Lager der Römer in Thüringen

Dieses Thema im Forum "Das Römische Reich" wurde erstellt von Arthur00He, 10. Mai 2014.

  1. Opteryx

    Opteryx Aktives Mitglied

    Ich habe eine Menge alter Karten und neuer Luftbilder mit einer Menge an Linien ausgewertet, aber nach zwanzig Jahren kann ich mich nicht mehr an diese Karte erinnern.
    Es gibt auch nur selten Marschlager, in welche im Mittelalter ein unsymmetrisches Dorf eingebaut wurde. Der Graben wurde vermutlich gleich als Viehgatter benutzt und instandgehalten. Erst mit dem Wüstwerden des Dorfes verfüllte man ihn, um die Fläche zu beackern.
    Der Direktor kannte sicherlich das lokale Affentheater um Pflug und wollte sich wohl keinem Gespött aussetzen. Nur ein Wort vom Landeschef hätte ihn der Verantwortung enthoben. Allerdings hätte man sich ja auf eine reine Analyse der Klassiker beschränken können. Aber, wie gesagt, das Klima war versaut, und Hachelbich noch nicht entdeckt.
     
  2. Opteryx

    Opteryx Aktives Mitglied

    Dann will ich mal wieder den alten Klauß zitieren.
    "Ursprünglich ist die Saale von Handelsschiffen überhaupt nicht benutzt worden. Es war ein flacher, verschlammter, von umgestürzten Bäumen und ähnlichen Hindernissen versperrter Fluss, der wegen geringen Gefälles sich in vielen Armen durch die von ihm abgelagerte Hochwassertrübe, also Schlickmassen, bewegte."
     
  3. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Rio, du vergisst bei deinen Überlegungen: Prahmen müssen getreidelt werden und sind nicht hochseetüchtig. Es ergab gar keinen Sinn, erst vom Main oder von der Lippe aus zur Elbe zu marschieren und dann noch Prahmen zu bauen. Was Sinn ergab, war sich aus dem Land zu ernähren, was also entweder die Plünderung der einheimischen Speicher bedeutete oder aber voraussetzte, dass man mit den germanischen Stämmen kooperierte. Caesar berichtet das vom gallischen Krieg, aber auch, dass die Gallier sehr säumig waren, was dem Nachkommen ihrer Versorgungspflichten waren, was irgendwo verständlich ist. Mit den Prahmen über die See in die Elbe funktionierte nicht. Wir wissen allerdings, das es durchaus konzertierte Aktionen gab, bei denen die Römer über unterschiedliche Marschwege an einem Ort zusammenkamen, wobei auch die Flotte eine Rolle spielte. Eine solche Gelegenheit ist für das Jahr 5 verzeichnet, wo Tiberius sich mit der Flotte an der Elbe traf oder eben für das Jahr 15, als sein Neffe Germanicus Caecina befahl, zur Ems zu marschieren und selber mit der Flotte die Ems hinauffuhr. Die Reiterei kam ihren eigenen, dritten, Weg zum Treffpunkt.
     
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  4. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Zumindest nur für eine begrenzte Zeit. Nach ein paar Wochen ist Schluss.
    Daher musste Drusus beim Feldzug des Jahres 11 v. Chr. an der Weser umkehren: Die Vorräte gingen zur Neige.

    Daher haben die Römer auch Stützpunkte an der Lippe, an der Lahn und am Main eingerichtet. Damit kam man schon ein Stück weit ins Landesinnere. Irgendwann kam aber der Punkt, wo auf Maultiere umgeladen werden musste.
    Als Tiberius bis zur Elbe zog, kamen die Versorgungsschiffe über die Nordsee und die Elbe aufwärts. Die Truppen haben keine Schiffe an der Unstrut gezimmert, um Unstrut-Saale-Elbe-abwärts ihren Proviant mitzuführen.

    Gerade das beschreibe ich ja nicht.
     
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  5. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Auch dazu hätte sich der Graben bis ins Mittelalter in einem benutzbaren Zustand erhalten müssen. Wenn die mittelalterlichen Siedler für ihre Zwecke einen Graben brauchten, waren sie sicher in der Lage, den selber auszuheben.
     
