Luftkrieg: Französische Luftwaffe 1940

Die selektiv ausgewählten Abschusszahlen von einzelnen Jagdgruppen halte ich für nicht aussagefähig, die französische Seite zitiert eben auch solche erfolgreichen Einsätze ohne eigene oder ganz geringe Verluste. Das sagt über die Gesamtabschusszahlen wenig aus.

Da ist nichts selektiv; die Listen sind tagweise bei Prien (für die Jagdfliegerverbände absolut seriöse Quelle) publiziert. Die Abschußmeldungen der deutschen Seite sind nach allen mir bekannten Vergleichen die zuverlässigsten überhaupt.

Dazu kommt, dass für die frz. Seite aufgrund des Kriegsverlaufes komplettes Chaos geherrscht haben dürfte.
Aber wir müssen da natürlich nicht auf einen Nenner kommen.

Aber zu Deinen Quellen habe ich Fragen:
Ellis hatte ich selber zitiert, daraus ergeben sich die geringen Stückzahlen per Okt. 1939 (siehe oben). Die anderen Seiten schlage ich morgen nach.

Ist Green dieses kleine Büchlein "War Planes ...Fighters", Band 2? Auf der von Dir genannten Seite 61 finde ich aber lediglich die Hurricane-Zahlen (497 zu Kriegsbeginn, 2309 Produktion bis August 1940 nebst Leistungsdaten), aber nichts zur französischen Luftwaffe.
In Band 1 findest Du die frz. Luftwaffe nach Typen, mit Leistungsdaten und einigen Produktionshinweisen:

D.520 Erstflug 2.11.1939, im Mai 1940 war eine Gruppe flugbereit: GC I/3, siehe oben 36 Stück.
MS406: geordert wurden 1000 Stück im März 1938; Das WErk produzierte die laufende Nummer 1037 (MS406-1052) im Juni 1940. Die oben genannte Stückzahl ist demnach richtig. Green, Band 1, S. 45, 54 ff.


P.S. akademische Spielchen interessieren mich nicht. ;)
Mich interessieren vorrangig die Fakten, soweit aus der Literatur ersichtlich, und da bin ich Dir für die Kirkpatrick-Nennung dankbar. Die Speidel-Studie besteht aus 3 Teilen und ist nach dem Krieg als Auftragsstudie für die USAAF zum Westfeldzug auf Basis der "Karlsruher Document Collection" entstanden - das sind die sicher gestellten OBdL-Unterlagen, also Primärquellen.
 
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Hallo Repo,

Salop‚ Ist nicht’ zu formulieren, reicht hier aber nicht. Mich interessieren diese Vorgänge zwar nur am Rande. Du kannst ja Zweifel anmelden, aber was Du als Gegenkonstrukt aufbaust, ist ein völlig spekulatives Gebäude der angeblichen Schutzbehauptungen und das landet im Nirwana des Affirmativen. Cot ist wahrlich nicht der Einzige, der diese Interpretation entwirft, dazu gehören eben auch zahlreiche Militärs.

Gerade Pierre Cot war eine Konstante über alle wechselnden Regierungen hinweg - auch der Volksfront. Und gerade die Bitte um Jäger an die RAF wird immer in dem Zusammenhang erwähnt. Und die französische Luftwaffenführung wird beschuldigt, selbst den Überblick über die Verortung der Maschinen verloren zu haben. Wenn die französische Armee insgesamt bei aller quantitativen Stärke unter einem Missmanagement und einer permanenten Desinformation litt, was ja gerade auch beim Heer deutlich wird, soll der soeben installierte britische Kriegspremier besser über die verbliebenen französischen Jäger Bescheid gewusst haben als die Armeeführung selber? Oder aber genauso affirmativ könnte man ja gerade in der guten Informationslage der Briten einen Grund für die Ablehnung sehen. Das ist aber wieder völlig müßig und spekulativ.

Wenn aber eben die deutsch-französische Kontrollkommission fast 4.300 Maschinen allein in Südfrankreich entdeckte, wo sie dem Zugriff deutscher Bomber entzogen waren, dann können das nicht alles untergestellte Museumsobjekte gewesen sein. Gibt es noch archivierte und detaillierte Unterlagen hierzu?

Es existiert eine weitgehende Einigkeit in den Quellen, dass die französische Luftwaffe absolut ca. 800 Maschinen verloren hat, von 2200 Jägern ca.500, und der Rest??? Souvenirs für die Heimat.. Mitbringsel für die Lieben ??



Und kwschaefer, Danke für den interessanten Link….

Die Farmans gingen dann leider wie die Junkers G 38 der deutschen Luftwaffe den Weg alles Irdischen…


Dass diese 4300 Flugzeuge, einsatzbereit und auf der Höhe der Zeit, schlicht nicht stimmen können haben Dir ja silesia und kwschaefer bereits eindrucksvoll vorgerechnet.

