Kampfesweise

fingalo

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Hallo,
weiß jemand etwas über die Kampfesweise Seekampf in der Wikingerzeit (nicht der Wikinger selbst)!
Die genaueste Schilderung, die ich kenne, ist der Kampf Jarl Håkons mit den Jomsvikingern:
Saga von Olav Tryggvason schrieb:
"„Beide Teile ordneten ihr Heer zum Angriff. In der Mitte der Schiffsaufstellung der Jomsburger war das Banner des Jarls Sigvald. Dorthin richtete Jarl Håkon seinen Angriff. Sigvald hatte 20 Schiffe, aber Håkon 60. In dem Heer Jarl Håkons waren Anführer Þorir Hirsch von Helgeland und Styrkar von Gjemse. Auf dem einen Flügel der Seekrieger von Jomsburg standen Bui der Starke und sein Bruder Sigurd mit 20 Schiffen. Denen hatte Jarl Erich Håkonsson 60 Schiffe gegenübergestellt, und die Befehlshaber unter ihm waren Gudbrand der Weiße aus dem Oberland und Þorkel Leira, ein Mann aus Vik. Auf dem anderen Flügel der Feinde hatte sich Vagn Akisson mit 20 Schiffen aufgestellt, ihm gegenüber aber Svein Håkonsson und mit ihm Skeggi aus Ophaug auf Örlandet und Rögnvald aus Ervik auf Stadt mit 60 Schiffen.
...
Die Seekrieger (Jomswikinger) hatten größere Schiffe, und deren Bordwand war höher, doch wurde auf beiden Seiten höchst tapfer angegriffen. Vagn Askisson stieß so gewaltig vor auf das Schiff Svein Håkonssons, dass dieser rückwärts rudern ließ und beinahe floh. Da stürmte Jarl Erich dorthin und vor in die Schlachtreihe auf Vagn. Vagn ließ jetzt zurückrudern, und seine Schiffe lagen wieder, wo sie zuerst gestanden hatten. Nun kehrte Erich zu seiner Schlachtreihe zurück, wo seine Leute inzwischen zurückgegangen waren, da Bui die Verbindungstaue durchhauen hatte und dabei war, sie völlig in die Flucht zu treiben. Da legte sich Jarl Erich an die Längsseite von Buis Schiff, und nun entbrannte ein höchst erbitterter Nahkampf mit Hiebwaffen, und zwei oder drei Schiffe Erichs das eine Buis an. Jetzt brach plötzlich ein böses Wetter los und ein Hagelsturm, dass jedes Korn eine Unze wog. Nun hieb Sigvaldi die Verbindungsseile durch und wollte fliehen. ... Sigvaldi ruderte nun fort mit 35 Schiffen, und nur 25 blieben noch zurück. Bei diesem Ansturm stiegen die Mannen Erichs auf das erhöhte Hinterdeck, wo Bui stand. Da traf Þorsteinn Mittlang Bui gerade auf die Nase, und er zerschlug ihm das Nasenbein. Das setzte eine gewaltige Wunde, aber Bui hieb den Þorsteinn in die Seite,, so dass der Mann in der Mitte des Leibes auseinander gehauen wurde.“

