Mein ganz persönlicher historischer Tag

mandi

Mitglied
Heute möchte ich ein schon viel diskutiertes Thema neu aufwärmen.
In diesem Forum wird über die Geschichte der Vergangenheit
auf dieser Erde geschrieben, diskutiert und gefachsimpelt.
Die meißten von diesen Ereignissen haben wir selbst nicht mit erlebt. Teilweise kann man darüber ja auch ganz froh sein.
Einen großen Wendepunkt in der Geschichte Deutschlands
haben wir jedoch fast alle von uns mit erlebt.
Dieser Tag war sehr bedeutsam für die Menschen des Landes.
Am 9. November 1989 fiel die Mauer, die Deutschland einst
in zwei Teile trennte. Die Fakten und Ursachen zu diesen
Geschichtlichen Ereigniss kennen wir alle. Mich interessiert
wie ihr diesen und die darauf folgenden Tage erlebt habt.
Wie ihr sie empfunden habt, was ihr gedacht und gefühlt habt,
als ihr die Nachricht vom Mauerfall erhalten habt?
Ich war leider noch nicht so alt, erst 7 Jahre aber ich kann
mich an einiges erinnern.
Ich würde mich freuen, wenn ihr mir erzählt wie ihr diesen historischen
Tag und die Zeit danach erlebt habt. Hat sich dadurch etwas
in Eurem Leben verändert. Natürlich nur wenn ihr bereit seit, etwas so persöhnliches von euch Preis zugeben.
Und da ich dieses Thema eröffnet habe, mache ich auch gleich
den Anfang.
Viel Spass beim lesen und schreiben.

Wie ich schon sagte war ich noch nicht sehr alt gewesen und kann mich nur an Bruchstücke erinnern.Es war ja schon spät am Abend als man im Fernsehn und Radio die Nachricht vom Fall der Mauer verkündet hatte. Um diese Zeit liegen alle Kinder normalerweise schon im Bett, ich also auch. Ich habe noch zwei Geschwister, einen älteren Bruder und eine kleine Schwester die damals 89´erst ein halbes Jahr alt war. Unsere Mum hat es uns am nächsten Morgen erzählt. Wahrgenommen haben wir die Sache, begriffen nicht. Alle feierten, also auch wir. Ich wollte noch dazu sagen das ich aus der ehemaligen DDR komme. Also machten sich meine Mum, mein Bruder und ich mit dem Zug auf nach Berlin, denn die 100 DM Begrüßungsgeld für jeden konnte man sich dort abholen. Die Züge waren gerammelt voll. Meine Schwester konnten wir nicht mit nehmen, sie blieb bei meinen Großeltern, denn es war sehr kalt draußen. Mit einem Baby hatte das keinen Wert. Die Menschen in den Zügen waren alle furchbar nervös und LAUT. Dazu kam noch das mein Bruder und ich keine Geduld hatten um ruhig zu sitzen. Meine Mum war völlig am Ende, als wir West- Berlin endlich erreichten. Wir haben lange angestanden. Es war auch leider so, dass man nur das Geld für jede Person bekam, die im Außweiss stand und auch mit war. Meine Mum sprach sich mit einer Frau ab, die ihr schnell ihr Baby gab (meine Schwester war ja nicht mit) und so bekammen wir
dann auch das Geld für alle. Danach machten wir uns auf den Weg in die Strassen und Kaufhäuser von West- Berlin. Es war schon dunkel draussen und eine Sache hatte mich richtig faziniert. Überall waren die großen bunten Leuchtreklame Schilder, in allen Farben. Das kannte ich bis dahin noch nicht. Ich bekam an diesem Tag meine erste Barbie (eine Ballerina) und einen Stiftehalter von Mickey Mouse. Das war richtig cool. Auf den Weg nach Hause, trank ich meine aller erste Cola. Abends lag ich in meinem Bett und
ich merkte wie mir diese schrecklich auf stieß. Und eines kann mich ganz genau erinnern. Ich dachte nur, was ist das nur für Scheißzeug was die da drüben trinken.:nono: So das wars. Jetzt seit ihr dran.
 
ursi schrieb:
Soviel ich verstanden habe (Beitrag wurde von mir verschoben) geht es um den persönlichen historischen Tag und der ist wohl nicht bei allen der Fall der Mauer.

Du weisst, ich akzeptiere deine Meinung immer. Aber ich habe das so rausgelesen.
Die Fakten und Ursachen zu diesen
Geschichtlichen Ereigniss kennen wir alle. Mich interessiert

wie ihr diesen und die darauf folgenden Tage erlebt habt.
 
Bedeutet das, wir können auch von anderen persönlich erlebten historischen Tagen berichten oder ganz speziell nur vom Tag des Mauerfalls? :confused: :grübel:
 
Ich hatte eigendlich an den Tag des Mauerfalls gedacht. Ich wollte gern wissen, wie ihr persöhnlich dazu steht oder gestanden habt.
 