Abgesehen davon, "außerhalb dem Zugriff der deutschen Bomber" wo soll das denn in Südfrankreich gewesen sein? So arg viel war von Frankreich nicht mehr unbesetzt. Fast überall mussten die Deutschen bei Gültigkeit des Waffenstillstands zurückgezogen werden.:nono:

Aber wenn Du natürlich 10 Jahre alte Flugzeuge wie die von Dir genannte Junkers G38, 175km/h schnell, zu den Kampfflugzeugen addierst, kommen natürlich schon tolle Zahlen zusammen.:nono: (OT gab insgesamt 2 (zwei) Stück davon, bei Kriegsbeginn noch eine)

Warum haben die Franszosen eigentlich noch die Curtiss-Jäger in USA bestellt. Warum haben sie den Cot nach Moskau geschickt, Flugzeuge zu kaufen, wenn sie für die vorhandenen Deiner Argumentation nach schon zu wenig Piloten hatten.


Fakt ist und bleibt, dass die Franzosen bei Vorhandensein einer so gewaltigen Luftmacht 1940 nie und nimmer eine derartige aufs Maul bekommen hätten.
 
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Noch einer, der die "Lücke" erklären könnte:

Böhme, Der deutsch-französische Waffenstillstand im Zweiten Weltkrieg, Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte Band 12, S. 127:

Angesichts der Überlegenheit der deutschen Luftwaffe in der Schlacht um Frankreich waren alle irgend einsatzfähigen Flugzeuge aus Nordafrika ab Mai in das Mutterland geholt worden. Infolgedessen verfügte Nordafrika ab Anfang Juni 1940 über fast keine Luftwaffe mehr. Vom 15.6. bis 22.6. wurden alle Flugzeuge, deren Aktionsradius den Flug über das Mittelmeer zuließ, ausgeflogen. Nach französischen Quellen sind das 700-1.800 (!). Die starken Unterschiede dürften darauf zurückzuführen sein, das in einem Fall alle Typen und auch Schulflugzeuge, im anderen Fall nur moderne Kriegsflugzeuge gezälht worden sind. Durch Zählung des französischen Luftfahrtministeriums vom 25.7.1940 ist bestätigt, dass sich nach Inkrafttreten des Waffenstillstandes insgesamt etwas über 2000 Flugzeuge jeder Art in Nordafrika standen, von denen höchstens 800 Flugzeuge erster Linie waren - nach Truchet S. 115 ff. (Zählung des Luftfahrtministeriums); Daladiers Angabe im Prozeß Petain mit 1.800 überführten Flugzeugen: Weygands Angabe von 700. in einem Telegramm vom 22.6.1940 zur Möglichkeit der Verteidigung Nordafrikas gegen einen deutschen Angriff werden 600 angegeben. Playfair, The Mediterranean and the Middle East beziffert 630 einsatzfähige Flugzeuge (erster Linie) nach dem Waffenstillstand, Band I, S. 141.
 
Hallo Silesia,


Ja im Prinzip steht und fällt die These mit diesem Bericht. Ganz sicher werden unter diesen Maschinen, die da erwähnt werden, auch solche mit Museumswert sein. Aber ggf. wurden auch die Typen erfasst. Ziel war ja, wie dort erläutert wird, die Maschinen aus dem Bereich der deutschen Bomber zu nehmen. Und der Raum um Toulouse, wo auch die Farmans gelandet sind, war ja nicht nur Heimat von Exupery (Hotel am Place de la Capitole), sondern prinzipiell ein Zentrum der französischen Luftfahrt. Theoretisch müsste sich der Bericht ja unter den Akten der Vichy-Regierung befinden… Ich halte diese ‚Chaos-Theorie’ prinzipiell für eine erfrischende Herangehensweise und auch deshalb, da dieses Szenario zu dem Eindruck passt, den auch die Heeresorganisation vermittelte.

Zu den Quellen der genannten Zahlen: Ich habe eine französische Aufstellung der französischen Verluste in Teilen detailliert, die aber neben anderen diese Quellen explizit und primär nennt. Wie man sieht, sind diese auch nicht so zuverlässig. Bei Green wird tatsächlich auf den 2 Band bezogen…- Keine Fundstelle??

Gewiß entspricht dies nicht der auch in Deutschland gängigen Betrachtungsweise. Aber die ‚Chaos-Theorie’ wurde bereits in einigen Grundzügen in dem von Guy de Bourgerol (Lieutenant observateur de reserve au 2/33 Aumonier de l'air) aus einer gewissen Frustration heraus geschriebenen Werk: ‚Ceux, qu’on a jamis vu’ von 1942/ 43 aufgestellt (..Die, die man nie gesehen hat…) . Na und prinzipiell mahne auch ich immer zur Quellenkritik und einer unvoreingenommenen Herangehensweise…

Grüße


Vitruv

++++++++++++++



P.S.

Alle Achtung- wo kommt denn die Quelle derart schnell her? Weshalb ist dies damals gegen Petain überhaupt verhandelt worden?
 
wo kommt denn die Quelle derart schnell her? Weshalb ist dies damals gegen Petain überhaupt verhandelt worden?

Ich schlage derzeit alles nach, was ich zum Waffenstillstand finde. :rofl:

Die Chaos-Theorie kam mir plausibel vor, da ähnliche Zustände in der Luftwaffe ab ende 1944 herrschten, inkl. der Zahlenangaben und der vernichteten Dokumente.

Für 1940 würde ich alles, was von deutscher Seite stammt (und hier auch die relativ "objektiven" Berichte des OKW/OKH/OKL zu den Feldzügen) als zuverlässiger ansehen als übrig gebliebene französische Quellenreste. Die deutsche Generalität hatte die Angewohnheit, nach einem gewonnenen Feldzug genaustens zu recherchieren (Verluste, Erfolge etc.).:winke:

Wenn das interessiert und das die frz. Abschußmeldungen widerlegen soll, kann ich gerne auch die genauen Personalverluste der fliegenden Verbände der Luftwaffe nach Mannschaften und Offizieren posten.
 
