Mächtige Dynastien

CarnifexUltra

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Ich bin auf einen Blog gestoßen, der sich mit alten und/oder superreichen Familien beschäftigt, die Artikel sind gründlich mit Quellen belegt, allerdings handelt es sich dabei oft etwa um The Guardian, Stern, La Stanza oder auch wikipedia, also nicht akademisch zitierfähiges Material. Zuweilen hat er auch wegen der einseitigen, zielgerichteten Darstellung einen tendenziösen Charakter obwohl er an sich nicht unkritisch bleibt, nichtsdestoweniger befindet sich darunter das ein oder andere sehr interessante.
Zu den behandelten Familien gehört der europäische Uradel, also Colonna, Savoy, Habsburg, Hohenzollern, Bourbon (Kapetinger), u.a.m. auch der jüngere wie Sachsen-Coburg und Gotha (Windsor) und die jungen Bankiers- & Unternehmerfamilien Murdoch, Buffet, Morgan, auch natürlich Rothschild, Warburg und auch arabische wie die Sauds, die japanische Familien wie Iwasaki und die Kaiserfamilie, insgesamt dutzende werden dabei behandelt.

Etwa aus den Colonnas und Savoys gibt es einige sehr interessante:

1870 wurde der Kirchenstaat von der italienischen Königsfamilie Savoyen besetzt, gegen den Willen des Papstes. Diejenigen italienischen Adelsfamilien, welche die Savoyens ablehnten und weiterhin dem Papst treu blieben, werden als Schwarzer Adel bezeichnet. Die Colonna Familie gehört zum Schwarzen Adel. Der sizilianische Zweig der Familie war aber eng mit den Savoyens verbunden. 1946 wurde das Königreich Italien aufgelöst und die Savoyens entmachtet, da sie den italienischen Diktator Benito Mussolini unterstützt hatten. Neben der Abschaffung der Monarchie wurden in Italien auch die Adelstitel abgeschafft. Die Mitglieder des päpstlichen Adels, darunter die Colonnas, durften ihre Adelstitel aber behalten und besitzen sie bis heute.
[Da der Vatikanstaat als souveränes Völkerrechtssubjekt nach wie vor Adelstitel haben und verleihen kann]
[...]
1569 erhielten die Colonnas von Paliano vom Papst den Titel Principi, den sie bis heute besitzen. Dieser ist der höchste Adelstitel, den der Papst verleihen kann und zugleich der höchste Titel im italienischen Adel. Der Titel Principi bedeutet ins Deutsche übersetzt Fürst. Im päpstlichen Adel gibt es keinen König, da die Rolle des Königs der gewählte Papst übernimmt. Der päpstliche Adel und der Kirchenstaat sind also eine Wahlmonarchie. Fürstenfamilien wie die Colonnas stehen in der Hierarchie des päpstlichen Adels direkt unter dem Papst. Die meisten Fürstenfamilien stellten früher selbst Päpste und versuchten teilweise die Papstwahlen in ihrem Interesse zu beeinflussen.
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Rechts der Fürst Aspreno Colonna di Paliano
Guido Colonna di Paliano (1908-1982) vertrat Italien ab 1933 als Diplomat in New York, Toronto, Kairo, Stockholm und London. In dieser Zeit war Italien eine faschistische Diktatur, die von Benito Mussolini geführt wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Ende der Diktatur war Guido Colonna Generalvertreter der italienischen Delegation bei den Verhandlungen zum Marshallplan. Von 1948 bis 1956 war er der erste stellvertretende Generalsekretär der OEEC und somit stellvertretender Chef der internationalen Organisation. Die OEEC war der Vorläufer der heutigen OECD. Guido Colonna besetzte eine führende Position im italienischen Aussenministerium und war italienischer Botschafter in Norwegen. Er war von 1962 bis 1964 stellvertretender Generalsekretär der NATO und damit stellvertretender Chef des mächtigsten Militärbündnisses der Welt. Er führte den Vorsitz im Nordatlantikrat, das wichtigste Entscheidungsgremium der NATO. Er war in den 60er Jahren auch Mitglied der EWG/EEC-Kommission. Sie war der Vorläufer der heutigen EU-Kommission.

Guido Colonna di Paliano gründete 1973 zusammen mit dem US-Amerikaner David Rockefeller die Trilaterale Kommission. Diese einflussreiche Denkfabrik dient dem Austausch der Eliten von Nordamerika, Westeuropa und Japan. In der Trilateralen Kommission sind viele Wirtschaftsführer und Politiker vertreten. Guido Colonna wird den Niederländer Max Kohnstamm gekannt haben, da dieser ebenfalls Mitgründer der Trilateralen Kommission war. Kohnstamm war ein Freund der niederländischen Königsfamilie. Kohnstamm war auch Mitgründer des Bilderberg-Treffens und gilt als einer der Gründerväter der EU.

