Konrad von Marburg - Ordenzugehörigkeit?

El Quijote

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Ich lese gerade in einem Beitrag von Bernhard Diestelkamp, Der Vorwurf des Ritualmordes gegen Juden vor dem Hofgericht Kaiser Friedrichs II. im Jahr 1236, in Religiöse Devianz. Untersuchungen zur sozialen, rechtlichen und theologischen Reaktion auf religiöse Abweichung im westlichen und östlichen Mittelalter, hgg. durch Dieter Simon, folgende Passage: "Nachdem Konrad (von Marburg) am 30. Juli 1233 zusammen mit einem Franziskanermönch wegen seiner Inquisitionsexzesse ermordet worden war, brach die Ketzerverfolgung mit Hilfe der Inquisition in Deutschland keineswegs sofort zusammen, wie allgemein behauptet wird. [...] Doch auch die Dominikaner wussten die Chance zu nutzen, dass der mit den Franziskanern zusammenarbeitende päpstliche Spezialinquisitor aus dem Wege geschafft war. Es war ein Predigermönch, der dem Papst die Nachricht vom Tode Konrads überbrachte - sicherlich nicht ohne Hintergedanken."

Ich dachte bis dato immer, Konrad sei Dominikaner gewesen. Die deutsche Wikipedia äußert sich nicht zu seiner Ordenszugehörigkeit, die englische schreibt:
Konrad long was considered to have been a member of the Dominican Order, but modern scholarly consensus holds that he was not.
Bei Google Books finde ich nur Arbeiten aus dem 19. Jahrhundert oder Pro- und Hauptseminarsarbeiten, die sich zu seiner Ordenszugehörigkeit äußern.
Ich kann mir vorstellen, wie er zum Dominikaner gemacht wurde.
Zunächst einmal sind Franziskaner und Dominikaner die mit der Inquisition beauftragten Orden gewesen. Da die Dominikaner 1216 konsagriert wurden, die Franziskaner aber erst 1223, Konrad erstmals 1214 auf sich aufmerksam machte und Konrad eben päpstlicher "Spezialinquisitor" war, war eine Ordenzugehörigkeit zu den Dominikanern nahe liegend. Möglicherweise war auch seine Nähe zum thüringischen Grafenhaus ausschlaggebend dafür, ihn nicht für einen Franziskaner zu halten. Wie aber kommt nun die neuere Forschung dazu, im die Zugehörigkeit zu den Dominikanern abzusprechen? Bzw. gab es in der älteren Forschung bessere als die von mir genannten, ihn für einen Dominikaner zu halten? War das quellenbasiert?
 
Hallo,


grad in Eile, irgendwo hab ich das Buch von Konrad, is im Elsebeth-Jahr rausgekommen.
In zwei Stunden mehr.

en hesse

hoffe das hilft, gefunden

Konrad von Marburg als Kreuzzugsprediger und Ketzerverfolger
aus dem Buch: Konrad von Marburg die Heilige Elisabeth und der Deutsche Orden, Seite 9
"Wie sein Magistertitel zeigt, hatte Konrad an einer nicht näher bekannten Hohen Schule oder Universität (Bologna?, Paris?) studiert und die akademische Lehrbefugnis erworben. Er besaß die Priesterweihe, gehörte aber keinen geistlichen Orden an. Aus der Tatsache, daß er sich in der unterschrift seines Siegels als Praedicator verbi Dei - Prediger des Wortes Gottes bezeichnete, wurde immer wieder der Schluß gezogen, er wäre Mitglied des Dominikanerordens gewesen, der lateinisch Ordo Praedicatorum heißt. Das bild des siegels macht jedoch augenfällig, daß er nicht Dominikaner war: Konrad trägt kein Dominikanerhabit, sondern das Gewand eines Weltgeistlichen; in der Rechten hält er einen Kreuzstab mit dreilatziger Fahne, in der Linken einen Bibel. Sein Siegel ist lediglich in einem einzigen Wachsabdruck von 1232 erhalten.

Erschlagen von den Dernbächern, ne Kapelle haben Sie ihm dann auch noch an dem Ort des Geschehen gebaut.

ne hesse
 
Zuletzt bearbeitet:
@ en hesse:

Welche Dernbacher waren das ?