Mein Fehler, da hab ich was überlesen. :rotwerd:

Das Thema wird in BRD/DDR verschoben.
 
Ich lebte zu diesem Zeitpunkt noch in Leningrad, dem heutigen St. Petersburg und meine Familie und ich waren ausnahmslos der Meinung: "Die habens geschafft". Tagelang haben wir das Geschehen, soweit das möglich war, verfolgt und haben gehofft das auch wir eines Tages vom Kommunismus befreit werden. Was dann ja auch, Gott sei Dank, nicht mehr all zu lange auf sich warten ließ. :yes:
Für meine Familie und mich war das wie der Vorgeschmack auf das, was für uns kommen mochte.
 
Liljana schrieb:
Ich lebte zu diesem Zeitpunkt noch in Leningrad, dem heutigen St. Petersburg und meine Familie und ich waren ausnahmslos der Meinung: "Die habens geschafft". Tagelang haben wir das Geschehen, soweit das möglich war, verfolgt und haben gehofft das auch wir eines Tages vom Kommunismus befreit werden. Was dann ja auch, Gott sei Dank, nicht mehr all zu lange auf sich warten ließ. :yes:
Für meine Familie und mich war das wie der Vorgeschmack auf das, was für uns kommen mochte.

Liebe Liljana,

es ist leider wie in einem Film, die Heirat (Vereinigung) wurde am Ende eines Filmes gezeigt und alle gingen dann glücklich nach Hause.
Aber das Leben geht weiter. Nun kommt der Ehealtag mit seinen Problemen. Das heißt für Deutschland enorme Aufbauarbeit. Im Westen unseres Landes konnte sich keiner vostellen, dass die DDR so pleite war, wie es dann tatsächlich war. Sie wurde als 10 größte Industriemacht angegeben. Jährlich gehen über 100 Milliarden in unseren östlichen Teil, aber das machen wir gern.:D
Es ist wie bei der ersten Liebe, anfangs werden nur die guten Seiten des Anderen wahrgenommen. Im Lauf der Zeit bekommt man alle Seiten zur Ansicht.
Aber trotzdem freue auch ich mich über die Deutsche Einheit, wenn ich auch von unserer Verwandtschaft in Sachsen, Schsen-Anhalt und Thüringen nicht mehr soviel höre. Die müssen jetzt sicherlich mit ihren eigenen Problemen fertig werden.:grübel:
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe im Schulunterricht und unter Freunden immer die Meinung vertreten, daß die Zeit der deutschen Trennung nur eine vorrübergehende sein wird - nur ein kurzer Abschnitt der Geschichte. Dafür erntete ich mitleidige Blicke für einen Träumer oder völliges Unverständnis.
Als dann die Wiedervereinigung kam, hatte ich (etwas späte) Genugtuung :cool:
 
Ich fand die Ereignisse eher besorgniserregend, denn das Ganze hätte ja auch eskalieren und in militärische Gewalt umschlagen können.
Ich war damals ganz dicht vor einer radikalen beruflichen Veränderung, als aber die Mauer fiel und die Wiedervereinigung in Aussicht stand, habe ich sozusagen im letzten Moment die Notbremse gezogen, weil ich alle „Segnungen“ der Marktwirtschaft auf uns zukommen sah, in erster Linie Arbeitslosigkeit, und mir klar wurde, dass ich als ungelernte Quereinsteigerin als erste rausfliegen würde. Die Firma, in der ich damals anfangen wollte, war dann auch eine der ersten, die dichtmachen musste (ich hasse es, in solchen Sachen immer wieder Recht zu behalten), ich bin immer noch beim alten Arbeitgeber und will dort auch nicht mehr weg, denn nun heißt es, entweder (noch) einen Job zu haben oder keinen. Natürlich weiß ich vieles an den jetzigen Verhältnissen zu schätzen, vor allem die geistige Freiheit, die es mir ermöglicht, so gut wie alles zu lesen, was ich will, und besonders froh und dankbar bin ich darüber/dafür, dass ich als Nicht-Studentin fast uneingeschränkten Zugang zu Fachliteratur habe.
Bemerkenswert-paradox finde ich, dass zwar, wie es immer heißt, so viel (Aufbau-) Arbeit zu leisten ist, aber immer weniger Menschen daran Anteil haben dürfen.
 
Marcia schrieb:
Bemerkenswert-paradox finde ich, dass zwar, wie es immer heißt, so viel (Aufbau-) Arbeit zu leisten ist, aber immer weniger Menschen daran Anteil haben dürfen.

