Kreuzabnahmerelief Externsteine, heidnische Bildelemente Deutung?

Afkpu

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Erstmal war ich mir nicht ganz bewusst ob dieses Thema in den Teil Kunstgeschichte oder Mittelalter gehört, da es mir aber sowieso eher um eure Meinungen bezüglich der Deutungsmöglichkeiten geht stelle ich die Angelegenheit mal hier ein.

Zum Thema, heute war ich, wie gefühlte 5 Millionen lärmende, trinkende, teilweise anscheinend äußert ungebildete Menschen (Das Relief würde von den Templern stammen aufgrund des Kreuzes, oder "Karl der Große der war doch um 1000"), an den Externsteinen und habe mir dort natürlich auch das Kreuzabnahmerelief angesehen.

Vorweg das Kreuzabnahmerelief wird entweder auf die karolingische Ära, oder aufgrund einer Inschrift innerhalb der hinterliegenden Kapelle in das 12te Jahrhundert datiert (steht beides im Wikiartikel)

Hierzu der Wikipediaartikel, welcher allerdings meine Fragen nicht ganz geklärt hat. Wie auf diesem Bild zu sehen ist erst einmal eine Kreuzabnahme wie man sie erwartet, nur steht Nikodemus auf einem, wie in dem Wikipediaartikel formuliert "pflanzenartigen" Gebilde. Für mich sieht diese Pflanze aber genau so aus wie ich die Irminsul von verschiedenen Beschreibungen her kenne. Des Weiteren ist im unteren Teil des Bildes eine Wurzel zu sehen, an welche 2 Gestalten (gedeutet als Adam und Eva) ihre Hände legen, die wiederum von einem Drachen o.ä umschlungen werden. Auch diese Darstellung erinnert nun ja etwas an die nordische Mythologie (Die Midgardschlange welche an den Wurzeln des Weltenbaumes nagt). Des Weiteren sind im oberen Teil des Bildes, rechts und links von Gott, zu welchem die Seele von Christus in Kindesgestalt zurückkehrt (hier finde ich sehr interessant, dass Gott bildlich dargestellt wird/werden durfte), die personifizierten "Hauptgestirne" Sonne und Mond. Auch das ist für mich, mit zugegebenermaßen schlechter Bildung in Sachen christlicher Kunst ungewöhnlich. Wie kann ich dieses Relief also deuten? Ausgenommen die normale Kreuzabnahme, denn diese Geschichte kennt man ja durchaus. Ich habe den Eindruck, dass hier dargestellt wird wie durch den Tod Jesu am Kreuz die Welt vom Heidentum bzw. der Sünde gereinigt wird. Erkennbar daran, dass die Wurzeln im unteren Teil des Bildes in das Kreuz hineinwachsen (bzw. aus dem Kreuz heraus) und die somit verdrängte Irminsul verkümmert. Was denkt ihr hierüber? Oder warum ist es umstritten, dass es sich bei der dargestellten Pflanze um die Irminsul handelt? Kennt jmd von euch erwähnte Pflanzen im Bezug auf die Kreuzabnahme? Bzw kennt jmd von euch ähnliche Darstellungen der Kreuzabnahme? Und steinigt mich bitte nicht wenn ich irgendetwas offensichtliches als nicht christlich erzogener Mensch übersehe, ich habe mich zu Beginn meines Studiums bereits dazu genötigt gesehen mir grundlegende Dinge anzueignen und denke, dass das einigermaßen geklappt hat :).

Afkpu
 
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Habe gerade bei weiterer Nachforschung eine weitere Darstellung einer Kreuzabnahme gefunden. Diesmal eine PamploneKapitelplastik aus dem Kreuzgang der Kathedrale von Pamplona datiert um 1145. Auch hier steht der heilige Nikodemus auf etwas, einer Art Stein (?) mit einem Muster welcher wiederum ein wenig an die im oberen Beispiel abgebildete Pflanze erinnert. Handelt es sich hierbei also einfach nur um ein wiederkehrendes zufälliges Stilelement zur Verzierung ohne weitere Bedeutung? Kennt jmd dieses Muster in weiterem Zusammenhang? Das die Pflanze vom Relief an den Externsteinen oftmals auf Amuletten und "neuheidnischem Merch" als Irminsul verkauft wird weiß ich, nur gibt es weitere Bildquellen die die Deutung untermauern?
 
Also , datieren kann man viel :))
Die Fältelung der Kleidung, die griechischen "Chitons?" die Toga des rechten und das "Eiserne Kreuz" an der Fahne so wie der Verwitterungszustand lassen auf das späte 19. Jhdt tippen.
Unten sind Adam und Eva, die den Sündenfall mit der Schlange am Baum des Paradieses darstellen und oben Jesus, der diesen Sündenfall durch seinen Tod sühnt.

Als die Steine noch nicht unter Denkmalschutz standen , haben ja viele dran rumgeschnitzt, Sachen hineingeheimnist und umgewidmet.
 
