Katharer-Kreuzzug / Inquisition - Quellen?

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fireeagle

Gast
Hallo zusammen,

Vielleicht kennen sich ein paar von euch ja aus mit der mittalalterlichen "Sekte" der Katharer (auch Albigenser genannt). Mich interessiert, wieso sie denn so grausam verfolgt wurden (Kreuzzug, Inquisition usw.!!!). Beweisen lässt sich das natülich nicht, aber mit Hilfe von Primärquellen (d.h. Quellen, die damals entstanden sind) liessen sich ja Vermutungen anstellen. Ich kenne dazu nur die "Historia Albigensis" (obwohl gegooglet usw.)

Kennt jemand andere Quellen? Vielleicht auch solche, die von den Katharern selbst verfasst wurden und somit noch mehr Einblick geben würden?

Vielen Dank für eure Antworten
 
Re: Katharer-Kreuzzug/Inquisition - Quellen?

Soweit ich weiß, gibt es keine von den Katharern selbst verfaßten überlieferten Quellen. Das ist ja die Ironie, daß alle Informationen über sie nur durch Inquisitionsprotokolle überliefert sind.
Probieren könntest Du es noch mit "Montaillou - Ein Dorf vor dem Richter" von Emmanuel LeRoy Ladurie. Da geht es um besagtes Montaillou in Südfrankreich, das um 1320 zum Schauplatz einer katharischen Renaissance geworden ist, die dann natürlich genauso niedergeschlagen wurde. Das Buch habe ich selbst noch nicht gelesen, aber ein darauf beruhendes, "Die Welt ist des Teufels" von Rene Weis, wo er die Ereignisse dieser "Renaissance" anhand der Protokolle fast minutiös dargestellt hat.
Ich kann allerdings nicht sagen, ob da konkret auf Verhöre betreffend des Glaubens eingegangen wird.

Warum sie so heftig verfolgt wurden findest Du aber in jedem guten Buch über die Thematik. Ich würde sagen, weil der Glaube, da er sehr viel schlichter war, der römischen Kirche einen sehr häßlichen Spiegel vors Gesicht gehalten hat - Schlichtheit der Priester und der Hierarchie, einfach verständlicher Glauben - und weil er speziell in Südfrankreich einen so starken Zulauf hatte, daß er die Macht Roms in Gefahr gebracht hat.
Und zuguterletzt, weil die Grafschaft Toulouse wie die ebenfalls verwickelten Vizegrafschaften Carcassonne, Béziers etc. reiche Ländereien waren und der französische König, Philip II August, heftigen Apetit darauf hatte. Außerdem brauchte das französische Königshaus einen Zugang zum Mittelmeer.
Ich würde sagen, die Ursachen waren ein Zusammenspiel aus Glaubens- und Machtgründen.

empfohlene Literatur:
Lothar Baier/Die große Ketzerei
Hans-Georg Deggau/Befreite Seelen - Die Katharer in Südfrankreich
Jacques Madaule/Das Drama von Albi
Jean Markale/Die Katharer von Montségur
René Weis/Die Welt ist des Teufels
 
Zuletzt bearbeitet:
Standardwerk (mit Originalquellen):
Ignaz Döllinger, Beiträge zur Sektengeschichte des Mittelalters 2 Bde München 1889, Nachdruck Wiss Buchgesellschaft 1968.
 
Vielen Dank für eure Tipps, helfen mir sicher weiter!
Ich überlege mir eben, eine Arbeit zu schreiben über dieses Thema. Dabei reicht es nicht, einfach alle Infos aus ein paar geeigneten Büchern abzuschreiben, sondern man sollte selber ein wenig "nachforschen" (in Originalquellen oder so) und wenn möglich auch eigene Vermutungen anstellen (Was das Ganze natürlich auch ein wenig spannender macht:) ).

"Montaillou" könnte da sicher nicht schlecht sein. Oder vielleicht sind auch in Büchern über die ganze Thematik Hinweise auf Originaltexte zu finden. Schau mich mal weiter um...

Aber ich habe natürlich keine Einwände gegen weitere Tipps von Insidern ;)
 
Soweit ich weiß, gibt es keine von den Katharern selbst verfaßten überlieferten Quellen.

Es gibt ein paar wenige von Katharern selbst verfasste Schriften, vor allem religiöse Texte.

Mich interessiert, wieso sie denn so grausam verfolgt wurden (Kreuzzug, Inquisition usw.!!!).