Nachdem Guido Colonna di Paliano seine Karriere als Diplomat aufgegeben hatte, ging er in die Privatwirtschaft. Er war im Vorstand des italienischen Automobilkonzerns Fiat. Das Unternehmen wurde von der Agnelli Familie gegründet, die es bis heute kontrolliert. Die Agnellis gelten als die mächtigste Familie der italienischen Wirtschaftselite und heirateten in mehrere italienische Adelsfamilien. Guido Colonna kannte Giovanni Agnelli, das Familienoberhaupt. Sie waren gemeinsam bei der Trilateralen Kommission aktiv.

Guido Colonna di Paliano war im Vorstand eines grossen italienischen Elektrounternehmens, das vom US-amerikanischen Mischkonzern General Electric kontrolliert wurde. Guido Colonna war auch im Vorstand des Chemiekonzerns Solvay. Solvay ist eines der grössten belgischen Unternehmen und wird noch immer von der Gründerfamilie (Milliardäre) kontrolliert.
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Guido Colonna di Paliano bei der EG-Komission Rey (1967-1970), obere Reihe 2. v. l.
http://diemaechtigstenfamilienderwelt.ch > Colonna
 
Die italienische Hochadelsfamilie Savoyen ist über 1000 Jahre alt und gehört somit zum Uradel. Das Haus Savoyen stellte ab 1861 die Königsfamilie des Königreiches Italien, das im selben Jahr gegründet wurde. Davor war die Familie bereits seit 1720 die Königsfamilie der italienischen Mittelmeerinsel Sardinien gewesen. Die Monarchie wurde 1946 in Italien abgeschafft.

Nach Angaben von Money, ein viel gelesenes Wirtschaftsmagazin, könnte das heutige Vermögen der Savoyen Familie mehrere hundert Milliarden US-Dollar wert sein.

Die Familie ist traditionell mit dem Vatikan verbunden. Die Savoyens brachten mehrere Bischöfe hervor. Felix V. (1383-1451) aus dem Haus Savoyen war der letzte Gegenpapst der katholischen Kirche. Er gründete 1434 den Orden des Heiligen Mauritius. 1572 wurde der Orden vom Vatikan offiziell anerkannt und schloss sich mit dem Lazarus-Orden zusammen, der im 12. Jahrhundert im Kreuzfahrerstaat Jerusalem gegründet worden war. Durch die Vereinigung entstand der Orden des Heiligen Mauritius und Lazarus. Seither ist er der hauseigene Ritterorden der Savoyens.

Viktor Emanuel III. (1869-1947) und Umberto II. (1904-1983) erhielten vom Papst den Christusorden. Dieser ist der höchste Verdienstorden des Heiligen Stuhls.
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Erinnerung an die Lateranverträge: links Victor Emmanuel III., Mitte Papst Pius XI., rechts Mussolini
Viktor Emanuel von Savoyen (*1937) traf die Päpste Paul VI., Johannes Paul II., Benedikt XVI. und Franziskus. Er war wie gesagt Mitglied der P2 und ist zudem Mitglied des Malteserordens. Er musste schon öfters vor Gericht:

In den 70er-Jahren wurde wegen internationalem Waffenhandel gegen ihn ermittelt. Er vermittelte den Verkauf von 300 Kampfhubschraubern an seinen Freund, den Schah von Persien. Die Hubschrauber gelangten schliesslich in Jordanien, Taiwan und Südafrika. Viktor Emanuel wurde durch diese Waffenverkäufe reich, wie ein Cousin erzählte.
1978 gab er mehrere Gewehrschüsse ab, die den deutschen 19-Jährigen Dirk Hamer töteten. Es soll ein Versehen gewesen sein. 1991 wurde Viktor Emanuel vom Vorwurf der vorsätzlichen Tötung freigesprochen, aber wegen illegalen Waffenbesitzes zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Dirk Hamer war der Sohn des verurteilten Alternativmediziners Ryke Geerd Hamer, ein Verschwörungstheoretiker, der seine eigene germanische Medizinkunde entwarf.
2006 wurde Viktor Emanuel verhaftet. Man warf ihm vor, eine kriminelle Vereinigung gegründet zu haben, die für Korruption und Ausbeutung von Prostituierten verantwortlich ist. Dabei hatte Viktor Emanuel Kontakte in die Glücksspielindustrie. Er soll für Besucher eines Kasinos junge Prostituierte beschafft haben. Bei dieser Untersuchung wurde gegen weitere Leute wegen Korruption, Erpressung, Geldwäsche und Mafiaverbindungen ermittelt. Einer der Verdächtigten war Viktor Emanuels Cousin Simeon Sachsen-Coburg-Gotha, das Oberhaupt der nicht amtierenden Königsfamilie Bulgariens. Simeon war auch Ministerpräsident von Bulgarien. Ihm wurde vorgeworfen, dass er sich bestechen liess und dafür einem italienischen Unternehmer half in Bulgarien an öffentliche Aufträge zu kommen. Viktor Emanuel diente dabei als Vermittler. Es wurde auch gegen drei Carabinieri (Polizisten) ermittelt. Man verdächtigte sie, Informationen aus einer Datenbank an Viktor Emanuel und seine Leute weitergeleitet zu haben. Viktor Emanuel wurde letztendlich freigesprochen.
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Viktor Emanuel bei einem Treffen des Konstantinordens 2013
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Malteser (Johanniter) Ritterorden, um in den Ritterrang erhoben zu werden, muss man 16 adlige Vorfahren nachweisen können ("seize quartier"), einen zivilen Ritterrang gibt es allerdings ebenso bereits. Er ist ein souveränes Völkerrechtssubjekt um Adelsttitelvergeben zu können.
http://diemaechtigstenfamilienderwelt.ch > Savoy

