Juden in der Diaspora und Palästina

Simon

Mitglied
Hallo,

Kann man in etwa abschätzen, welcher Anteil des jüdischen Volkes während der Jahrhunderte der Diaspora in Palästina lebten?

grüße
 
Ich kann dir gerade nur mit dem Buch "Die Geschichte der arabischen Völker" von Albert Hourani (Fischer Taschenbuch, 5. Auflage) dienen. Genaue Zahlen finde ich erst für Ende des 19. Jahrhunderts. Die jüdische Bevölkerung dürfte in den arabischen Ländern auch davor nicht gerade klein gewesen sein. Sie fanden für sich wichtige Berufe (Arzt, Händler, ...) und waren darum unentbehrlich für die neuen Herren. Was es noch für Gründe gab, dass sich die jüdische Gemeinschaft so unbeschadet und zahlreich erhalten hat, kann dir vielleicht ein anderer sagen. Sie haben aber die arabische Sprache übernommen und haben sich auch sonst gut in ihre Umgebung eingefügt.

Folgende Bevölkerungszahlen hab ich dir mal auf die Schnelle aus oben erwähntem Buch herausgesucht:

Dort (in Palästina, Anm.) wuchs in den achtziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts eine neue jüdische Gemeinschaft heran. Es handelte sich nicht um die schon lange dort ansässigen orientalischen Juden, sondern um Juden aus Zentral- und Osteuropa. Sie kamen nicht nach Jerusalem, um dort die heiligen Schriften zu studieren, zu beten und zu sterben; sie führte die Vision einer widerhergestellten jüdischen Nation in dieses Land. 1897 wurde diese Absicht in der Resolution des ersten Zionistischen Kongresses erklärt. (...) Trotz des Widerstandes der osmanischen Regierung und der wachsenden Sorge der dort lebenden arabischen Bevölkerung hatte sich der Anteil der Juden in Palästina bis 1914 auf ungefähr 85 000 oder zwölf Prozent der Gesamtbevölkerung erhöht.
(Seite 354)

Die Zusammensetzung der Bevölkerung von Palästina änderte sich in diesem Zeitraum drastisch. 1922 machten Juden ungefähr elf Prozent der Gesamtbevölkerung von einer dreiviertel Million aus. (...) 1949 lebten dort bereits dreißig Prozent Juden, wobei sich die Gesamtbevölkerung verdoppelt hatte.
(Seite 395)

Mittlerweile setzte die Regierung Israels alles daran, jüdische Einwanderer in großer Zahl aufzunehmen, und zwar nicht nur aus Osteuropa, sondern auch aus den arabischen Ländern. Dadurch veränderte sich die Bevölkerungsstruktur; bis 1956 waren von insgesamt 1,6 Millionen Einwohnern nur noch zweihunderttausend arabische Muslime und Christen, also etwa 12,5 Prozent (nach der Staatsgründung und den militärischen Auseinandersetzungen verließen zwei Drittel der arabischen Bevölkerung Palästina, Anm.). (...) Die Juden aus dem Jemen und dem Irak siedelten sich größtenteils in Israel an; die Juden aus Syrien, Ägypten und dem Maghreb wanderten nach Europa und Nordamerika oder nach Israel aus; nur die jüdische Gemeinde Marokkos behielt auch weiterhin eine beachtliche Größe.
(Seite 438)
 
Hier noch mal ein paar Zahlen:

Tina Miller spricht in ihrer Promotion Die Frage der Rückkehr palästinensischer Flüchtlinge unter Berücksichtigung der Lösungsansätze der Vereinten Nationen, Frankfurt 2007, von 15.000 Juden in Palästina 1878 (462.465 Gesamtbevölkerung Palästinas) nach einem osmanischen Zensus und von 85.000 Juden in Palästina 1922 (750.000 Gesamtbevölkerung Palästinas) nach einem britischen Zensus.
1932 179.000 Juden in Palästina (1.000.000 Gesamtbevölkerung Palästinas)
1936 360.000 Juden in Palästina
1948 650.000 Juden in Palästina (2.065.000 Gesamtbevölkerung Palästinas)

Die Zahlen von 1878 sind deshalb besonders wertvoll, weil sie drei Jahre vor der ersten Alija erhoben wurden und daher einen Eindruck über die Stärke der jüdischen Bevölkerung in Palästina geben, den Yishuv. Allerdings müsste man prüfen, wie sozial differenziert die palästinensischen Juden im 19. Jhdt. waren, weil die soziale Differenzierung ab dem 19. Jhdt. sich auch merklich in der Kinderzahl bemerkbar macht.

Die Zahlen sind auch in britischen publizierten Quellen abgedruckt, hier Statistical Digest Commonwealth von 1947/48.
 
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