Machtantritt Hitlers legal?

Lieber Florian,
sie war leider legal, da wir eine Präsidialdemokratie hatten und Hitler somit keine Mehrheit im Parlament brauchte. Für seinen Haushalt schon, deswegen ließ er so bald wie möglich wieder wählen. Ob nun Hugenberg den "alten Herrn" nicht mehr länger warten lassen wollte oder nicht, wird an der ernennung Hitlers zum Reichskanzler nichts geändert haben.
Lieber Rüdiger,
Du hast recht, der Deutsche mag keine Revolutionen, sondern es muß alles legal aussehen. Deswegen bewundere ich ja die ostdeutsche Bevölkerung, welche die erste und auch noch friedliche Revolution in Deutschland machte und damit auch noch Erfolg hatte. :)
 
heinz schrieb:
Du hast recht, der Deutsche mag keine Revolutionen, sondern es muß alles legal aussehen.
Diese Pauschalisierung halte ich für sehr gewagt. Warum hatten den "revolutionäre Gruppierungen" wie die KPD und die NSDAP solchen zulauf? Wieso wurde die 1848 Revolution lange Zeit hochgehalten und bewundert? Sicherlich gab und gibt es in Deutschland reaktionäre Strömungen die Revolutionen ablehnen, aber ich denke ein großer Teil der Deutschen Bevölkerung hat zu mindest kein ablehndes Bild von Revolutionen.

Gruß,
Brecht
 
Minderheitsregierung

In einer Präsidialdemokratie aber auch in anderen Demokratien sind Minderheitsregierungen keine Seltenheit sondern fast schon Normalität. Als Beispiel fällt mir Italien bis
Mitte der 90er Jahre ein. Der Regierungschef sucht sich je nach Abstimmung seine Mehrheiten im Parlament. Auch in Weimar gab es zuletzt fast nur noch Minderheitsregierungen.

Sprachen die Nazis nicht von einer "Nationalen Erhebung"? Aber an den Begriff Revolution kann ich mich auch erinnern.

Jedenfalls waren die Nazis, anders als Heinz glaubt, nach meiner Ansicht keineswegs revisionistisch. Verstaatlichung von Banken und Großindustrie gehörten ebenso zum Programm wie bei der KPD. Statt Fünf-Jahres-Plänen gab es bei den Nazis welche für 4 Jahre. Deshalb war den Kommunisten nicht nur die Namensähnlichkeit von Nationalsozialismus und Stalins Theorie vom "Sozialismus in einem Land" unangenehm. Deshalb versuchten sie, die Nazis in der KP-Propaganda als "Faschisten" zu verunglimpfen, was aber wohl eher eine Beleidigung der Italienischen Faschisten ist, die gegen das Nazipack ein richtig harmloses Völkchen waren.
Wie berichteten englischsprechende Bekannte von mir, als sie Anfang der 90er eine Stadtrundfahrt in Berlin machten und dabei an einen Ost-Berliner Fremdenführer gerieten: "Wir wußten gar nicht, dass die Italiener so viel in Berlin gebaut haben." Die Amis kannten Hitlers Schergen halt nicht als Faschisten, sondern nur als "bloody Nazis"

Erst mit dem so genannten Röhmputsch wurde der linke Flügel des NSDAP eliminiert und die Partei für Industrie und Militär endgültig akzeptabel gemacht.

Zur Machtergreifung: Sie lief sicherlich legal ab, die Nazis waren bemüht, zumindest den Anschein zu wahren. Die Kommunistischen Abgeordneten wurden ja auch nicht einfach so verhaftet, sondern mit konstruierten Anklagen - siehe Reichstagsbrand. Die Väter unseres Grundgesetzes schufen deshalb die Immunität für Abgeordnete. Damit wollte man ähnliches in Zukunft verhindern.
 
Alarich schrieb:
Deshalb versuchten sie, die Nazis in der KP-Propaganda als "Faschisten" zu verunglimpfen, was aber wohl eher eine Beleidigung der Italienischen Faschisten ist, die gegen das Nazipack ein richtig harmloses Völkchen waren.
Diese Aussage ist unqualifizierter Blödsinn!

Eine Verharmlosung der italienischen Faschisten - selbst im Vergleich mit Nationalsozialisten - ist absolut daneben!
 