Ich wohne hier keine 10km von Dernbach weg, aber die Familie besaß wohl 2 Burgen mit dem Namen Dernbach...

haben wir westerwälder den Konrad auf dem Gewissen ?
 
Hallo und sorry Corto,

Konrad von Marburg und die Herren von Dernbach, Görzel, Christian. (2004 - 2005) - In: Heimatnachrichten von Aar und Siegbach (2004/05) S. 42-47

Allgemein werden die Dernbächer von ihrer neuen Burg Dernbach (MR-BID) für die Tat heran gezogen.
Aber wer war nun besser mit den Syans im Bunde?

en hesse
 
Hallo,


Konrad von Marburg als Kreuzzugsprediger und Ketzerverfolger
aus dem Buch: Konrad von Marburg die Heilige Elisabeth und der Deutsche Orden, Seite 9
"Wie sein Magistertitel zeigt, hatte Konrad an einer nicht näher bekannten Hohen Schule oder Universität (Bologna?, Paris?) studiert und die akademische Lehrbefugnis erworben. Er besaß die Priesterweihe, gehörte aber keinen geistlichen Orden an. Aus der Tatsache, daß er sich in der unterschrift seines Siegels als Praedicator verbi Dei - Prediger des Wortes Gottes bezeichnete, wurde immer wieder der Schluß gezogen, er wäre Mitglied des Dominikanerordens gewesen, der lateinisch Ordo Praedicatorum heißt. Das bild des siegels macht jedoch augenfällig, daß er nicht Dominikaner war: Konrad trägt kein Dominikanerhabit, sondern das Gewand eines Weltgeistlichen; in der Rechten hält er einen Kreuzstab mit dreilatziger Fahne, in der Linken einen Bibel. Sein Siegel ist lediglich in einem einzigen Wachsabdruck von 1232 erhalten.


ne hesse

Danke für den Literaturtipp. Die Quelle ist (zumindest teilweise) auch online lesbar. Digitales Archiv Marburg - Das DigAM Projekt
In der Einleitung kann man eine große Nähe Konrads zu den Franziskanern herauslesen.
Er war seit 1226 Beichtvater von Elisabeth (später die Heilige), der Witwe des thüringischen Landgrafen.

"An Karfreitag (24. März) 1228 verzichtete sie feierlich in der Michaelskirche des von ihr und ihrem Gatten 1225/27 gestifteten Franziskanerklosters zu Eisenach gemäß der Ordensregel des Franz von Assisi auf alle familiären Bindungen und den eigenen Willen." (Digitales Archiv Marburg - Das DigAM Projekt Konrad und Elisabeth)

"Im Sommer 1228 siedelte Elisabeth nach Marburg über und gründete dort ein dem Hl. Franziskus von Assisi geweihtes Hospital" (ebenda)

"Magister Konrad suchte dieses Streben dadurch zu fördern, daß er Elisabeths unmittelbares Umfeld auf drei Personen reduzierte (...). Wenn er es für angebracht hielt, züchtigte er Elisabeth sogar körperlich.[11]*" (ebenda)

Bei jemanden, der so "großen Einfluss" auf das Leben von Elisabeth, einer großen Förderin der Franziskaner, hatte (oder angeblich hatte), zumindest eine Nähe zu den Franziskaner zu vermuten, erscheint mir naheliegend.

*Leider taucht unter dieser Fußnote online nur die Bemerkung "Quellennachweis" auf. Gibt da das "echte Buch" mehr her?
:winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
Morchen und Hallo,

ich hab den Ausstellungskatalog leider nicht, das Buch hat auch nur ein Gesamtverzeichnis, aber der Autor arbeitet mit den Originalurkunden (Ausschnitte von den) und deren Übersetzung.
Diese Urkunden und noch mehr Info findest du dort auch:
Digitales Archiv Marburg - Das DigAM Projekt

einfach Elisabeth eingeben und alles durchschauen, da ist ne Menge drin.

Bin auf dem Sprung nach Herborn, den dortigen Gutshof mit 16 finsteren Gesellen einnehmen und leer trinken.
Schau morgen noch mal alles durch was ich so habe an Büchern und Infos.

en hesse auf Streifzug
 
Hallo,

in der neuen PM H. ist ein Bericht über Ihn. Dünn und keine Quellenangaben.
Arme Elisabeth! Würde gerne mal wissen woher die die Zahlenangaben seiner Verurteilten haben?

en hesse
 
Aber die wurde doch erst Mitte des 14.Jahrhunderts errichtet?
Zur Zeit Konrads von Marburg müssten die Dernbacher noch in Alt-Dernbach, also im heutigen HerbornSeelbach gesessen haben.