Herbert Molloy Mason Die Luftwaffe ISBN 3-88199-319-3

Seite 326 Eine schier endlose Kette von Streiks hatte in den Jahren vor dem Krieg die franz. Flugzeugondustrie... schwer getroffen. Obwohl seit Kriegsbegeinn bereits acht Monate und eine Woche vergangen war, produzierte die verstaatlichte französische Luftfahrtindustrie am Beginn des Feldzuges im Westen nur sechzig (60) Flugzeuge monatlich.

Seite 349 Bordeaux-Merignac Erinnerungen eines franz. bomberpiloten: Aus allen himmelsrichtungen landeten in einem ununterbrochenen Strom flugzeuge aller Größen und Arten . Obskure Maschinen, die ich weder vom Typ noch vom Vewendungszweck her kannte, von denen einige noch aus dem ersten Weltkrieg stammten und andere unfertige Prototypen waren . Das Flugfeld wurde zu einer Art Musterschau sämtlicher flugzeugtypen die iim Laufe der letzten zwanzig Jahre für die Armée de l´Air entwickelt worden waren....bevor sie starb erinnerte sich die französische Luftwaffe noch einmal ihrer Vergangenheit.
Zitatende

Die inneren französischen Verhältnisse 1944-1946 dürften zumindest der Spur nach bekannt sein. Die Aussage Pierre Cot´s gehört ganz klar in diesen Kontext.
 
Hallo Silesia,

man sollte sich auch hier der Erkenntnis des Livius erinnern, Vae Victis. Und zum Privileg der Sieger gehört es auch immer, die Geschichte zu schreiben. Aus der Perspektive der deutschen Luftwaffenmilitärs mag das auch plausibel sein, wenn sie den einsatzvollen Kampf ihrer Piloten gegen den geschlagenen Feind in den Vordergrund stellen und nicht komplexe und teilweise chaotische Prozesse, die neben der mentalen Gesamtsituation auch in Frankreich niemand mehr genau überblickt.

Und der von mir sehr geschätzte Paul Virilio, der vor Jahren auch einmal eine spannende Ausstellung über den Atlantikwall im Centre Pompidou gemacht hat, hat stets darauf hingewiesen, dass es seit dem Ersten Weltkrieg immer wichtiger geworden ist, die Bilder von historischen Prozessen und Kriegen zu kontrollieren, wichtiger als den Raum und auch die Zeit wie das noch für Clausewitz ohne Zweifel im Vordergrund stand. Das trägt nach meiner Einschätzung mehr zum Verständnis der Prozesse bei als ein Flugzeugquartett mit Motorleistung und Geschwindigkeit. Aber selbstverständlich muss eine solche Sichtweise letztlich auf Fakten beruhen, um sie zu verifizieren. Eigenschaften messen sich ohnehin immer an der Aufgabe. Auch die Me 323 war eine ‚lahme Ente’, aber sie hatte hohen taktischen und auch zuweilen strategischen Wert. Ich sehe das Alles auch nicht als abgesichert an, aber eine Beschäftigung mit diesen Thesen lohnt zur Überprüfung auf jeden Fall.

Als Metapher denke man doch nur an die Char 2C. Der handgefertigte Stolz der französischen Panzerwaffe, jeder Panzer wie ein Schlachtschiff trug den Namen einer französischen Landschaft, wurde auf die Bahn verladen, als die Situation im Norden brenzlig wurde. Von den deutschen Truppen überrollt, als sie in die schöne Provence wollten, wurden sie von den Besatzungen gesprengt. Die Einheitenführer der Luftwaffenverbände schienen dagegen ohnehin mehr bemüht zu sein, ihre Männer fürsorglich vor gefährlichen Luftkämpfen zu schützen, als möglichst in zahlreichen riskanten Einsätzen an den Feind zu führen- eine zwar sympathische, aber nicht sehr effektive Haltung. Da war der Süden wohl der Urlaub von der
Wirklichkeit..,-)) Und Pierre Cot hat die hier zitierten Aufsätze nicht Mitte der Vierziger geschrieben, wie hier unterstellt, sondern in den Siebzigern. Und selbst die französische Website zum Krieg 40 als Verweis von ‚Schaefer’, erwähnt den Aufsatz von Kirkland, wie ich gestern Abend sah.

Ich weiß, ich hätte die Bemerkung nicht machen sollen, erst dann, wenn eine entsprechende Publikation in den internationalen Buchmarkt einschlägt und das träge Magnetfeld neu justiert wird.…,-)) Ich sehe am Wochenende einen Freund, der jahrelang als Offizier auf der Phantom geflogen ist. Mal sehen, vielleicht kann er hier mal etwas Interessantes zu beitragen.

