Literarische Aufarbeitung des Ersten Weltkrieges in Deutschland

Albatros

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Bin kürzlich buchstäblich über ein Buch gestolpert: Edelf Köppen Heeresbericht (Berlin 2005). Sehr packend und interessant geschrieben, mit vielen Ausrissen aus Reden, Zeitungsartikeln, Briefen u.ä., die einen Eindruck der Zeit (1914-18) geben.

Was mich interessieren würde: Was gibt es sonst noch an Literatur - also Romane, keine Erinnerungen etc. - über den Ersten Weltkrieg. Außer Im Westen nichts Neues fällt mir auf Anhieb nichts ein, was wirklich künstlerische Qualität hat. (Arnold Zweig habe ich gerade bei Amazon noch gefunden).

Vielleicht hat ja der eine oder die andere eine Anregung für mich!
 
Da fällt mir als erstes ein Roman von Alexander Lernet-Hollenia ein: "Die Standarte".

Es ist ein kleiner Abenteuer und Liebesroman, der an der Balkanfront zum Ende des ersten Weltkrieges handelt. Hat keine grossen literarischen Ansprüche, liesst sich jedoch sehr spannend, ist relativ gut geschrieben und gibt ein sehr gutes Epochenbild (Störend nur ein etwas pathetische Endszene die m.E. erst nachträglich eingefügt wurde um den Gesamtcharakter zu ändern und der Zensur zu entgehen) .

Der Autor (und die Hauptdarsteller) sind Österreicher, das Buch wurde jedoch 1934 in der Berliner Illustrierten Zeitung in mehreren Folgen abgedruckt. Es gibt eine neuere Taschenbuchausgabe von Ullstein.

Daneben fallen mir die Werke von Joseph Roth ein, die zum Teil im ersten Weltkrieg handeln (Tarabas, und das Ende von "Radetzkymarsch" z.B.)
 
Das wichtigste Werk zum ersten Weltkrieg hätte ich fast vergessen: "Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk"!

Weiss eigentlich jemand, ob das ursprünglich auf deutsch oder auf tschechisch erschien? Es ist eigentlich zu gut geschrieben, um eine Übersetzung zu sein.
 
Bdaian schrieb:
Das wichtigste Werk zum ersten Weltkrieg hätte ich fast vergessen: "Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk"!

Weiss eigentlich jemand, ob das ursprünglich auf deutsch oder auf tschechisch erschien? Es ist eigentlich zu gut geschrieben, um eine Übersetzung zu sein.

Dann noch Ernst Jünger "In Stahlgewittern"

Grüße Repo
 
Bdaian schrieb:
Weiss eigentlich jemand, ob das ursprünglich auf deutsch oder auf tschechisch erschien? Es ist eigentlich zu gut geschrieben, um eine Übersetzung zu sein.

Es ist aber eine Übersetzung:

In den letzten Jahren seines Lebens arbeitete Hašek wie blöde an seinem Werk, das von 1921 bis 1923 als Fortsetzungsroman in einer broschierten Heftausgabe erschien – und zwar in einem eigens dafür gegründeten Verlag. Im März 1921 kam also das erste Heft heraus, doch das auf insgesamt sechs Bände angelegte »Gesamtpanorama vom Untergang der österreichisch-ungarischen Monarchie« (Encarta) blieb unvollendet, da Hašek während der Arbeit am vierten Teil verstarb.
Unter dem Titel »Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk während des Weltkrieges« kam 1926/27 eine deutsche Übersetzung von Osudy dobrého vojáka Švejka za svĕtové války auf den Markt.


http://www.stoersignale.de/christians_buecherkiste/2003/10/post.html
 
@ Bdaian: na ja, ich finde "In Stahlgewittern" schon sehr romanhaft.

Ansonsten fallen mir noch ein: "Krieg" von Ludwig Renn aus dem Jahr 1928, der ebenfalls Soldat war und im Jahr des Erscheinens dieses Buches in die KPD eintrat.
Und natürlich "Im Westen nichts neues" von Erich Maria Remargue, welches ja während der Weimarer Republik eines der umstrittensten Bücher war.
Dann gab es noch "Die Armee hinter Stacheldraht" des nationalistischen und später nationalsozialistischen Schriftstellers und Kavalleristen Erich Erwin Dwinger, die das Thema der Kriegsgefangenschaft in Rußland behandelt.
 
Aus austriakischer Sicht Bruno Brehms Trilogie vom Untergang der Donaumonarchie:
Apis und Este 1931
Das war das Ende 1932
Weder Kaiser noch König 1933
 
arch-angelsk schrieb:
Aus austriakischer Sicht Bruno Brehms Trilogie vom Untergang der Donaumonarchie:
Apis und Este 1931
Das war das Ende 1932
Weder Kaiser noch König 1933

Ist das die Aktion "Wir beerdigen die Doppel-Monarchie"? Die Szene habe ich einmal als Film gesehen, aber leider kann ich mich nicht mehr erinnern, wie er hieß.
 
