Luftkrieg: die psychischen Auswirkungen der Zerstörung Dresdens

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Gast

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Hallo,
ich würde gerne wissen, ob die Zerstörung Dresdens (und anderer Städte) ebenfalls psychische Auswirkungen auf die Anhänger Hitlers hatten, ob sie vielleicht misstrauisch waren und in Zweifel gegenüber "ihrem Führer" hatten, ob Hitler selbst vielleicht Anhänger verlor.

Weiß irgendjemand darüber Bescheid, bzw. kennt Links zu Seiten mit diesen Informationen?

Danke im Voraus für die Bemühungen :)

lg
 
In einem Bericht an das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda vom 19. März 1945 heißt es. "In einer Meldung aus Mecklenburg wird die Haltung der Arbeiterschaft als gut bezeichnet, in der Überzeugung, dass es keine andere Möglichkeit gäbe, als die Zähne zusammenzubeißen und druchzuhalten, tue der Arbeiter, was man ihm auferlege und vertraue auf den Führer." Der gleiche Bericht spricht aber auch von Kritik und "klassenkämpferischen Gedankengängen". Am 28. März (selber Adressat): "Die eingehenden Meldungen lassen ein Umsichgreifen der Vertrauenskrise zur Führung erkennen."

Einen direkten Bezug zu DD gibt es hier nicht, es geht mehr um den allgemeinen Zusammenbruch, insbesondere an der Ostfront. Das Problem ist allerdings auch - es handelt sich um Lageberichte des SD -, dass diese nur bis Juli '44 einigermaßen regelmäßig erstellt wurden, in Abständen von wenigen Tagen bis zu zwei Wochen. Ab da bricht das dann ab, und die Berichte werden sporadischer.
 
Hallo,
ich würde gerne wissen, ob die Zerstörung Dresdens (und anderer Städte) ebenfalls psychische Auswirkungen auf die Anhänger Hitlers hatten, ob sie vielleicht misstrauisch waren und in Zweifel gegenüber "ihrem Führer" hatten, ob Hitler selbst vielleicht Anhänger verlor.

Weiß irgendjemand darüber Bescheid, bzw. kennt Links zu Seiten mit diesen Informationen?

Danke im Voraus für die Bemühungen :)

lg
Natürlich hatte das psychische Auswirkungen.
Das zu zeigen war aber Hochverrat.
Die hatten doch fast alle die Schnautze voll.
Waren doch nach deiner Fragestellung fast alle "Anhänger Hitlers", sonst hätte sie bis zu diesem Zeitpunkt schon vorher die Gestapo weggeschnappt.

Wer guckt schon gerne sein zerstörtes Haus an und ruft dann noch "Heil dem Führer".
Gedacht haben sie schon, aber sie durften nicht denken.
 
Zuletzt bearbeitet:
Na ja, da könntest Du z.B. meine Mutter fragen. Die war damals als Kind in Dresden und hat viele Angehörige verloren. Erstaunlicher Weise haben alle Geschwister und auch ihre Eltern beide überlebt. Menschen starben zu Hauf, Menschen brannten, selbst der Asphalt brannte, ... So etwas erleben Menschen nicht ohne Auswirkungen.

Aber interessanter wäre dann doch die Frage nach dem Warum. Die Bombardierung Dresdens, Hamburgs, Hannovers und vieler anderer Städte hatte jedenfalls weder den Zweck eine Arme zu besiegen oder zu vernichten noch rüstungsindustrielle Anlagen. Eben diese wurde schön ausgespart, konnte man sie doch später noch gut brauchen. Das war Terror. Das war die Absicht und die Wirkung.

Und wie Flo schon richtig bemerke: Es waren ja nun nicht alle Nazis. Aber wer das nicht für sich behielt, lebte ziemlich gefährlich.
 
Hier gibt es ausführliche Informationen zum Bombenkrieg, sehr zu empfehlen:


historicum.net: Bombenkrieg

Das Themenportal bietet mit ausgewählten Beiträgen, Materialien und Dokumentationen einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung und Diskussion. Dabei gilt der Blick nicht nur den alliierten Bombardierungen deutscher Städte, sondern auch den deutschen Luftangriffen und ihren Auswirkungen.
 
"In der Bevölkerung wurde zunehmend auch Kritik an der nationalsozialistischen Berichterstattung über die alliierten Bombenangriffe geäußert. In der Bevölkerung wurde auch die einseitige Presse kritisiert, in der ausschließlich über die hohen Personenverluste unter "Kindern, Frauen und Greisen" als Folge der als "Mordtaten der Luftgangster" bezeichneten Luftangriffe berichtet werde, jedoch die wirtschaftlichen und industriellen Schäden, die zum Beispiel durch den amerikanischen Tagangriff auf Hamm am 4. März 1943 und beim Angriff auf die Möhne-Talsperre am 16./17. Mai 1943 entstanden, bagetellisiert würden bzw. unerwähnt blieben."

