Mainz‘ Umgang mit seinem historischen Erbe

Dieses Thema im Forum "Ausstellungen | Historische Sehenswürdigkeiten" wurde erstellt von zaphodB., 10. Juli 2022.

  1. zaphodB.

    zaphodB. Premiummitglied

    Gräberstrasse, Isisheiligtum,Aquädukt, Drususstein, Rom.Militärgestüt, etc,...und diverse Museen

    Leider hat man in Mainz die Angewohnheit einmal ausgegraben Anlagen wieder verkommen zu lassen und die Museumslandschaft ist ne Katastrophe.
    Das RGMZ zieht seit 3 Jahren um,das Landesmuseum ist konzeptionslos bis unsäglich und das Römerschiffmuseum ist seit Monatsanfang geschlossen.
    Eigentlich ne Schande für die ehemalige Hauptstadt von Germania superior
     
    Zuletzt bearbeitet: 10. Juli 2022
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  2. dekumatland

    dekumatland Aktives Mitglied

    @zaphodB. ...bedauerliche Zustände im goldnen Mainz...

    drei Geocaches etwas ;) außerhalb der Fleischwoscht- & Schwellköppstadt, die ihre römischen Sachen und Museen nicht so gut pflegt, erinnern an die Selztalstellung und führen zu ein paar Betonresten der seinerzeit modernsten gesplitteten Befestigungsanlage des Kaiserreichs Bollwerk Mainz - Die Selzstellung in Rheinhessen Fort Muhl - Bedeutendstes Werk der Selzstellung

    Dank der Koordinaten kann man auch ohne geocachendes Dosenfieber nun den Platz von "Fort Muhl" finden:GC4391R Highest Point of Mainz (Traditional Cache) in Rheinland-Pfalz, Germany created by Bernd 2011
    und man kann sich von außen einen nicht gesprengten Wasserbunker/Wasserwerk der Selztalstellung anschauen
    GC53WQ8 Premiere (Traditional Cache) in Rheinland-Pfalz, Germany created by autoklinik
    und man kann sich mit diesem 6km-Multi (ohne Rückweg) einen kleinen Abschnitt der Selztalstellung samt Wasserbunker und weiteren Resten von Infanteriestützpunkten anschauen und Infos zur Festung GC7M9WW Vor über 100 Jahren (Multi-cache) in Rheinland-Pfalz, Germany created by cumulusgenitus, Wildkatze19
    Die Selztalstellung war aufgeteilt in mehrere Befestigungsgruppen, eine davon war Heides- und Wackernheim vorgelagert die Befestigungsgruppe Rabenkopf (zeitweilig irreführend "Fort Rabenkopf" benannt), sie hat zwar keinen eigenen Geocache, aber auf ihrem weitläufigen Gelände befinde sich die ausgegrabene karolingische Wasserleitung und die hat einen Cache
    GC19TBW Karolingische Wasserleitung (Traditional Cache) in Rheinland-Pfalz, Germany created by gct-rauch-cafe

    Die sehenswerte barocke Zitadelle hat natürlich auch einen sehr informativen (!) Multi
    Geocaching > Hide and Seek a Geocache > Premium Member Only Cache

    schändlicherweise keinen Geocache hat das rechtsrheinische Fort Peterberg/Biehler Fort Biehler – Wikipedia
     
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  3. zaphodB.

    zaphodB. Premiummitglied

    Zur Selztalstellung ist übrigens vor 2 Jahren ein ausgezeichnetes Buch erschienen, das den Verlauf und die einzelnen Festungswerke sowie die Festungsbahn behandelt.
     
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  4. dekumatland

    dekumatland Aktives Mitglied

    ist das "Bollwerk Mainz"? @zaphodB.
     
  5. dekumatland

    dekumatland Aktives Mitglied

    Das muss ich korrigieren: es waren vier.
     
  6. zaphodB.

    zaphodB. Premiummitglied

    Ja,genau....eine sehr gute Darstellung !
     
  7. zaphodB.

    zaphodB. Premiummitglied

    Um zum Thema zurückzukommen:
    Vor einigen Jahren wurden in MAINZ die Überreste eines römischen Militärgestüts ausgegraben (rechts vom Bahnübergang Richtung Gonsenheim) Damals hat man eine kleine Hinweistafel aufgestellt und den Ort wieder sich selbst überlassen- heute ist alĺes zugewuchert, man erkennt kaum noch was und wasPflanzen und Witterung an den Überresten anrichten, daran mag man nicht denken.
    Wer sich ein Bild von der Anlage unmittelbar nach der Ausgrabung machen will google unter "römisches Gestüt Mainz Gonsenheim"
    Heute ist das alles eine zugewucherte Wiese die auch gegen Überflutung durch den vorbei laufenden Bach nicht gesichert ist.
     
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  8. zaphodB.

    zaphodB. Premiummitglied

    /
    Nächstes Beispiel:
    Das römische Theater- das größte nördlich der Alpen wurde in den 80ern teilweise ausgegraben,es wurde ein Zaun drum gezogen und die Relikte mehr oder weniger ungeschützt sich selbst und der Witterung überlassen
    Erst im letzten Jahr hat man mit zaghaften Sicherungsmassnahmen begonnen.....und den Zaun ! erneuert
    Der Rest bröckelt weiter vor sich hin
    Wenn ich mir den Umgang mit dem römischen Erbe in Trier oder Köln angucke ist das schon beschämend.
     