Die Inquisition wurde ja sogar extra deswegen überhaupt erst gegründet. Der Grund sind es zwei und es ist einfach: 1 sie waren Erfolgreich und breiteten sich aus und 2 fiel das genau zusammen mit dem Machtkampf der Nordfranzösischen (Normannischen) Adligen gegen die Südfranzösischen (Okzitanischen) Adligen um die Macht über Frankreich.

Es kämpften da in dem Kreuzug ja nicht nur Kreuzritter gegen die Katharer sondern auch Nordfranzosen gegen Südfranzosen die überhaupt keine Katharer waren.
 
Gast schrieb:
Der Grund sind es zwei und es ist einfach: 1 sie waren Erfolgreich und breiteten sich aus und 2 fiel das genau zusammen mit dem Machtkampf der Nordfranzösischen (Normannischen) Adligen gegen die Südfranzösischen (Okzitanischen) Adligen um die Macht über Frankreich.

Die Hauptgründe, wieso sie verfolgt wurden, sind klar (stehen ja auch in den meisten Büchern), doch wie oben erwähnt ginge es in einer Arbeit vielleicht auch um die individuellen oder nicht so offensichtlichen Gründe (z.B. wieso Inquisitor xx die Katharer gerade so grausam verfolgt hat oder wieso Adelsherr xy beim Kreuzzug mitgemacht hat). Dabei wären eben Quellen behilflich. Trotzdem Danke
 
firEagle schrieb:
Die Hauptgründe, wieso sie verfolgt wurden, sind klar (stehen ja auch in den meisten Büchern), doch wie oben erwähnt ginge es in einer Arbeit vielleicht auch um die individuellen oder nicht so offensichtlichen Gründe (z.B. wieso Inquisitor xx die Katharer gerade so grausam verfolgt hat oder wieso Adelsherr xy beim Kreuzzug mitgemacht hat). Dabei wären eben Quellen behilflich. Trotzdem Danke

Immer langsam mit den jungen Pferden... ;)

In wissenschaftlichen Büchern findest du sicher Quellenangaben, denen du dann (wohl in mühevoller Kleinarbeit) auch für den Originaltext nachforschen kannst.

Hier noch die (nicht mehr ganz aktuelle) Bibliographie aus den LexMA:

H. Grundmann, Bibliogr. zur Ketzergesch. des MA (1900-66), 1967
C.T. Berkhout-J.B. Russell, Medieval Heresies: A Bibliogr. 1960-79, 1981
A. Dondaine, La hiérarchie cathare en Italie, APraed 19, 1949; 20, 1950
A. Borst, Die K., 1953
G. Schmitz-Valckenberg, Grundlehren kathar. Sekten, 1971
G. Rottenwöhrer, Der Katharismus, 3 Bde, 1982-90 [mit Q.]
R. Manselli, Il secolo XII, 1983, 141-156, 227-246, 251-260
G. Rottenwöhrer, Unde malum?, 1986, 355-543
Mariano d'Alatri, Eretici e inquisitori in Italia, 2 Bde, 1986/87
J. Duvernoy, Le catharisme: La religion des cathares, 19893
J. Duvernoy, Le catharisme: L'hist. des cathares, 1989.
 
Danke Schini für deine Liste. Das mit den Quellenangaben habe ich mir auch schon überlegt (vgl. oben, habs vielleicht nur nicht verständlich geschrieben :( ).

apropos junge Pferde und so:

Sehe mich sicher nicht als so weise wie andere Mitglieder, bin aber trotzdem bald volljährig ;) (Bin aber auch sehr froh dass einige hier wirklich Bescheid wissen).
Wollte mich vorhin einfach für die seeehr hilfreiche Antwort von Gast bedanken, der eigentlich nur wiederholt hat, was Triere weiter oben schon gesagt hat.
 
Volljährigkeit bedeutet nur vor dem Gesetz etwas,aber sonst nichts,vor allem nicht in Hinsicht auf das Alter und den damit zusammenhängenden Dingen wie Erfahrung etc. Jedenfalls ist das meine bescheidene Meinung dazu.
 
Lesenswert in diesem Zusammenhang ist evtl. auch die Interrogatio Johannis, die in den Prozessen gegen die Katharer Verwendung fand.
 
firEagle schrieb:
Danke Schini für deine Liste. Das mit den Quellenangaben habe ich mir auch schon überlegt (vgl. oben, habs vielleicht nur nicht verständlich geschrieben :( ).

apropos junge Pferde und so:

Sehe mich sicher nicht als so weise wie andere Mitglieder, bin aber trotzdem bald volljährig ;) (Bin aber auch sehr froh dass einige hier wirklich Bescheid wissen).
Wollte mich vorhin einfach für die seeehr hilfreiche Antwort von Gast bedanken, der eigentlich nur wiederholt hat, was Triere weiter oben schon gesagt hat.

