Literarische Aufarbeitung des Ersten Weltkrieges in Deutschland

Zum Thema Kolonien:

Vielleicht wäre das Buch "Die Deutschen Kolonien in Wort und Bild" von Hans Zache interessant für deine Zwecke. Es stammt aus der Zeit nach dem ersten Weltkrieg (die zweite Auflage von 1926 gibt es als Nachdruck) und enthält alles, was der interessierte Deutsche zu dieser Zeit über die verlorenen Kolonien wissen musste (im Prinzip also, dass man dort segensreich gewirkt habe... :D).

Es ist aber sehr vielseitig und bietet einen ganz guten Überblick, man muss jedoch die Verfasser der Beiträge einordnen, aber das gehört zur Arbeit des Historikers ja irgendwie dazu.

Und zum Thema "erster Weltkrieg": Die bekannten Bücher von Jünger und Remarque wurden ja schon genannt: Daneben gibt es noch eine Vielzahl unbekannterer Bücher, in denen die Autoren ihre Kriegserlebnisse verarbeitet haben - "lustigerweise" haben sie meistens Heldentaten verbracht und die Gefechte gewonnen, so dass man sich gar nicht vorstellen kann, wie der Krieg dann doch noch verloren werden konnte :D, - aber es kommen durchaus auch andere Schilderungen vor, z. B. über die Strapazen und Bedingungen des Grabenkriegs bis hin zu Kameraden, die damit nicht fertig werden und psychischen Schaden nehmen. Je nach Fragestellung können diese Bücher auch recht interessant sein:

Ich erwähne hier mal drei, die in diese Kategorie fallen:

Franz Seldte: "Fronterlebnis" (Volksausgabe der beiden Bücher: M.G.K [Maschinengewehrkompanie, Anm. von mir] und "Dauerfeuer"). Das ist mehr die Kategorie Heldensage pur, das zweite Buch habe ich gar nicht mehr gelesen...)

Paul Ettighofer: "Gespenster am Toten Mann". Es enthält einige interessante Details, wie z. d. Schilderung, wie ein Kamerad verrückt wird und eben besagte Gespenster sieht oder wie ein anderer Kamerad von Vorgesetzten diskriminiert wird, weil er Elsässer ist und deshalb als unsicherer Kantonist gilt, obwohl er sich immer wieder auszeichnet.

Josef Menke: "Ohne Waffe. Kriegserlebnisse eines Priesters". Hier ist es ausnahmsweise kein Soldat, sondern ein katholische Priester, der an vorderster Front seinen Schäfchen beisteht und seine Erlebnisse schildert.

Solche Bücher haben vielleicht den Vorteil, dass sie diskussionsmäßig nicht so "ausgelutscht" sind wie die bekannten Werke. Außerdem kennt sie der Lehrer wahrscheinlich nicht. Ob sie für den Deutschunterricht literarisch wertvoll genug sind, darüber lässt sich sicherlich streiten. Interessant ist es allemal, sich mit sowas zu beschäftigen, ggf. auch im Vergleich mit den bekannten Werken. Vielleicht kann man dann auch erklären, warum ein Remarque bekannt geworden ist und ein Seldte nicht (Stichwort "Qualität"...)

Viele Grüße,

Cephalotus
 
Man kann auch provozieren. Ernst Jünger "In Stahlgewittern"...
Der Mann war 100x kurz davor zu fallen und wurde doch über 100.
Er wurde, was kaum jemand weiß, ein bekannter Entomologe
(Insekten).
 
Zuletzt bearbeitet:
Man kann auch provozieren. Ernst Jünger "In Stahlgewittern"...
Der Mann war 100x kurz davor zu fallen und wurde doch über 100.

Wobei bei diesem Werk die Bilder sehr eindringlich sind. Auf jeden Fall empfehlenswert, nur die Frage ob es für den Deutschunterricht als Referatgrundlage geeignet ist.

Apvar
 
Wobei bei diesem Werk die Bilder sehr eindringlich sind. Auf jeden Fall empfehlenswert, nur die Frage ob es für den Deutschunterricht als Referatgrundlage geeignet ist.

Apvar
"Stahlgewitter" ist eines der Bücher, die ich nicht nur einmal gelesen habe, aber ich weiß auch aus eigener Erfahrung, dieses Buch polarisiert. Man kann sich damit bei einem entsprechenden Publikum heftig in die Nesseln setzen. Also, vorsicht!
 
Textbeispiel?

Ich muss sowohl ein affirmatives, als auch ein den 1. Weltkrieg kritisierendes Textbeispiel im Unterricht verwenden, dass ich dann interpretiere. Und da wäre ich dankbar wenn jemandem hier ein geigneter Textauszug einfällt. Dieser sollte nicht länger als eine Seite sein und es ist egal ob es ein Ausschnitt aus einem Roman etc. ist oder ein Gedicht.
Schonmal Danke im voraus!
 