Daraus entnehme ich,
1. dass die Flotte des Jarls eine dreifache Übermacht hatte, was sich in der Schlacht aber offenbar nicht auswirkte.
2. Die Flotten waren in drei Abteilungen aufgeteitl mit je einem Befehlshaber und einigen Unterführern.
3. Es gab vorne und hinten Decksaufbauten, auf denen die Kämpfer stehen konnten. Auf den Bildern habe ich die noch nie gesehen. Aber das ist logisch.
4. Man kämpfte Steven gegen Steven. Nur am Schluss geraten Schiffe längsseits an das Schiff Buis. Da müssen alle aber sehr schnell die Riemen eingezogen haben, was Manövrierunfähigkeit bedeutet. Beim Kampf Steven gegen Steven ist es erklärlich, dass die meisten Schiffe Håkons kein Gegenüber hatten und offenbar in den Kampf gar nicht eingreifen konnten. Das gleiche gilt auch für die übrige Besatzung, die nicht auf dem vorderen Schanzdeck stand. Dort zu stehen war eine Tapferkeitsauszeichnung, und beim Königsschiff standen dort die Berserker. Die übrigen mussten sich mit dem Werfen von Speeren (davon hatte jeder nur einen) und dem Verschießen von Pfeilen begnügen (davon hatte jeder zwei Dutzend).
4. Was mir besonderes Kopfzerbrechen bereitet, ist das Durchschlagen der Taue. Wer war da an wen festgebunden? Irgendwo las ich, dass man die eigenen Schiffe aneinandergebunden habe, so dass man von Schiff zu Schiff laufen konnte. Das ergibt sich auch aus einer Schilderung einer Schlacht im Bürgerkrieg zwischen dem Birkebeiner Sverre und König Magnus, wo der Sverre das äüßerste Schiff besetzen konnte und dann alle der Reihe nach "gesäubert" habe, indem die Besatzung in Panik von Schiff zu Schiff floh. Dann aber verstehe ich nicht, wieso da noch Sveinn Hákonsson und Vagn vor- und zurückrudern konnten. Sigvaldi musste die Taue durchschlagen, um den Kampfplatz mit seinen Schiffen verlassen zu können. Wenn er aber dicht zwischen seinen Nachbarn festgebunden gelegen hatte, dann nützte das Durchschlagen der Taue nichts. Denn zum Rudern brauchte er erst mal genügend Abstand von seinen Nachbarn.
Mir ist das ganze ein wenig schleierhaft.
 
Wenn er aber dicht zwischen seinen Nachbarn festgebunden gelegen hatte, dann nützte das Durchschlagen der Taue nichts. Denn zum Rudern brauchte er erst mal genügend Abstand von seinen Nachbarn.
Ich könnte mir vorstellen, dass sie sich von den anderen Schiffen weggestoßen haben. Im Prinzip dürfte das die gleiche Wirkung wie das Rudern haben.


Das meiste hast du zwar schon geschrieben, aber hier einmal die Beschreibung aus dem Osprey-Buch "The Vikings".
When fighting amongst themselves, the Vikings' major battles almost invariably took place at sea -witness Hafrs Fjord in 872, Svöldr in 1000 and Nissa in 1062, to cite but three examples. Nevertheless, they made every effort to ensure that a naval action was as much like a land battle as possible, arranging their fleets in lines or wedges; one side - or sometimes both - customarily roped together the largest of their ships gunwale to gunwale to form large, floating platforms. The biggest and bestmanned ships usually formed the middle part of the line, with the commander's vessel invariably positioned in the very centre, since he normally had the largest vessel of all. High-sided merchantmen were sometimes positioned on the flanks of the line too. The prows of the longer ships extended out in front of the battle-line and some of them, called bardi, were therefore armoured with iron plates at stem and stern, which bore the brunt ofthe fighting. Some even had a series of iron spikes called a beard (skegg) round the prow, designed to hole enemy ships venturing close enough to board. In addition to this floating platform there were usually a number of additional individual ships positioned on the flanks and in the rear, whose tasks were to skirmish with their opposite numbers; to attack the enemy platform if he had one; to put reinforcements aboard their own platform when necessary; and to pursue the enemy in flight. Masts were lowered in battle, and all movement was by oar, so the loss of a ship's oars in collision with another vessel effectively crippled it. Nevertheless, the classical diekplus manoeuvre, which involved shearing off an enemy vessel's oars with the prow of one's own ship, does not seem to have been deliberately employed, and nor was ramming. The main naval tactic was simply to row against an enemy ship, grapple and board it, and clear it with hand weapons before moving on to another vessel, sometimes cutting the cleared ship loose if it formed the wing of a platform. The platforms were attacked by as many ships as could pull alongside. Boarding was usually preceded by a shower of arrows and, at closer range, javelins, iron-shod stakes and stones, as a result of which each oarsman was often protected by a second man, who deflected missiles with his shield. On the final approach prior to boarding, shields were held overhead 'so closely that no part of their holders was left uncovered'. Some ships carried extra supplies ofstones and other missiles. Stones are extensively recorded in accounts of Viking naval battles, and were clearly the favourite form of missile. The largest were dropped from high-sided vessels on to (and even through) the decks of ships which drew alongside to board.
 