Dazu sind wir ja da, dass wir uns gegenseitig helfen. Entweder du verbringst Stunden und Tage in einem halben Dutzend Bibliotheken auf der Suche nach der einen Quellenedition oder du suchst zuerst ein gutes (!) Grundlagenwerk und machst dich mit dem Quellenverzeichnis bewaffnet auf eine möglicherweise kürzere Suche. Der eine lernts blutig (so wie ich...) und der andere ist gescheit genug, um mal zu fragen.
 
Interrogatio Johannis

Kann mir jemand einen Hinweis geben, wo ich das "Interrogatio Johannis" find? Kann auch in Französisch, Englisch, Spanisch, Portugiesisch oder Italiensich geschrieben sein.
 
terek schrieb:
Kann mir jemand einen Hinweis geben, wo ich das "Interrogatio Johannis" find? Kann auch in Französisch, Englisch, Spanisch, Portugiesisch oder Italiensich geschrieben sein.

Es gibt zumindest eine französische Übersetzung, hier ein Quellenhinweis:

Le livre secret des Cathares. Interrogatio Johannis. Apocryphe d'origine bogomile. Edition critique, traduction, commentaire par E. Bozóky (Textes – Dossiers – Documents). Paris: Beauchesne 1980. In: ZKTh 105 (1983) 105f.
 
Ein Grund warum sie als Ketzer angesehen worden sind, sollen angebliche homosexuelle Praktiken und das Schänden des Kruzifixes sein.
Der damalige Papst ließ seine Leute dort hinschicken um "alle zu tilgen". Als er gefragt wurde, was mit denen sei, die nicht an diesen Praktiken beteiligt waren, soll er nur geantwortet haben: "Gott, wird die seinen schon erkennen..."

s.d.caes.
 
Hab gerade nachrecherchiert, hier die genaue Version:

Es geht um den Albigenserkreuzzug gegen die Katherer im heutigen Frankreich im 13.Jahrhundert:

Der damalige Papst Gregor IX. war nicht derjenige,der diese Worte gebrauchte. Es war der auf Papstbefehl handelnde Inquisitator Bernardo Gui, der auf die Frage, was mit den "Unschuldigen" zu machen sei, antwortete: "Tötet sie alle. Der Herr wird die seinen schon erkennen."

Und damit verabschiede ich mich mal für heute,

s.d.caes.
 
Bernardo Gui

Bernardo Gui galt als ein gemäßigter, ja sogar „milder“ Inquisitor. Denn in seiner Amtszeit leitete er Verfahren gegen 647 Personen ein und sprach insgesamt etwa 900 Urteile aus. Darunter waren 139 Freisprüche und nur 42 Todesurteile. Die häufigste Strafe die er aussprach war die Kerkerhaft, was den Tod auf Raten bedeutete, denn sie war in den wenigsten Fällen zeitlich begrenzt.

Bernardo Gui starb als hochangesehener Mann seines Ordens am 30. Dezember 1331 in einem Kloster bei Lauroux.

http://www.magister-rother.de/person/person2003.php4
 
Tiberius Caesar schrieb:
Ein Grund warum sie als Ketzer angesehen worden sind, sollen angebliche homosexuelle Praktiken und das Schänden des Kruzifixes sein.

Das dürfte nur die negativ Propaganda der Kriche sein!

Die Katharer glaubten, dass Gott in jedem Menschen wohne, und man deswegen weder Priester noch Kirche brauche, um ihm zu dienen.
Das gefiel der mittelalterlichen Kirche weniger, weswegen sie die Katharer als Ketzer hinstellten und somit verhinderten, dass sich noch mehr Menschen der Bewegung anschlossen.
 
off topic

Mercy schrieb:
Bernardo Gui galt als ein gemäßigter, ja sogar „milder“ Inquisitor.

(a little bit off topic:

hat Umberto Eco "im Namen der Rose" dann ein unvorteilhaftes Bild der Figur Bernardo Gui wiedergegeben?! Oder gar ein historisch unkorrektes?!
Wahrscheinlich ist das schon hundert Mal gefragt worden... :pfeif:

Gruß, Martin)
 
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