Grüße

Vitruv
 
Hallo Vitruv,

so langsam bewegen wir uns auf einer Deutungsebene, die sich von den bekannten Fakten entfernt. Ich resümmiere einmal:

1. mag sein, dass auf Flugplätze über 4000 Flugzeuge nach dem Waffenstillstand versammelt waren. Es gibt derzeit nur Berichte, die Zweifel an der Verwendbarkeit begründen und den Schluß enthalten, dass sei in der Masse Schrott gewesen. Die Luftwaffen von Italien und Deutschland waren mit dem Waffenstillstand nur an der Auslieferung ausländischer typen interessiert (siehe Böhme)

2. Die Abschußmeldungen der Luftwaffe, die bis 1944 das bestwirkende Bestätigungssystem aller Luftwaffen im Krieg hatte (wie sich an den Verifizierungsquoten ablesen läßt), ordnet die Masse der Abschüsse den Flugzeugen der AASF (200-250), ansonsten auf frz. Seite fast ausschließlich den verwendeten Jägertypen MS406 und Curtiss, daneben in wesentlich geringerer Zahl den frz. sonstigen Typen zu.

3. Die deutschen Verluste und Erfolge sind verifiziert, alle Tagesmeldungen vom 10.5.1940 ergeben eine drückende Überlegenheit, die sicher einerseits auf dem verwendeten Material und dem Ausbildungsstand (Piloten), andererseits sehr plausibel auf Fehlentscheidungen der frz. Führung zurückzuführen sind.

4. zu den gern angeführten Einsatz-"ratios" eine Bemerkung: Die Einsätze pro Tag (Einsätze/verfügbare Zahl) sinken bei der alliierten Luftwaffe aufgrund mehrerer Faktoren stark ab: a) die horrenden Verluste zu Beginn bis 15.5. bei geflogenen Einsätzen b) die hohe Zahl am Boden zerstörter Flugzeuge (Bemessungsgrundlage der Kennzahl wird verfälscht) c) den schnellen Raumgewinn der deutschen Seite an dem Nordabschnitt, der zu Rückverlegungen geführt hat. Das ist nicht zu unterschätzen, da die (Rück-)Verlegungen die Einsatzzahlen aufgrund des logistischen Aufwandes durch tageweisen Ausfall schnell absinken. Die deutsche Seite konnte diesen Effekt - umgekehrt - zT durch abendliche Rückverlegungen von unsicheren Flugplätzen und morgendliche Vorverlegungen kompensieren. Bei der sich zurückziehenden Seite im entstandenen Chaos kann ich mir das nicht vorstellen. d) der Engpaß führte zu zahlreichen dringenden Anfragen an die RAF und bestätigt damit die Entwicklung. Man muss sich auch vor Augen halten, dass die RAF selbst in den erkannten Durchbruch bei Sedan - mit dem sie an sich nichts zu tun hatte - geworfen wurde. Dafür gibt es nur zwei Erklärungen: entweden hat man selbst nicht genug Flugzeuge "on hand", oder sie sind haarsträubend unterlegen und werden wie bestätigt serienweise abgeschossen.


Daraus muss nun jeder selbst seine Schlüsse ziehen.
 
Hallo Silesia,

die von Dir nun vorgetragenen Thesen zu den Hintergründen der geringen französischen Einsatzzahl bzw. Einsatz-Bereitschaft bzw. Fähigkeit berücksichtigen zwar ansonsten oft vernachlässigte Fragen der Logistik. Ich glaube jedoch nicht, dass dies derart stichhaltig ist, wie von Dir dargestellt. Denn auch bei einer Stationierung im Rückraum konnte die französische Armée de l’air auf Plätze im eigenen Territorium zurückgreifen und musste nicht wie die deutsche Seite Feldflugplätze mit improvisierter Logistik nutzen.

Nach meiner Aufassung stützen diese geringen durchschnittlichen Einsatzzahlen eindeutig meine These von der Desorganisation und dem unzureichenden bis fehlenden Management der französischen Führungsstäbe in Bezug auf die Kammondoebene des Heeres wie der Armée de l’air intern. Diese Probleme werden auch sehr gut in einer Dissertation von Ernst Stilla dargelegt, die Du ggf. auch kennst, indem er auf das völlige Versagen der Abstimmung zwischen Heeresverbänden und der Armée e l’air hinweist.

Zur generellen Einschätzung der französischen Luftwaffe im Vergleich zur deutschen schreibt er analog zu meinen gestrigen Kommentaren:


‚Tatsächlich trafen Heer und Luftwaffe auf nominell gleichwertige Gegner, deren Schwächen weniger in quantitativen und qualitativen Fragen von Personal und Material lagen, sondern vielmehr in mangelhafter Führung und Koordination. Erklärungen, die Flugzeugführer der Luftwaffe hätten in Spanien und Polen erhebliche Kampferfahrungen sammeln können,dürfen als Ursache für die Niederlage der Armée de l‘Air nicht überbewertet werden. Sowohl in Spanien als auch in Polen war der Kampf zwischen zwei gegnerischen Luftstreitkräften gegenüber der Bekämpfung von Bodenzielen von untergeordneter Bedeutung gewesen, so dass aufgrund der wenigen Luftkämpfe kein allgemeiner Zugewinn an Kampferfahrung stattgefunden hatte.

