Mallorca: Römische Amphoren in Süßwasserhöhle - warum?

El Quijote

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In einer Höhle bei Alcúdia (in der Antike Pollentia*) der Font de ses Aiguades (Quelle der Wässer) haben Archäologen unter Wasser ca. 200 Amphoren gefunden, die wohl mehrheitlich aus Tarragona stammen. Man nimmt an, dass die Schiffe, die von Italien aus nach Hispanien fuhren, in der Höhle Font de ses Aiguades Wasser nahmen. Dabei sei sicher auch Mal eine Amphore zu Bruch oder verloren gegangen. Aber noch in solchen Massen. Nun wird überlegt, ob es sich womöglich um einen Kultplatz der Seeleute handelte, wo sie für gute Überfahrt opferten.





*es gibt in der Nähe den Ort Pollença, der natürlich vom Namen her auf Pollentia zurückgeht, aber das mittelalterliche Alcúdia ist näher am antiken Pollentia, als das mittelalterliche Pollença
 
Was ich nicht weiß ist ob Weihefunde eher kleiner waren, bei gleicher Gestalt, für hochwertigen Wein. Ein Opfer wurde wohl an einem markanten Punkt gemacht, einem Promontorium oder einer vorgelagerten Insel, oder sobald ein Hafen in Sicht kam.
 
Eine natürliche Höhle mit Süßwasserquelle könnte in Anlehnung womöglich ähnlich empfunden worden sein wie künstlich angelegte Wasserkrypten, die meiner Erinnerung nach ägyptischen Kontexten entstammen. Insofern könnte eine Opferkultur im Zusammenhang mit Isis-Kulten (Isis u.a. auch Beschützerin der Seeleute) evtl. eine mögliche Option der Interpretation sein.

Nicht angelesen, aber just entdeckt eine Magisterarbeit:

http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/propylaeumdok/37/1/Kleibl_Wasserkrypten.pdf
 
hmmm... auch auf Schiffen gingen ja mal Amphoren zu Bruch. Möglicherweise stellte man in der Höhle einfach nur Ersatzamphoren zur Verfügung!?
 
hmmm... auch auf Schiffen gingen ja mal Amphoren zu Bruch. Möglicherweise stellte man in der Höhle einfach nur Ersatzamphoren zur Verfügung!?
Unwahrscheinlich. Die Amphoren waren versenkt. Zudem waren Amphoren durchaus Verbrauchsgut. Man denke an den Monte Testacchio in Rom, der im aus systematisch zertrümmerten und dann geschichteten Amphoren besteht, nachdem man die Weine und Öle in kleinere Gefäße umgefüllt hatte.
 
Obacht: Wenn Archäologen etwas nicht erklären können, wird es gerne als „Weiheopfer“ oder „Fruchtbarkeitskult“ deklariert!

Gruss Pelzer
 
Obacht: Wenn Archäologen etwas nicht erklären können, wird es gerne als „Weiheopfer“ oder „Fruchtbarkeitskult“ deklariert!

Archäologen nehmen mit dieser Feststellung gerne ihren eigenen Berufsstand auf den Arm. Wobei damit meist Objekte der Vorgeschichte gemeint sind, für die man keine Erklärung findet. Aber wenn etwas sehr offensichtlich so niedergelegt ist, dass es mit den damaligen Mitteln praktisch nicht mehr zu bergen war, dann ist die Erklärung, dass es sich um ein Weiheopfer handeln dürfte, die naheliegendste.
 
Könnten die Amphoren-/Tongefäßfunde aus unterschiedlichen Epochen (s. Verlinkung von @Carolus) vielleicht auch dadurch erklärbar sein, dass phreatischen Süßwasserquellen auf Mallorca eine ganz besondere Bedeutung für eine gesicherte Trinkwasserversorgung zukam?
Aufgrund ihrer Geologie (vornehmlich Kalkgesteine und Dolomit) ist die Insel nahezu frei von natürlichen und permanenten Fließgewässern. Bestimmend für die natürliche oberflächliche Hydrologie sind/waren Torrentes, die die häufig als Starkregenereignisse auftretenden Niederschläge abführ(t)en.
Möglicherweise wurden die Amphoren jeweils zu Zeiten ganz besonderer Trockenheiten in der Höhle deponiert, und verblieben nach jeweils wieder ansteigenden Grundwasserspiegeln auf dem Grund der Quelle.
 
Um das mal in einen weiteren Kontext zu stellen: Es gibt jedenfalls Heiligtümer, die ganz dezidiert von römischen Seeleuten frequentiert wurden, wie z. B. der germanischen Göttin Nehalennia im Gebiet der niederländischen Scheldemündung, die man offenbar vor der Überfahrt nach England aufsuchte (s. Gods, Temples, and Ritual Practices ). Das gleiche gilt für die Hôq-Höhle auf der Insel Socotra vor Yemen, die offenbar eine wichtige Zwischenstation des Indienhandels war (s. Les vestiges antiques de la grotte de Hôq (Suqutra, Yémen) (note d'information) - Persée ). Hier finden sich Inschriften von Seeleuten, die vom 1. Jh. v. Chr. bis ins 6. Jh. n. Chr. datiert wurden.

189 Amphoren aus römisch-republikanischer, islamischer Zeit sowie aus dem 18. und 19. Jahrhundert dort gefunden worden.

Das chronologische Spektrum ist im vorliegenden Fall allerdings verdächtig und spricht vielleicht doch eher für eine profanere Natur des Befundes.
 
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