Marine von Binnenstaaten

iamNex

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Österreich hatte bis 2006 letzte Überreste einer Marine.
Die Schweiz hat bis heute noch so etwas ähnliches wie eine Marine (Schweizer Hochseeschifffahrt).
Und auch der Binnenstaat Bolivien hat eine Marine.
Bei Bolivien verstehe ich es einigermaßen, da das Land seinen Meerzugang ja nach wie vor zurückwill. Die Marine ist dann quasi Ausdrucksmittel für diesen Wunsch.

Aber allgemein finde ich das sehr interessant, dass einige Binnenstaaten eine Marine unterhalten.

Wenn ein Binnenstaat Handelsschiffe besitzt, verstehe ich das, aber der Begriff Marine ist doch meist im militärischen Sinne zu verstehen, oder?

Um nicht in Tagespolitik zu versinken (wortspiel yaaaaaay), würd ich gerne so den historischen Bezug herstellen:

Hielten/Halten Binnenstaaten ihre Marine aufrecht, um so gegen ihre (eventuelle) verlorengegangene Machtposition zu demonstrieren?
(am besten mit historischen Beispielen. Findet ihr noch mehr Binnenstaaten mit Marine?)

Alles bisschen umständlich formuliert, ich hoffe man verstehts einigermaßen..
 
Österreich hatte bis 2006 letzte Überreste einer Marine.
Die Schweiz hat bis heute noch so etwas ähnliches wie eine Marine (Schweizer Hochseeschifffahrt).

Was verstehst du denn unter Marine? Kriegsschiffe? Das hat die Schweiz nicht. Die Schweizer Hochseeschifffahrt hat folgende Schiffe:

38 Handelschiffe und zwar unterteilt in folgende Arten:

Massengutfrachter, Containerschiffe, Mehrzweckfrachter, Asphalt- und Chemikalientanker

Die Schweizer Hochseeschifffahrt ist eine Handelsflotte eine Marine hat die Schweiz nicht. Die Truppen die auf den Grenzseen zum Einsatz kommen gehören zu den Genietruppen.
 
Marine ist der Oberbegriff für alles in Verbindung mit Schifffahrt stehende einer Nation.

Nächste Gliederung wäre dann in Handelsmarine und Kriegsmarine.

Das wäre dann der richtige Einstieg... ;)
 
Bei den Beispielen Österreich und Bolivien trifft Kriegsmarine aber zu.

Ich habe mal nach Österreichische Marine gegooelt. Da steht bei Wiki folgendes:

Der Republik Österreich blieben nur einige Patrouillenboote auf der Donau. Die letzten beiden Patrouillenboote stellten im Herbst 2006 ihren Dienst ein.

Österreichische Marine ? Wikipedia

Ich finde deine Fragestellung sehr ungenau. Denn nach einer Kriegsmarine sieht es auch bei Österreich nicht aus. Bis 1918 war es sicher eine, danach waren es Patroullienboote auf der Donau.

Bei Bolivien sieht das schon anders aus.

http://de.wikipedia.org/wiki/Streitkräfte_Boliviens#Marine
 
Österreichs "Marine" war aber organisatorisch keine sondern der Pioniertruppe untergeordnet, sollte also aus der Betrachtung herausfallen.
Die Schweiz unterhält keine Kriegsschiffe, sondern lediglich 38 Handelsschiffe, die unter Schweizer Flagge fahren.

Bolivin unterhält tatsächlich eine Marine und bildet auch Personal auf einem Hochseefrachter mit Heimathafen in Argentinien aus. Für Bolivien ist sicherlich die Hoffnung auf rückgabe seines Meerzugangs eine wichtige Triebfeder für die aufrechterhaltung einer eigenen Marine.

Aserbaidschan verfügt ebenfalls über eine Marine, allerdings muss es auch das Kaspische Meer überwachen und hat keinerlei Ansprüche auf einen weiteren Meereszugang. Gleiches gilt für Kasachstan und Turkmenistan.

Dann gibt es diverse Flussflottillen, die organisatorisch unabhänigig sind, aber nie als Hochseeflotten geplant wurden.

Das Problem an dieser Betrachtung ist die relativ geringe Anzahl an Staaten, die ihren Meerzugang im letzten Jahrhundert verloren haben. Außer Österreich und Bolivien fallen mir keine ein.
 