Zudem hatte seit März 1940 eine rege Flugtätigkeit an der Westfront eingesetzt, in deren Verlauf die Armée de l‘Air reichlich Gelegenheit hatte, sich mit der Luftwaffe zu messen. Die Kampfmoral der aus Berufs- und Zeitsoldaten bestehenden französischen Luftstreitkräfte war ebenfalls deutlich stärker als im von Wehrdienstleistenden dominierten Heer und ähnlich hoch wie in der RAF und der Luftwaffe. Auch war die technische Überlegenheit der deutschen Jagdmaschinen gegenüber den französischen Flugzeugen marginal und nicht so deutlich wie anfangs angenommen, während sich die britischen Maschinen als gleichwertig herausstellten.Die Produktionsleistung der britischen und französischen Luftrüstungsindustrien im Vergleich zum deutschen Ausstoß spielte aufgrund der Kürze des gesamten Westfeldzuges eine untergeordnete Rolle.'

Und zu den Koordinationsproblemen führt er aus:

‚Das auf dem unzureichenden französischen Telefonnetz
beruhende Meldesystem war so ineffektiv und langsam, dass deutsche Kampfflugzeuge Paris hätten angreifen und wieder nach Deutschland zurückkehren können, bevor nur eine französische Jagdstaffel aufgestiegen wäre. (…)

Durch die Bekämpfung ihrer Infrastruktur ging die Einsatzbereitschaft und Einsetzbarkeit der französischen Luftstreitkräfte so weit zurück, dass hier durchaus von einem strategischen Erfolg gesprochen werden kann, was auch von der deutschen Führung so beurteilt wurde. Neben den fernmeldetechnischen Schwierigkeiten rächte sich auch der organisatorische Aufbau der Armée de l‘Air, da dem Oberbefehlshaber der Nord-Ost-Front kein zentraler Kommandoapparat zur Verfügung stand, um geschlossene Angriffe führen zu können. Gerade aber die dezentrale Führung der französischen Luftstreitkräfte und ihre Koppelung an einzelne Heereseinheiten machte ein hohes Maß an Kommunikation zwischen den teilnehmenden Stellen, den angegliederten Geschwadern, den ihnen vorstehenden Divisionen und Korps, dem Generalstab der Armée de l’Air sowie dem Heeresgeneralstab notwendig.

Hier rächte sich das fehlende aktive Interesse der Heersgeneralität an Luftkriegsfragen, als die Befehlshaber der Bodentruppen, die mit dem Einsatz von Luftstreitkräften wenig vertraut waren, diese kaum anforderten.'

Dies wird noch an weiteren Beispielen und Schilderungen dargelegt.

‚Wie der amerikanische Botschafter in Frankreich dem US-Präsidenten mitteilte, blieben infolgedessen zahlreiche Staffeln, die auf die Initiative der eigenen Befehlshaber angewiesen waren, während der Kämpfe auf dem Boden. Kamen Anfragen doch, dauerte es oftmals bis zu vier Stunden bis zum Erscheinen der Flugzeuge; sofern es noch nicht zu dunkel geworden war oder die Witterungsverhältnisse umgeschlagen waren.Beim britischen Verbündeten war die Lage nicht besser: „The RAF was certainly the best air force in the world at polo and big-game hunting.“ Vom effektiven Luftstreitkräfteeinsatz zur Unterstützung der Bodentruppen wusste sie jedoch weniger als die meisten anderen Luftstreitmächte weltweit, urteilt Corum.’

Dies alles macht die Aussagen von Pierre Cot zumindest glaubwürdiger bis plausibel.

Quellen
Ernst Stilla: Die Luftwaffe im Kampf um die Luftherrschaft. Dissertation Bonn 2005
Anthony C. Cain, The Forgotten Air Force. French Air Doctrine in the 1930s, Washington/London 2002, S. 132
Corum, A Clash of Military Cultures, S. 24
Robineau, Die französische Luftpolitik zwischen den beiden Weltkriegen, S. 748, 751f.
 
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Hallo Vitruv,

so langsam bewegen wir uns auf einer Deutungsebene, die sich von den bekannten Fakten entfernt. Ich resümmiere einmal:

Hallo Silesia,

auf diesen Einwurf muß ich doch noch kurz etwas entgegnen und entschieden wirdersprechen, ohne eine Grundssatzdiskussion dazu anzustoßen zu zu wollen.

Selbstverständlich gehören Fragen der Rezeptionsgeschichte und der Wahrnehmungsmechanismen unmittelbar zu einem Prozess und Vorgang hinzu und sind mit diesem untrennbar verknüpft. Hier stellt sich doch die Frage, warum dies lange Zeit nicht anders und in der von mir entworfenen Form rezipiert wurde- ca. 50 Jahre lang. Solche Rezeptionsmechanismen finden eben ihre Ursachen meist im Charakter der Vorgänge selber.

Hier treten doch analog der Wechsel in der Rezeption zum Beispiel bei der Beurteilung des quantitativen und qualitativen Vergleichs der deutschen Panzerwaffe mit der französischen hinzu. Wie die Panzerwaffe war die Armée de l'air aus einem fatalen Führungskonzept heraus unmitttelbar den Heeresverbänden als Unterstützung zugeordnet. Und dies wirkte sich sowohl in der Luft wie bei der Einsatzfähigkeit der Panzertruppe katastrophaler aus als jener Durchbruch bei Sedan.

'Fakten' sind im Chaos der Wirklichkeit längst durch einen Prozess der Selektion gelaufen. Und bekanntlich gibt es keine Geschichte an sich, sondern nur eine wechselnde Interpretation von historischen Vorgängen.