  9. dekumatland

    dekumatland Aktives Mitglied

    @zaphodB. dass es in Mainz derart kläglich um die Pflege und den Erhalt der römischen Relikte bestellt ist, wirkt schon beschämend. Da wundert mich der zugewucherte Zitadellengraben nicht... :(
     
  10. Riothamus

    Riothamus Aktives Mitglied

    Da sieht entweder die Verwaltung die Chancen nicht oder es fehlen die Engagierten und Interessierten in der Zivilbevölkerung.
     
  11. zaphodB.

    zaphodB. Premiummitglied

    @dekumatland , der ist Naturschutzgebiet ,weil sich seltene Tiere und Pflanzen da angesiedelt haben sollen
    Immerhin ist man dabei wenigstens die Aussenmauer zu restaurieren.
    @Riothamus, es existiert sogar ein Verein "Initiative römisches Mainz" aber eine öffentliche Diskussion findet kaum statt (auch weil die Leute einen Teil der Denkmäler kaum kennen)und die Kulturverwaltung gefällt sich allenfalls in PR-Aktionen, die nach kurzer Zeit im Stillstand enden.
    Die Römersteine (Reste eines Aquädukt) gammeln seit Jahren vor sich hin -die findet auch nur derjenige ,der gezielt auf einer Landkarte danach sucht. eine professionelle Ausschilderung sucht man vergeblich
    Wenigstens den Drususstein (Kenotaph)hat man immerhin im Rahmen der Zitadellenrenovierung.nach Jahrzehnten mal vom Bewuchs befreit und baulich gesichert.
     
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  12. Riothamus

    Riothamus Aktives Mitglied

    Da muss wohl erst ein Medium mit genug Publikum eine Reportage erstellen. Wie sind denn die Finanzen im Vergleich zu anderen Städten?
     
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  13. zaphodB.

    zaphodB. Premiummitglied

    dank der Steuern von Biontec könnten wir ganz Wiesbaden kaufen
    und 100,000 EURO für die Renovierung eines Holzpavillions aus den 60ern auf dem Gelände de Pulvermagazins "Alte Patrone" sind auch da.
    Der ist zwar weder architektonisch noch geschichtlich von Belang, aber das Gelände ist halt ein buntes "Kulturquartier" und passt damit eher in die Vorstellungswelt unserer Stadtregierung.
    Das Problem ist hier natürlich die Handkäsmafia (in Köln nennt man es Klüngel) also ein Konglomerat von Politik, Wirtschaft, Fassenachtern ,und Medien ,die einander nicht ans Bein pinkeln und unangenehme Themen gerne unter dem Tisch halten-will heissen man kriegt weder die ortsansässigen Sender mit Breitenwirkung (zdf,.SWR )noch die Lokalpresse zu einer kritischen Berichterstattung zu dem Thema
     
    Zuletzt bearbeitet: 13. Juli 2022
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  14. andreassolar

    andreassolar Aktives Mitglied

    nur zu, doch fangt am besten erst mal mit Mainzkastell und dem weiteren früheren rechtsrheinischen Stadtteilen an..:)

    Jockel-Fuchs-Mainz...forever?
     
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  15. Turgot

    Turgot Aktives Mitglied

    Schade, aber ist ja leider nicht das erste Mal, das die Medien ihren Job, ihre Rolle, als "vierte Gewalt" nicht gerecht werden.
     
  16. zaphodB.

    zaphodB. Premiummitglied

    Es ist übrigens gerade die Tage ein Buch herausgekommen, das ich heute entdeckt und erworben hab
    Funke "das mainzer römische Theater"
    das neben Geschichte und Architektur auch die Grabungsgeschichte und die Geschichte des Vergammelnlassens kritisch beleuchtet.
    Besonders unrühmlich ist wohl die rolle der amtierenden Kulturdezernentin, die zum Thema erhaltung wiederholt vollmundige Ankündigungen macht, sich dann hinter bürokratischen Floskeln verschanzt und letztlich nix tut
    und das obwohl Fachleute bereits seit 10 Jahren auf den Sanierungsbedarf hinweisen und auch brauchbare Konzepte erarbeitet haben. (Stattdessen hat man hier für teuer Geld "Bibeltürme" planen lassen.)

    Ende der 70er wurde übrigens ein in Mainz gefundenes Mithräum einfach mit dem Bagger plattgemacht-passt ins Bild
     
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  17. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Das hat man Córdoba noch in den 1990ern hinbekommen, als man bei Bauarbeiten für den neuen AVE-Bahnhof extra muros den mutmaßlichen Palast des Tetrarchen Maximian fand (teilweise wird der Palast auch dem Bischof Ossius zugesprochen).

