Kommunikations-Technik der Julikrise

vor allem hätte man auch in Ö-U mithören können...

Wo wäre der Schaden gewesen, sofern erstmal nur der Inhalt des Ultimatums weitergegeben worden wäre um St. Petersburg noch vor der Abreise Poincarés in Kenntnis zu setzen?

In Wien/Budapest kannte man den Inhalt des eigenen Ultimatums ja gut, daraus hätte man wenig neues erfahren.

Natürlich war Telefonie über diesen Umweg nicht geeignet etwaige Abreden über gemeinsames Vorgehen und Reaktionen sicher zu treffen. Aber in der Causa des Ultimatums handelte es sich doch gar nicht darum, sondern nur darum St. Petersburg rechtzeitig vom Inhalt des Ultimatums in Kenntnis zu setzen, damit man dort schnell reagieren konnte.
 
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Wo wäre der Schaden gewesen, sofern erstmal nur der Inhalt des Ultimatums weitergegeben worden wäre um St. Petersburg noch vor der Abreise Poincarés in Kenntnis zu setzen?

Bei dem Inhalt wäre es sicherlich unproblematisch gewesen, aber bei anderen, wie Du korrekterweise ausführst:

Natürlich war Telefonie über diesen Umweg nicht geeignet etwaige abreden über gemeinsames Vorgehen und Reaktionen sicher zu besprechen. Aber in der causa des Ultimatums handelte es sich doch gar nicht darum, sondern nur darum St. Petersburg rechtzeitig vom Inhalt des Ultimatums in Kenntnis zu setzen, damit man dort schnell reagieren konnte.

Aber das wäre ja auch allgemein ein Problem der Abstimmung zwischen Frankreich und Rußland. Praktischerweise lag ja die Mittelmächte in der berühmten Mitte. Ob da die Kommunikation über möglicherweise Seekabel nach Skandinavien und durch Norwegen und Schweden ins damals russische Finnland laufen konnte, ist mir aber nicht bekannt. Und auch für Poincaré dürfte es nicht ganz einfach gewesen sein, von St. Petersburg aus mit Paris in Verbindung zu bleiben.
 
Bei dem Inhalt wäre es sicherlich unproblematisch gewesen, aber bei anderen, wie Du korrekterweise ausführst:


Aber das wäre ja auch allgemein ein Problem der Abstimmung zwischen Frankreich und Rußland. Praktischerweise lag ja die Mittelmächte in der berühmten Mitte. Ob da die Kommunikation über möglicherweise Seekabel nach Skandinavien und durch Norwegen und Schweden ins damals russische Finnland laufen konnte, ist mir aber nicht bekannt. Und auch für Poincaré dürfte es nicht ganz einfach gewesen sein, von St. Petersburg aus mit Paris in Verbindung zu bleiben.

Nachdem Poincaré aber als Ansprechpartner direkt in Petersburg war, hätte man jedenfalls von Seiten Frankreichs und Russlands so direkt miteinander beraten können, dass weiteres wahrscheinlich erstmal nicht notwendig gewesen wäre.

Gemäß der von @andreassolar verlinkten map, die das Kabelnetz Stand 1901-1903 zeigt, hätte man auf verschiedenen Wegen von da aus telegraphisch mit Paris und London Rücksprache nehmen können.
Das wäre selbiger Karte nach auch bis Bergen und Ekersund ohne Seekabel über den Landweg machbar gewesen und von dort aus durch die Nordsee, nach Schottland und von da aus nach Süden.

Das wäre relativ sicher gewesen, so lange man kein Problem damit hatte, das Stockholm, Oslo und London mitlesen konnten, sofern die überhaupt in der Lage waren, das zeitnah zu dechiffrieren.
Da wohl auch durch den Bosporus ein Unterseekabel lag, wäre es wahrscheinlich auch möglich gewesen über das Schwarze Meer nach Griechenland und von dort aus durch das Mittelmeer in Richtung Marseille zu senden.
Beides wäre für die Zentralmächte nicht so ohne weiteres ohne sehr auffälliges und erklärungswürdiges Verhalten abzuhören oder gar zu blockieren gewesen.
 