Sorry, ja klar Alt-Dernbach, der Wechsel kam erst später.:autsch:
Genau weiß man es nicht, ein Schweinsberger soll auch dabei gewesen sein (aber alles Vermutungen ohne Nachweis). Für die Nähe zu den Sayn könnten es wohl die Dernbächer aus dem Westerwald gewesen sein.
 
Die Anfänge der Inquisition / Konrad von Marburg

Konrad von Marburg wurde von Gregor IX. am 12. Juni 1227 in Ketzerangelegenheiten angeschrieben und zum Reformator und Visitator für Deutschland bestimmt60. ,,Inquirere" darf man hier aber nicht mit dem späteren juristischen Sinn verwechseln. Konrad erhielt nur die Anweisung, die Ketzer aufzuspüren61 und zu denunzieren, wie sie zwei Jahre später, nach dem Konzil von Toulouse auch an andere erging. Am 11. Oktober 1231 wurde dem predicator verbi dei dann von Gregor IX. auch die Jurisdiktion übertragen62. Patschovsky meint dazu, dass damit ,,die päpstliche Ketzerinquisition [...] in Deutschland, ja überhaupt in Europa, ihren Anfang nahm"63. Konrad schlossen sich bald zwei Gehilfen an: Konrad Tors, ein Dominikaner, und ein Mann namens Johannes, wahrscheinliche ein Laie, dem eine Hand und ein Auge fehlten64. Die Männer behaupteten Ketzer auf anhieb zu erkennen und waren für zahlreiche Feuertode verantwortlich65. Der Wirkungskreis der drei Männer beschränkte sich auf Hessen, den Mittel-und Niederrhein, die Moselregion, das kurkölnische Sauerland, sowie das kurmainzische Erfurt. ,,[...] Die oberdeutsche Inquisition [wurde] von den Dominikanern [geleitet], [...]zwischen Lippe und Nordsee [waren] die Bischöfe [zuständig]"66.
Eine der Hauptquellen, die die Taten Konrads wiedergibt, ist die Continuatio IV der Gesta Treverorum67. Patschovsky bezeichnet Konrads Wirken als ,,Schreckensregiment"68 und weiter führt er aus: ,,Dieses Dreiergespann hat zahllose angebliche oder wirkliche Häretiker auf den Scheiterhaufen gebracht, und es machte an keiner sozialen Schranke halt"69. So scheute Konrad auch nicht davor mächtige Adlige anzuklagen, was 1233 dann seine Ermordung bedeutete. Obwohl Konrad anfangs von Bischöfen und Erzbischöfen unterstützt worden war, bildete sich bald eine Opposition der Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier gegen Konrad, die seinem Inquisitionsverfahren immer missbilligender gegenüberstanden. Sie trauten sich auch nicht beim Papst gegen ihn Einspruch zu erheben, da sie wegen Konrads ,,hoher Gunst [...] beim Papst, nicht gewagt hätten einen Bruch herbeizuführen"70. Dazu kam, dass die Spannungen zwischen dem Papst und diesen Bistümern immer größer wurden, unter anderem auch wegen unterschiedlichen Auffassungen zur Ketzerpolitik71. Konrad jedoch, unbeirrt von der wachsenden Kritik der Erzbischöfe, sandte indes in den ersten Monaten des Jahres 1233 Gregor IX. Berichte über eine ,,luziferanische" Sekte, der der einflussreiche Graf Heinrich von Sayn, ,,der auf einem Krebs durch die Lüfte zur reiten pflege", vorstehen würde72. Die Vorstellung Konrads über die Katharer und Waldenser erinnert überhaupt nicht an die Vorstellung, die wir heute von diesen Gruppen haben. Für ihn waren es nicht nur Andersgläubige, sondern Satansdiener, ,,die einem veritablen Teufelskult frönten mit allen absurden, obszönen und unzüchtigen Begleiterscheinungen, die man noch heutigentags mit dem Vorstellungskreis ,,schwarze Messe" verbindet"73. Die Sektenmitglieder seien ,,Kröten - und Katerverehrer", die auf Feiern diese Tiere küssten und mit ihnen Geschlechtsverkehr pflegten, zudem träfen sie sich in geheimen und dunkeln Räumlichkeiten74. So schuf sich Konrad auch die Meinung Katharer stamme von Kater ab. Patschovsky stellt dazu fest, dass die Tradition dieser Ketzervorstellung eindeutig aus dem Umfeld der Inquisition Konrads entspringe und er seine Opfer zu entsprechenden Geständnissen gezwungen habe75.