  6. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Auch zugebaute Standorte (und gerade zugebaute Standorte) wurden und werden immer wieder mal archäologisch untersucht. Zu Nienburg finde ich folgende kurze Angaben:

    "Das Stadtgebiet war aufgrund der topographischen Lage schon in ur- und frühgeschichtlicher Zeit ein ideales Siedlungsgelände. Archäologische Funde belegen, dass hier seit der Jungsteinzeit immer wieder Menschen siedelten. Eine starke Siedlungsaktivität muss es auch während der späten Bronzezeit und während der vorrömischen Eisenzeit gegeben haben. Dies belegt zumindest die großflächige Streuung von Funden dieser beiden Zeitstufen im Stadtgebiet. Im Zuge der Erneuerung von Teilen der Stadtmauer im Jahre 2005 konnten neue Befunde der neolithischen Baalberger Kultur und der spätbronzezeitlichen Saalemündungsgruppe gewonnen werden. Im gesamten Stadtgebiet konnte obendrein eine Vielzahl an Funden aus dem Mittelalter registriert werden, welche die Bedeutung der Ansiedlung als Kloster- und Verwaltungsstandort bezeugen."​
    Das untere Saaletal - Eine landeskundliche Bestandsaufnahme zwischen Halle und Bernburg (Hrsg. Gerd Villwock und Haik Thomas Porada), Köln/Weimar/Wien 2016


    Da das Thema "Lager der Römer in Thüringen" heißt, möchte ich mal dazwischenfragen: Wonach sucht Ihr denn eigentlich? Nach germanischen Siedlungen? Nach römischen Limesbesfestigungen? Nach Städten, die die Römer an der Saale gegründet haben? Oder nach Marschlagern?
    Da auf einem Feldzug Zeit kostbar ist, werden die Römer versucht haben, am Tag möglichst weit vorwärts zu kommen und ihr Marschlager gegen Abend an einer zum Lagern geeigneten Stelle aufgeschlagen haben. Da werden weder Zukunftsträume über Städtegründungen noch exakte 20-km-Vermessungen eine ausschlaggebende Rolle gespielt haben.
     
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  7. Lukullus

    Lukullus Aktives Mitglied

    Und wohl auch ebensowenig Verproviantierungsüberlegungen auf Wasserwegen im tiefsten Irgendwo.
    Die effektive Logistik der römischen Truppen unter Einbeziehung von Flüssen ist fraglos beeindruckend, doch die Voraussetzungen dafür zu schaffen braucht seine Zeit. Innerhalb der Grenzen ist solches bis hinab zu kleineren Fließgewässern reichlich belegt und bestens nachvollziehbar, doch im Kontext von saisonalen raumgreifenden Operationen im “Ausland“ erscheint mir die Erörterung optionaler Nutzung von Wasserwegen seitens der Römer mitunter gehörig überbewertet.

    Treideln bedingt hindernisarme Ufersäume. Uferbäumen lässt sich mit halbwegs überschaubarem Aufwand vielleicht noch kurzfristigst zu Leibe rücken, Auenwald und Sumpf oder Altarmen schon weitaus weniger.
    Unter dem Wasserspiegel liegende Hindernisse sind schwer auszumachen und noch schwerer zu beseitigen.
    Mit einfachen Mitteln lässt sich ein befahrbar gemachter Fluss zudem massivst beeinträchtigen. Ein paar hineingestürzte Bäume und Buschwerk machen so ziemlich jede Fortbewegung auf dem Wasser reichlich unkalkulierbar und riskant. Ich spekuliere mal dass dies in spannungsgeladenen Konstellationen allen Beteiligten sehr wohl bewusst war. Insofern...

     
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  8. Opteryx

    Opteryx Aktives Mitglied

    Dann hätte man näher am Siedlungskern einen kreisförmigen Graben angelegt. Für gerade Strecken und rechte Winkel gab es keinen Grund. Der Graben war aber da, bevor das Dorf hineingebaut wurde. Nur dann konnten die Scherben bei der späteren Verfüllung nur bis fast zum Grund reichen. Wäre der Graben erst nach der Wüstwerdung angelegt worden, hätten sie bis zum Grund gereicht.