Beste Grüße

Vitruv
 
L. F. Ellis: The War in France and Flanders, London 1953, Seiten 98, 309, 312, 372-73;


Hilfst Du mir nochmal weiter? Wozu sollte das dienen?

Da steht nichts zu den französischen Luftstreitkräften, die Ausführungen beziehen sich nur auf die abgestellten RAF-Verbände für die Westfront. S. 372/73 ist die Order of Battle der Britsh Air Forces in France sowie Home Command, Coastal Command.


Außerdem gefunden: Kriegstagebuch Halder, zum 10.10.1940, Seite 132:
Vortrag General v. Stülpnagel (Militärbefehlshaber Frankreich, Besetzung):
"...
c) Geschütze vollständig ausgeliefert, 500 mehr, als wir errechnet hatten.
d) Luftwaffe: vorhanden sind 3000 Flieger (Flugzeuge), Hälfte alte Typen. Bordwaffen abmontiert. (270 Flugzeuge für Mittelmeerküste, 400 für Nordafrika, dort 1000 stockiert.)"
 
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Selbstverständlich gehören Fragen der Rezeptionsgeschichte und der Wahrnehmungsmechanismen unmittelbar zu einem Prozess und Vorgang hinzu und sind mit diesem untrennbar verknüpft. Hier stellt sich doch die Frage, warum dies lange Zeit nicht anders und in der von mir entworfenen Form rezipiert wurde- ca. 50 Jahre lang. Solche Rezeptionsmechanismen finden eben ihre Ursachen meist im Charakter der Vorgänge selber.

Ich glaube, wir sind an zwei Punkten auseinander:

1. den Versuch, Umdeutungen in beliebigen anderen Bereichen zu verallgemeinern (es wurden hier schon eine Reihe von Analogien vorgestellt). Ich sehe da keine Gesetzmäßigkeit; die Operationsgeschichte "West" wurde auch nicht durch Frieser umgeschrieben. Zur Rezeptionsgeschichte "West" gehören vor allem die Auswirkungen der Legendenbildung, der Propaganda und Mythen des Dritten Reiches.

2. den Versuch, Behauptungen als Fakten darzustellen. Dagegen haben wir bislang hinsichtlich der ausgebreiteten Fakten keine Einigkeit. Beispiele:
die Zahl der einsetzbaren frz. Flugzeuge 1. Linie,
das qualitative Gefälle,
Grundlagen der "Einsatz-ratio",
die Verluste,
die aufgefundenen Reste der frz. Luftwaffe.

Über Rezeption würde ich erst theoretisieren wollen, wenn ich die Fakten kenne.

Würdest Du bitte die Literaturstelle Ellis klären, bislang habe ich hier nichts von Deinen Hinweisen aufgefunden.

Sind die Literaturstellen etwa aus dem Kirkland-Aufsatz abgeschrieben, da völlig identisch? Die Schlüsse im Leistungsvergleich bei Kirkland zu den MS406 und Curtiss sind abstrus, weil "Showdaten" und imho eher für den Combat Flight Simulator von Microsoft verwendbar. Die tage- und gruppenweise Abschußstatistik bei Prien et al. liefert harte Fakten. Die älteren französischen Quellen beruhen auf falschen, zu hohen Abschußmeldungen der frz. Piloten und geben auch nur einzelne Beispiele für Erfolge.
 
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Hallo Silesia,


Das sind die Quellen, die anlässlich der mir vorliegenden Zahlen angegeben sind. Ich habe das nicht überprüft, da ich dazu nichts veröffentliche oder wissenschaftlich darüber arbeite. Schlechtes Quellenmanagement, das kennt und fürchtet man ja, auch bei sich selbst.

Ich schicke Dir einfach die noch zusätzlich angegebenen Quellen.

Dazu fand ich noch dieses:

„Exact figures for operational aircraft rates are not available (another sign of French disorganisation) for May 1940 but a fair estimate from the numbers of aircraft that flew on missions is an average operational rate of about 50-60% for fighter units and no more than 40% for bomber units.“ Corum, A Clash of Military Cultures, unveröffentlichtes Vortragsmanuskript, S. 24f.

Langsam kommt man dem Problem wohl wirklich näher...

Auch Halder nennt ja wieder andere Zahlen und ich glaube auch nicht, daß es mit irgendwelchen Propaganda-Mythen des 3. Reiches zu tun hat. Man hatte keine besseren Zahlen und keine optimierte Übersicht und die franzöische Seite war auch nicht unbedingt daran interessiert.


Die restlichen Quellen:

Martin C. Windrow and Charles W. Cain, editors, Aircraft in Profile, 14 vols. (New York Doubleday 1967-1971);
Kenneth Munson, Fighters between the Wars 1919-1939 (New York Macmillan 1970);
Bombers between the Wars 1919-1939);

William Green, The Warplanes of the Third Reich
James C. Fahey, U.S. Army Aircraft (New York: Ships and Aircraft, 1946).