Lieber Kirlon,

ich halte die Verbrechen der Nazis für einzigartig. Von der Zahl der Opfer her können vielleicht Stalin oder Mao noch mithalten, Mussolini mit Sicherheit nicht. Erst nach seinem Sturz 1943 konnten die deutschen Nazis in Italien schalten und walten und erst dann hatten sie "Zugriff" auf die Juden. Auch danach begann erst der Partisanenkrieg mit seinen Verbechen auf beiden Seiten. Mal abgesehen davon, dass die Deutschen nach den "Abfall Italiens" tausende italienische Soldaten ermordeten.
Wenn ich mich richtig entsinne, war Mussolini laut Golo Mann an einem politischen Mord beteiligt. Politische Gegner wurden in Italien zumeist auf Inseln oder in einsame Bergdörfer verbannt. Sein Kolonialkrieg in Äthiopien waren sicherlich ein Verbrechen, aber letztendlich nichts anderes als die Demokratien Frankreich und USA noch in den 50er und 60er Jahren veranstalteten. Man denke nur an Algerien und Vietnam.
Das soll keine Ehrenerklärung für Mussolini werden, aber mit Hitler ist er nun wirklich nicht zu vergleichen. aber das wäre vielleicht ein eigenes Thema wert.
 
Kirlon schrieb:
Diese Aussage ist unqualifizierter Blödsinn!

Eine Verharmlosung der italienischen Faschisten - selbst im Vergleich mit Nationalsozialisten - ist absolut daneben!
Leider hört man ähnliches auch in der Schule.
Wir reden im Moment darüber, ob man den Faschismus mit dem Nationalsozialismus gleichsetzen kann und da hören wir sehr oft, dass man ja die Judengesetze auch in Italien geschaffen habe, doch seien sie ja nicht so deutlich ausgeführt worden. Auch sei der Benito Mussolini ein ganz anderer Mensch als der Hitler. Er sei gebildet gewesen und seine Idee vom "Imperio Romanii" sei ja eine ganz andere und nicht so kranke, wie die Idee eines Dritten Reiches.
Leider hört man sowas sehr oft.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Vergleich Mussolini, italienischer Faschismus und Hitler, deutscher Nationalsozialismus
und Nazitum, wäre tatsächlich interessant, gehört jedoch in einen anderen Pfad.
Alarich liegt jedoch mit seinem Vergleich m.E. nicht ganz falsch.
Zum Ausgangsthema ist festzuhalten, daß Hitler legal an die Macht kam, je nach politischer
Richtung wird so getan als hätten die Nazis die Macht ergriffen, oder sie sich erschlichen.

Fischhof, Cutter und Brecht haben hierzu ja bereits das wesentliche gepostet, den link von Mercy sollte man noch durch
http://www.dhm.de/lemo/html/nazi/innenpolitik/etablierung/index.html
ergänzen.
Nach den Regeln und Gesetzen der Weimarer Verfassung kam Hitler also legal an die Macht.
Versagt haben bei diesem Vorgang Hindenburg als Reichspräsident und die Parteien des rechten Spektrums, insbesondere Deutschnationale und das Zentrum.
Neben anderem war z.B. das politische Klima zu jener Zeit dermaßen vergiftet,
daß die verantwortlichen Politiker und ihre Ratgeber aus Machtkalkül auch die Kröten Hitler, Frick und Göring schluckten. Zumindest die damals Verantwortlichen und politischen Ratgeber hätten wissen müssen, was in "Mein Kampf" steht, und auch nationalistische Gesinnung darf nicht soweit gehen, daß man z.B. den Aufruf zur Vernichtung von Minderheiten billigend in Kauf nimmt.
Zudem war z.B. auch die Justiz der Weimarer Republik auf dem "rechten Auge" blind, d.h. die Rechtsbrüche der "Politischen Rechten" insbesondere der Nazis wurden selten und dann mit vorzeitiger Entlassung, Haftvergünstigungen etc. geandet (vgl.z.B. Hitlers vorzeitige Entlassung aus Landsberg), die "Politische Linke" wurde jedoch mit aller Härte der geltenden Gesetze bestraft.
Kein Wunder daß also eher rechte Kreise von Machtergreifung etc. sprechen (selbst in dem
vom deutschen Bundestag herausgegebenen Buch zur Deutschen Geschichte anläßlich der
Wieder-Eröffnung des Reichstags, wird so fabuliert).
 
wthurner schrieb:
Der Vergleich Mussolini, italienischer Faschismus und Hitler, deutscher Nationalsozialismus
und Nazitum, wäre tatsächlich interessant, gehört jedoch in einen anderen Pfad.
Alarich liegt jedoch mit seinem Vergleich m.E. nicht ganz falsch.
Zum Ausgangsthema ist festzuhalten, daß Hitler legal an die Macht kam, je nach politischer
Richtung wird so getan als hätten die Nazis die Macht ergriffen, oder sie sich erschlichen.

