Makedonische Heeresreform - Philipp II.

Socke

Neues Mitglied
Hallo!

Ich bin neu hier und gerade dabei, mich in Bezug auf die Heeresreform und den Aufbau des Heeres unter Philipp II. von Makedonien zu bilden.
Nun habe ich mir eine Übersicht erstellt, wobei ich mir bei manchen Sachen noch nicht zu 100% sicher bin und gerne eure Meinung hören würde:

- Die Reiterei (Hetairoi): waren offensiv, mit Helm, ohne Beinschienen und wurden vom König angeführt, sie standen hinte den Hypaspisten (diese widerum standen hinter der Phalanx)
- Prodormoi: leichte Kavallerie ohne Panzer - gab es diese zusätzlich zur eigentlichen Kavallerie, der Reiterei (Hetairoi)??

- Sarissa: 5-6m lang, Waffe der Infanterie, 2-händiger Einsatz nötig, benutzt von der gesamten Infanterie

- Pisoloi: ebenfalls Soldaten der Infanterie - sind diese dann das Gleiche wie Peltasten? Diese sind ja meines Wissens nach ebenfalls Fussvolk-Soldaten, die die gegnerische Phalanx mit Speeren bewarfen, oder??
- Phalangiten=Phezetairoi : Fußsoldaten, bewaffnet mit Sarissa und Schild-->waren diese dann das Gleiche wie Hypaspisten? (= Eliteeinheit)??
-->gab es also als Infanterie: Phalangiten, Peltasten und Pisoloi?

- Philipp II. wandte die schiefe SChlachtordnung an
- Taxeis: regionale Untereinheiten, ca. 1500 Mann stark: nochmal untergliedert in Dekas (10 Mann) und Lochos (250 Mann)


Ich wäre Euch sehr dankbar, wenn ihr mir sagen könntet, ob meine Auffassungen des Heeresaufbaus so stimmen oder ob irgendwo gravierende Fehler sind...

Vielen Dank für Eure Hilfe!

Viele Grüße, Socke :winke:
 
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Hallo Socke

Herzlich Willkommen.

- Die Hetairoi sind schwere Kavalleristen, bewaffnet mit Xyston (Lanze, wie sie auch die Hopliten benutzen), ihre Rüstung war bronzen, und wenn ich mich nicht komplett vertue meine ich aber, dass sie ebenfalls Beinschienen trugen. Die Hetairoi waren eine art Schock-Kavallerie, die Diadochen rüsteten sie teilweise sogar eisernen Kettenhemden und lamellarer Pferderüstung aus. Die íle basilike waren jene 300, die wie du erwähnst vom König angeführt wurden, jedoch waren sie nicht die einzigen Hetairoi im Heer, zu zeiten Alexanders begleiteten mehrere hundert seine Feldzüge, . Im 3 JH vor Chr. wurden die Hetairoi jedoch langsam abgeschaft, vermutlich aus Kostengründen.

- Prodormoi waren leichtere Kavallerie, immer noch mit Schild und Speer bewaffnet. Sie waren auch gerüstet, aber nicht mit Metallrüstungen wie die Hetairoi, eher mit einer art Linothorax (wie man das bei der Kavallerie nennt, weiss ich nicht)

- Sarissa = richtig, wohlgemerkt aber nicht von der "gesamten" Infanterie benutzt, es gab da immer noch Hopliten oder Abwandlungen davon. Benutzt wurde die Sarissa von den Phalangiten einer makedonischen Phalanx (im makedonischen Herr gabs aber immer noch Soldaten, die in griechischer Phalanx kämpften und natürlich leicht bewaffnete Infanterie, immerhin war die makedonische Phalanx sehr anfällig auf Flankierung). Die Phalangiten "schnallten" ihre kleinen Schilde an ihre Arme, damit sie die Sarissa 2-händig führen konnten.

- Peltasten/Peltastai sind in der Tat Fusssoldaten. Diese schweren Plänkler waren leicht gerüstet, damit sie v.a. schneller als die langsamen Hopliten waren. Die Peltasten waren so ziemlich der schrecken der Hopliten. Sie waren durch ihre Schilde (der "pelta", von der sie ihren Namen haben) gut geschützt, trotzdem leicht und beweglich und warfen ihre Speere auf die Hopliten. Im Nahkampf waren sie den Hopliten jedoch hoffnungslos unterlegen, trugen zu Zwecken der Selbstverteidigung trotzdem oft Kurzschwerter mit sich.