Das sind nur zwei eindrückliche Beispiele aus nur zwei der vielen Familien.
 
Zuletzt bearbeitet:
Neben der Abschaffung der Monarchie wurden in Italien auch die Adelstitel abgeschafft.
Adelstitel wurden in Italien nicht abgeschafft – nur die Privilegien des Adels wurden abgeschafft. War selber mal bei einer Contessa eingeladen, die diesen Titel ganz offiziell trug.

Doch abgesehen davon: Mir erschließt sich nicht, was dieser Faden soll. Oder anders gefragt: Über was sollen wir hier diskutieren?
 
Adelstitel wurden in Italien nicht abgeschafft – nur die Privilegien des Adels wurden abgeschafft.

Zumindest bis zum Risorgimento gab es auch keinen "höchsten italienischen Adelstitel", es war gerade das herausragende Merkmal der Apeninnenhalbinsel, dass es so vielgestaltig in Kleinrepubliken aufgeteilt war, es gab keine einheitlich organisierte Hierarchie von Titeln, weshalb im geeinten Kgr. Italien erst eine Consulta heraldica eingerichtet wurde:

Hochkultur als Herrschaftselement S. 54 & 56 schrieb:
Der italienische Adel unterschied sich voneinander durch eine große Vielfalt an Titeln, an historischen und juristischen Wurzeln sowie an Reichtum und Status. Aufgrund der charakteristisch italienischen Tradition der kommunalen Autonomie gab es neben dem so genannten Feudaladel und jenem, der seinen Status Konzessionen von Souveränen verdankte, zahlreiche Aristokraten städtischer Herkunft, die auf Gemeindeebene verwurzelt waren und die ihre Familien ganz selbstverständlich in den Ämtern der politischen und administrativen Führung sahen; in vielen Städten hatten sie sich als eigenständige – vom Volk getrennte — Schicht eingerichtet.

[...]

Es liegt folglich auf der Hand, dass man nicht von dem einen italienischen Adel sprechen kann, der sich - wie überall — intern etwas differenzierte. Stattdessen existierten zahlreiche Aristokratien, jeweils geprägt, ja definiert durch ihre staatliche und kommunale Herkunft, mit unabänderlichen Traditionen sowie sozialen und wirtschaftlichen Rollen, die extrem unterschiedlich ausfallen konnten. Auf der anderen Seite schuf die Einigung Italiens — die zu einer Zeit stattfand, in der sich die Adelsschicht mehr oder weniger im Niedergang befand - vor allem zu Beginn Bedingungen, die in eingeschränktem Maße eher den Verschmelzungsprozess stärkten als die trennenden Bande lokaler Herkunft.