Die Propaganda wirkt bis heute nach. Über die rüstungswirtschaftliche Seite herrschen meist nur diffuse oder gar keine Vorstellungen.

Ein anderer Aspekt:
""Lieber Tommy, fliege weiter, hier wohnen nur die Ruhrarbeiter. Fliege weiter nach Berlin, die haben alle 'ja' geschrien"
historicum.net: Die "Battle of the Ruhr". Luftangriffe auf das Rheinland und das Ruhrgebiet im Frühjahr und Sommer 1943


P.S. Mit dem "ja geschrien" ist der Totale Krieg nach Stalingrad gemeint.
 
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Kamen nicht in den Dokus am Wochenende auch Zeitzeugen zu Wort? Vielleicht sollte man sich sowas anschauen.

Ich glaube Terence Hill war auch zu dem Zeitpunkt in Dresden. Vielleicht gibt es von ihm, als Berühmtheit des Films, noch mehr veröffentlichte Äußerungen dazu.:grübel:

@ Hans forscht

Aber interessanter wäre dann doch die Frage nach dem Warum. Die Bombardierung Dresdens, Hamburgs, Hannovers und vieler anderer Städte hatte jedenfalls weder den Zweck eine Arme zu besiegen oder zu vernichten noch rüstungsindustrielle Anlagen.
Mach doch dazu einen eigenen Thread oder schau ob es schon einen dazu gibt!

Ich finde diesen hier zu interessant, als dass man ihn mit sowas zerreden sollte.:winke:
 
Ein anderer Aspekt:
""Lieber Tommy, fliege weiter, hier wohnen nur die Ruhrarbeiter. Fliege weiter nach Berlin, die haben alle 'ja' geschrien"

P.S. Mit dem "ja geschrien" ist der Totale Krieg nach Stalingrad gemeint.

Als Göbbels im Februar 1943 den „Totalen Krieg“ proklamierte, waren es nicht „die Berliner“, die ihm zujubelten, sondern sorgfältig ausgesuchte, fanatische Nationalsozialisten, an denen es auch in Berlin bis zum bitteren Ende nicht fehlte.

LG
 
Als Göbbels im Februar 1943 den „Totalen Krieg“ proklamierte, waren es nicht „die Berliner“, die ihm zujubelten, sondern sorgfältig ausgesuchte, fanatische Nationalsozialisten, an denen es auch in Berlin bis zum bitteren Ende nicht fehlte.LG

Das ist schon klar,

auf solche Feinheiten nimmt aber der Volkswitz keine Rücksicht. :winke:
 
Meine Urgroßeltern, damals schon Rentner, sind 1944 in ihrer Wohnung verbrannt, drei Strassenzüge platt. Dieser Tagesangriff durch die US-Air Force auf die damalige Waggonfabrik Wismar gilt in der heutigen Geschichtsschreibung als "hochpräzise"...
Wie sagt man so schön: Kolleteralschäden.
 
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:D Humor ist, wenn man trotzdem lacht.:D

Ich glaube schon, dass hier der Wendepunkt des Krieges gespürt wurde.

Mit Stalingrad hielt man bis Weihnachten 1942 hinterm Berg, als immer mehr durchsickerte. Die Lageberichte des SD vermeldeten dann im Frühjahr 1943, dass die Bevölkerung die Rückschläge in Afrika sehr stark beachtete, das hatte eine ähnliche Wirkung wie Stalingrad. Und im Mai 43 war der U-Boot-Krieg am Ende.

Dazu kam dann "Battle of the Ruhr", im Juli 43 Hamburg etc., und die Unfähigkeit der eigenen Luftverteidigung, die Angriffe zu verhindern.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die war aber eher eine Schlappe für das Bomber Command.

Eher nicht.

Die direkten Schäden waren tatsächlich begrenzt, aufgrund der bereits angelaufenen Verlegungen von Industrie nach Osten (zB Krupp). Die Verlegungen sind allerdings ebenfalls direkte Wirkungen des Bombenkrieges, führten zu großen Produktionsausfällen und verursachten erheblichen Aufwand.

Krupp meldete nach den ersten fünf Großangriffen Sachschäden im Wert von 485 Millionen Reichsmark und Nutzungsschäden im Wert von 70 Millionen Reichsmark an.