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Gab es nach Russland hin bereits Telefonleitungen, so dass das möglicherweise zu umgehen gewesen wäre?
Ich hab dazu etwas gefunden.
Das ist nicht nur die Frage ob es eine Leitung gibt, sondern wir hoch die Reichweite eines Audiosignals in einer solchen Leitung war.
Rolf Oberliesen (– Information, Daten und Signale – Rowolt/Deutsches Museum 1987) behandelt das und zeigt auf S. 130 ein Diagramm, nach dem die max. Reichweite des Telefons 1910 nur bei einigen hundert Kilometern lag. (während mit der Telegrafie schon 20.000 km erreicht wurden*)

Es gab noch keinen Audioverstärker.
..das erinnert mich übrigens an meine Oma die, wenn sie mit räumlich ferner Verwandtschaft telefonierte wie ein Berserker in das Telefon schrie. Da gab es den Audioverstärker aber schon. :D

Audioverstärker für die Telefonie gibt überhaupt erst seit 1912 durch die Liebenröhre (eine Triode).
Ab dann erhöht sich die max. Reichweite allmählich.
Es kann also gut sein, dass die Verbindung Semlin-Budapest (Luftlinie gut 300km) entlang der Eisenbahn schon an der Grenze des Machbaren war,
und bei einer Leitung nach Wien sich der wackere Freiherr von Giesl womöglich vergeblich die Seele aus dem Leib geplärrt hätte.

St. Petersburg war von Belgrad aus telefonisch bei Weitem nicht zu erreichen. Auch dann nicht wenn es eine direkte Telefonleitung gegen hätte.
Es sei denn, man macht es wie die Österreicher. Der A ruft den B an und der dann den C und erzählt dann was der A gesagt hat. usw...

…...............
* Bei der Telegrafie speist man schon mal einen sehr viel höheren Spannungshub in die Leitung, und die Punkt-Strich-Signale lassen sich elektro-mechanisch verstärken.
 
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Es sei denn, man macht es wie die Österreicher. Der A ruft den B an und der dann den C und erzählt dann was der A gesagt hat. usw...

Was aber nicht so viel besonders schneller gewesen wäre und die Gefahr mit sich gebracht hätte, dass der Wortlaut auf dem Weg verfälscht worden wäre.
Das erklärt, warum man auf solches verzichtet hat.
 
Im Ersten Weltkrieg kam dann die Funktelegrahie zum Einsatz, .... Die Telegramme wurden verschlüsselt, was aber auch nicht immer sicher war. Nimm das berühmte Zimmermann Telegramm, welches verschlüsselt gewesen war, von den Engländern aber geknackt wurde, mit verheerenden Folgen für Deutschland.
..ich mach mal an der Stelle weiter.
Der Kriegszustand zwischen GB und dem DR beginnt 00:00-Uhr am 4. August 1914. Noch in dieser Nacht beginnt ein britisches Kabelschiff die deutschen Überseekabel aus dem Ärmelkanal zu ziehen und sie zu durchtrennen. Um Reparaturen unmöglich zu machen werden große Strecken der Kabel an Bord genommen.
Der Krieg ist noch keinen Tag alt und das DR hat keinen einzigen Überseedraht mehr.
Die Telegrafie mit Übersee kann nur noch über die Großfunkstelle Nauen abgewickelt werden.
Die Nachrichten sind durch Code-Bücher verschlüsselt. Darüber liegt meistens noch ein zweiter Schlüssel.
Auf britischer Seite sind zur Zeit des Zimmermann-Telegrams 800 Funker mit dem Abhören und Weiterleiten an die Entschlüssler (70-80 Leute) beschäftigt.
Ich beziehe mich auf: Barbara Tuchmann – Die Zimmermann Depesche

Nauen nahe Berlin wurde ab 1906 aufgebaut und ständig vergrößert. War gewiss High-Tec dieser Zeit und ein richtiges Viech. Wer sich das anschauen will, der Hammer..: https://www.radiomuseum.org/forumdata/users/5100/TZ_3Jg_Nr17_1v1_v12.pdf
(Empfehlen will ich es auch @dekumatland schon wegen der Architektur. ;))
Eine weitere große Funkstelle stand bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs unmittelbar vor ihrer Vollendung.
Kamina sollte Afrika mit Nauen verbinden.