S.58 schrieb:
Da das Albertinische Statut die Adelstitel all derer anerkannte, die aufgrund der Normen, die vor der Einigung galten, einen Anspruch darauf hatten, wurde 1869 die Consulta araldica — der heraldische Rat — gegründet, um entsprechende Anfragen zu klären und unrechtmäßigen Aneignungen entgegenzutreten. Es handelte sich um eine heraldische Kommission, die unter dem Vorsitz eines königlichen Beauftragten die entsprechenden Institutionen ersetzte, die es zuvor in einigen Einzelstaaten gegeben hatte: zum einen sollte sie überprüfen, ob der Besitz und der Gebrauch bestimmter Titel legitim war, zum anderen hatte sie Ratschläge bezüglich neuer Nobilitierungen (einem königlichen Vorrecht) zu erteilen. Um widerrechtliche Aneignungen zu verhindern — die hier wie im übrigen Europa häufig vorkamen —, musste jede Familie die einen Titel führen wollte, einen Antrag stellen und ihren Anspruch entsprechend belegen. Die Probleme, die sich dabei auftaten, waren jedoch enorm, vor allem weil die historischen und juristischen Profile der verschiedenen Aristokratien Italiens sehr unterschiedlich ausfielen, da sie auf sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten basierten und dynastischen, regionalen und kommunalen Traditionen entsprangen, die sich grundlegend unterschieden und oft in der nächsten Region kaum bekannt waren. Zu beurteilen, wer und wie viele den italienischen Adel ausmachten, der in den ehemaligen Einzelstaaten verstreut war, wurde nach der Einigung tatsächlich zu einem ernsten Problem, in welchem essentielle Erkenntniswünsche mit der Frage nach Legitimation, Anerkennung des Ranges und sozialen Prestiges unmittelbar einhergingen.
[...]
Um die Jahrhundertwende gelang es schließlich mit viel Mühe, 14 unterschiedliche regionale Listen zu erstellen; und erst 1922 wurde per königlichem Dekret das offizielle Verzeichnis des italienischen Adels publiziert. Diese Maßnahme - mit all ihren komplexen Wechselfällen — zielte auch darauf ab, die verschiedenen Aristokratien zu »nationalisieren« und durch die offizielle Anerkennung des italienischen Staates und die gemeinsame Registrierung in einer Art »Goldenem Adelsbuch« zu einen. Das Ausmaß der internen Unterschiede wurde dabei jedoch deutlicher als die »Einigung«.

Das bedingte auch ein Inkompatibilität mit dem deutschen Feudalwesen.

Es mag auch etwas dem Schweizerdeutschen im Blog geschuldet sein, dass es einen trivilialen Charakter hat.

S.59 schrieb:
Aufsehenerregender war der Fall Rom, wo nach 1870 viele Familien des »schwarzen« papsttreuen Adels dem vereinten Italien und den Savoyer »Besatzern« lange Zeit feindlich gesonnen blieben. Auch in der Hauptstadt heilte die Zeit Wunden, aber viele hielten ihre ablehnende Haltung sogar bis zum Abschluss der Lateranverträge bei. Die Kluft zwischen »schwarzen« papsttreuen und »weißen« liberalen Adligen war von besonderer Bedeutung, da sie die reichen und prestigträchtigen Familien der römischen Fürsten betraf, aus denen seit Jahrhunderten Päpste und Kardinäle hervorgegangen waren. Sie verfügten über einen fast königgleichen Status und waren mit großen Reichtümern sowie starkem sozialen Einfluss ausgestattet. Diese Adligen Neapels und Roms machten zusammen 15 bis 20 Prozent des gesamten italienischen Adels aus, auf die Piemontesen entfiel ein Anteil von 10 Prozent. Auch andernorts, wo die Dynastien und Höfe weniger stark verankert waren als das Papsttum in Rom, existierten regelrecht Sektoren von Aristokraten, die sich — wenn auch weniger auffällig — kaum mit der nationalen Sache identifizierten.

Doch abgesehen davon: Mir erschließt sich nicht, was dieser Faden soll. Oder anders gefragt: Über was sollen wir hier diskutieren?
Ich wollte in erster Linie den Blog vorstellen, es ist finde ich ein sehr interessantes Thema und gerade die Unwissenschaftlichkeit kann einen dazu anregen selbst zu überprüfen.
Beim Thema handelt es sich natürlich wie im Titel um mächtige Familien, Adel, Uradel oder junge Superreiche.

@CarnifexUltra würdest du auch die Wesendoncks und Sayn-Wittgenstein zu diesen illustren Kreisen zählen? (reich genug waren die allemal...)
Gute Frage wodurch sich dieser Begriff von Mächtigen definiert, womöglich das machtpolitische Streben zum eigenen Wohl und mehren von Macht und Reichtum anstatt aufrechte Politik zum Allgemeinwohl zu betreiben.

Einer kurze Google-Suche nach sind Nachfahren der Wesendoncks heute mittelständische US-Bürger? Demnach würde ich sie nicht so charakterisieren.

Ich hab nicht genau nachgeforscht aber meines Wissens betreiben die Wittgensteins keine Machtpolitik. Ob Mäzenatentum und Kunstsammeln nicht ebenso eigennützig ist sei einmal dahingestellt.
(Der großindustrielle Vater von Ludwig Wittgenstein verzichtete sogar auf die Nobilitierung, er wolle kein "ordinärer Ringstraßenbaron" sein)
EDIT: Vielleicht kannst du aufklären was die Sayn-Wittgensteins heute treiben, ich hab mich nämlich bisher nicht mit ihnen befasst.
 
