Keltendorf Gabreta - historische Realität oder gut gemachte Touristenattraktion?

Minotaurus

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Keltendorf Gabreta - historische Realität oder gut gemachte Touristenattraktion?

Bereits seit 2001 gibt es im Bayerischen Wald das neu erbaute Keltendorf Gabreta. Die dortigen Veranstaltungen erfreuen sich seitdem zunehmender Beliebtheit.
Hier der Link zur offiziellen Webseite: Startseite

Meine Frage ist nun folgende: Wie zuverlässig darf man die historische Realität solcher neu entstandener Museumsdörfer überhaupt einschätzen?
Zwar ist bekannt, daß der Raum zwischen Niederbayern und Böhmen zu den ältesten, von keltischen Stämmen (vgl. Bojer) besiedelten Gebieten im mitteleuropäischen Raum gehört und auch die tektonische Lage des heutigen Gabreta würde durchaus den Schluß einer sehr frühen Besiedelung zulassen. Liegt doch Gabreta auf einem größeren Hügel nahe der historischen Salzhandelswege. Aber auch die zur Eisenherstellung dringend benötigte Holzkohle wurde in diesem Raum gewonnen.
Der strategisch günstige Standort wäre sehr gut zu verteidigen gewesen, aber es fehlen in Gabreta jegliche Spuren von frühen Befestigungsanlagen, Gebäuden und auch von Grabstätten mit entsprechenden Grabbeigaben. Alle heute dort bestehenden Anlagen und Gebäude wurden erst durch das Berufsförderzentrum der bayerischen Wirtschaft (bfz) mit Hilfe von sogenannten 1-Euro-Jobbern dort angelegt.
Neben massiven wirtschaftlichen Interessen (Torismusförderung in einer ansonsten strukturschwachen Region) waren lediglich mehrere gefundene Tonscherben und andere Relikte aus der späten Keltenzeit die Beweggründe, Gabreta genau an dieser Stelle neu entstehen zu lassen. Durch die Grenznähe zur Tschechischen Republik konnte man auf Mittel des Europäischen Sozialfonds (ESF) zurückgreifen. Mit Unterstützung der Euregio wurde diese Unternehmung begonnen.

Ptolemaios bezeichnet das Gebiet des bayerisch/böhmischen Waldes als γαβρέτα ύλη . Daher kommt der Name für diesen archäologischen Erlebnispark. Es ist also wahrscheinlich ein griechischer und kein keltischer Name. Wir befinden uns in einer Zeit von ca. 750 v.Ch. bis 15 v.Ch.

Mir stellt sich somit die Frage, unter welchen historischen Gesichtpunkten man sowohl Gabreta, als auch andere neu entstandenen Freilichtmuseen und "historischen Anlagen" dieser Art betrachten muß.
Handelt es sich dabei wirklich um einen realen und kulturgeschichtlichen Bezug zu unserer regionalen Vorgeschichte oder ausschließlich um eine gut gemachte Touristenattraktion?
Die von Gabreta nicht sehr weit entfernte Westernstadt "Pullman City" würde eher auf zweiteres schließen lassen, denn im Bayerischen Wald gab es früher weder Trapper und Cowboys, noch Bisons und Indianer.

Auf interessante Diskussionen zu diesem Thema freut sich
der Mino. :winke:
 
Keltendorf Gabreta - historische Realität oder gut gemachte Touristenattraktion?






Bereits seit 2001 gibt es im Bayerischen Wald das neu erbaute Keltendorf Gabreta. Die dortigen Veranstaltungen erfreuen sich seitdem zunehmender Beliebtheit.
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Meine Frage ist nun folgende: Wie zuverlässig darf man die historische Realität solcher neu entstandener Museumsdörfer überhaupt einschätzen?

Eigentlich ist das kein geschichtliches Thema. Es geht dir doch um die besondere Form von Geschichtsvermittlung in Museumsdörfern im allgemeinen und Gabreta im besonderen, oder?