Albatros schrieb:
Ist das die Aktion "Wir beerdigen die Doppel-Monarchie"? Die Szene habe ich einmal als Film gesehen, aber leider kann ich mich nicht mehr erinnern, wie er hieß.

diese frage habe ich mir damals auch gestellt. es ist aber so lange her das ich nicht zu 100% bejahen kann. war eine schöne szene.
 
Meint ihr diese?:

Einige Offiziere umstehen das frische Grab ihres Kameraden.
Der erste, ungarische, nimmt die Schafel, wirft Erde auf den Sarg und sagt: "Erde aus Ungarn."
Der nächste, ein Tscheche tut es mit den Worten "Erde aus Böhmen." Dann kommt der dritte, ein Tiroler: "Erde aus Tirol." Danach ein Pole: "Erde aus Polen." Zuletzt der jüdische Offizier,- er überlegt kurz, bevor er mit einem traurigen Seufzer sagt: "Erde aus Österreich."

Ich geb zu, ein zerlesenes Hirnkastel zu haben, aber ist dies nicht aus Joseph Roths "Radetzkymarsch" oder "Kapuzinergruft"? :grübel:

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Den Alexander v. Lernet-Holenia-Tipp Bdaians finde ich auch sehr gut!

Falls euch die -geschichtlich hervorragend und bis ins kleinste Detail recherchierte Sicht Russlands auf den missglückten Vorstoß in Ostpreussen interessiert, dann möchte ich die kritische Auseinandersetzung damit von
Alexander Solschenizyn empfehlen. Der Roman heißt schlicht "1915"
 
ning schrieb:
Falls euch die -geschichtlich hervorragend und bis ins kleinste Detail recherchierte Sicht Russlands auf den missglückten Vorstoß in Ostpreussen interessiert, dann möchte ich die kritische Auseinandersetzung damit von
Alexander Solschenizyn empfehlen. Der Roman heißt schlicht "1915"

Ist das die Fortsetzung von August 1914?

Wobei sich gleich die nächste Frage aufdrängt: War S. damals dabei?
 
Ahhh! :autsch:

Ich meinte "August 1914"! Entschuldigung!
Solschenizyn wurde 1918 erst geboren...
 
Zuletzt bearbeitet:
ning schrieb:
Meint ihr diese?:

Einige Offiziere umstehen das frische Grab ihres Kameraden.
Der erste, ungarische, nimmt die Schafel, wirft Erde auf den Sarg und sagt: "Erde aus Ungarn."
Der nächste, ein Tscheche tut es mit den Worten "Erde aus Böhmen." Dann kommt der dritte, ein Tiroler: "Erde aus Tirol." Danach ein Pole: "Erde aus Polen." Zuletzt der jüdische Offizier,- er überlegt kurz, bevor er mit einem traurigen Seufzer sagt: "Erde aus Österreich."

Ich geb zu, ein zerlesenes Hirnkastel zu haben, aber ist dies nicht aus Joseph Roths "Radetzkymarsch" oder "Kapuzinergruft"? :grübel:
Nein, weder Radetzkymarsch noch Kapuzinergurft - mir fällts aber auch nicht ein.:autsch:

Aus der "Kapuzinergruft" stammt die wunderschön traurige Schlussszene so der Protagonist Trotta nach dem Einmarsch der Nazis durch Wien irrt auf der Suche nach einer Heimat - und im Hintergrund der Nazipöbel das "Deutschlandlied" grölt. Er flieht dann zur Kapuzinergruft um Schutz bei den toten Kaisern zu nehmen.
 
Wenn ich richtig gegooglet habe, müsste es sich bei besagter Szene um das Drama 3. November 1918 von Franz Theodor Csokor (1936) handeln.
 
Zuletzt bearbeitet:
Albatros schrieb:
Wenn ich richtig gegooglet habe, müsste es sich bei besagter Szene um das Drama 3. November 1918 von Franz Theodor Csokor (1936) handeln.
:hoch: Ja genau, das ist es!
Ich hab da mal eine Verfilmung aus den 60er gesehen, wunderbar!
Die Trauer über Finis Austriae in unglaubliche Bilder umgesetzt.
 
Sehr lesenswert finde ich Cecil Forester, The General, deutsch: Ein General. Es ist einer der weniger bekannten Romane von Forester, der vor allem durch seinen Horatio Hornblower-Zyklus bekannt geworden ist.
Ich fand das Buch hoch interessant. Der Erste Weltkrieg aus der Sicht eines Kavallerieoffiziers, der vom Major und Regimentskommandeur zum General aufsteigt. Sehr deutlich wird die Borniertheit der oberen Führung (die in England offenbar nicht besser als in Deutschland war), diese fürchterliche Sturheit, mit der man immer größere Menschen- und Artilleriemassen zu Angriffen vorschickte, die dann doch nichts brachten. Lehrreicher als so manches "seriöse" Geschichtsbuch.
 
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