Also da war schon einiges los auf dem noch jungen Feld der Funkerei.
Was die Julikrise angeht, war diese, so wie ich es verstehe, nur insofern wichtig,
als die französische Staatsspitze nach dem Staatsbesuch in Russland in der kritischen Phase für 6 Tage nur eine Funkverbindung hatte, die eben nicht zuverlässig funktionierte, wie Du bereits angemerkt hast.
 
Und die deutsche 8.Armee konnte 1914 in Ostpreußen, nicht zuletzt aufgrund des abgehörten russischen Funkverkehrs, die entsprechenden Telegraphenleitungen sind angezapft worden, und die Russen funkten leichtsinnigerweise unverschlüsselt, so erfolgreich operieren.
 
Es gab noch keinen Audioverstärker.
...es gab also damals Reichweiten-Grenzen beim Telefon allein schon durch die Abnahme des Audiosignals - auch noch in den 1970er Jahren durfte man bei Gesprächen über den Großen Teich in die Staaten durchaus lauter reden, von Gesprächen 'anderswo hin' gar nicht zu reden.

Das mit den Übertragungen per Funk 1914 dürfte sich auf KW abgespielt haben, und KW hat halt ziemliches Fading, u.a. je nach Wetter und Atmosphäre, was damals vermutlich technisch noch nicht (ausreichend) ausgeglichen werden konnte - m.E. 1914 weniger zuverlässig für die Übermittlung wichtiger/vertraulicher/geheimer Botschaftsmitteilungen, Weitergabe offizieller Mitteilungen etc. im Vergleich zum Telegramm via Kabel.
Weiterhin müsste man beispielsweise in Konstantinopel schon ziemlich große und starke Sendeanlagen an, in, auf bzw. für die deutsche Botschaft installiert haben, um damit ausreichend stark senden zu können, bis nach Berlin usw. Wenig wahrscheinlich, schätze ich mal.
 
Ob die auch Kurzwelle konnten weiß ich nicht.
Graf Arco hat wesentlich (in Nauen) die Langwellen-Technik entwickelt, Kurzwelle gabs schon zuvor, in Nauen ab 1923, lt. 'Stichproben' in der Telefunken-Broschüre.
Die Frage, ob die Botschaften/Gesandtschaften 1914 regulär drahtlos dank Sendeanlagen ihre Berichte usw. nach Berlin übermittelten und umgekehrt, darf ziemlich sicher verneint werden. Vermutlich wird es in den Nachbarstaaten Europas ähnlich gewesen sein.

Auch bei der Langwelle gibt es große Einflüsse einer schwankenden Reflektivität der Ionosphäre.
Jau, nur UKW kommt bekanntermaßen weitestgehend ungeschoren davon.
 
als die französische Staatsspitze nach dem Staatsbesuch in Russland in der kritischen Phase für 6 Tage nur eine Funkverbindung hatte
Ich weiß zwar nicht, wie viel man den Erinnerungen Poincarés glauben kann, aber es sieht so aus, dass der Funkverkehr zwischen der "France" und Paris erst ab dem 27. Juli erfolgreich gestört war.
Am 24. Juli schreibt er noch auf See:
Nach und nach erhalten wir unvollständige Radiogramme, die in ihrer Unordnung und Obskurität wenig beruhigend wirken. Wir erfahren, dass Österreich eine Note an Serbien geschickt hat und innerhalb von 24 Stunden Antwort fordert, deren Einzelheiten wir noch nicht kennen. Mehrere Wochen zu warten, um seine Forderungen zu äußern und zu verlangen, dass ihnen fast sofort entsprochen wird, ist eine Vorgehensweise, die uns nicht anders erscheinen kann, als brutal.
Am 25. Juli wird er in Stockholm von König Gustav V. empfangen. Schweden verfügte damals mit der Great Northern Telegraph Company über das beste Telegrafie-Netz Europas mit direkten Kabeln nach England und über Kopenhagen auch nach St. Petersburg und Paris. Durch die 1913 installierten Creed Teleprinters konnte Stockholm auch eine große Menge an Meldungen gleichzeitig verarbeiten.
Poincaré klagt einerseits über die Flut an Meldungen, die für ihn aus Paris auf diesem Weg eintreffen, andererseits aber auch darüber, dass ihn die "Wahrheit" nicht erreicht hätte. An der Telegrafie kann es nicht gelegen haben. Er sinniert darüber, ob er wohl die geplanten Besuche in Dänemark und Norwegen absagen soll und beschließt, dies nicht zu tun.
Erst am 27. Juli, bereits in Kopenhagen eingetroffen, wo ihn wieder Telegramme aus Paris erreichen und er das direkte Kabel von dort über Calais nach Paris hätte benutzen können, entscheidet er anders und setzt Kurs auf Dünkirchen, wo er am 29. Juli eintrifft.