Aber da die ersten Schilderungen des Reliefs durch Goethe vorgenommen wurden halte ich 19. Jh. für leicht verspätet. Zumal es mir ja auch nicht um dieses Kreuz gibt, welches mir eigentlich eher als "cross pattée" und in der heralik sehr lange vor der verwendung als ek in erinnerung ist (nicht alles wurde erst durch militarismus und ns-zeit geprägt.. sogar das sonnenrad gab es schon vor den spinnern von der wewelsburg *hust*), geht es mir auch nicht vordergründig.

Aber die diversen modernen oder neuzeitlichen Graffitos die du angesprochen hast sind mir im oberen Teil der Externsteine leider auch aufgefallen. Das grieschiche Aussehen der "Soldaten" wird auch im Wikipediaartikel beschrieben, fiel mir allerdings als erstes aufgrund der dreieckigen Grundform der Gesichter auf. Weshalb das nun aber für das 19te Jahrhundert sprechen soll ist mir ein Rätsel. Auch würde, falls du darauf hinauswillst, eine Verunstaltung des Reliefs in der Neuzeit, wie z.b die Hieroglyphen die durch kaiserlich geprägte deutsche Forscher an den Pyramiden angebracht wurden, auffallen. Und die ersten Erwähnungen des Reliefs stammen auch aus dem Mittelalter.
 
Na ja, jedenfalls kannte der Künstler ne römische Toga und n griechischen "Rock"
Und das war in der Gegend bei KdG oder im zwölften wahrscheinlich nicht bekannt.
Auf s 19. kam ich wegen Historismus, aber Renaissance wäre auch möglich.

Heißt ja nicht, das das Relief nicht "überarbeitet" , restauriert nannte man das damals , wurde :)
 
Diese Spuren würde man denke ich sehen oder? Außerdem das was du als Toga und Rock beschreibst sieht nicht besonders abweichend zu einer im 8ten 9ten Jahrhundert gebräuchlichen mittelalterlichen Tunika aus oder? darunter getragene Strumpfhosen oder dünne hosen würde man im Falle eines Falles ja auch nicht sehen. Zumal, falls der Künster griechisch angehaucht sein sollte, ich mich zuerst über die Tracht in Ostrom zu jener Zeit erkundigen müsste. Zumal nach den Links die ich bisher gesichtet habe scheinbar das 9te Jahrhundert in der Deutung sehr beliebt zu sein scheint. Aber bevor wir noch weiter abschweifen geht es mir ja in erster Linie darum ob es noch Abbildungen mit ähnlicher Symbolik gibt, außer in den 2 von mir angeführten Beispielen.
 
Danke für diesen Thread! Somit bin ich hier also nicht der erste der sich darüber Gedanken macht auch wenn man wohl leider mit abschließender Sicherheit nichts wird aussagen können. Interessant finde ich jedoch, dass die Stütze von Nicodemus aus dem Kreuzgang der Kathedrale von Pamplona ähnliche Musterung aufweist. Ob es sich nun um eine Palme handelt oder nicht... vllt sollten wir den Papst fragen ;)

Dennoch finde ich die mögliche Symbolik, sofern das Relief denn in karolingischer Zeit entstand, sehr interessant und immer wieder Diskussionswürdig. Ich kenne zwar die genauen Ausdehnungen des sächsischen Kulturraumes nicht genau, aber wo ich mich schon gerade im Schatten der Iburg befinde, also nicht sehr weit weg vom Relief, drängen sich solche Gedanken auf. Warum den Sachsen nicht, einige Jahre nach ihrer Unterwerfung noch einmal bildlich vor Augen führen wer/was ihren Glauben nun abgelöst hat? Aber es kann natürlich auch sein, dass ich zu naiv, bzw von heutiger Sicht geprägt an die Sache herangehe.
 
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Ich meine ja keine direkte Ähnlichkeit, sondern die Musterung des Steines, die in meinen Augen durchaus vergleichbar mit der Form der Pflanze/des Stuhles ist. Leider finde ich ansonsten noch kein vergleichbares Material was Hilfsmittel bei der Kreuzabnahme zeigt.
 
Laut Wikipedia und Augenschein sind auf dem Relief mehrere ebenen dargestellt.
In der Mitte die Kreuzabnahme, oben der auf erstandende Jesus, unten eine Art Hölle. Interessanterweise wird das Monster am unteren Bildrand auf als Jona und der Wal gedeutet.

In der Jonas-Geschichte gibt estatsächlich auch eine Episode mit einem umgeknickten "Baum".
Der Prophet legt sich in den Schatten einer Rizinus-Staude und wartet auf den Untergang der Stadt Ninive.