Speer, Rede vor den Gauleitern am 21. Juni 1943: "Die gesamten Fliegerangriffe im Ruhrgebiet haben bisher an Schäden gebracht: Bei den Gesenkschmieden 15%, bei Kurbelwellen für die Luftwaffe allerdings 18%, bei Kesselwagen zwei Prozent. Bei der Kohle haben wir im Ruhrgebiet einen Ausfall von 25%, auf das gesamte Reichsgebiet bezogen 12%; an Eisen einen Ausfall im Ruhrgebiet von 24%, auf das gesamte Reichsgebiet von 11,9%; der Ausfall bei Lokomotiven von 13% kann restlos durch andere Werkstätten wieder ausgeglichen werden."
Eichholtz, Kriegswirtschaft 2/I, S.142.
Die Verlustraten der RAF lagen im üblichen Bereich bis 5% je Großangriff.
 
Mein Vater, geboren 1933, war mit seiner Mutter als Flüchtling aus Schlesien auf den Elbwiesen, gegenüber der Dresdener Altstadt. Sie bekamen den Luftangriff sozusagen "in erster Reihe" mit. Die Eindrücke, mit den Explosionen, den Sirenen, dem Feuer und den Schreien über Stunden, haben ihn bis heute nicht losgelassen. Er redet so gut wie nie darüber, aber er meint, das wäre das Schlimmste gewesen, was er je erlebt hat - er kann sich bis heute nichts Schrecklicheres vorstellen.
 
Mein Vater, geboren 1933, war mit seiner Mutter als Flüchtling aus Schlesien auf den Elbwiesen, gegenüber der Dresdener Altstadt. Sie bekamen den Luftangriff sozusagen "in erster Reihe" mit. Die Eindrücke, mit den Explosionen, den Sirenen, dem Feuer und den Schreien über Stunden, haben ihn bis heute nicht losgelassen. Er redet so gut wie nie darüber, aber er meint, das wäre das Schlimmste gewesen, was er je erlebt hat - er kann sich bis heute nichts Schrecklicheres vorstellen.

Du solltest deinen Papa mal befragen, was es mit dem umstrittenen Tieffliegerbeschuss auf den Elbwiesen auf sich hat.
 
Zum Stand des Streits:

Sektionen am 1. Okt. - Quellenkritische Überprüfung von öffentlichen Diskursen
"Bislang ist es nicht gelungen, in der Frage: Tiefangriffe in Dresden am 13. und 14. Februar 1945 zu einem Konsens zu kommen. Dies scheitert vor allem daran, daß die Zeitzeugen und ihre Vertreter - wie Inhalte nicht weniger ihrer Sachaussagen zeigen– an der Konstituierung eines Mythos bzw. eines Dogmas mitwirken. Hiergegen anzukommen, überfordert die Geschichtswissenschaft."

Dresden: Wenn schlimme Kriegs-Erinnerungen verschmelzen - Nachrichten Kultur - WELT ONLINE
Deutsche Legenden - Google Bücher
Luftangriffe auf Dresden – Wikipedia
 
@all

Manchmal verzweifele ich, warum werden Themen die wissenschaftlich gut aufgearbeitet sind immer und immer wieder andiskutiert.

@Florian

Du hast vollkommen recht!

@Ursi

Der Link ist o.k. Ich würde ihn ergänzen wollen um,

Der Brand: Deutschland im Bombenkrieg 1940-1945: Amazon.de: Jörg Friedrich: Bücher

Sorry, der Link ist kommerziell, aber ich finde das Buch sehr gut.

@silesia

Selbstverständlich verringerte der Bombenkrieg die Produktivität der deutschen Kriegswirtschaft. Insoweit hatten Churchill und Harris recht. Wie immer gibt es auch hier eine "Verselbstständigung" der Kriegsführung der einzelnen Waffengattungen. Und so wurden in 1945 auch sekundäre und tertiäre Ziele von den Bombern angegriffen.

@Arne

Danke für die persönliche Schilderung.

M.
 
Zuletzt bearbeitet:
@all

Manchmal verzweifele ich, warum werden Themen die wissenschaftlich gut aufgearbeitet sind immer und immer wieder andiskutiert.
Warum nicht?:confused:

Außerdem können Fragende, wenn das auch schon im WK2-Unterforum ausgiebigst erörtert wurde, dort nicht fragen, wenn sie nicht die Mitgliedschaft suchen.

Darüber hinaus kommt ja zumindest heute noch einiges immer wieder dazu. So habe ich vor einem Jahr vielleicht ein Interview mit einer Frau gesehen, die selbst das Ende des 2. Weltkrieges im Breisgau erlebt hatte und sich heute mit Kindern von damals beschäftigt, denen vielleicht erst im Alter das Erlebte wieder so richtig bewusst wird. Diese Eindrücke aus dem Gedächtnis der Augenzeugen trägt sie, glaube ich, zusammen. Von daher ist das Thema ja nicht abgeschlossen.:winke:
 
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