Aus: Comment fut déclarée la Guerre de 1914 / Raymond Poincaré,... und History of the Atlantic Cable & Submarine Telegraphy - The Great Northern Telegraph Company
 
Aus den Funkstellen Königsberg, Graudenz, Thorn und Posen gelang es den russischen Funkverkehr systematisch abzuhören.
Gemäß Wilhelm Flicke, einem deutschen Nachrichtenoffizier, hatte das erfolgreiche Abfangen unverschlüsselter Meldungen der Russen bei Tannenberg mehrere Gründe:
Die 8. Armee verfügte nebst den erwähnten festen Sendern noch über 5 mobile Sender.
Die nicht ausgelasteten festen Sender hatten viel freie Kapazität und konnten darum, statt zu senden auch abhören.
Das russische XIII. Korps hatte keinen Entzifferungs-Schlüssel und bekam darum seine Befehle unverschlüsselt, was auch bedeutet, dass es nicht über die verschlüsselten Befehle seiner Nachbarkorps im Bilde war.

https://www.nsa.gov/portals/75/docu...logic-spectrum/beginnings_radio_intercept.pdf
 
Dass die französische Staatsspitze in Petersburg 'nur' eine und womöglich auch noch bewusst gestörte Funk-Verbindung nach Paris hatte, somit also verspätet vom ÖU-Ultimatum durch Paris erfahren hatte, ist teils durch Naresuans Beitrag relativiert und weiterhin in sofern schon lange korrigiert worden, wie seit vielen Jahren belegt werden konnte, dass die französische Spitze in Petersburg laufend von vielen Seiten vor Ort informiert worden war. Siehe Stefan Schmidt, Frankreichs Außenpolitik in der Julikrise 1914, 2009, Kapitel Die démarche comminitoire. Wahrnehmung einer Krise, und Die Zusicherung des unbegrenzten Beistands.

Solche immer noch tradierten Zuspitzungen oder womöglich ungewollten Vereinfachungen bei der Darstellung der Situation übersehen weiterhin die durchgeführten Möglichkeiten in Petersburg, auch von dort mit den französischen Botschaftern/Gesandten beispielsweise Wien oder Belgrad per Kabeltelegramm zu kommunizieren.

Achja, da war noch der dt. Botschafter in Rom, der sich Mitte Juli 1914 San Giuliano gegenüber verplappert hatte und einige Andeutung über die zu erwartenden Forderungen ÖUs gegenüber der serbischen Reg. gab und auch vermittelte, dass die ÖU-Reg. bei einer nicht vollständigen Erfüllung der Forderung seitens der serbischen Reg. diese mit militärischen Machtmitteln durchzusetzen gedenke. Diese Andeutungen wurden umgehend nach Petersburg weitergegeben.

Wenn es europäischen Ort gab jenseits von Wien und Berlin, bei dem die Informationen und Andeutungen über die Umrisse der geplanten Forderungen der ÖU-Regierung und die Sanktionen bei nicht vollständiger Erfüllung vor dem offiziellen Ultimatum zusammen liefen, dann war das Petersburg.
 