Zuletzt bearbeitet:
EDIT: Vielleicht kannst du aufklären was die Sayn-Wittgensteins heute treiben
Keine Ahnung, was die heute so treiben, aber vor 200 Jahren war das alter Militäradel, sowohl in Russland als auch in Preußen.
Da ein paar davon haben es darüber hinaus in den russischen oder den preußischen Staatsrat gebracht.

Von dem her, könnte man durchaus behaupten, dass die in Sachen Machtpolitik mal mitgemischt haben, wenn auch nicht in der ersten Reihe.
 
Zumindest bis zum Risorgimento gab es auch keinen "höchsten italienischen Adelstitel", es war gerade das herausragende Merkmal der Apeninnenhalbinsel, dass es so vielgestaltig in Kleinrepubliken aufgeteilt war
Das entspricht allerdings schon nicht mehr den Zuständen des 18. Jahrhunderts erst recht nicht des 19. Jahrhunderts.

Es gab natürlich bis in die FNZ hinein den überkommenen Titel des "Rex Italiae", den die römisch-deutschen Könige führten.

Ansonsten waren im Gebiet des heutigen Italien im 19. Jahrhundert verschiedene Königstitel gängig (Sardinien, Lombardo-Venezien, Beider Sizilien), mindestens 1 Titel eines Großherzogs (Toskana) welchen Titel genau die regierenden Fürsten von Parma und Modena führten und wie sich das mit Lucca verhielt, da müsste ich nahsehen.

Das Problem was es in Italien gab, dürften weniger die ehemaligen Stadtrepubliken sein, als der Umstand, dass die Absetzung der Regierenden Fürsten in den Kleinstaaten 1860 die Frage nach Mediatisierung Aufgeworfen haben dürfte und danach welche Titel unter den Savoyern noch geführt werden durften, um mit deren beanspruchten Würden nicht ins Gehege zu kommen.

So weit mir bekannt, firmierten nach der Einigung Italiens die jüngeren männlichen Nachkommen des Königs in der Regel unter einem Herzogstitel.
Und das wird dann auch gleichzeitig der höchste Rang im italienischen Adel gewesen sein, der außerhalb des Königshauses noch existierte.
 
Beim Thema handelt es sich natürlich wie im Titel um mächtige Familien, Adel, Uradel oder junge Superreiche.
Vielleicht kannst du aufklären was die Sayn-Wittgensteins heute treiben, ich hab mich nämlich bisher nicht mit ihnen befasst.
Ich muss gestehen, dass mich die Sayn-Wittgensteins bisher nur im Kontext Altenburg/Weimar und den Brüdern Paul und Ludwig Wittgenstein interessiert hatten - ob und was deren Nachkommen heute treiben, weiß ich nicht.

In diesem Thema (mächtige generationenübergreifende Dynastien) sollen nur solche gelten, die auch heute noch dick in Politik und Wirtschaft mitmischen? Thyssen/Krupp fällt mir da ein.
Was machen/bewirken die Rothschilds heute? Ich weiß es nicht - im 19.Jh. in Paris waren Chopin und Liszt öfter bei denen zu Gast.
 
Nach Angaben von Money, ein viel gelesenes Wirtschaftsmagazin, könnte das heutige Vermögen der Savoyen Familie mehrere hundert Milliarden US-Dollar wert sein.
Solche Schätzungen sind mit extremer Vorsicht zu genießen, weil der Besitzstand ohne Mitwirkung der Betreffenden oft nicht zu ermitteln ist (v.a. in der EU mit ihren starken Datenschutzgesetzen, oder in autoritären Staaten wie Russland und Saudi Arabien). Außerdem liegt Vermögen meist in der Form von Unternehmensbeteiligungen, Beteiligungen an Fonds und Immobilienbesitz vor, deren Wert stark schwankt und oft nur grob geschätzt werden kann. Nicht zuletzt ergeben sich oft Definitionsschwierigkeiten. Beispielsweise Schloss Nymphenburg: Rechtlich gehört es dem bayerischen Staat, aber die Familie Wittelsbach hat ein ewiges Wohnrecht in Teilen des Schlosses. Schlägt man den geldwerten Vorteil, den die Wittelsbacher daraus beziehen, nun ihrem Vermögen zu?
 