Jona, Kapitel 4 Vers 6 u. 7
Da ließ Gott eine Rizinusstaude über Jona emporwachsen. Sie sollte ihm Schatten spenden und ihn so von seinem Missmut befreien. Jona freute sich riesig über die Staude. Aber als am nächsten Tag die Morgenröte heraufzog, schickte Gott einen Wurm, der die Rizinusstaude annagte, sodass sie verdorrte. Als dann die Sonne aufging, ließ Gott einen heißen Ostwind kommen. Dazu stach die Sonne auf Jonas Kopf, sodass er fast ohnmächtig wurde. Da wünschte er sich den Tod und sagte: "Es wäre besser für mich zu sterben, als weiterzuleben!"

Die Episode mit dem umgeknickten Wunderbaum steht aber in der Kunst ganz im Schatten des großen Fisches. Hier eine spätantiker Sarkophag, der die ganze Geschichte abbildet.

Die Jona-Geschichte wird im neuen Testament mit Christus verbunden. Wie Jona 3 Tage im Leib des Walfisches gefangen war, blieb Jesus 3 Tage im Reiches des Todes. Die Jonas-Geschichte kann daher allegorisch für Jesu Todund Auferstehung stehen.
 
Sehr interessant, allerdings sehe ich hier keinen thematischen Zusammenhang zwischen Kreuzabnahme und dieser Geschichte. Warte zurzeit auf die Möglichkeit mir weiterführende Literatur zum Relief selbst anzusehen, denn der Wikipediaartikel ist ja nicht sehr ergiebig was die Deutung angeht
 
Hm naja die Datierung auf das 12te Jahrhundert wird ja nur anhand der Inschrift getätigt oder? Die Brandspuren deuten auf eine Nutzung bereits im 8ten 9ten Jahrhundert und vom Stil her (das musste ich mir als kunstgeschichtlich nicht versierter Mensch sagen lassen) könnte man das Relief durchaus in die Zeit Karls datieren, auch wenn hier Streitpunkte wären. Die Datierung auf das 12te Jahrhundert hat sich in den letzten Jahrzehnten, angeblich klammheimlich, gegenüber der anderen Datierung durchgesetzt, ohne dass eindeutige Beweise für eine der Thesen aufgekommen wären. Falls das Relief aber früher datiert wäre würde es in Zusammenhang mit der Christianisierung stehen, was ich wiederum interessant fand/fände.

Eine vorherige Nutzung ist nichteinmal zwingend notwendig, eventuell hat man auch nur einen markanten Punkt genutzt (besonders da ja eine Straße "durch" die Externsteine führte.
 
Ja, allerdings sind das doch Einzelargumente die , wenn man z.B die Brandspuren berücksichtigt (die anderen Argumente habe ich gerade nicht im Kopf), eine Nutzung vor Anlage der genannten Gräber nicht ausschließt oder?
 
Es geht gar nicht darum, ob sich vielleicht mal jemand in eine der Höhlen dort zurückgezogen hat, ob als Jagdplatz o.ä. oder vielleicht sogar als Heiligtum, die Externsteine sind ja zweifelsohne markante Punkte. Was das Problem ist, ist, dass es Leute gibt die versuchen a) etwas als Irminsul zu deuten, wofür es keinen Beleg gibt, damit b) das Kreuzabnahmerelief als christlichen Angriff auf ein heidnisches Heiligtum zu deuten und darum c) das Kreuzabnahmerelief, damit die These stimmiger ist, in Zeiten vorzudatieren, in denen die Sachsen en gros nachweislich noch nicht christianisiert waren. Die Spuren einer christlich sakralen Nutzung deuten eben auf das 12. Jhdt., die Überlieferung durch die literarischen Quellen nämlich konkret durch die Abdinghofer Urkunde deuten schon auf das Ende des 11. Jahrhunderts.
 
Da stimme ich dir zu, aber das Relief könnte durchaus bereits im 8ten 9ten Jahrhundert entstanden sein bevor es zu einer regelmäßigen Nutzung kam.
 
Ist das Tatzenkreuz, welches der Auferstandene(?) an der Standarte in der Hand hält, nicht ein Verweis auf die Kreuzzugszeit (abgesehen von der urkundlichen und inschriftlichen Überlieferung)?
 
Ich meine gelesen zu haben dass das cross pattée oder wie auch immer bereits im 5ten Jahrhundert in Abwandlung aufkam... wenn ich nun nur mein Zeug aus der Heraldikübung noch finden könnte....

und das soll angeblich Gott darstellen, finde ich auch sehr interessant, wenn man nun wüsste wann es noch zu Abbildungen von Gott kam (dürfte ja eher selten der Fall gewesen sein), könnte dies eine Eingrenzung erleichtern.
 
Ist das Tatzenkreuz, welches der Auferstandene(?) an der Standarte in der Hand hält, nicht ein Verweis auf die Kreuzzugszeit (abgesehen von der urkundlichen und inschriftlichen Überlieferung)?
Jesus mit einer solchen Tatzenkreuz-Standarte ist kein Verweis auf die Kreuzzüge.
Die Pose ist bereits aus der Karolingerzeit bekannt. Bsp: Stuttgarter Psalter
bj2.155.jpg
 
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