und zu Jesus: Ich wüsste nicht, wann Jesus nach seiner Taufe Zeit gehabt haben soll, nach Indien zu reisen. Ich weiß nicht mal, welche Quellen von einer Indienreise Jesu erzählen (irgendwelche gnostischen?).
Oh, ich dachte, Du wolltest grundsätzlich Legenden einen historischen Kern zugestehen. Damit liege ich wohl falsch?

denn Du hättest im Forum bestimmt nie ernsthaft die Frage gestellt, ob die Indienreise Jesu einen historischen Kern hat oder nicht.
Damit liegst Du wohl richtig.
Die Assoziation kam mir bei der Indienreise des Appolonius. Über den schreibt Philostratos ca. 100 Jahre nach seinem Tod, gestützt auf angeblich ältere Quellen.


Ja, über diesen Weg kann ich mir zumindest eine Begegnung zw. jenen Herrenverwandten und Domitian vorstellen (nach dem Motto: ein Kaiser, der die rebellische Unbeständigkeit der Juden kennt, interessiert sich aus polit. Vorsicht nicht nur generell für potentielle Messiasse aus der Nachkommenschaft Davids, sondern im Speziellen auch für eine Bewegung, die sich auf einen bestimmten Davididen als Messias beruft, der wiederkommen soll und das Reich Gottes errichtet.
Also hätte Domitian doch direkt die Christen auf dem Kieker gehabt. Wenn so zielgenau gefahndet wird, dass man tatsächlich die nächsten Verwandten Jesu erwischt, müssen Domitian und seine Behörden doch sehr gut im Bilde gewesen sein.

Um herauszubekommen, was für ein Reich Gottes die Christen erwarten, hätte er aber nicht die Verwandten Jesu persönlich herbeizitieren müssen. Das ergibt doch keinen Sinn. :nono:


Den Befehl Domitians (übrigens nicht die Nachkommen Davids "auszurotten", sondern) die Nachkommen Davids hinzurichten (welche dieser Nachkommen? Mussten es unbedingt alle sein, oder nur bestimmte, die gefährlich werden könnten?), nennt nicht Hegesippus, sondern es ist eine Eingangs-Erklärung zum nachfolgenden Hegesipp-Zitat, welche Eusebius formuliert hat.
Allerdings brigt schon Hegesipp den Vergleich mit Herodes. Er denkt offenbar an den Kindermord zu Betlehem. Der christliche Leser wird dasselbe assoziieren.
Da haben wir genau den Topos, von dem Maglor schreibt.
 
Oh, ich dachte, Du wolltest grundsätzlich Legenden einen historischen Kern zugestehen. Damit liege ich wohl falsch?

Warte mal? Du hast doch gefragt, ob es möglich ist, dass hinter dieser Legende von den beiden Herrenverwandten vor Domitian ein historischer Kern steckt (Woher Du übrigens weißt, dass es eine Legende ist, ist mir schleierhaft). Dann hab ich gemeint: Ich kann mir problemlos vorstellen, dass diese Geschichte einen historischen Kern hat. Und jetzt machst Du Dich über mich lustig?:cry: Dann war das also eine gemeine Fangfrage.:hmpf:

Aber ich bin heute mal so kooperativ und beantworte Dir das: Nein, ich gestehe nicht allen Legenden einen historischen Kern zu, z. B. dann nicht, wenn sie von weißen Einhörnern oder von Jesus in Indien erzählen. Etwas anderes sind für mich Berichte, die eine historische Aussage machen wollen, wie der bei Eusebius zitierte Bericht des Hegesipp.

Damit liegst Du wohl richtig.
Die Assoziation kam mir bei der Indienreise des Appolonius. Über den schreibt Philostratos ca. 100 Jahre nach seinem Tod, gestützt auf angeblich ältere Quellen.

Ok. Danke für die Info, aber das ist dann jetzt tatsächlich auch das einzige, was ich über Appolonius weiß. Ich hab keine Ahnung, ob er in Indien gewesen sein kann oder nicht.

Also hätte Domitian doch direkt die Christen auf dem Kieker gehabt. Wenn so zielgenau gefahndet wird, dass man tatsächlich die nächsten Verwandten Jesu erwischt, müssen Domitian und seine Behörden doch sehr gut im Bilde gewesen sein.
Wenn die so gut im Bilde über die Christen gewesen wären, hätten sie die beiden Judäer ja nicht ausquetschen müssen. Die Verwandten Jesu erwischte man laut Hegesipp durch eine Anzeige dritter, nicht durch eigene Nachforschungen.