So kabelte der GB-Botschafter in Wien, Maurice de Bunsen, am 16. Juli 1914 vertraulich an Edward Grey über Äußerungen des ÖU-Außenministers zu einem Freunde von de Bunsen, die ÖU-Reg. werde von serb. Reg. verlangen, gewisse entschiedene Maßnahmen zur Eindämmung nationalistischer und anarchistischer Propaganda zu ergreifen, [...] dass sie [ÖU-Reg.] auf sofortiger bedingungsloser Einwilligung bestehen werde, andernfalls Gewalt angewendet werden würde. Deutschland solle mit diesem Vorgehen völlig einverstanden sein.
Q: BD, deutschsprachige Ausgabe, Band XI, erster Teilband, S. 68, Nr. 50

Die veröffentliche Meinung, die durchaus europäische massenmediale Landschaft spielte zu dem Zeitpunkt bereits massiv auf.

Und so sah beispielsweise ein Telegramm aus, nachdem der gekabelte, in Ziffernfolgen verschlüsselte Inhalt am Zielort dechiffriert und niedergeschrieben wurde.
 
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Nimm das berühmte Zimmermann Telegramm, welches verschlüsselt gewesen war, von den Engländern aber geknackt wurde, mit verheerenden Folgen für Deutschland.

Die russische Marine hatte vom gesunkenen deutschen Kreuzer Magdeburg vor dem Finnischen Meerbusen bereits im September 1914 zwei nicht zerstörte/beseitigte Signalbücher mit den Codes bergen können, UK erhielt im Oktober eines davon, schreibt TanteWiki. Und die britische Marine hatte ein über Schweden in ein Transatlantikkabel geschicktes, verschlüsseltes Telegramm an die Dt. Botschaft in Washington zur Weitergabe an die dt. Gesandtschaft im Mexiko (Abb. zeigt verschlüsselten Zimmermann-Telegrammtext der Dt. Botschaft in Washington D.C. an die Dt. Gesandtschaft in Mexiko City) abgefangen.

Meist wurde ja doppelt verschlüsselt, beim Zimmermann-Telegramm anscheinend nicht. Und vertrauliche Regierungs-, Botschaftsangelegenheiten wurden anscheinend, soweit wohl möglich, stets via Kabel verschickt.
 
Der diplomatische Telegrafie-Verkehr über die Kabel Stockholms soll vom schwedischen Geheimdienst abgefangen und ohne das selbst entschlüsseln zu können an deutsche Gesandte übergeben worden sein. In Berlin soll dann entschlüsselt und die Ergebnisse auch einem dorthin abkommandierten Vertreter des schwedischen Generalstabs zurückgegeben worden sein.
Im Gegenzug oder besser obendrein durften die Deutschen das schwedische Netz und zusätzlich zur eigenen die schwedische Verschlüsselung benutzen, in dem die deutschen Meldungen in schwedische Diplomatenmeldungen "eingepackt" wurden.
Jan-Olof Grahn, Om svensk underrättelsetjänst (Über Fragen des schwedischen Geheimdienstes)
Und die britische Marine hatte ein über Schweden in ein Transatlantikkabel geschicktes...

Es scheint noch nicht ganz geklärt, ob das Zimmermann-Telegramm auch über den schwedischen Weg und nicht nur im deutschen Code über das US Diplomatenkabel lief.
Nicht, dass es auch so entschlüsselt worden wäre, aber es hätte wohl zu Erklärungsbedarf zwischen den Briten und den Schweden geführt, wenn es nur über den schwedischen Kanal gegangen wäre.
Nachdem die Schweden nämlich bereits gerügt wurden, dass sie deutsche Telegramme nach Washington in ihre eigenen packten, schickten sie diese jeweils über Buenos Aires.
Das merkten die Briten schnell, nur sagten sie nichts mehr. Offensichtlich konnten sie da bereits mitlesen.
https://citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/download?doi=10.1.1.1054.3526&rep=rep1&type=pdf

1916 spielte auch der Schweizer Nachrichtendienst mit:
Guanzini, Catherine: "Obersten-Affäre", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 08.10.2009, übersetzt aus dem Französischen. Online: Obersten-Affäre , konsultiert am 27.01.2022.
und Landesverrat - Ein Einzelgänger bringt alles zutage: Der Kryptograf André Langie
 