Fischhof, Cutter und Brecht haben hierzu ja bereits das wesentliche gepostet, den link von Mercy sollte man noch durch
http://www.dhm.de/lemo/html/nazi/innenpolitik/etablierung/index.html
ergänzen.
Nach den Regeln und Gesetzen der Weimarer Verfassung kam Hitler also legal an die Macht.
Versagt haben bei diesem Vorgang Hindenburg als Reichspräsident und die Parteien des rechten Spektrums, insbesondere Deutschnationale und das Zentrum.
Neben anderem war z.B. das politische Klima zu jener Zeit dermaßen vergiftet,
daß die verantwortlichen Politiker und ihre Ratgeber aus Machtkalkül auch die Kröten Hitler, Frick und Göring schluckten. Zumindest die damals Verantwortlichen und politischen Ratgeber hätten wissen müssen, was in "Mein Kampf" steht, und auch nationalistische Gesinnung darf nicht soweit gehen, daß man z.B. den Aufruf zur Vernichtung von Minderheiten billigend in Kauf nimmt.
Zudem war z.B. auch die Justiz der Weimarer Republik auf dem "rechten Auge" blind, d.h. die Rechtsbrüche der "Politischen Rechten" insbesondere der Nazis wurden selten und dann mit vorzeitiger Entlassung, Haftvergünstigungen etc. geandet (vgl.z.B. Hitlers vorzeitige Entlassung aus Landsberg), die "Politische Linke" wurde jedoch mit aller Härte der geltenden Gesetze bestraft.
Kein Wunder daß also eher rechte Kreise von Machtergreifung etc. sprechen (selbst in dem
vom deutschen Bundestag herausgegebenen Buch zur Deutschen Geschichte anläßlich der
Wieder-Eröffnung des Reichstags, wird so fabuliert).

Hier würde ich noch ärgenzend erwähnen, dass sich die SPD und KPD bekämpft haben und keinen gemeinsamen Weg gegen die NSDAP gegangen sind. Für diese beiden Parteien überwog die traditionelle Konkurrenz so stark, dass sie zweitweise taktische Allianzen mit der NSDAP als eine Möglichkeit anschauten. Sie waren aber nicht bereit gemeinsam gegen die Nazis zu kämpfen.
 
Alarich schrieb:
Lieber Kirlon,

ich halte die Verbrechen der Nazis für einzigartig. Von der Zahl der Opfer her können vielleicht Stalin oder Mao noch mithalten, Mussolini mit Sicherheit nicht.
[...]
Das soll keine Ehrenerklärung für Mussolini werden, aber mit Hitler ist er nun wirklich nicht zu vergleichen.
Um einen Vergleich Mussolinis mit Hitler geht es an dieser Stelle gar nicht.

Ich bin nahezu sprachlos angesichts deiner Formulierung, die italienischen Faschisten seien im Vergleich zu dem "Nazipack ein richtig harmloses Völkchen" gewesen.

Sicher sind die deutschen Verbrechen in der Zeit des NS einzigartig; sicher ist aber auch, dass viele Aktionen, Taten und Greuel der Faschisten in Italien sowie während des Krieges derart verbrecherisch waren, dass eine Verharmlosung - durch welchen Vergleich auch immer - absolut nicht zu rechtfertigen ist.

Anstatt zu versuchen, deine Aussage durch zusätzliche Erklärungen zu relativieren, solltest du die Wortwahl zurücknehmen bzw. dringendst ändern! Ich meine, das gebietet der Anstand!
 
Alarich schrieb:
Lieber Kirlon,

ich halte die Verbrechen der Nazis für einzigartig. Von der Zahl der Opfer her können vielleicht Stalin oder Mao noch mithalten, Mussolini mit Sicherheit nicht.
Die Verbrechen der Nazis sind nicht in erster Linie deswegen unvergleichlich weil sie quantitativ so viele Tote forderten, sondern qualitativ weil die Ermordung vo 6 Millionen Juden auf industrielle Weise keine rationelle Begründung hat. Deswegen sind auch die Verbrechen von Stalin&Co nicht vergleichbar. Die Morde Stalins hatten das Ziele ein Klima der Angst zu schaffen und so die Allmacht der Partei zu sichern. Deswegen und weil die soziale Funktion von Stalinismus und Faschismus eine grundlegend andere ist kann man die beiden Dinge nicht vergleichen. Es macht einfach keinen Sinn Systeme an der Zahl der Morde die sie begehen zu charakterisieren, sondern anhand ihres Wesens.