Das entspricht allerdings schon nicht mehr den Zuständen des 18. Jahrhunderts erst recht nicht des 19. Jahrhunderts.
... es gab kein einheitlich geregeltes Ständewesen, die Zeit der autonomen Handelsstädte, die sich durch ihre immense Bedeutung im Seehandel Autonomie leisten konnten, war natürlich vorüber, aber diese alte Tradition hinterlies ein sehr viel ausgeprägteres und bedeutenderes Stadtpatriziat und -adel als in Deutschland und anderswo, so sehr, dass man in Italien grundlegend zwischen Feudaladel und Stadtadel unterscheidet.

In der Liste von 1922 machten Patrizier und Stadtadel fast 40 Prozent der Einträge aus.
[...]

»Herrschaft über Land und Leute« meinte in diesen Teilen Italiens, wo Feudalabgaben und -dienste längst verschwunden waren, aber nicht nur die weitgehende politische und wirtschaftliche Kontrolle der Kommunen durch das Patriziat, sondern auch, seitdem diese sich im Spätmittelalter den contado unterworfen hatten, die Kontrolle des flachen Landes. Gestützt wurden diese Machtpositionen durch eine auch in den neuzeitlichen Flächenstaaten noch immer die untergegangenen Stadtrepubliken weitgehend abbildende Ämterverfassung in Verwaltung und Justiz, wodurch auch die ständische Repräsentation gesichert war, sowie durch engste Verbindungen zu Kirche und Papsttum.
Es gab natürlich bis in die FNZ hinein den überkommenen Titel des "Rex Italiae", den die römisch-deutschen Könige führten.

Ansonsten waren im Gebiet des heutigen Italien im 19. Jahrhundert verschiedene Königstitel gängig (Sardinien, Lombardo-Venezien, Beider Sizilien), mindestens 1 Titel eines Großherzogs (Toskana)

So weit mir bekannt, firmierten nach der Einigung Italiens die jüngeren männlichen Nachkommen des Königs in der Regel unter einem Herzogstitel.
Und das wird dann auch gleichzeitig der höchste Rang im italienischen Adel gewesen sein, der außerhalb des Königshauses noch existierte.
Damit hast du natürlich Recht.

Neben dem Hochadel machte der Kleinadel natürlich den Großteil aus, der war über die Regionen hinweg zutiefst unterschiedlich gestaltet und in der Nachbarregion u.U. kaum bekannt.
Da der Patriziertitel lediglich in Mailand und Rom stark verankert war, hatten viele bedeutende Venezier begonnen, den Titel conte zu führen, den sie sich bisweilen von den Habsburgern verleihen ließen, während die Genuesen, die im Ausland den Titel marchese zu führen pflegten, auf starke Widerstände von seiten des Königs von Sardinien stießen, der ihnen die Anerkennung versagte. Die Consulta araldica unterteilte den Stadtadel in die Kategorien patrizi und nobili, wobei sie dem Titel den Namen der Stadt hinzufügte. Diese Definition entsprach jedoch nur an manchen Orten den althergebrachten Traditionen, zumeist war sie lediglich das Resultat einer mehr oder weniger zeitnahen Erfindung. So war etwa in Venedig der Titel patrizio erst nach dem Fall der Republik eingeführt worden, um den Unterschied gegenüber den nobili in den Städten des Festlandes herauszustreichen. Die Habsburger wiederum hatten – um ihre Vorherrschaft zu stärken und die ständischen Ambitionen der Venezier zu dämpfen – verboten, den Titel zu tragen und erkannten bei allen Stadtadligen nur den Titel nobile an. Das eindrücklichste Beispiel einer Neudefinition, ja Neuerfindung von Titeln findet sich in der Toskana, der italienischen Region mit der größten Anzahl von Adelsfamilien, wo die städtischen Aristokraten die überwiegende Mehrheit bildeten. Mit dem habsburgisch-lothringischen Adels-Reglement aus dem Jahre 1750 erhob die neue Dynastie diejenigen in den Adelsstand, die sich unter den Medici als cittadini und concittadini des Fürsten betrachtet hatten. Auf diese Weise entstanden neue Kategorien von patrizi und nobili, die – da es keine historischen und juristischen Kriterien gab, um den »wirklichen« Adel kenntlich zu machen – je nach Prestige der Stadt oder je nach längerer oder kürzerer Dauer ihrer ständischen Differenzierung unterteilt wurden. Abgesehen von dieser ungewöhnlichen Breite des Stadtadels finden sich weitere charakteristische Unterschiede quer durch die verschiedenen Aristokratien der Halbinsel.
[...]