Gregor IX. reagierte auf die Schriften Konrads damit, dass er Konrad am 10. Juni 1233 ,,mit uneingeschränkten Vollmachen zur Kreuzzugspredigt gegen die Ketzer" beauftragte76 und zwischen dem 11. und 13. Juni die Briefe Vox in Rama unter anderem an die Erzbischöfe, Friedrich II. und Konrad von Marburg schrieb, die die luziferanischen Initiationsriten enthielten77. Auch der Papst selbst schien immer mehr die Beherrschung zu verlieren. So rief er am 17. Juni den Kreuzzug gegen die Stedinger Bauern aus78 und im Oktober, den dritten Ketzerkreuzzug dieses Jahres, gegen die ,,heidnischen Prussen".
Zum Fall des Grafen von Sayn berief der Mainzer Erzbischof Siegfried am 25. Juli 1233 eine Provinzialsynode ein, an der auch König Heinrich (VII.) anwesend war. Siegfried und Heinrich ließen ein Rüge - und Leumundverfahren durchführen, wobei die Zeugen des Grafen von Sayn denen Konrads zahlenmäßig überlegen waren. Es kam zu keiner Einigung, da Konrad sich wehrte die Zeugenaussagen der Gegenpartei anzuerkennen. Auch die Bischöfe wagten nicht sich gegen ihn zu stellen. So wurde die Synode vertagt, und dem Papst sollte Bericht erstattet werden79. Konrad verließ die Synode und begab sich den Weg nach Marburg. Am 30 Juli 1233 wurde er kurz vor seinem Ziel auf offener Strasse ermordet80. Wer dafür verantwortlich war wurde nie herausgefunden.
60 MGH Epp. saec. XIII 1, S. 277, Nr. 362: ,,Sollicitudinem tuam, quam diligenter intendis ad investigandum in partibus Theutonie pravitatis heretice sectatores, in Domino comendamus, dum pestis huiusmodi, quanto serpit occultius, tanto gravius vineam Dominicam in simplicibus demolitur. Quia vero efficacius procedere poteris ad heresim de illis partibus abolendam, si aliqui a te fuerint in partem huius sollicitudinis evocati, districte tibi per apostolica scripta mandamus, quatinus assumtis ad eandem sollicitudinem quos noveris expedire, diligenter et vigilanter inquiras heretica pravitate infectos in partibus memoratis, ut per illos ad quos pertinet zizania valeat de agro Domini extirpari."
61 inquirere aliquem in ursprünglichen Sinn: forschen / suchen nach jemandem
62 Der Auftrag ist ediert von Kurze (wie Anm. 17), nach der Vorlage des Rommersdorfer Briefbuchs (Landeshauptarchiv Koblenz, Bestand 162 Nr. 1401), S. 190-193
63 Patschovsky (wie Anm. 1), S. 644; Förg (wie Anm. 2) sah dies nicht so, S.71 ff
64 Continuatio IV der Gesta Treverorum, in: MGH SS 24, S. 400: ,,[...] et ministri eius Conradus quidam cognomento Tors et Iohannes carens uno oculo et una manu, qui duo ex hereticis conversi fuisse ferebantur."
65 Bernd-Ulrich Hergemöller: Krötenkuss und schwarzer Kater. Ketzerei, Götzendienst und Unzucht in der inquisitorischen Phantasie des 13. Jahrhunderts, Warendorf 1996, S. 3f
66 ebd., S. 8
67 Continuatio IV der Gesta Treverorum ( wie Anm. 64), S. 400-402
68 Patschovsky (wie Anm. 1), S. 646
69 ebd., S. 649
70 Förg (wie Anm. 2), S. 76
71 Hergemöller (wie Anm. 65), S. 12f
72 ebd., S. 11ff

http://kops.ub.uni-konstanz.de/bits...sz:352-opus-6734/PatschovskyFS.pdf?sequence=1

ab Seite 213
 
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