Nach dem zweiten Weltkrieg sollte eine Patrouillenbootstaffel, bestehend aus neun Booten, angeschafft werden, um die Donau als internationale Wasserstraße zu sichern. Tatsächlich wurden in der Schiffswerft Korneuburg jedoch nur zwei erbaut und in Betrieb genommen: 1957 die 12,30 m lange Oberst Brecht (6 Mann Besatzung) und 1970 die 29,67 m lange Niederösterreich (73 t; Besatzung: 9 Mann). Zuletzt waren in der Marinekaserne Tegetthoff in Wien-Kuchelau nur noch die beiden vorgenannten Boote sowie einige sehr kleine Motorboote stationiert. Flottenhandbücher nennen für 2003 noch einen Personalbestand von zwei Offizieren (Bootskommandanten) und 30 weiteren Soldaten. Die beiden leicht bewaffneten Patrouillenboote stellten mit dem Einholen der Flagge am 1. August 2006 ihren Dienst im November 2006 endgültig ein. Beide Wachboote wurden dem Heeresgeschichtlichen Museum übergeben und sollen künftig bei der Reichsbrücke in Wien als Leihgabe im Rahmen der Vereinstätigkeit der Marinekameradschaft Admiral Erzherzog Franz Ferdinand besucht werden können.
(Österreichische Marine ? Wikipedia)

Die Aufgaben der Patrouillenbootstaffel, die ein Teil des Pionierbatallions 3 war, bestanden während des Kalten Krieges hauptsächlich in der Unterstützung der See- und Strompolizei bei der Kontrolle von Schiffen die aus dem Ostblock kamen. Diese Kontrollen wurden vor allem während Manövern des Heeres durchgeführt um Abhöraktionen zu unterbinden. Die Hauptaufgaben der Patrouillenbootstaffel waren:

  • Gewährleistung der militärischen Präsenz auf der Donau
  • Sicherung und Überwachung in Krisenzeiten wie politischen Spannungszuständen in Nachbar- oder Anrainerstaaten der Donau
  • Die Interessen der Republik Österreich notfalls unter Anwendung von Waffengewalt durchsetzen
  • Übernahme von schifffahrtspolizeilichen Aufgaben in Assistenz mit anderen Behörden wie Schifffahrtspolizei, Exekutive und Zoll, einschließlich des Einsatzes bei Katastrophen.
(Patrouillenbootstaffel ? Wikipedia)

Kann gut sein, dass ich was missverstehe. Aber diese Aufgaben klingen schon nach einer Marine mit teils militärischen Aufgaben.
 
Bei den Beispielen Österreich und Bolivien trifft Kriegsmarine aber zu.


Naja, sagen wir mal so, es gibt nicht nur Wasserstraßen auf dem offenen Meer und durch Österreich fließt die Donau, eine sehr große Wasserstrasse. Die Donauflottille war schon immer ein bestandteil der österreichischen Kriegsmarine und hatte auch während der Zeit des Kalten Krieges in unmittelbarer Nachbarschaft mit Ungarn auf der Donau die militärischen Interessen zu wahren. Dazu wurden Patrouillenboote genutzt.

Zusätzlich zu den Binnenwasserstrassen gibt es auch noch Binnengewässer, die auch als Grenze zu einen anderen Land dienen und so militärisch mit einer kleinen Marine geschützt werden.
 
Wenn unter dem Begriff Marine allerdings weit gefasst "Staatsschiffe" (governmental vessel/ im Gegensatz zu Schiffen in privater Hand unter der Staatsflagge - private vessel bzw. merchant vessel) verstanden werden sollen, sind bei den Binnenstaaten auch Polizeischiffe, Schiffe der Hafenbehörden, etc. zu erfassen.

Außerhalb der Unterteilung Handels- und Kriegsmarine gibt es also nicht-Handelszwecken-dienende-Staatsschiffe, die idR eben auch nicht Kriegsschiffe darstellen (siehe die Definition im Internationalen Bergungsabkommen von 1989, Art. 4).
 
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(Österreichische Marine ? Wikipedia)

(Patrouillenbootstaffel ? Wikipedia)

Kann gut sein, dass ich was missverstehe. Aber diese Aufgaben klingen schon nach einer Marine mit teils militärischen Aufgaben.