Genau deswegen ist der italienische Faschismus auch ebenso ein Faschismus wie es der Nazifaschismus war. Denn ihre soziale Funktion war im wesentlichen die gleiche.
 
Arcimboldo schrieb:
Dieser Vorgang zeigt vorallem ,in welchem Maß große Teile der Bevölkerung, ja selbst Künstler korrumpiert waren und den Erfolg der braunen Horden erst ermöglichten. Es ist ja nicht so,daß über die frechen und menschenverachteten Übergriffe auf politisch Andersdenkender und Juden mit breiter Empörung und Wiederstand geantwortet wurde, das zeigt das Beispiel hier des Dirigenten Fritz Busch, der dank intensivster Qualitätsarbeit mit seinem Orchester beispielgebend in Europa war.
Als die braunen SA- Horden im März 1933 die ganze Vorstellung des "Rigoletto" von
G. Verdi gekauft haben ,stürmten sie noch vor dem ersten Einsatz des Dirigenten F. Busch
den Operngraben . Das Orchester zeigte sich zwar überrascht und bestürtzt, verhielt sich aber außer zwei Geigern in passiver und feiger Ruhe. Fritz Busch wurde gezwungen die Semperoper zu verlassen. Er tat es für immer !
Dies als Beispiel wie weite Teile der bürgerl. Gesellschaft mit Erfolg an immer neue Schandtaten und Gewalttätigkeiten gewöhnt wurden. Letztlich als Vorbereitung zur Reichsprogromnacht 1938.
Und wie würden Orchester und Gesellschaft sich heute verhalten?
Passivität aus Angst ist ja etwas anderes als Zustimmung.
Die braunen SA- Horden waren ja seit einigen Wochen nicht mehr nur einfach Schlägertrupps, sondern repräsentierten in gewisser Weise die neue Reichsregierung, ob man das nun gut fand oder nicht.
Und das Orchester wußte, wie unverblümt Busch in den Monaten zuvor die NSDAP und ihre Ideologie angegriffen hatte und sah sich jetzt mit Busch deren ebenso unverblümten Racheakt bewußter Demütigung gegenüber. (Buschs Gattin war ja - Scheinheiligkeit laß' nach!- noch extra eingeladen worden, war aber Gott sei Dank verhindert.)
Wir leben heute in einer Zeit relativ menschenwürdiger Rechtssicherheit. Das war zum damaligen Zeitpunkt (untergehende Weimarer Republik) nicht so, bzw. es war abzusehen, daß es nicht mehr lange so sein würde. Und als Orchestermusiker lernt man- wie ja eigentlich jeder "brave Bürger"- auch heute noch sehr schnell, wann man ungestraft den Mund aufmachen darf und wann nicht.
Und insgesamt fühlte man sich als "braver Deutscher" von den Nazis doch akzeptiert und unterstützt, ja sogar repräsentiert, zumindest solange man nicht immer zu genau hinschaute.
Das meinte ich im letzten Beitrag. Die NSDAP tat alles, um den Deutschen zu suggerieren: "Wir setzen auf deutsche Kultur, deutsche Tradition, deutsche Tugenden, etc..."
Man schwankte eben zwischen Angst und Hoffnung, und im Zweifelsfall entscheiden sich halt die meisten für die Hoffnung und nehmen die Angst schamhaft in Kauf.
 
Koennte man vielleicht etwas mehr beim Thema bleiben und nicht in diverse Nebendiskussionen verfallen, die nun wirklich alle nur noch sehr mittelbar mit dem Thema zu tun haben.

Ein Forum zum Vergleich Italien/Deutschland unter Mussolini/Hitler faende ich z.B. gar nicht schlecht. Wenn also noch Diskussionsbedarf besteht, bitte eroeffnen.

Danke!
 
Rüdiger schrieb:
Und als Orchestermusiker lernt man- wie ja eigentlich jeder "brave Bürger"- auch heute noch sehr schnell, wann man ungestraft den Mund aufmachen darf und wann nicht.



...... da hat Manganite recht, das geht wohl eher in Richtung Zeitgeist -Diskussion.