Um herauszubekommen, was für ein Reich Gottes die Christen erwarten, hätte er aber nicht die Verwandten Jesu persönlich herbeizitieren müssen. Das ergibt doch keinen Sinn. :nono:

Warum ergibt das keinen Sinn? Welchen bestimmten Christen hätte sich Domitian denn herbeizitieren sollen, von dem er sich sicher war, dass er ihm Auskunft über die Stoßrichtung jener Messias-Sekte geben konnte? Eine Anzeige gegen Personen, die nicht nur mit diesem ominösen Messias verwandt waren, sondern diesem zugleich auch noch anhingen, kann da doch gelegen gekommen sein. Denn Verwandschaft ist zumindest schon mal ein Kriterium!


Allerdings brigt schon Hegesipp den Vergleich mit Herodes. Er denkt offenbar an den Kindermord zu Betlehem. Der christliche Leser wird dasselbe assoziieren.
Da haben wir genau den Topos, von dem Maglor schreibt.

Ja, das ist richtig. Ich habe oben schon gesagt, dass ich Maglors Topos-Vermutung zu voreilig abgelehnt habe. Sowohl Hegesipps Hinweis auf die "Verfolgung der Kirche" als auch die Parallele "Domitian - Herodes" machen auch mich einsichtig, dass Hegesipp (und ihm folgend Eusebius) hier einen Topos bedienen. Die Parallele (vielleicht sogar beides) ist (/sind) allerdings Deutung(en) des Hegesippus, welche die Geschichte von den beiden Herrenverwandten vor Domitian nicht unwahr werden lassen müssen. Ich spreche deshalb von Deutung, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass Hegesipp so einen Einblick in das Seelenleben des Domitians haben konnte, dass er wusste, dass sich der Kaiser genauso vor dem Messias fürchtete wie einst Herodes; und ich kann mir ebenso wenig vorstellen, dass Domitian zu den beiden Juden im Verhör sagte: "Wißt ihr, ich frage deshalb, weil ich genau solche Angst vor dem Messias habe wie euer damaliger König Herodes". Die Paralelle "Domitian - Herodes" ist zweifelsohne keine historische Tatsache, sondern eine christliche Deutung.
Aber selbst wenn es bereits eine Deutung der beiden in der Heimat von ihrer Begegnung mit dem Kaiser berichtenden Herrenverwandten war, oder wenn es eine Deutung der sie i. d. Heimat interviewenden Christen war, macht das die Geschichte von der Begegnung ja nicht unglaubhafter.


Aber noch mal was Grundsätzliches:
Hegesippus berichtet nach einem alten Bericht (wie zumindest Eusebius behauptet), dass eine so und so zustande gekommene und so und so geartete Begegnung zwischen zwei Enkeln des Judas und Domitian stattgefunden hat. Alles historisch nicht unbedingt unplausibel und schon gar nicht unmöglich. Klar, muss der Historiker trotzdem nachhaken. Aber wenn man die Aussage der Quelle nicht nur infrage stellen will, sondern sie für falsch erklären möchte, dann muss man eben Argumente vorbringen, die gewichtiger sind, als die Aussage der Quelle. Und diese Argumente fehlen mir bisher. Aber wir sind ja auch erst noch am Anfang der Diskussion - hab ich das Gefühl.
 
Warte mal? Du hast doch gefragt, ob es möglich ist, dass hinter dieser Legende von den beiden Herrenverwandten vor Domitian ein historischer Kern steckt (Woher Du übrigens weißt, dass es eine Legende ist, ist mir schleierhaft). Dann hab ich gemeint: Ich kann mir problemlos vorstellen, dass diese Geschichte einen historischen Kern hat. Und jetzt machst Du Dich über mich lustig?:cry: Dann war das also eine gemeine Fangfrage.:hmpf:

Worin Du eine Fangfrage siehst, ist mir nicht klar.
Ich hatte Dich tatsächlich in dem Sinne verstanden: "Buschhons findet immer einen historischen Kern..."
Kommt natürlich drauf an, wen Du fragst.;) Wie Du Dir denken kannst, habe ich z. B. keine Probleme, einen historischen Kern der Geschichte anzunehmen.

