Es gibt zum Thema Militär am Ende des 18. Jahrhunderts viel an überholter Literatur. Die Aufgabe ist von daher nicht ganz einfach. Fiedler ist wie Brissotin schon angedeutet hat, etwas älter. 2002 ist die Neuauflage, im Original ist das glaub ich aus den 80er Jahren.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts haben wir die Aufstellung größerer Formationen der leichten Infanterie (also Jäger und ähnliches), beruhend auf Erfahrungen im Siebenjährigen Krieg und Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Preußen ist in der Hinsicht führend.
Artillerie nimmt ebenfalls eine bedeutendere Rolle ein und wird in großen Batterien gegen einzelne Punkte der feindlichen Schlachtlinie zusammengefasst. Erwähnenswert ist das französische Gribeauval System mit einheitlichen Kanonengrößen.
Außerdem hält die Aufklärung ihren Einzug ins Militär. Leibesstrafen nehmen gegen Ende des 18. Jahrhunderts in ganz Europa ab. Nach der Niederlage von 1806 kapitulieren viele preußische Festungskommandanten um die Zivilbevölkerung zu schonen. Ideal der Kriegsführung im 18. Jahrhundert ist eine strikte Trennung zwischen Zivilisten und Militär. Mit der französischen Revolution und dem Verzicht auf Magazinversorgung hat die Zivilbevölkerung stärker unter Kriegen zu leiden.
Nehmt ihr gerade die französische Revolution durch? Ich fürchte dein Lehrer will auf das übliche hinaus.

feif: Wahrscheinlich soll dein Referat erklären, warum die französische Armee erfolgreich ist und die ersten Koalitionskriege gewinnt. Vereinfacht läuft die These auf einem Kampf zwischen Ancien Regime und Revolution/Napoleon hinaus. Nach dieser Logik zieht die preußische Armee den kürzeren, weil sie überkommen und veraltet ist. Angeblich ist die (französische) Tirailleurkampfweise den Linieninfanteristen hoch überlegen, weil Tirailleure zielen und das Gelände als Deckung nutzen. Außerdem seien die französischen Soldaten durch den Nationalismus höher motiviert und würden deshalb deutlich weniger desertieren. Der preußische, in den Krieg geprügelte Söldner müsse daher automatisch verlieren. Generell sei die preußische Armee eher ein marschierendes Konzentrationslager, das nur durch die Gewalt der Offiziere zusammengehalten werde und daher zur eng aufstellten Linearformation gezwungen sei. Kolonnentaktik und Tirailleurgefecht seien im Verbund der starren Lineartaktik des Ancien Regime überlegen.
Ich finde die These deines Lehrers an sich zweifelhaft. Vor 1800 war die französische Armee eigentlich noch gar nicht das Vorbild schlechthin.
Eine neue 30seitige Studie dazu findet sich im Ausstellungskatalog "Für die Freiheit - Gegen Napoléon. Ferdinand von Schill, Preußen und die deutsche Nation." von Veit Veltzke (Hg.).
Nochmal ältere Meinungen zur französischen Armee in 5 Punkten:
- französische Tirailleure sind überlegen
- französisches Volksheer (levée en masse) ist den Armeen des Ancien Regime überlegen
- durch Abschaffung der Leibesstrafen und Nationalismus desertieren die Franzosen nicht so häufig
- französische Armee hat im Gegensatz zu den Heeren des Ancien Regime keine Söldner
- französische Kolonnentaktik im Verbund mit der Tiralleurstaktik ist überlegen
Und die andere Seite; fünf Punkte aus der neuen Studie im Veltzke die gegen einen ungleichen Kampf zwischen Ancien Regime und Revolution sprechen:
- Die preußische Armee hatte selbst einen recht großen Tirailleursanteil. Jedoch wurde die Anzahl der Tirailleure vor 1806 verringert, beruhend auf Erfahrungen der Revolutionskriege.
- Napoleons Armee war kein Volksheer wie zu Zeiten der levée en masse. Die französische Armee rekrutierte über Conscriptionen und hatte Exemptionen wieder eingeführt. Der Unterschied zur preußischen Armee war in Bezug auf Rekrutierung daher nicht sonderlich groß, da in Preußen mit dem Kantonssystem ein Vorläufer der allgemeinen Wehrpflicht in Kraft war.
- Die preußische Armee hatte schon im 18. Jahrhundert keine außergewöhnlich hohen Desertionszahlen und keine außergewöhnlich brutalen Strafen. Im Jahr 1806 waren in Preußen wie fast überall in Europa Leibesstrafen reduziert. Napoleons Truppen hatten Teils hohe Desertionszahlen von bis zu 50%. Die Wehrpflicht war extrem unbeliebt, trotz nationalistischer Rethorik.
- Preußische Soldaten waren keine Söldner. Zum einen ist der Terminus nicht korrekt, da er auf selbstständige Kriegsunternehmer bezogen ist, zum anderen war der Sold in der preußischen Armee sehr gering. In ihrer Freizeit übten die meisten Soldaten daher noch einen anderen Beruf aus.
- Lineartaktik und Kolonnentaktik existierten während- und vor den napoleonischen Kriegen parallel.
Übrigens war die levée en masse ausschlaggebend für royalistische Aufstände in der Vendée und Bretagne. In Preußen gibt es die französischen Einflüsse hauptsächlich erst nach der Niederlage von 1806. Großbritannien hat meines Wissens nach noch bei Waterloo 1815 Peletonfeuer eingesetzt. Der Punkt Leibesstrafen und Motivation wird im Bezug auf Frankreich auch immer hervorgehoben; russische Truppen waren als unfreie Leibeigene trotz (aus heutiger Sicht) drakonischer Militärgerichtsbarkeit sehr hartnäckige Gegner.