Ich kenne Gabreta nicht, finde es aber nicht entscheidend, ob es jemals an der Stelle ein Keltendorf gab oder nur ein paar Scherben gefunden wurden. Wenn man sich dort um eine gute Präsentation der keltischen Kultur in bayrischen Raum bemüht, auf der Grundlage der aktuellen Forschungsergebnisse, erfüllt ein solches Dorf die gleiche Funktion wie ein städtisches Museum.
Wenn es dazu in einer Urlaubsregion liegt, umso besser. Ich gehe im Sommerurlaub auch lieber in ein Museumsdorf als in ein Museumsgebäude in einer Großstadt, mit Kindern sowieso.
Dass man in den Dörfern Wohnhäuser / Bauernhöfe zeittypisch nachbaut, macht Geschichte anschaulich.

OT: Hat jemand einen Dorftipp für die Wachau?
 
Eigentlich ist das kein geschichtliches Thema.
Am Anfang war ich mir auch nicht ganz sicher, ob dieser Beitrag nicht besser in die Sparte Archäologie passen würde, aber nachdem in Gabreta nix ausgegraben wurde, sondern dort die Kulturgeschichte und die Gebräuche des Keltentums vermittelt werden sollten, hielt ich DIESE Kategorie am besten dafür geeignet.
Sorry, wenn ich mich darin möglicherweise geirrt habe. Falls es eine passendere Kategorie dafür gibt, so kann dieses Thema gerne dorthin verschoben werden.

Es geht dir doch um die besondere Form von Geschichtsvermittlung in Museumsdörfern im allgemeinen und Gabreta im besonderen, oder?
"Besondere Form?" Ja, so könnte man es auch nennen. :D Ob zu dieser "besonderen Form" auch die regelmäßige Zubereitung von Zaubertrank gehört, das möchte ich einfach mal dahingestellt lassen. Hinkelsteine werden dort (jedenfalls, soweit ich weiß) nicht produziert und auch der Barde wird dort zu Beginn des Festmahls nicht gefesselt und geknebelt. Ganz im Gegenteil!

Vermutlich hatten ja die meisten von uns ihre "ersten Kontakte" mit keltisch/gallischer Geschichte und Kultur über die Comic-Hefte von Asterix und Obelix, aber inwieweit diese Darstellung den historischen Gegebenheiten entspricht, das möchte ich ebenfalls gerne mal dahingestellt lassen.

Ja, ich weiß - Geschichte kann (gerade für Kinder und Jugendliche) ein staubtrockenes und stinklangweiliges Thema sein, wenn man es nicht mit solchen Dingen etwas aufpeppt. Deshalb kann ich Deinen weiteren Ausführungen gut zustimmen.
Die Frage ist nur - wo sind die Grenzen?
Hat die Kulturgeschichte unserer Vorfahren in unserer heutigen Gesellschaft nur noch einen reinen Unterhaltungswert?

...fragt sich der Mino. :grübel:
 
Am Anfang war ich mir auch nicht ganz sicher, ob dieser Beitrag nicht besser in die Sparte Archäologie passen würde, aber nachdem in Gabreta nix ausgegraben wurde, sondern dort die Kulturgeschichte und die Gebräuche des Keltentums vermittelt werden sollten, hielt ich DIESE Kategorie am besten dafür geeignet.
Sorry, wenn ich mich darin möglicherweise geirrt habe. Falls es eine passendere Kategorie dafür gibt, so kann dieses Thema gerne dorthin verschoben werden.
Ich habe es jetzt mal unter Ausstellungen/Historische Sehenswürdigkeiten gepackt, dort passt es mE besser hin. :winke:

Ja, ich weiß - Geschichte kann (gerade für Kinder und Jugendliche) ein staubtrockenes und stinklangweiliges Thema sein, wenn man es nicht mit solchen Dingen etwas aufpeppt. Deshalb kann ich Deinen weiteren Ausführungen gut zustimmen.
Die Frage ist nur - wo sind die Grenzen?
Hat die Kulturgeschichte unserer Vorfahren in unserer heutigen Gesellschaft nur noch einen reinen Unterhaltungswert?
Ich würde es gar nicht mal so streng sehen. So wie ich das verstehe geht es doch vielmehr um Geschichte zum Anfassen, insbesondere für Kinder und Jugendliche aber eben auch den durchschnittlich interessierten Erwachsenen. Klar ist das immer eine Gratwanderung zwischen originalgetreuer Darstellung und Unterhaltung, was sicherlich nicht immer problemlos unter einen Hut passt, mE bei Museumsdörfern durch die "Mitmachkomponente" aber immer noch leichter zu bewältigen ist, als bei den einschlägig bekannten Infotainment-Dokus. Obwohl ich jetzt nicht sooo weit weg wohne, kannte ich Gabreta allerdings bis vor kurzem noch nicht mal. Kennst du es nur vom Hörensagen oder warst du schon dort?
 
Ich habe es jetzt mal unter Ausstellungen/Historische Sehenswürdigkeiten gepackt, dort passt es mE besser hin. :winke:
Danke! Diese Rubrik hatte ich wohl völlig übersehen? *schäm* Aber das kann einem Newbie wie mir in diesem Labyrinth schon mal passieren.

Kennst du es nur vom Hörensagen oder warst du schon dort?
Ja, ich war bereits mehrmals dort. Das erste mal vor vielen Jahren, als sich die Anlage zum Teil noch in der Bauphase befand, aber auch später noch mehrmals. Das letztemal vor ungefähr zwei (oder drei?) Jahren anlässlich eines Open Air Rock-Konzertes mit Freilichtbühne und Motorradshow.
Bei all diesen Besuchen habe ich so meine Beobachtungen gemacht und mir auch meine Gedanken darüber gemacht. Zum Beispiel über Balken, an denen man noch deutlich die Spuren der Motorsäge erkennen kann, über reetgedeckte Dächer im bayerischen Wald, über Dachschindeln, die ganz offensichtlich aus industrieller Produktion stammen, usw, usw. Aber auch über die Verbindung von vorzeitlicher Kultur, Geschichte und deren kommerzieller Vermarktung. Und genau deshalb habe ich diese "kulturhistorische Anlage" hier nicht nur vorgestellt, sondern meine Überschrift "Keltendorf Gabreta - historische Realität oder gut gemachte Touristenattraktion?" als Frage formuliert.
Aber wenn außer mir niemand sonst hier Gabreta kennt, dann hat diese Frage keinen Sinn, da sie - mangels detaillierter Kenntnisse - vermutlich nicht beantwortet werden kann.
 
Grabeta kenn ich selber nicht.
Bin aber öfter in ähnlichen Anlagen unterwegs.

Das was ich dazu beitragen kann ist, es gibt eine unglaubliche Bandbreite dieser Anlagen.
Auch die Träger dazu sind sehr unterschiedlich.
Ein paar Beispiele:

Eine rein privaten (-wirtschaftliche) Anlagen, wie in den Niederlanden: www.archeon.nl die am Wochenende auch mal eine Comicbörse oder ein Polterabende auf dem Gelände haben. Klar nervt das, aber ohne die Zugeständnisse gab es den Laden nicht.
Das Konzept ist eine Art Zeitstrasse, von der Steinzeit, bis ins späte Mittelalter, und keines der Gebäude ist aus der nächsten Nähe, trotzdem finde ich ein Besuch sehr lohnend.

Hier ist die Führung ein Verein (auch mit Hilfe von diversen Fördertöpfen) : http://www.stadt-ratingen.de/67/oekopfad/station5.shtml
Ein freizugängliches Gelände, wo leider viel Vandalismus herrscht.
Ich zähle als kleine lokale Bereichung am Niederrhein

Hier mal ein echtes Museum
http://afm-oerlinghausen.de/
Auch hier eine Zeitstrasse bis kürzer nur in FMA, dafür aber alles Nachbauten von Originalen mit Forschung, die “echte“ Wallanlage ist ein Hügel weiter gewesen.
Auch hier finden Feste statt…
 
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