Wobei es schon ein großer Unterschied ist, ob man einen historischen Kern annimmt - oder die Story, wie sie Eusebius überliefert, für bare Münze nimmt. Da bin ich eigentlich davon ausgegangen, dass das niemand tut.

Wenn die so gut im Bilde über die Christen gewesen wären, hätten sie die beiden Judäer ja nicht ausquetschen müssen. Die Verwandten Jesu erwischte man laut Hegesipp durch eine Anzeige dritter, nicht durch eigene Nachforschungen.
Die Anzeige setzt aber eine öffentliche Fahndung "Gesucht wird..." voraus. Wonach wurde denn Deiner Meinung nach gefahndet? Wenn ich Dich richtig verstanden habe: Nach einer speziellen "Bewegung, die sich auf einen bestimmten Davididen als Messias beruft, der wiederkommen soll und das Reich Gottes errichtet." Da hätten die Behörden ja schnell auf die Christen stoßen müssen. Es gab ja schon eine Menge von ihnen. Auch in Rom.

Welchen bestimmten Christen hätte sich Domitian denn herbeizitieren sollen, von dem er sich sicher war, dass er ihm Auskunft über die Stoßrichtung jener Messias-Sekte geben konnte?
Angenommen wir hätten so eine reichsweite Fahndung, was passiert dann? Die lokalen Behörden verhören einige tausend Christen verhören und melden übereinstimmend, die Jesus-Anhänger seien politisch völlig harmlos. Wozu hätte Domitian überhaupt "einen bestimmten Christen herbeizitieren" sollen?

Wenn er das wirklich vorgehabt hätte, hätte er sich z. B. an einen gewissen Clemens ("Bischof von Rom") halten können. Der hätte kompetent Auskunft geben können. Vielleicht noch bevor man eine Schiffsreise für die zwei judäischen Bauern organisiert hatte...

Hegesippus berichtet nach einem alten Bericht (wie zumindest Eusebius behauptet), dass eine so und so zustande gekommene und so und so geartete Begegnung zwischen zwei Enkeln des Judas und Domitian stattgefunden hat. Alles historisch nicht unbedingt unplausibel und schon gar nicht unmöglich.
Unmöglich nicht, aber sehr, sehr unplausibel:
Hegesipp macht seine Angaben in der Art eines Verhörprotokolls. Sogar präzise Zahlen kann er liefern ("39 Morgen"). Dass ihm tatsächlich ein Verhörprotokoll vorlag, ist absolut unwahrscheinlich. Es wird sich um einen erfundenen Dialog handeln. (Wie bei antiken Schriftstellern üblich.)
Auch der Inhalt des Verhörs ist unplausibel:
1. Dass die beiden Bauern Schwielen an den Händen haben, können die lokalen Beamten feststellen. Es ist unsinnig, die zwei nach Rom zu überführen, um die Schwielen vom Kaiser persönlich untersuchen zu lassen.
2. Die Vermögensverhältnisse der beiden Bauern lassen sich durch die lokalen Behörden zuverlässiger klären als durch ein Interview, das in Rom geführt wird.
3. Wie gesagt: Um herauszubekommen, was die Jesus-Anhänger glauben, hätte man nicht zwei judäische Bauern nach Rom bringen müssen.

Welche Informationen hatte Hegesipp oder seine Informanten wirklich? Plausibel erscheinen nur die Informationen, die die "Pointe" bilden: Die Enkel des Judas erhielten "... da sie Bekenner und Verwandte des Herrn waren, führende Stellungen in der Kirche. Nachdem Frieden geworden war, lebten sie noch bis Trajan."
"Bekenner und Verwandte des Herrn" - das ist der Stoff, aus dem die Story gestrickt ist. Mit einer kleinen Anleihe beim Herodes-Motiv. Das wäre jedenfalls der plausiblere Ansatz
Die Frage ist, ob der Hintergrund der Geschichte einen historischen Kern hat. Gab es außer der Judensteuer antijüdische Maßnahmen, von denen die Christen mitbetroffen oder sogar besonders betroffen waren? Maßnahmen, die eventuell vom Kaiser selber ausgingen?
 
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