William Green, Warplanes of the Second World War, vols. 1-11, Famous Bombers, vols. 1 and 2

Speed records from Christopher Chant et al., The Encyclopedia of Air Warfare (NewYork: Crowell, 1975), p. 54

German Produktion--William Green, Warplanes of the Third Reich, Seiten. 296, 387, 433, 455, 543, 578

Französische Produktion -William Green, Warplanes of the Second World War, vol. 1, pp. 21-22, 29-30, 32, 46; vol. 7, pp. 88, 110, 113,117,140,142-44; vol. 8, pp. 12,13,32

John McVickar Haight, Jr., American Aid to France, 1938-1940 (New York: Atheneum, 1970), pp. 139-40 (aircraft built in the United States)

British production--Derek Wood and Derek Dempster, The Narrow Margin (New York: Paperback Library, 1969), p. 453
 
Auch Halder nennt ja wieder andere Zahlen und ich glaube auch nicht, daß es mit irgendwelchen Propaganda-Mythen des 3. Reiches zu tun hat. Man hatte keine besseren Zahlen und keine optimierte Übersicht und die franzöische Seite war auch nicht unbedingt daran interessiert.

Dabei wäre zu bedenken, dass sich zunächst um den offiziellen Bericht Stülpnagels (Militärbefehlshaber Frankreich) und seinen Vortrag beim OKH handelt. Dessen deutsche Gründlichkeit würde ich nicht unterschätzen: zu dieser Zeit liefen die Vorbereitungen für die Operation Barbarossa. Die Reste des französischen Militärs und Zivilwesens wurden Ende 1940 rücksichtslos zur Vorbereitung des Ostfeldzuges ausgeschlachtet: LKW+Panzer+Lokomotiven+Waggons, Artillerie und Munition, Pioniermaterial, alles wurde in die Wehrmachtsbestände übernommen, wieso also nicht die mysteriösen Flugzeugbestände? Relevante Bestände von MS406 (soweit nicht abgeschossen) und einiger Bombertypen wären tatsächlich im Ostfeldzug 1941 brauchbar gewesen.

Halder ist zumindest ein (unwiderlegter) Hinweis auf große Flugzeugbestände, diese hälftig unbrauchbar.
 
Liebe Leute,

wenn ich mich richtig erinnere, wichen 1939/40 selbst die offiziellen französischen Zahlen hinsichtlich der Stärke der französischen Flugzeugbestände erheblich voneinander ab.

Nachdem WK 2 beschäftigte sich ein französischer Untersuchungssausschuss mit dem Zusammenbruch Frankreichs 1940. Interessanterweise stellte man dabei fest, dass mit den von GB bereitgestellten Flugzeugen die Kräfteverhältnisse in der Luft zwischen den Alliierten und den Deutschen ausgeglichen waren, aber nur etwa ein Drittel der französischen Flugzeuge eingesetzt wurden und diese wiederum überwiegend im Norden und viel weniger im entscheidenden Bereich von Sedan bzw. der Maas.

Warum die Franzosen ihre Flugzeuge nicht einsetzten, konnte nicht geklärt werden. Selbst der Oberkommandierende wusste das nicht. Und wenn die französischen Militärs die eigenen Flugzeuge für überaltet gehalten hätten und sie diese deshalb ganz bewusst nicht eingesetzt hätten, hätten Gamelin und Georges das auch so gesagt; doch stattdessen kam "Null Ahnung". Das spricht schon sehr für ein Missmanagement in der Luftkriegsführung.

Jedenfalls erklärt der geringe Einsatzgrad der französischen Luftwaffe, warum sich in Frankreich der Eindruck herausbildete, bei der Luftwaffe unterlegen gewesen zu sein, und dieser Eindruck wiederum die französischen Hilferrufe nach mehr Luftunterstützung und Flugzeuglieferungen.

Gleichzeitig gibt es viele Berichte von französischen Luftwaffenoffizieren wie im Laufe des Krieges neue Flugzeuge weit ab von der Front untergebracht wurden, weil die Dinger an der Front einfach keiner haben wollte. Häufig waren die neuen Maschinen unbewaffnet. Aber es war kein Problem die Ausrüstungen zu bekommen.

Zudem gibt es Berichte von ausländischen Diplomaten und Militärs, die vor dem Zusammenbruch Frankreichs noch einmal in Frankreich waren und zu diesem Zweck auf abgelegenen Flughäfen im Westen landeten. Die waren ganz erstaunt darüber, wieviele Flugzeuge dichtgedrängt auf den französischen Flugplätzen herumstanden und warum diese nicht in den Kampf geworfen wurden als die Franzosen Churchill um noch mehr Luftunterstützung gebeten hatten. Die haben auch nicht davon berichtet, dass diese Dinger schrottreif oder überaltet gewesen wären.

Quelle: William Shirer, Der Zusammenbruch Frankreichs, 1969.
 
Ich habe das jetzt auch mal bei Frieser nachgeschlagen und er gibt ähnliche Zahlen wie Kirkland an, teilweise zitiert er diesen. Auch bei der Beurteilung der Leistungen der Maschinen, kommt er zu ähnlichen bis polarisierenden Ergebnissen. Bei den Abschüssen gibt auch er etwas über 800 französische Maschinen an.

Die Dislozierung der französischen Verbände erklärt mit dem deutschen 'Alarmvorsprung' und dem Versuch, die Maschinen den deutschen Bombern zur Bodenzerstörung zu entziehen. Auch er weist auf den Irrtum hin, daß die oft genannten französischen Zahlen die Gesamtzahlen der verfügbaren Maschinen ausweisen. Diese seien die 'zufällig' im Norden befindlichen Maschinen.