Also ein den Weltkrieg kritisierendes Bsp. hat floxx schon mit Im Westen nichts Neues genannt. Ein zumindest z.T. affirmatives wäre das ebenfalls im Thread genannte In Stahlgewittern.
 
Auch Bert Brecht hat sich in "Trommeln in der Nacht" mit der Thematik auseinandergesetzt. Allerdings geht es hier mehr um einen Kriegsheimkehrer, der einem Kriegsgewinner gegenübergestellt wird. Mit der Invalidenproblematik hat sich u. a. Ernst Tollerin "Der deutsche Hinkemann" befasst. Nicht zu vergessen ist Georg Trakl. Falls du lange Prosa- oder Dramentexte scheust, dann könntest du auf seine expressionistischen Gedichte zurückgreifen. Heinrich Mann passt meines Erachtens nicht so ganz, da es ihm mehr um die Darstellung der bürgerlichen Welt der Wilhelminischen Ära geht, weniger um die Beschreibung des Krieges und seiner Folgen. Leonhard Frank beschreibt dagegen Menschen, die durch den Krieg eine Wandlung zu einem höheren Menschentum hin erfahren.
 
Habe gerade auf einem Flohmarkt "Sieben vor Verdun" von Josef Magnus Wehner gekauft. Weder Autor noch Titel sagten mir was, aber da mich derzeit Literatur über den 1. WK interessiert griff ich zu.

Nun hab ich den Autor bei Wikipedia nachgeschlagen. Anscheinend ist dieses Buch als Gegensatz zu Remarques "Im Westen nichts Neues" gedacht. Auch trat der Autor später in die NSDAP ein. :S
Nuja.
Ich werds mal lesen und dann mal was zum Inhalt schreiben.
 
Da fällt mir als erstes ein Roman von Alexander Lernet-Hollenia ein: "Die Standarte".
Lernet-Holenia hat eine ganze Reihe Romane geschrieben, die im oder unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg spielen. Am bekanntesten ist vielleicht noch das sehr gelungene Schauerstück "Der Baron Bagge" (eher eine Novelle als ein Roman), bei der eine spoilerfreie Inhaltsangabe kaum möglich ist.
Verstörend fand ich die Transgender-Geschichte "Die Abenteuer eines jungen Herrn in Polen". Ein junger Offizier verschläft den Rückzug seines Regiments und findet sich alleine in einem polnischen Dorf hinter den feindlichen Linien wieder. Um nicht in Kriegsgefangenschaft zu geraten, zieht er Frauenkleider an und wird von dieser Rolle nach und nach vollständig absorbiert.
LH hat mehrfach Ausflüge ins Krimifach unternommen, darunter auch min. ein Buch mit WKI-Bezug: "Beide Sizilien" über rätselhafte Todesfälle unter ehemaligen Offizieren des gleichnamigen Regiments. Es ist ewig her, dass ich es gelesen habe. Damals meinte ich, darin einen deutlichen Einfluss der Sprachphilosophie Fritz Mauthners erkennen zu können. Aber ich war damals so im Mauthner-Fieber, dass ich seine Spuren an den unmöglichsten Stellen vermutet habe :)
 
(der Faden ist über 14 Jahre alt und ich zu träge, alles zu durchblättern) war Zweigs der Streit um den Sergeanten Grischa hier erwähnt?
 
(zwar aus Österreich, aber deutschsprachig) Marianne Fritz und ihr literarisches Projekt Festung, wo es minutiös um Przemysl geht.
 
Noch nicht erwähnt wurde der autobiographische Roman "Der ungeheure Raum" [The Enormous Room] des amerikanischen Lyrikers E.E. Cummings, der als Sanitäter an der Westfront wegen Defätismus mehrere Monate inhaftiert war.
Die deutsche Übersetzung bei Klett-Cotta ist leider nur noch antiquarisch zu bekommen.
 
@Doidesemu ebenfalls amerikanisch und noch nicht erwähnt ist die "U.S.A. Trilogie" von John Dos Passos (einer der drei Bände spielt in Europa im Ersten Weltkrieg und befasst sich mit den amerikanischen Militäroperationen)
 
Noch ein etwas abseitiger Tip, der an einem literarisch eher wenig behandelten Nebenkriegsschauplatz spielt, dem finnischen Bürgerkrieg 1918: "Hurskas kurjuus" vom Frans Eemil Sillanpää (erschienen 1919, Nobelpreis 1939). Edzard Schapers deutsche Übersetzung erschien zuerst unter dem Titel "Das fromme Elend", später als als "Sterben und Auferstehen". Beide Titel sind etwas irrführend (evtl. sarkastisch gemeint?). Elend gibt es zwar reichlich, aber fromm ist niemand, es wird viel gestorben, aber mit einer Auferstehung ist nicht zu rechnen. Die Hauptfigur des in Rückblenden erzählten Romans wird schon auf der ersten Seite erschossen und je weiter man liest, desto weniger kann man das bedauern. Ich habe selten so ein trostloses Buch gelesen.
 
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