    Sicherlich nach Marschlagern. Und diese dürften oft überbaut sein. Die 20km-Grenze ist ein reiner Orientierungswert, vor allem, wenn es sich um sumpfreiches Gebiet handelte. Und deshalb habe ich auf Stassfurt verwiesen. Über den Namen streitet man, wie üblich. Eine Variante ist Starasfurt, die "alte Furt".
    Aber wir wollten ja nicht mehr spekulieren.
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 24. November 2018
  9. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Hätte, hätte, hätte...
    Erst einmal hätte der Graben jahrhundertelang in einem benutzbaren Zustand erhalten geblieben sein müssen. Und dann hätte er entweder jahrhundertelang unverändert instandgehalten oder sonstwie konserviert werden müssen. Auch wenn die Ecke vielleicht nie überschwemmt war, so ist doch in der Zwischenzeit bei jedem Regenguss Schmodder in den Graben geschwemmt worden. Wie lange bleibt denn so ein unbefestigter Graben benutzbar?


    Das dachte ich eigentlich auch.
    Daher wundere ich mich ja auch sehr über solche Beiträge:

    Warum sollen die Römer ihre Marschlager ausgerechnet in Sümpfen (an nicht schiffbaren Flüssen) angelegt haben, und das auch noch "vorzugsweise"?

    Also, Marschlager wurden "oft" überbaut, allerdings "selten" mit asymmetrischen Dörfern.
    D. h. wir müssen nur symmetrische Dörfer suchen, und schon haben wir die Marschlager gefunden.
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 24. November 2018
  10. Opteryx

    Opteryx Aktives Mitglied

    Am Limes und auch im Taunus sind manche Gräben sogar nach 2000 Jahren noch nicht völlig zugeschwemmt. Der fundleere Anteil unten im Pömmelter Graben bildet die "Zuschwemmung.
    Im sumpfreichen Germanien gab es nur wenige Furten zur Überquerung der Bode. Das Sumpfwasser schmeckte den Römern und ihren eventuellen Trag- und Zugtieren nicht. Deshalb blieb man in der Regel am Fluss, da die germanischen Brunnen nicht ausreichten.
    Übrigens- wenn ein Dorf so groß war, dass es das alte Lager völlig und symmetrisch ausfüllte, so nannte man das später eine Stadt. Und da blieb vom Graben nicht viel übrig.
     
  11. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Von Haltern war obertägig nichts zu sehen. Die Stadt Haltern ist erst in der Neuzeit über die römischen Einrichtungen gewachsen. In León - auch augusteisch, aber natürlich im Laufe der Zeit mit Steinmauer ausgebaut - sieht man bis heute im Stadtbild die Umrisse des Römerlagers.
    Nienburg scheint gut ergraben zu sein, von den Römern scheint man dort aber nichts zu wissen.
    Starasfurt, wenn darin denn das slawische Wort stary* 'alt' steckt, würde nur bedeuten, dass im sechsten oder siebten Jhdt. slawische Siedler dort eine Siedlung an einer Stelle gegründet hätten, wo ein Weg einen Fluss kreuzte und später deutsche Siedler nur einen slawischen Namensbestandteil übernommen und den zweiten übersetzt hätten. Auf römische Anwesenheit gäbe es keinen Hinweis. Einmal mehr, dass steile Hypothesen ohne irgendwelche dahingehende Indizien formuliert werden und deren Fehlen mit einem „ist halt überbaut“ (wörtlich: „da blieb vom Graben nicht viel übrig“, „...Marschlagern. Und diese dürften oft überbaut sein.“) hinweggewischt wird.
     
  12. Opteryx

    Opteryx Aktives Mitglied

    Zumindest heisst es von Wilkenburg:
    "Nach derzeitiger Erkenntnis ist es das einzige archäologische Zeugnis des literarisch überlieferten „gewaltigen Kriegs“ (immensum bellum, 1-5 n. Chr.). Es ist zudem das nördlichste Marschlager Deutschlands und das einzige nicht überbaute nördlich des Limes."
    Wenn von Marschlagern, die nur wenige Tage benutzt wurden, genau so wenig übrig bleibt, wie z.B. von Hachelbich, so ist nach einer Überbauung wohl außer einem heute zufällig angeschnittenen Graben nichts mehr zu finden.
     