Liebe Marcia,

Du hast ja recht. Aber es wurde immer mehr automatisiert und so billig wie in China werden wir hier nie arbeiten können. Im Kapitalismus braucht man nun keine Rücksicht mehr auf die sog. Sozialistischen Länder zu nehmen. In China regiert ja der Kapitalismus pur, dass konnte ich bei einem Besuch feststellen. Cuba, Nordkorea und Vietnam sind für die Weltwirtschaft unwichtig.:grübel:
 
Hallo,mein Kommentar zur "Wende"
Der 9,11,89 war so weit ich mich zurückerinnern kann ein Freitag.
Am 11,11,89 war ich beruflich in Hamburg auf dem Fischmarkt tätig,hatte aber zum arbeiten plötzlich absolut keine Lust mehr nachdem ich sah was da los war.
Schon bei der Einfahrt nach HH war alles voll Trabbis :D
Am und im Hauptbahnhof waren alle Gänge "belegt" von schlafenden Leuten.
Es war in der Nacht da Schweinekalt und die Leute hatten wohl nicht genug Geld für Hotels.
Auf dem Fischmarkt standen die Leute staunend vor den "Bananenschmeissern " :nono: und verstanden die Welt nicht mehr.
Ok.im August 1990 war ich dann selbst das erste mal in Magdeburg und Oschersleben wo mir dann ein Wesen vor die Füsse lief mit dem ich bis heute zusammen bin :friends:

Seit 1991 wohne ich selber in Oschersleben und fühle mich Sauwohl da :yes:

Auch so können " Profiteure " der Wende aussehen,und das ist gut so...
 
Ein wunderschöner Beitrag, Hotte, über den ich ganz froh bin, weil er meinen etwas negativ gefärbten ein wenig ausgleicht. (Ich hoffe, ich vergesse nicht, dir dafür einen grünen Stern zu geben, wenn ich dann so weit bin, grüne vergeben zu dürfen.)
Ich wollte aber noch was zu dem Beitrag von Heinz schreiben, und zwar zu der Bemerkung mit den Verwandten, die jetzt ihre eigenen Probleme haben.
Ich denke (und nicht nur ich, es wird ja immer wieder öffentlich geradezu heraufbeschworen), dass diese gegenseitige Entfremdung bzw. Gleichgültigkeit, der Zerfall von Verwandtschaftsbeziehungen zeittypisch und bedingt ist und – ab hier meine Meinung - nicht in jedem Fall willentlich bzw. aus Undankbarkeit, Herzlosigkeit usw. geschieht. Die deutsch-deutsche Grenze und die dadurch bedingte Trennung von Familien hat – so habe ich das immer wieder erlebt – zu einem aus einer Ausnahmesituation erwachsenen intensiven Kontakt quasi über die Mauer hinweg mit allen eben zur Verfügung stehenden Mitteln geführt. Da hat man versucht, regelmäßig Briefkontakt zu halten, sich zu treffen – bei uns war das immer in Ost-Berlin, sich zu beschenken (was für uns Ostler einigermaßen schwierig war, denn was sollte man den Westverwandten schicken außer dem Stollen zu Weihnachten, was sie nicht schon hatten...); diese Kontakte waren von dem Willen geprägt, die Familie nicht wirklich spalten zu lassen. Die meisten meiner Verwandten, darunter meine Großeltern, lebten in der Bundesrepublik, und besonders mit meinen Großeltern hatte ich viele Jahre lang einen ganz intensiven Briefwechsel. Mein Großvater (der übrigens auch sehr historisch interessiert war) hat es irgendwann mal sehr schön in Worte gefasst, er meinte, dass es zwar schöner wäre, wenn wir wie die anderen Enkelkinder regelmäßig in den Ferien kommen könnten, man gemeinsam das tun könnte, was Großeltern und Enkel gewöhnlich zusammen machen, dass aber unser Briefwechsel und der damit verbundene intensive geistige Austausch etwas Seltenes und Wertvolles sei, was unter normalen Bedingungen wahrscheinlich nicht zustande käme. Das soll kein Versuch von mir sein, die Mauer und ihre Auswirkungen zu glorifizieren, das verdient sie gewiss nicht, eher die Feststellung, dass es eine positiv menschliche Fähigkeit ist, auch widrigen Umständen etwas Gutes abzugewinnen. Verwandtschaftsbeziehungen sind ja immer auch durch Konventionen, Pflichten, Höflichkeit und manchmal – ohne sie deswegen abwerten zu wollen – höflichkeitsbedingte Unaufrichtigkeit geprägt. Zwischen meinen Großeltern und mir gab es nie irgendwelche Unaufrichtigkeiten, wir waren immer – in ganz positivem Sinne – offen und ehrlich zueinander, das dauerte bis zu ihrem Tod an.
Einer meiner ersten Gedanken nach dem Mauerfall war dann auch, dass mein Großvater sehr glücklich gewesen wäre, hätte er diesen Tag noch erleben können.
 
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