Beim Feudaladel war die Vielfalt der Titel auffällig, die von den schlichten des Nordens, wo es unzählige conti gab, mit Abstand gefolgt von den marchesi, bis zu den unzähligen principi und duchi sowie zahlreichen baroni Roms und des Südens reichte.
Das Problem was es in Italien gab, dürften weniger die ehemaligen Stadtrepubliken sein, als der Umstand, dass die Absetzung der Regierenden Fürsten in den Kleinstaaten 1860 die Frage nach Mediatisierung Aufgeworfen haben dürfte und danach welche Titel unter den Savoyern noch geführt werden durften, um mit deren beanspruchten Würden nicht ins Gehege zu kommen.
Deshalb die Consulta araldica.
 
Das Börsenportal von „Focus-Online“ – Finanzen 100 - nennt im Januar 2017 für Deutschland 3 reiche Familien:

1. Die Rothschilds,
2. Die Fugger,
3. Die Krupps.

In diesen Journal wird Eingangs aber darauf verwiesen:
„90 Prozent aller reichen Familien verlieren ihr Vermögen spätestens in der dritten Generation, sagt eine US-Studie. Gilt das auch für deutsche Dynastien? „

Hier zum Beitrag:
Rothschilds, Fugger, Krupps: Das wurde aus Deutschlands reichsten Familien
 
Was machen/bewirken die Rothschilds heute?
Bankwesen, Investment, Holding, Goldhandel, Luxushotels, Luxuswein, Yachten, das ganze Programm. Das englische wiki hat einen langen Artikel ()

Zu den Familien Thyssen, Krupp und Rothschild hat der Blog natürlich auch Einträge

Thyssen schrieb:
Über Heiraten gehören heute Teile der Familie zum Adel und sind unter anderem mit dem österreichisch-ungarischen Adel verbunden. Durch die Heiraten waren in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Hauptaktionäre des Thyssenkonzerns zugleich ungarische Adlige.

Fritz Thyssen (1873-1951) war ein Förderer der NSDAP:


Er war bereits 1923 mit Adolf Hitler und der NSDAP verbunden und förderte diese finanziell, also bereits zehn Jahre vor der Machtübernahme Hitlers.
1931 trat er der NSDAP bei und nahm am Treffen der Harzburger Front teil, ein Bündnis antidemokratischer Nationalisten und Rechtsextremisten.

Fritz Thyssen ermöglicht es Hitler, 1932 im Industrieklub Düsseldorf eine Rede zu halten vor den führenden Repräsentanten der deutschen Wirtschaft, um für sein politisches Programm zu werben.

Fritz Thyssen war einer der Unterzeichner der Industrielleneingabe, ein an den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg gerichteter Brief, der von zwanzig führenden Vertretern der deutschen Industrie und Finanzwirtschaft unterzeichnet war. Darin forderten sie den Reichspräsidenten auf, Adolf Hitler zum Reichskanzler zu ernennen. Zu den Unterzeichnern gehörten auch Hjalmar Schacht, Kurt von Schröder und Erwin Merck.
Krupp schrieb:
Gustav Krupp von Bohlen und Halbach, der den Krupp-Konzern führte, finanzierte die Arbeitsstelle Schacht. Sie wurde 1932 vom Bankier Hjalmar Schacht gegründet und entwarf ein Wirtschaftsprogramm für die NSDAP. Hjalmar Schacht war ein wichtiger Förderer Hitlers und leitete die Zentralbank im Naziregime. Er war ein Freund des britischen Zentralbankenchefs Montagu Norman.

Gustav und Hjalmar Schacht gehörten zu den Teilnehmern des Geheimtreffens vom 20. Februar 1933. Bei dem Treffen spendeten deutsche Industrielle 3 Millionen Reichsmark an die NSDAP. Zu den Teilnehmern gehörten die wichtigsten (nicht jüdischen) Akteure der damaligen deutschen Wirtschaftselite, darunter auch Quandt, Finck, Flick, Opel und Ludwig von Winterfeld (gehörte zum Vorstand von Siemens und hatte in die Siemens Familie geheiratet).
 
„90 Prozent aller reichen Familien verlieren ihr Vermögen spätestens in der dritten Generation, sagt eine US-Studie. Gilt das auch für deutsche Dynastien? „
Diese Studie würde ich gerne mal lesen, und mich würde interessieren, wie diese Beobachtung erklärt wird.

Carl Schmitt, glaube ich, hat mal geschrieben, dass in der Geschichte des Feudalismus selten ein großer Monarch einem anderen nachfolgte, und niemals mehr als einer – dass also spätestens in der dritten Generation ein Versager auf den Thron komme. Er begründete dies mit einem Prinzip, das sich mit dem Schlagwort "good times create weak men" umschreiben lässt: Durch die gefestigte Stellung der Dynastie verkümmern ihre Problemlösungsfähigkeiten, sie nimmt ihre Umstände als selbstverständlich hin, verliert ihre Innovationskraft und schafft sich Feinde.
 