Zu Deinem Zitat möchte ich anmerken, daß die Gründe den Mund aufzumachen freilich nicht vergleichbar sind mit den Damaligen. Zivilcourage ist allemal gut und was die Orchestermusiker betrifft ; die haben durchaus Grund genug den Mund aufzumachen, sind die Dirigenten von heute ,mit wenigen Ausnahmen, im Gegensatz zu Persönlichkeiten wie F. Busch doch eher
Verkäufer der Ware klassische Musik mit strengem Blick auf die Kasse, aber nicht auf ihre Klasse .....
:teach:
 
manganite schrieb:
Koennte man vielleicht etwas mehr beim Thema bleiben und nicht in diverse Nebendiskussionen verfallen, die nun wirklich alle nur noch sehr mittelbar mit dem Thema zu tun haben.

Ein Forum zum Vergleich Italien/Deutschland unter Mussolini/Hitler faende ich z.B. gar nicht schlecht. Wenn also noch Diskussionsbedarf besteht, bitte eroeffnen.

Danke!
Sehr gute Idee, ich hatte mal ein Seminar in Politikwissenschaft dazu und fand das Thema sehr spannend. Methodisch kann man mit einem Vergleich herangehen, der guckt ob die Systeme autoritär oder totalitär waren. Dort spielen auch Reflektionen über den "charismatischen Führer" den solche Systeme meist haben ein Rolle. Wär sehr dankbar, wenn das Thema auch hier behandelt würde.

Gruß,
Brecht
 
Brecht schrieb:
Sehr gute Idee, ich hatte mal ein Seminar in Politikwissenschaft dazu und fand das Thema sehr spannend. Methodisch kann man mit einem Vergleich herangehen, der guckt ob die Systeme autoritär oder totalitär waren. Dort spielen auch Reflektionen über den "charismatischen Führer" den solche Systeme meist haben ein Rolle. Wär sehr dankbar, wenn das Thema auch hier behandelt würde.

Gruß,
Brecht
Dann eroeffne doch einfach einen neuen Thread zu diesem Thema :hoch:
 
Brecht schrieb:
Diese Pauschalisierung halte ich für sehr gewagt. Sicherlich gab und gibt es in Deutschland reaktionäre Strömungen die Revolutionen ablehnen, aber ich denke ein großer Teil der Deutschen Bevölkerung hat zu mindest kein ablehndes Bild von Revolutionen.
Gruß,
Brecht

Lieber Brecht, wie kommst du darauf, das ein großer teil der Bevälkerung keine Revolutionen ablehnen? :confused: Wie sagte Lenin: "Wenn deutsche Revolutionäre einen Bahnhof stürmen, kaufen sie sich vorher Bahnsteigkarten". ;)
 
ursi schrieb:
dass sie zweitweise taktische Allianzen mit der NSDAP als eine Möglichkeit anschauten. Sie waren aber nicht bereit gemeinsam gegen die Nazis zu kämpfen.

Liebe Ursi,
ich weiß von dem Streik bei den Berliner Verkehrsbetrieben, den Nazis und KPD gemeinsam durchführten. Wo hatte die SPD eine taktische Alianz mit den Nazis? :confused:
Die SPD hat als einzige demokratische Partei gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt. Kommunisten konnten nicht dagegen stimmen, da sie im Gefängnis saßen, im KZ waren oder ins Ausland geflohen waren. :rolleyes:
 
Linker schrieb:
Die Verbrechen der Nazis sind nicht in erster Linie deswegen unvergleichlich weil sie quantitativ so viele Tote forderten, sondern qualitativ weil die Ermordung vo 6 Millionen Juden auf industrielle Weise keine rationelle Begründung hat. Deswegen sind auch die Verbrechen von Stalin&Co nicht vergleichbar. Die Morde Stalins hatten das Ziele ein Klima der Angst zu schaffen und so die Allmacht der Partei zu sichern. Deswegen und weil die soziale Funktion von Stalinismus und Faschismus eine grundlegend andere ist kann man die beiden Dinge nicht vergleichen. Es macht einfach keinen Sinn Systeme an der Zahl der Morde die sie begehen zu charakterisieren, sondern anhand ihres Wesens.

Genau deswegen ist der italienische Faschismus auch ebenso ein Faschismus wie es der Nazifaschismus war. Denn ihre soziale Funktion war im wesentlichen die gleiche.

Lieber Linker,

Ich hatte geschrieben: Die Verbrechen der Nazis sind einzigartig.
Das wird wegen der rassistischen Motive und der industriellen Abläufe auch niemand ernsthaft bezeifeln.
Faschismus sollte man aber erstmal definieren bevor man großzügige Vergleiche zum Stalinismus macht. aber das ist hier der falsche Thread.