Ich könnte mir vorstellen, dass sie sich von den anderen Schiffen weggestoßen haben. Im Prinzip dürfte das die gleiche Wirkung wie das Rudern haben.
Wenn man in der Mitte vieler Schiff liegt, kann man die nicht wgstoßen. Eines ja, aber nicht viele.

Das meiste hast du zwar schon geschrieben, aber hier einmal die Beschreibung aus dem Osprey-Buch "The Vikings".
Leider ohne Quelle, wo er das her hat. Die von Snorri geschilderte Taktik stimmt mit dieser hier nicht überein. Kein Versuch, Ruder abzuscheren (geht auch bei zusammengebundene Schiffen gar nicht. Und die zusammengebundenen haben ihre Riemen weil nutzlos eingezogen). Kein Versuch, Löcher zu rammen (geht auch bei zusammengebundenen Schiffen nicht). Und Eisenplatten? Wo hat er denn das her? Und Steine, die ein Deck durchschlagen? Wer will die werfen? Und die muss man ja zusätzlich zur Ausrüstung mitschleppen! Auf den Schiffen war's verdammt eng!
Also, das scheint mir wenig seriös. Zumindest sollte mal gesagt werden, von welcher Zeit er schreibt. Ormen lange wird ziemlich genau beschrieben. Die Eisenplatten hätte Snorri sicher erwähnt.
 
Meine Quelle habe ich dir genannt... Osprey halt...


Hast du denn schon alle Originalquellen durchgesehen zu den genannten Schlachten?

http://en.wikipedia.org/wiki/Drekkar
http://en.wikipedia.org/wiki/Svöldr
http://en.wikipedia.org/wiki/Battle_of_Hafrsfjord

In dem einen Artikel steht auch was zu den Eisenplatten.

Ja, die kenne ich. Die können auch nicht mehr sagen als in meinen Originalquellen steht.
Die Eisenplatten waren offensichtlich eine Besonderheit des Schiffes von Jarl Erich. Wenn sie üblich gewesen wären, hätte Snorri sie nicht so ausführlich beschrieben.
"Some even had a series of iron spikes called a beard (skegg) round the prow, designed to hole enemy ships venturing close enough to board." ist dann wohl eine sehr freie Deutung der Snorri-Stelle.

Aus der Beschreibung lässt sich der Zeck des Eisenbartes nicht entnehmen. Um ein Loch zu stoßen, hätte es ein Dorn am Vordersteven unterhalb der Wasserlinie sein müssen, damit das feindliche Schiff leckschlägt. Ein Loch oberhalb der Wasserlinie bringt nur Durchzug. Da der Steven ausladend ist, hätte der Dorn sehr lang sein müssen, damit er das gegenerische Schiff erreicht, bevor oben die Drachenköpfe zusammenstoßen. Aber der Eisenbart war "oben an beiden Seiten des Vorderstevens" angebracht. Also dafür ungeeignet.