Ich muss gestehen, dass mich die Sayn-Wittgensteins bisher nur im Kontext Altenburg/Weimar und den Brüdern Paul und Ludwig Wittgenstein interessiert hatten - ob und was deren Nachkommen heute treiben, weiß ich nicht.
Bei Sayn-Wittgenstein klingelte bei mir im Hinterkopf "Rotes Kreuz". Aber das ist auch schon nicht mehr aktuell. Botho Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein war von 1982-94 Präsident des DRK. Hier eine wiki-Übersicht, was andere prominente Familienmitglieder so mach(t)en: Sayn-Wittgenstein – Wikipedia

Andere "mächtige" deutschen Dynastien, die noch nicht genannt wurden, wären die Quandts (BMW), Faßbenders (ARAG) und Mercks (Pharma). Allerdings ist das alles nur "profaner Geldadel".
 
Gerson Bleichröder, Bankier Bismarcks, einer der reichsten Männer Preußens, vielleicht sogar der Welt. Sein Vermögen wird mit 100 Millionen Goldmark angegeben.
 
Zu den Quandts:

Bei denen haben während der NS Zeit ca. 50.000 Zwangsarbeiter geschuftet. Im Entschädigungsfond der deutschen Wirtschaft haben die Quandts nichts eingezahlt.

Da gab es auch einen Fernsehfilm zu "Das Schweigen der Quandts".
 
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Eine sehr reiche Familie in Deutschland waren ohne Frage auch die Flicks. Der Flick-Konzern stand für die Verbindung zwischen Wirtschaft und dem NS-Regime wie kaum ein anderes Unternehmen. Sein Wachstum wurde während des Dritten Reichs von kaum einen anderen Unternehmen übertroffen. Er profitierte in großen Ausmaße von "Arisierungen", war einer der bedeutendsten Rüstungsproduzenten und beschäftigte zehntausende von Zwangsarbeitern. Die Führungsfiguren des Konzerns wurden dafür vor dem Internationalen Militärtribunal in Nürnberg zur Verantwortung gezogen und verurteilt.

Auch Friedrich Karl Flick weigerte sich, wie zuvor schon sein Vater, eine Entschädigung für die Zwangsarbeiter des Konzerns zu leisten.
 
Eine sehr reiche Familie in Deutschland waren ohne Frage auch die Flicks. Der Flick-Konzern stand für die Verbindung zwischen Wirtschaft und dem NS-Regime wie kaum ein anderes Unternehmen.
Allerdings war eine große Nähe zum Staat bereits vor dem NS etwas, was den Flick-Konzern durchaus auszeichnete.

Er war bereits in der Weimarer Zeit durch Beteiligungen und Besitz an Industrieanlagen in Oberschlesien (im Besonderen auch im polnischen Teil), für die Regierungen der Weimarer Republik ein durchaus interessanter Hebel für die eigene Politik in der Oberschlesien-Frage.

Da man nach wie vor Interesse an einer Revision dieser Grenze hatte, war es damals für Berlin von einiger Wichtigeit die Abwanderung der deutschsprachigen Teile der Einwohnerschaft Polnisch-Oberschlesiens (wie das z.T. in Westpreußen passierte) nach Deutschland zu verhindern, um Ansprüche auf dieses Gebiet weiterhin mit der Identität von Teilen der dort lebenden Bevölkerung und deren Selbstbestimmungsrecht begründen zu können.
Folglich war regieungsseitig ein Interesse daran vorhanden, die Lebensverhältnisse der deutsschsprachigen Teile der Bevölkerung Ost-Oberschlesiens dergestalt zu fördern, dass diese von Abwanderung absehen würden, was die Regierung allerdings natürlich nicht offen tun konnte und an dieser Stelle kam dann als Instrument der Flick-Konzern ins Spiel.
Mindestens in der ersten Hälfte der 1920er Jahre.

1926 trennte sich Flick von einem Großteil der Oberschlesischen Beteiligungen, um sich stattdessen über eine Mehrheitsbeteiligung an der GBAG (Gelsenkirchener Bergwerks AG), gleichzeitig eine entscheidende Postion innerhalb der 1926 entstandenen "Vereinigten Stahlwerke AG" sichern zu können.

Nachdem Flick im Zuge der Weltwirtschaftskrise in finanzielle Schwierigkeiten geriet, gelang es allerdings die Anteile an der GBAG und damit den Vereinigten Stahlwerken 1932 zu deutlich überhöhtem Preis an die Reichsregierung zu verkaufen ("Gelsenberg-Affäre").

Auch da kommt eine relativ große Nähe zwischen Flick-Konzern und deutschem Staat zum Ausdruck.
 
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