Lieber Kirlon,

ich finde, auch zwischen Schurken muss man noch differenzieren können...
wir sind ja hier in einem Geschichtsforum und nicht in einem Forum für Moraltheologen.
Hitlers Verbrechen sind einzigartig. In Italien fanden keine Massenmorde statt, solange Mussolini Herr im eigenen Haus war. Nicht umsonst gab es in Italien noch lange nach dem Krieg Neofaschisten, deren Nachfolgeorganisation heute sogar an der Regierung beteiligt ist. Wenn du anderer Meinung bist, zähl doch mal die größten Verbrechen der Faschisten in Italien bis September 43 auf. Über Äthiopien und die Gaseinsätze brauchen wir uns nicht zu streiten, das waren schreckliche Verbrechen.

Liebe Manganite,
keine Angst, das war meine letzte Äußerung zu dem Thema. Ich lasse mich aber ungern in die Dumpfbackenecke drängen.
 
heinz schrieb:
Liebe Ursi,
ich weiß von dem Streik bei den Berliner Verkehrsbetrieben, den Nazis und KPD gemeinsam durchführten. Wo hatte die SPD eine taktische Alianz mit den Nazis? :confused:
Die SPD hat als einzige demokratische Partei gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt. Kommunisten konnten nicht dagegen stimmen, da sie im Gefängnis saßen, im KZ waren oder ins Ausland geflohen waren. :rolleyes:


Wenn Du zu diesem Thema mehr wissen willst dann schlage ich vor dir folgende Bücher zu besorgen:

K.J. Müller, Der deutsche Widerstand 1933 bis 1945 daraus von Detlev J.K. Peukert Der deutsche Arbeiterwiderstand 1933 bis 1945, Seite 157 bis 181

Oder von Michael Schneider, Unterm Hakenkreuz

Es geht nicht um die Zeit die NSDAP an der Macht war sondern um die Weimarer Republik. KPD und SPD haben sich in WR immer bekämpft und nicht gemeinsam gegen die immer stärker werdende NSDAP gekämpft. Soweit zu Tradition.

Zitat von Peukert:

"Die Unbeweglichkeit von SPD und KPD gegenüber dem Anwachsen des Nationalsozialismus und dessen endlichen Zugriff auf die Macht resultierte daraus, dass beide Parteien in der Bestimmung des politischen Hauptgegners, in ihren strategischen Vorstellungen und ihren praktischen Handlungesmustern sich nicht von den Erfahrungen der ersten Jahre der Weimarer Republik lösen konnten. Die KPD verdeckte in Fortführung der Alternative Räte Deutschland oder bürgerliche-parlamentarische Demokratie die besonders unter einer allgemeinen Etikettierung des ganzen parlamentarischen Systems und aller nichtkomunistischen Parteien als faschistisch un sozialfaschistisch. Die SPD glaubte wie schon im Kriesenjahr 1923 durch Zugeständnisse an die bürgerliche Rechte die nationalsozialistischen Republikfeinde isolieren zu können, bis mit dem Ausklingen der wirtschaftlichen Krise Normalität und Stabilität wiederhergestellt sein würden."

Das was Du beschreibst ist nachdem Hitler an der Macht war. Man muss halt auch die Geschichte davor anschauen. Und davor haben sie nicht gemeinsam gekämpft.
 
Der Streit zwischen SPD und KPD vor 1933 kulminierte auch um die Frage der sogenannten "Einheitsfront", die von der KPD aus taktischen Gründen gefordert und von der SPD aus denselben Gründen heftigst bekämpft wurde.
Es waren nicht nur allgemeine theoretische Differenzen, wie Reformen durchzuführen seien oder Krisen bekämpft oder genutzt werden sollten, die eine Zusammenarbeit letztlich unmöglich machte. Es war beinharte Konkurrenz um das gemeinsame Wählerpotenzial. Denn soviel Hitler auch an Wählern gewann, SPD- und KPD-Wähler wanderten - soweit das historisch beurteilt werden kann - nur untereinander (zusammen während der Weimarer Republik konstant ca. 30%). Somit waren SPD-Wähler potenzielle KPD-Wähler und umgekehrt. Der "parlamentarische" Existenzfeind von SPD und KPD waren daher nicht die Konservativen, das Zentrum oder die NSDAP, sondern es war der jeweils andere. Dabei übersahen letztlich beide, was nach 1933 überdeutlich wurde. Es gibt im Leben schlimmeres, als "parlamentarische" Existenzfeinde.
 
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