Die Eisenplatten unten "in der Breite eines Bartes" gingen nur bis zur Wasserlinie. Das waren also Bänder senkrecht quer zu den Planken. Sollten sie die Stabilität des Schiffes beim Stampfen in hohem Seegang erhöhen? Wenn die Länge eines Schiffes im Verhältnis zur Wellenlänge ein missliches Verhältnis hat, dann reitet das Schiff die Welle hoch, kippt dann vornüber und kracht genau in die nächste anrollende Welle hinein. Ich habe das selbst erlebt: Das gibt einen Stoß, als ob man auf einen Felsen führe, und das ganze Schiff zittert. Nun konnten die Wikinger nicht hart am Winde segeln, so dass bei der Fahrt keine Wellen von vorne kommen konnten - es sei denn, der Wind hätte sich ganz plötzlich gedreht. Mit den Wellen bei Wind von Achtern rollt die Welle unter dem Schiff durch, und das Schiff stampft nicht. Also muss es beim Rudern von Nutzen gewesen sein, wenn man gegen den Wind ruderte. Bei hohem Seegang ist aber nix mit Rudern. Also bleibt der Nutzen unklar. Das erklärt auch, warum das keine anderen Schiffe hatten.

Es könnte allenfalls sein, dass beim Rollen des Schiffes sich die Verbindung zwischen den Planken und dem Steven mit der Zeit gelockert hatten und dem mit den Eisenlamellen begegnet werden sollte.
Abgesehen davon ist da viel Unterhaltung nötig, sonst rosten ihm im Salzwasser die Eisenlamellen schneller weg, als er hinschauen kann.

Aber darauf kam es hier gar nicht an. Es ging um das Aneinanderbinden. Da heißt es im Bericht, dass König Olav befahl, den "Ormen Lange" nicht auf gleicher Höhe mit den anderen Schiffen zu haben, sondern um seine Überlänge nach vorn, so dass die Hecks mit seinen Nachbarn gleichauf liege. Dann können aber die Steven gar nicht mehr aneinandergebunden werden. Aber vielleicht kamen die Taue der Nachbarn eben an die Reling. Nun heißt es zum Beginn der Schlacht: "Nun ließen die Könige zum Angriff vorrudern." Das bedeutet, trotz Zusammenbindens hatten die Schiffe noch einen doppelten Riemenabstand voneinander, so dass jeder noch rudern konnte. Von einer geschlossenen Schanzbühne bei zusammengebundenen Steven kann also keine Rede sein.

Abgesehen davon bildet ein Schanzdeck ein spitzes Dreieck mit dem Drachensteven an der Spitze. Wenn ich Dreiecke so aneinanderlege, dass sie eine Fläche bilden, kommt ein Vieleck heraus. Das heißt, die Schiffe hätten sternförmig im Kreis gelegen. Lege ich sie aber parallel, dann können sich die Schanzdecks vorn gar nicht berühren.

"Ormen Lange" ging gegen die schwedischen Schiffe, und man warf Enterhaken, zog sie heran und schlug vom Steven auf die Feinde ein. Der Schwedenkönig flüchtete auf andere Schiffe. Das kann er nur mit Beibooten geschafft haben.

Jarl Erich mit seinem Bartschiff legte sich längsseits ans äußerste Schiff, kaperte es und löste die Verbindungstaue. Dann schob er es wohl weg (was nicht gesagt wird) und legte sich ans nächste Schiff (was gesagt wird), bis dann "Ormen Lange" erreicht war (der kam offensichtlich gar nicht auf die Idee zu rammen).
 
Moin,

Wie in den genannten Quellen wurden die Schiffe (außer vielleicht einer Reserve bzw. schnellen Eingreiftruppe)miteinander vertäut, ein Grund mag gewesen sein, dass man so anderen Schiffbesatzungen schneller zu Hilfe eilen konnte und die Bildung einer Schlachtformation an Deck.
Vor einer Schlacht wurden das Segel sowie der Mast umgelegt und die Ruder eingezogen, bis auf wenige zum Steuern des Ganzen. Eine gute Mannschaft schafft es einen Mast in zwei min. aufzurichten und Segel zu setzen, falls man die Flitze machen musste.

Mit Anzahl von Schiffen darf man nicht rechnen, es kam auf die Größe der Boote an, einige hatten ja gerade mal 20 Mann Besatzung, andere fast 100. Also kann derjenige mit weniger ruhig als Sieger hervor gehen.

Gruß
 
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