Sie war aber organisatorisch keine Marine, sondern eine Einheit der Pioniertruppe, also des Heeres. Wenn Österreich seinen Anspruch auf die verlorenen Küstenregionen aufrecht erhalten wollte, dann hätte es die Marine fortbestehen lassen. So hat sie die verbliebenen Einheiten als Verbände des Heeres aufgestellt, sich also vom Gedanken der Flotte verabschiedet.

Dass sie militärische Aufgabe auf den Flüssen wahrgenommen hat ist klar, aber wenn du das so siehst haben alle Binnenstaaten mit größeren Gewässern Marinen. Diese haben dann in Aufgaben wie die deutsche Wasserschutzpolizei.

Bolivien ist grade das Gegenkonzept, also die Aufrechterhaltung maritimer Strukturen, inklusive einer Ausbildungseinheit für die Hochseefahrten um die Marine im Fall einer Rückgewinnugn der Pazifikprovinzen schnell wieder aufbauen zu können.

edit: Die Schweizer Motorbootkompanie ist ja auch eher Grenzschutz auf Flüssen als Kampfmarine.
 
Die Schweiz hat als einzige Kriegsschiffe die Patrouillenboote der Motorbootkompanie 10:
Motorboot Kompanie 10
Hoi zäme

Aktuell hat die "Schweizer Marine" 10 Patrullienboote vom Typ P-80. 4 auf dem Bodensee, 4 auf dem Genfersee und 2 auf den Tessiner Seen. 7 Mann Besatzung und mit zwei 12,7mm Maschienengewehren bewaffnet.

Die Geschichte der Schweizer Marine ist sehr abwechslungsreich und manchmal auch etwas skurril. Und fast vergessen...

Gruss Pelzer

.
 
@Nex

Bist Du auf der Suche nach einem streßfreien Job? W.z.B. Schweizer Marineattache in Ungarn. ;)

=)=)

Immer noch besser als in Bolivien. Segeln auf den Balaton mit anschliessendem Gulasch und Rotwein im Heviz Hotel gibt mehr her als eine Reetbootfahrt auf dem Titicaca mit über Llamadung gebratenem Meerschweinchen!

(bevor mich jemanden des Vorurteils anklagt: Dass gehört zur üblichen Diät dort und es ist der übliche Brennstoff im Hochland)
 
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Hoi zäme

Aktuell hat die "Schweizer Marine" 10 Patrullienboote vom Typ P-80. 4 auf dem Bodensee, 4 auf dem Genfersee und 2 auf den Tessiner Seen. 7 Mann Besatzung und mit zwei 12,7mm Maschienengewehren bewaffnet.

Die Geschichte der Schweizer Marine ist sehr abwechslungsreich und manchmal auch etwas skurril. Und fast vergessen...

Gruss Pelzer

.
Irgenwo hatte ich auch schon die österreichische Flotille zur Verteidigung von Vorderösterreich angeführt. Tatsächlich waren aber diese Truppen nicht der Marine, sondern dem Oberkommando in dem Gebiet an Land (Erzherzog Karl) im 1. Koalitionskrieg unterstellt.
 
Natürlich hat auch Württemberg seine Marinetradition.;)
Schon im 30jährigen Krieg kräuselten Orlogschiffe unter der Flagge der Hirschhörner die Wellen des Schwäbischen Meeres.
Ohne Witz, Röhrs "Deutsche Marinechronik" erwähnt dies. Wobei mir noch nie näheres dazu untergekommen ist.

Aber während des Vorarlberger Aufstandes 1809 wurden dann tatsächlich "Kriegsschiffe" ausgerüstet.
Die Vorarlberger hatten über den See per Schiff Konstanz überfallen und geplündert, (die badensische Besatzung war stiften gegangen:still:)
Und diesen Seeräubereien schob König Friedrich in Form einer "Kriegsflottille" einen Riegel vor.
Der König hätte dann noch gerne gehabt, dass diese Schiffe von See aus Bregenz beschossen, seine Offiziere haben es ihm aber ausgeredet. Ein Treffer auf ein solches Schiffchen, und die Besatzung wäre elendiglich ersoffen.
(aus Florian Ebert, die Württemberger in den Napoleonischen Kriegen)

Anzumerken wäre dann noch, das erste Motorboot der Wasserschutzpolizei in den 20er Jahren trug den Namen "Hindenburg" ein zurückgelassenes Beiboot des in Scapa Flow versenkten Schlachtkreuzers.

