Ich habe nun etwas sehr interessantes gefunden. Auf diesem Bild sieht man Nikolaus ganz deutlich etwas verlesen:
Ceremonije :: NII_balkon_Zimski_Dvorac_2_august_1.jpg picture by nemanjapr - Photobucket
Er hat also anscheinend doch eine Ansprache gehalten. :grübel:
In einem englischen Forum habe ich außerdem einen Copyrightgeschützten Auszug aus dem Buch "Les Dernieres Anneess..." gefunden. In diesem Auszug hieß es, dass die Majestäten und die Großfürstinnen gegen 1 Uhr mit einem Boot an der Nikolaus-Brücke anlegten und zum Winterpalais gingen. Die Menge salutierte schweigend und respektvoll, während der Zar samt Familie zu Fuß in den Winterpalast ging. Dieser war bereits voll von Menschen, alle Generäle, Offiziere und Funktionäre waren schon da. Viele der Anwesenden waren aufgewühlt, trugen Karten und Akten umher. Der Zar erschien durch die linke Seitentür, es wurde augenblicklich still, alle Augen richteten sich auf ihn.
Ein feierlicher Lobgesang begann, der Zar war blass, seine Augen glänzten fiebrig und er wirkte sehr nervös. Viel lauter als üblich erhalten dann die Worte: "Lang lebe der Zar!", und die Menge antwortete. Danach wiederholten die Anwesenden im Chor ihre Wünsche für die glorreiche russische Armee, jeder bekreuzigte sich.
Nach alledem wurde das kaiserliche Manifest vom Hofgeistlichen verlesen. Nachdem dieser fertig gelesen hatte trat der Zar einen Schritt vor, jeder ging zum Zaren und umarmte und drückte ihn. Dann begann der Zar mit einer klaren und hellen Stimme zu sprechen: "Mit Ruhe und Würde hat unsere Mutter, das große Russland, die Nachricht der deutschen Kriegserklärung empfangen. Ich bin überzeugt davon, dass es die gleiche Ruhe und Würde ist, mit der wir bis zum Ende dieses Krieges kämpfen werden. Ich erkläre hier feierlich, dass wir keinen Frieden schließen werden bis de rletzte feindliche Soldat unseren Boden verlassen hat! Und Sie, die Vertreter der Truppen, der Wachen und Soldaten St. Petersburgs, die mir so lieb sind, sind hier versammelt, in dem ich meine Worte an die gesamte vereinigte Armee richte, getrieben von dem gleichen Geist, so stark wie Granit, und die ich segne für ihre harte Arbeit, die sie zu verrichten haben."
Daraufhin gab es eine sehr kräftiges "Hurrah!" als Reaktion auf des Kaisers Worte. Die Anwesenden schüttelten sich gegenseitig die Hände und umarmten sich. Danach sangen sie erneut "Gott schütze den Zaren" und riefen wieder ein kräftiges "Hurrah!" aus. Es folgte ein anderes Lied, an welches sich der Beobachter nicht mehr erinnern kann. Diejenigen, die dem Zaren am nächsten standen vergaßen alle Disziplin und alle Vorschriften und umkreisten ihre Majestät, gaben ihm Handküsse und versicherten ihm ihre Zuneigung und Treue. Der Zar war tief bewegt, die Zarin hatte Tränen in den Augen, ebenso viele der Soldaten.
Großfürst Nikolai Nikolajewitsch versuchte dann den Ring, der sich um den Zaren gebildet hatte zu durchbrechen, und hatte große Mühe ihn aus dem Gedränge in den Wohnbereich des Palastes zu führen. Danach wandte sich Großfürst Nikoli Nikolajewitsch selbst an die Anwesenden, er rief sie auf ihre Armee zum Sieg zu führen. Die Offiziere umringten ihn, riefen unaufhörlich "Hurrah!" und hoben ihn auf ihre Schultern. Der Großfürst versuchte sie zu beruhigen und sie wieder an ihre Arbeit zu führen. Dies ernüchterte die Menge, sie sangen ein letztes mal die Nationalhymne und schrien "Hurrah!", dann zog sich Großfürst Nikolai Nikolajewitsch selbst in den Wohnbereich zurück und ging zum Zaren.
Der Platz vor dem Palast war überfüllt von Menschen. Diejenigen in der vordersten Reihe hielten Porträts ihrer Majestäten in die Höhe und Flaggen und Fahnen flatterten über ihre Köpfe hinweg. Es war ein Meer von Menschen. Die Menschen schienen auf etwas zu warten. Plötzlich wurde es still, der Kaiser erschien auf einem Balkon, hinter ihm stand die Kaiserin in einem weißen Kleid. Die Menschen auf dem Vorplatz knieten sofort nieder, entfernten ihre Kopfbedeckungen und senkten die Fahnen und Standarten. Der Zar wurde begrüßt von "Hurrah"-Rufen, der Hymne und dem Lied "Herr, rette dein Volk!". Die gesamte Menge sang: "...gib unserem frommen Kaiser den Sieg über seine Feinde...". Dann beteten sie. Der Zar und die Zarin konnten ihre Tränen nicht zurückhhalten, sie bekreuzigten sich.
Leider endet die Beschreibung dort, es wird nicht gesagt, was der Zar verlesen hat. Ich nehme aber mal an, es war eine ähnliche Rede wie die, die er vor seinen Offizieren und Generälen hielt.