Er gibt Zahlen zu den verfügbaren Maschinen der Armée de l'air an, wobei andere wieder daraufhinweisen, daß solche Zahlen gar nicht existieren. Ein weiteren Grund dafür, daß die französischen Maschinen stark im Süden konzentriert waren, sehe ich in dem Umstand, daß Toulouse zum Zentrum der staatlichen Flugzeugproduktion ausgebaut worden war.

Zugegeben bleibt einiges unklar, z. Bsp. weshalb die Armée de l'air nicht nach 1 Woche im Norden konzentriert werden konnte und weshalb dieses völlige organisatorische Chaos herrschte. Und wo ist dei Aufstellung, auf die Cot Bezug nimmt?

Grüße

Vitruv
 
Zusatz:

Die erstaunlichste Angabe, die Frieser macht, ist ja eigentlich die, daß die Verluste der Armée de l'air 892 Maschinen betrugen, wovon aber nur 306 im Luftkampf abgeschossen worden seien.

Da werde ich ja sogar ich skeptisch. Es ist zwar probat und richtig, sich auf Fakten und harte Zahlen beziehen zu wollen, was hier jedoch herrscht, ist ein absolutes Zahlenroulette mit unterschiedlichsten Angaben, das wohl niemand mehr auf eine klare Basis stellen kann.

Insofern sind diese Zahlenspiele eher ein Hindernis auf dem Wege zu einem tieferen Verständnis der damaligen Entwicklungen und Prozesse und keinesfalls der Schlüssel zur Lösung.


Grüße

Vitruv
 
Zuletzt bearbeitet:
Die erstaunlichste Angabe, die Frieser macht, ist ja eigentlich die, daß die Verluste der Armée de l'air 892 Maschinen betrugen, wovon aber nur 306 im Luftkampf abgeschossen worden seien.
Da werde ich ja sogar ich skeptisch. ...
Insofern sind diese Zahlenspiele eher ein Hindernis auf dem Wege zu einem tieferen Verständnis der damaligen Entwicklungen und Prozesse und keinesfalls der Schlüssel zur Lösung.

Friesers operative Studie ist sicher herausragend, aber bei der Analyse des Luftkrieges versucht er das Durcheinander der Literatur zu filtern, was mE nicht gelungen ist.

Die "Zahlen" sind Grundlage dessen, was es als "Versagen" der französischen Luftwaffe oder ihres "Einsatzes" zu beschreiben gilt. Insofern würde ich das unverändert so sehen, dass jede Interpretation hier bei den Daten ansetzen muss. Und da liegen - anders als bei den dargestellten Kräfteverhältnissen und Verteilungsfragen mit Feldzugbeginn - bei Frieser die Schwächen. Den Hinweis auf die Stärke der Devoitine D-520 zB bei Frieser muß man wohl als irrelevant ansehen.

Einige Überlegungen zu den Daten:
1. Die alliierten Luftwaffen griffen durchaus in die Kämpfe bei Sedan und Dinant ein. Die deutschen Abschußzahlen (Jäger+Zerstörer) weisen für diesen Tag 129 Abschüsse aus, die Masse im Großraum Sedan-Dinant.

2. Rückgrat der frz. Jagdwaffe waren die qualitativ unterlegenen MS406 (ca. 1000 Stück insgesamt) und die Curtiss-Hawk (ca. 800 -?- Stück insgesamt- umstritten). Inklusive der aus Nordafrika ab 10.5.1940 überführten Bestände würde ich von ca. 1600 verfügbaren Jägern ausgehen. Das sind immerhin 160% des Bestandes der deutschen Luftwaffe an Bf109!#

Ich habe inzwischen die referenzierbaren/nachgewiesenen Abschüsse nach Typen gefiltert. Die frz. Luftwaffe verlor an der Westfront (in der Masse ab 10.5.1940) ca. 320 Morane und ca. 240 Curtiss-Hawk (zzgl. 5 D-520) durch Abschüsse von deutschen Jägern. Dazu sind die Flakabschüsse (50-100?), die beschädigten Maschinen (>10% Beschädigung nach deutscher Lesart, geschätzt 1/3 der Abschusszahlen), Unfälle (5-10% des Bestandes in 6 Wochen aufgrund der hohen Einsatzzahlen plus Betrachtungszeitraum ab September 1939) und die am Boden zerstörten Maschinen in Phase 1+2 zu rechnen. Daraus ergäbe sich:
ca 560 Abschüsse
ca 190 Beschädigungen im Einsatz/einsatzunfähig
ca.50-100 Flak
ca.100-200 Boden
ca.100 Unfälle
Summe > 1000. Damit wären fast 2/3 des Bestandes bis zum Juni 1940 verloren gegangen. Aufgrund des Chaos der Niederlage kann man ergänzend wohl davon ausgehen, dass die Monatsproduktion Mai 1940 die Front nicht mehr erreicht hat.

Das soll nur ein erster ganz grober gedanklicher Ansatz sein.
Gibt es Ergänzungen+Anregungen?
 
P.S. Friesers Abschusszahlen sind falsch und entsprechen nicht dem Stand der Literatur zur Luftwaffe, auch nicht den OKW-Berichten zum Feldzug. Die oben angegebenen Abschußzahlen sind vereinzelbar, nach Name, Typ, Datum, Ort, Uhrzeit (falls Bedarf besteht :winke: )
 
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