  13. Carolus

    Carolus Aktives Mitglied

    Auf Luftbildern kann man solche Lager oft identifizieren, auch wenn der Graben schon seit Jahrhunderten oder Jahrtausenden zugeschüttet ist.
     
  14. Marcus Antonius

    Marcus Antonius Mitglied

    Salve,
    dass mit der angeblichen nicht-Schiffbarkeit der Saale würde ich mal nicht so stehenlassen. Ich habe mal eine Publikation gelesen, dass die Saale in der Bronzezeit Teil der Bernsteinstraße an bzw. von der Ostsee war. Was Bronzezeitler schafften, müsste Römern nicht unmöglich erscheinen.

    Treideln muss man gegen den Strom, vor allem, wenn dieser stark fliesst. Wenn die Saale nun tatsächlich weit ausgreifend weit ausgreifend war, war die Fließgeschwindigkeit gering. Dann kann man auch rudern.
    Ob sie das getan haben, weiß ich natürlich nicht, unmöglich war es jedenfalls nicht. Und für ein paar Prahme brauchst Du Holz, Seile, ggf. Nägel oder Pflöcke, Werkzeug, ein paar Männer, die wissen, was sie tun und was ihr Ziel ist. Was davon könnte den Römern gefehlt haben?
     
  15. Opteryx

    Opteryx Aktives Mitglied

    Wenn es außer einem verfüllten Graben keine Steinbauten gab, siehst Du von oben nichts mehr, wenn eine Stadt darüber gebaut wurde.

    Die Römer hätten aber erst das tun müssen, was man im Mittelalter zwangsläufig tat: die angeschwemmten Bäume entfernen und die vielen flachen Verzweigungen zu einem tieferen Flussbett vereinigen.
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 24. November 2018
  16. Marcus Antonius

    Marcus Antonius Mitglied

    Salve,
    wie gesagt, wenn Deine Quelle das so feststellt hätten sie das wohl machen müssen. Mir erscheint jedoch die Aussage nicht plausibel, das dort mehr als tausend Jahre Baumstämme herumliegen, bis im Mittelalter jemand kommt, um sie weg zu räumen.;)
    Was macht die Saale im Gegensatz zu anderen Flüssen so besonders, dass dort lauter Bäume rumliegen? Warum liegen sie in der Werra oder Fulda nicht herum?
     
  17. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Ich verstehe nicht, warum das eine sinnvolle Replik auf mein Posting sein soll.

    Der Nutzen für den Prahm nach 200 km Marsch, wenn der Proviant aufgebraucht ist.
    Einen Prahm rudert man nicht, dafür ist der nicht gebaut.
     
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  18. Opteryx

    Opteryx Aktives Mitglied

    Das steht im Text. Die Saale war so flach und in viele Teilstränge zerteilt, dass die aus dem Gebirge kommenden Bäume nicht in die Elbe geschwemmt wurden, sondern unterwegs hängenblieben.
     
  19. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Auch der Rhein der Antike war viel flacher und breiter als der Rhein heute, wenn man mal vom Mittelrheintal absieht, wo der Rhein durchs Rheinische Schiefergebirge an der Ausbreitung nach links und rechts gehindert wurde. Dennoch war er schiffbar. Klar, die Saale ist sehr viel kleiner als der Rhein, dennoch würde ich solche Verabsolutierungen mit Vorsicht genießen und nicht überinterpretieren.
     
  20. Opteryx

    Opteryx Aktives Mitglied

    Es geht um die Hypothesen. Irgendwer hat mal ausgerechnet, dass die Feldzüge aller (damals bekannten) Heerführer ins freie Germanien ungefähr 60 Marschlager hinterlassen haben müssten. Gefunden wurde bisher nicht ein einziges (von Thrax sprach noch niemand). Nach meinem zitierten Text sind also tatsächlich alle überbaut, denn die "Pilotstudien" brachten bis auf Pömmelte kein einziges diskussionswürdiges Beispiel. Und trotz aller Mühe hat man in ostdeutschen Städten keine brauchbaren Grundrisse entdeckt. (Von Pflugs Entgleisungen, Zörbig usw., mal abgesehen) Es gibt nicht mal Indizien. Also was tun?

    Es gibt keinen Grund, an Klauß zu zweifeln. Er dürfte sich auch nur auf zeitgemäße Quellen berufen haben.
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 24. November 2018

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