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Es scheint noch nicht ganz geklärt, ob das Zimmermann-Telegramm auch über den schwedischen Weg und nicht nur im deutschen Code über das US Diplomatenkabel lief.
Nicht, dass es auch so entschlüsselt worden wäre, aber es hätte wohl zu Erklärungsbedarf zwischen den Briten und den Schweden geführt, wenn es nur über den schwedischen Kanal gegangen wäre.
Nachdem die Schweden nämlich bereits gerügt wurden, dass sie deutsche Telegramme nach Washington in ihre eigenen packten, schickten sie diese jeweils über Buenos Aires.
Das merkten die Briten schnell, nur sagten sie nichts mehr. Offensichtlich konnten sie da bereits mitlesen.
https://citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/download?doi=10.1.1.1054.3526&rep=rep1&type=pdf
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Ich versuch mal das ganze zusammen zu puzzlen.
Der Außenminister Zimmermann beabsichtigt eine Nachricht nach Mexiko zu bringen. Dazu stehen ihm drei realistische Wege zur Verfügung.
1. Funkverbindung Nauen nach Sayville und dann weiter nach Mexiko mit der privaten Western Telegraph.
2. Über das „Schwedische Karussell“ nach Buenos Aires und von dort dann über verschiedene Kabel nach Mexiko.
3. Und ganz erstaunlich über das Diplomatenkabel der USA von der amerikanischen Botschaft in Berlin nach Washington, dort weiter an die deutsche Botschaft und wieder über die Western Telegraph nach Mexiko.

Tuchman schreibt, dass Zimmermann sicher gehen wollte und alle drei Kanäle parallel nutzte.
Der britische Geheimdienst (Hall - Zimmer 40) habe alle drei aufgefangen.
Die Dekodierung sollte Wochen dauern, doch sei es schnell klar gewesen, dass es ein brisantes Dokument sein könne.
Die Verbindung Nauen – Sayville sei unsicher gewesen, nicht nur wegen des abhörbaren Mediums Funk, sondern weil es auf amerikanischer Seite ein Kontrolle der empfangenen Nachrichten gab und damit die Gefahr bestand, dass das unverständlich kodierte Telegramm im der Zensur steckenblieb.

Von zu Gathen (Danke für den interessanten Link) hält diesen Weg für ausgeschlossen, eben wegen der Zensur.

Das Schwedische Karussell hat mich verblüfft.
Schweden verfügte damals mit der Great Northern Telegraph Company über das beste Telegrafie-Netz Europas mit direkten Kabeln nach England und über Kopenhagen auch nach St. Petersburg und Paris.
Danke für den Hinweis.
Die hatten großen Durchsatz und wohl umfangreiche Verträge mit anderen Kabelbetreibern.
Die schwedischen Kabel nach Westen laufen über GB.
Dieses untersagt diplomatische Nachrichten vom DR nach USA und das neutrale Schweden wird beim dazwischen schmuggeln von deutschen Nachrichten erwischt. Nach 1915 steht dieser Weg daher nicht mehr zur Verfügung, doch kann der Umweg über Buenos Aires genommen werden. Ob das in Mexiko ankommt ist freilich zweifelhaft.

Ich versuche mir vorzustellen wie das vor sich geht.
Morst da einer von der Northern Telegraph Company in Schweden an die englische Station, „Sendung nach Buenos Aires schalten“ und jemand steckt dann Kabelstecker und morst zurück „Leitung steht“ und dann gibt es Signalverstärkung und weitergehts nach Buenos Aires?

Diplomatenkabel der USA
Das vergiftete Telegramm wird darüber seinen Weg nach Mexiko finden.
Diese Story ist so ungewöhnlich, dass sie einer eigenen Bühne wert wäre. (und sei es im Stil eines Komödianten-Stadls oder auch James Bond)
Am 16. Januar 1917 geht das Telegramm nach Washington und weiter nach Mexiko am 19. Januar.
 
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