- Phezetairoi sind wie du sagst Phalangiten. Auch sie waren oft mit Linothorax ausgerüstet. Sie sind die "klassische makedonische Phalanx" die auch Alexander mit sich führte. Auch sie hatten einen kleinen illyrischen Rundschild an einen Arm geschnallt, damit sie die Sarissa mit 2 Händen führen konnten.

Die Hypaspisten/Hypaspistai hingegen waren mittelschwere Fussoldaten, eher wie klassiche Hopliten bewaffnet. Alexander benutzte sie als schwere Infantiere, teilweise gar als Leibwächter. Meist trugen sie Kurzschwerter, manchmal gar Wurflanzen mit sich. Zu Zeiten der Diadochen wurde ihre Panzerung oft verbessert, und keltische Langschwerter ersetzten zu einem grossen Teil die vorherigen Kurzschwerzter. Die keltischen Galatoi hatten wohl grossen Eindruck hinterlassen. Trotzdem hatten sie immer noch dieselben Schwächen wie klassische Hopliten.

- Die schiefe Schlachtordnung ist eine Thebanische Erfindung, erfolgreich gegen Sparta zum Einsatz gebracht bei Leuktra 371 v. Chr. Alexander perfektionierte sie bekanntlich. Es ist anzunehmen, dass auch Philipp davon wusste und davon gebrauch machte.




Einige dieser Infos findest du auch auf Wikipedia, z.b. zur Sarissa oder zur schiefen Schlachtordnung.

Gruss Remo
 
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Hallo Remo,

vielen Dank für Deine schnelle und ausführliche ANtwort!
Heißt das also, dass es im makedonischen Heer von Philipp II. gar keine Hopliten gab, sondern diese nur im gegnerischen (Illyrischen, griechischen, ..) Heer zu finden waren und damit Gegner des makedonischen Heeres waren?

Ich bin schon völlig durcheinander aufgrund der vielen Infos und hoffe sehr, dass ich bald das ganze System Philipps verstehen lerne:)

Vielen vielen Dank und Dir ein wunderbares Wochenende!
 
- Prodormoi: leichte Kavallerie ohne Panzer - gab es diese zusätzlich zur eigentlichen Kavallerie, der Reiterei (Hetairoi)??
Ja, neben den Hetairoi gab es auch noch andere Reitersorten. Dass die Hetairoi hinter den Hypaspisten und diese hinter der Phanlanx standen ist mir neu und erscheint mir insofern unlogisch, dass damit die Reiterei nicht mehr offensiv eingesetzt werden könnte. Bezieht sich also imho höchstens auf die Marschordnung
- Sarissa: 5-6m lang, Waffe der Infanterie, 2-händiger Einsatz nötig, benutzt von der gesamten Infanterie
Benutzt von der Phalanx, aber nicht den Hypaspisten oder leichter Infanterie. 6m erscheint mir etwas sehr lang, ich kenne 4-5. Hypaspisten trugen kürzere Speere und waren damt als Einzelkämpfer den Phalangiten überlegen.
- Pisoloi: ebenfalls Soldaten der Infanterie - sind diese dann das Gleiche wie Peltasten? Diese sind ja meines Wissens nach ebenfalls Fussvolk-Soldaten, die die gegnerische Phalanx mit Speeren bewarfen, oder??
Pisoloi (oder Psiloi?) ist mWn ein Begriff für alle Arten von Leichtbewaffneten, während Peltasten eine spezielle Waffengattung innerhalb dieser Gruppe ist. Nämlich Speerwerfer, neben den Schleuderern und Bogenschützen.

Nachtrag:
auch die makedonischen Phalangiten/Pezhetairen werden als Hopliten bezeichnet und gehen auch auf diese zurück. Da sie sich aber doch recht stark vom klassischen Hopliten der griechischen Poleis unterscheiden, ist es imho günstiger den Begriff zu vermeiden.
 
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Nein nein ^^ Wenn ich "griechische" und "makedonische" Phalanx schreibe, benenne ich damit die Art der Phalanx, und nicht die Seite, auf der sie Kämpfte.

Auch Makedonen können in einer Fromation kämpfen, die griechische Phalanx heisst. Sogar frühe Römische Triarier kämpften in einer griechischen Phalanxformation.