    [​IMG]

    Das Problem ist allerorten dasselbe: Der Erhalt kostet Geld, die archäologischen Zeugnisse nehmen Raum ein, der insbesondere innerstädtisch sehr wertvoll (und somit Spekulationsgut) ist. Ein libanesischer Archäologe erzählte mir vor 20 Jahren mal, dass in Beirut immer wieder nachts Bulldozer aus Versehen in archäologischen Grabungen geparkt werden.
     
  18. Dion

    Dion Aktives Mitglied

    Richtig: Ein Mithräum in einer seit der Römerzeit bestehenden Bischofsstadt ist ein Ding der Unmöglichkeit. Da hat man nur nachgeholt, was bei “Aufräumungsarbeiten“ am Ende der Antike vergessen wurde. :D
     
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  19. zaphodB.

    zaphodB. Premiummitglied

    Gottseidank stand über dem ISI/MagmaMater Heiligtum in der Innenstadt erst ein NonnenKloster und dann eine Woolworthfiliale
    Aber auch bei dieser Entdeckung bedurfte es erst massiver Intervention der Bürger um das ganze zu retten
    Heute kann man das Gesamtensemble im Kellergeschoss einer Einkaufspassage besichtigen -der einzige römische Fundort der hier nicht verkommt und geschützt ist
    Das römische Theater ist übrigens zwei Mal knapp der völligen Vernichtung entgangen-einmal als man dort eine Schnellstrasse bauen wollte(1976) und einmal als die Bahn dort eine zweite Tunnelröhre incl.Schienenzuweg plante(1998).
    Beides mal waren die Bagger schon im Anrollen als alles gestoppt wurde obwohl seine Lage seit 1884 bekannt war
     
  20. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Weder das Kulturdezernat der Stadt Mainz noch das Bistum Mainz eignen sich in diesem Zusammenhang als Zielscheiben für Bashing und Verschwörungstheorien.

    Weggebaggert wurde das Mithräum anno 1976 von einer Baufirma im Auftrag der Nordstern-Versicherung. Die Bauarbeiten wurden vom zuständigen Staatlichen Amt für Vor- und Frühgeschichte nicht rechtzeitig beobachtet, aus dem schlichten Grund, weil bei weitem nicht genug Personal vorhanden war, das sich um die vielen Baugruben in Mainz und Rheinhessen hätte kümmern können.

    Seit Mitte der siebziger Jahre mehren sich in den Rechenschaftsberichten die Hinweise und Klagen auf die sich immer mehr öffnende Kluft zwischen Personalausstattung und der wachsenden Aufgabenfülle im Gelände, bzw. der restauratorischen und wissenschaftlichen Auswertung. Der Einsatz von Zivildienstleistenden bringt seit 1977 eine gewisse Entlastung.

    Seit der Mitte dieses Jahrzehntes wird die Diskussion um ein neues Landesgesetz zum "Schutz und zur Pflege der Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz" immer heftiger. Ziel ist die Schaffung einer einheitlichen Rechtsgrundlage. Die Bemühungen der vier Leiter der Ämter für Vor- und Frühgeschichte in Rheinland-Pfalz – Dr. Eiden (Koblenz), Dr. Stümpel (Mainz), Dr. Kayser (Speyer), Dr. Schindler (Trier) – sind schon im Vorfeld vor allem darauf ausgerichtet, die gesetzlichen Voraussetzungen sowie Inhaltliches und Organisatorisches zu verbessern.

    Dennoch bleibt das 1978 in Kraft getretene Gesetz hinter den Forderungen und Erwartungen der Fachleute zurück. Zwar werden bessere Möglichkeiten der Unterschutzstellung und der wissenschaftlichen Untersuchung vor der Zerstörung von Kulturgut, u.a. durch (Ab-)Baumaßnahmen erreicht und das später eingebrachte „Schatzregal“ regelt den Verbleib des Fundes grundlegend, doch kann weder eine finanzielle oder personelle Besserstellung erreicht werden.
    Geschichte der Landesarchäologie Rheinland-Pfalz

    Die unbeobachteten Baugruben lockten Privatsammler an, die auch im Fall des Mainzer Mithräums auf eigene Faust und ohne das zuständige Amt zu informieren zahlreiche Fundstücke einsammelten. Vor 1978 war das noch ganz legal; viele der damals in Privatbesitz gelangten Funde sind heute verschollen.

    Erst als am 4. August 1976 ein großer Marmoraltar freigebaggert wurde, scheint einer der Amateurarchäologen auf die Idee gekommen zu sein, das Amt zu informieren. Man hat sich dann amtlicherseits bemüht, in aller Eile ein paar Befunde zu dokumentieren und zu retten, was noch zu retten war. Verhindert werden konnte der Bau des Versicherungsgebäudes ohnehin nicht.

    "Durch die Art des Ausschachtens konnten die geplanten Untersuchungen unseres Amtes nicht ausgeführt werden. So wurden lediglich die römischen Mauern vermessen und photographiert, einige bearbeitete Steine geborgen und die Funde der Liebhaberarchäologen beobachtet und registriert.", wurde damals in der Ortsakte vermerkt.
    (Ingeborg Huld-Zetsche, Der Mithraskult in Mainz und das Mithräum am Ballplatz, Mainz 2008)
     
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