OT: Auf dem Bodensee war bis zum Eisenbahnbau eine recht bemerkenswerte Transportflotte unterwegs. Wer sich interessiert, die Außenstelle des Landesmuseums in Konstanz hat eine gute Ausstellung dazu.
 
Marine: Natürlich hatte auch Schaumburg-Lippe eine; mit folgender Kuriosität in den Untiefen des Steinhuder Meeres:

Jacob Chrysostomus Prätorius, der im Dienst des Grafen Wilhelm von
Schaumburg-Lippe stand, desselben Fürsten, bei dem Gerhard von Scharnhorst seine militärische Laufbahn begann, entwarf Mitte des 18. Jahrhunderts für seinem Dienstherrn Tauchboote
Das Projekt, der sogenannte Steinhuder Hecht, von dem uns Zeichnungen überliefert sind, wurde nicht realisiert.
1771 baute man jedoch tatsächlich ein Tauchboot, den >Fisch< .
Es war zwischen 7 und 8 m lang; die Besatzung bestand aus 8 Mann.
Einer Überlieferung zufolge, war mit diesem Fahrzeug ein Tauchversuch unternommen worden, wobei das Fahrzeug 12 Minuten unter Wasser geblieben sein soll.
Das Boot war mit Sicherheit 20 Jahre lang Bestandteil der Flottille des Grafen von Schaumburg-Lippe auf dem Steinhuder Meer.
Über etwaige Einsätze ist nichts bekannt.
Von strengster Geheimhaltung umgeben, bildete es eine Art Kuriosum des Wilhelmsteins, der Festung des Grafen.
 
Aber während des Vorarlberger Aufstandes 1809 wurden dann tatsächlich "Kriegsschiffe" ausgerüstet.
Die Vorarlberger hatten über den See per Schiff Konstanz überfallen und geplündert, (die badensische Besatzung war stiften gegangen:still:)

Dazu ein paar Details:

Am spektakulärsten war ein Beutezug
mit Bodenseeschiffen in die Gegend von Konstanz. In dieser Stadt lag ein bayerisches Materialdepot. Als dieses Material am 13. Mai mit 222 requirierten Wagen nach Ulm gebracht werden sollte, griffen 375 Vorarlberger an. Die Bayern waren dabei, das Material
auf die letzten Wagen zu laden, als die Vorarlberger angriffen. Auch die bereits abgefahrenen Wagen wurden verfolgt. Die Bayern hatten zwei Kolonnen gebildet. Bei Meßkirch erwischten die Vorarlberger eine davon und nahmen sie nach kurzem Kampf in
Besitz. Mit einem großen Schiff voll Waffen und Uniformen und zwei Schiffen mit Salz kehrten die Vorarlberger nach Bregenz zurück. Bei einem weiteren Beutezug zu Land nach Friedrichshafen erbeuteten die Vorarlberger im dortigen Schloss Hofen vor allem Getreide,
das auf sieben Schiffen abtransportiert wurde.
http://www.gmv-lindenberg.de/Nr.49-2%20Lindenberg%201809_02.pdf

Die Vorarlberger erbeuteten auch 6 Kanonen, die ihnen sehr gelegen kamen, da sie fast nicht über Artillerie verfügten.
Die kleine badische Besatzung von Konstanz ist übrigens nicht geflüchtet, sie hat kapituliert.
Der Vorarlberger Landsturm war es allerdings nicht allein, der die Aktion gegen Konstanz durchgeführt hat. Er war von 150 Mann regulärer Truppen des Regiments Lusignan unter dem Befehl des Leutnants Festenburg begleitet.

Die von Konstanz nach Bregenz zurücksegelnden Vorarlberger sollen von der württembergischen Flottille verfolgt worden, ihr aber entkommen sein.
http://www.vorarlberg.at/pdf/vv70cvbayern.pdf

Den württemberfischen König dürfte die Plünderung seines Schlosses in Friedrichshafen sicher mehr geärgert haben als die Aktion gegen Konstanz.
 
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