Die schaut etwa so aus (beachte, wie der Speer gehalten wird):

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/ed/Greek_Phalanx.jpg

die makedonische Art der Phalanx hingegen etwa so (beachte die Sarissa):

http://www.livius.org/a/1/greece/phalanx.jpg


Die makedonsichen Hypaspisten , von denen wir gesprochen haben, beispielsweise,kämpften auch nicht in einer Phalanx makedonischer Art, sondern eher in einer Phalanx griechischer Art, obwohl sie aufgrund Ihrer fähigkeit Speere zu werfen, wohl nicht zwangsweise in ganz so enger Formation wie die klassischen griechischen Phalangiten kämpften, sondern auch schnell anstürmen konnten.

Ich wünsch dir auch ein schönes Wochenende, danke :)
 
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Ja stimmt, aber es ist mehr dazu gedacht, die Unterschiede zwischen einer griechischen und einer makedonischen Phalanx zu zeigen, eine Sarissa kann man schlecht über dem Kopf schwingen wie ein Xyston.

Ich persönlich glaube, die klassische griechische Phalanx hielt den Speer über dem Kopf, also Daumen nach hinten. Schon nur, weil die Schilde sich überlappen sollten, wo willst du da einen Speer mit Daumen nach vorn durchstecken? Im Kampf Mann gegen Mann, wenn nicht in enger Formation gekämpft wird, dann ist es dem Kämpfer wohl schnuppe gewesen, wie er den Speer nun hielt, hauptsache er tötete den Gegner damit.
 
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VIelen Dank für eure schnellen und ausführlichen Antworten!

Jetzt habe ich aber doch noch eine dumme(?) Frage:
gab es eine bestimmte Heeresaufstellung? Ritt zuerst die Phalanx, dann die Hetairoi und dann der Rest der Infanterie? Kann man das so pauschal überhaupt sagen?
Und wisst ihr ob es irgendwo eine gute Zusammenstellung gibt, wie das Heer vorher aussah? Also bevor Philipp II. es reformiert hat ? Ich habe inzwischen zwar einen kleinen Überblick, was Philipp II. alles verändert hat, aber wie genau es vorher aussah, ist mir immernoch nicht ausreichend klar.

Vielen Dank für Eure Hilfe!
Viele Grüße, Socke
 
Die Phalanx reitet nicht ;-)

Obwohl die Wikipedia mit Vorsicht zu geniessen ist, gibt es dort viele überraschend gute Artikel, weshalb ich dir in dieser Antwort mal ein paar Wikipedia Artikel vorschlage.

Schau dir als Beispiel den über die Schlacht bei Gaugamela an, da hats sogar eine Illustration.


Schlacht von Gaugamela ? Wikipedia


Das Paradebeispiel einer schiefen Schlachtordnung.

Ausserdem gäbe es da noch die Hammer-Amboss Taktik. Die starre, undurchdringliche Phalanx fungiert als Amboss, während der Gegner anrennt, während die schwere Kavallerie, z.b. die Hetairoi, als Hammer arbeitet und dem Gegner in den Rücken fällt (Bezw. wie ein Hammer aufschlägt).

Das ultimative Beispiel wäre Cannae, auch wenn es da nicht um Makedonier und Phalangiten geht, im Prinzip ist es aber dasselbe. Als Hannibal die Römer von 3 Seiten eingekesselt hatte, "hämmerte" seine Kavallerie vollgas in den Rücken der Römer, das Resultat ist allgemein bekannt: 70-80'000 tote Römer

Schlacht von Cannae ? Wikipedia


Zu den Zeiten vor Philipp steht hier auch etwas, obwohls da bessere Quellen gibt:

http://de.wikipedia.org/wiki/Philipp_II._(Makedonien)

Viel Spass beim lesen
 
Vielen vielen Dank!!!!
Logisch, grad hab ich meinen Fehler gelesen- natuerlich reitet die Phalanx nicht, das weiß jetzt sogar ich:)
Ich werd jetzt mal lesen und mit meinen Aufzeichnungen vergleichen.

Vielen Dank für Eure Hilfe!
 
Hallo - ich nochmal.

Ich wollte noch einmal nachfragen, ob ich das richtig verstanden habe, dass folgende Gruppen in einer makedonischen Armee vertreten waren:

Psiloi/leichte INfanterie
Hetairoi- Reiterei/Leibgarde
Prodromoi - noch eine Sorte der REiterei neben den Hetairoi
Phalangiten/Pezhetairoi - INfanterie
Hypaspisten - Eliteeinheit
und die Peltasten..

Stimmt das so, oder hat sich da ein Denkfehler eingeschlichen?

Vielen Dank für Eure Hilfe!

Viele Grüße, Socke
 
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