Meinungen über Robespierre

T

toktok

Gast
Hallo,

ich habe zwei Fragen zu Robespierre:

1.) Robespierre wird, im Gegensatz zu anderen Gewaltherrschern, heute zum Teil noch als Mensch gesehen, der etwas Positives vollbracht hat.
Ich kann aber einem Regime mit abertausenden geköpfter Menschen garnichts abgewinnen. Warum gibt es diese Kontroverse?

2.)War Robespierre ein Populist? Ich habe mal gelesen, dass er eigentlich grottenschlechte Reden gehalten haben soll. Mein ehm. Geschichtslehrer meinte aber, Robespierre sei ein Populist gewesen? Wie denkt ihr/Sie?
 
1) Man darf bei der Betrachtung von Robespierre über die zwei Jahrhunderte, die er bislang tot ist, nicht vergessen, dass es immer einen sogar recht bedeutenden sozialistischen Teil von Historikern gab, wozu Walter Markov und Albert Soboul als die moderneren zählen, welche die Taten von Robespierre und dem Wohlfahrtsausschuss, kurzum der ganzen Zeit des Terreur, als positiv kennzeichnen, da sich die Robespierristen mit Wohltaten an der Unterschicht und Zwangsmaßnahmen gegen die Oberschicht durchaus beschäftigten. Außerdem hatte die Verfolgung der Royalisten, eidverweigernden Priester etc. Züge eines Klassenkampfes, der zwar eher von den Radikalen wie Roux und Hébert ausgingen, aber sich eigentlich auch innerhalb der Mitglieder des Terrorregimes insgesamt finden lässt.

Außerdem darf man nicht vergessen, dass sich bei Robespierre der Radikalismus erst zusehends herausbildete, welcher dann 1793 seinen fatalen Höhepunkt fand.
Das grundlegend ablehnende Bild gegenüber Robespierre, welches sich in Gegnerschaft zum sozialistischen Bild entwickelte, stellte ihn v.a. als den Hauptverantwortlichen der vielen Hinrichtungen dar und somit auch als Hauptschuldigen an den größten Verbrechen in der franz. Geschichte überhaupt. http://www.geschichtsforum.de/277344-post3.html Da dieses Bild von Robespierre, welches durch die Zahlen der Opfer noch untermauert wird, aber schon seit den Zeitgenossen selbst, auch in der Bildpropaganda existierte, worin Robespierre selbst als schamloser Henker dargestellt wurde, entwickelte sich eine verurteilende Sichtweise, welche die Biographie und übrigen Gesichtspunkte der Terrorherrschaft etwas überdeckte. So bemühte sich Friedrich Siegburg mit seiner Biographie dem tatsächlichen Charakter und Werdegang des Diktators auf die Schliche zu kommen.
Außerdem darf man bei einer negativen, wenngleich noch so berechtigten, Einschätzung der Diktatur nicht unterschlagen, dass Robespierre sich lange Zeit auf ein Kollektiv an Tätern stützte, welche durch ihre gemeinsame Verantwortung an den Septembermorden von 1792, dem Tod des Königs (1793), den landesweiten Hinrichtungen und Verfolgungen sozusagen zu einer zwangsläufig verschworenen Gemeinschaft wurden. Dieses einigende Befürchten, dass sich ihr Vorgehen irgendwann rächen würde, wurde freilich beim Sturz Robespierres an Bedeutung für die Putschisten davon übertroffen, dass Robespierre nun seinerseits gegen seine näheren Anhänger in den Ausschüssen vorzugehen bekanntgab.

Die Erhaltung der Republik durch die Zwangsmaßnahmen wird freilich relativ deutlich als Legitimation für die Greuel häufig ins Feld geführt, da angeblich die gefährliche Situation des Krieges die Aktionen der Terrorregierung nötig machten.

2) Man muss die Reden aus dem Zusammenhang des zeitlichen Hintergrundes betrachten. Natürlich waren die Reden voll von Lügen und Unterstellungen, aber gewürzt eben mit Argumentationen, denen sich damals die übrigen Parlamentsmitglieder im Konvent nicht entziehen konnten. Man kann die Reden Robespierres, die oft sehr lang sind, nicht einschätzen, wenn man sie nicht mit denen seiner politischen Gegner vergleicht. Dass er ein Populist war, kann ich mir schon vorstellen. Seine Reden enthalten hauptsächlich einige Polemik, aber ohne auf tatsächliche Probleme einzugehen, waren sie vorzüglich darauf ausgerichtet, damit die politischen Gegner zu treffen.

Für einen Diktator, das muss man anmerken, konnte allerdings Robespierre sehr schlecht direkt auf Zuhörermassen wirken, was wohl eben an seinen ausgefeilten Reden lag, welche eher für die Ohren gebildeter Konventsmitglieder geeignet scheinen, als für eine große Menschenmasse. Seine Unfähigkeit in der Hinsicht wird immer wieder durch das Fest des Höchsten Wesens (1794) verdeutlicht, welches mit viel Pomp (nach Entwürfen von David) begangen wurde. Den Ausführungen Robespierres allerdings, konnte die Mehrheit der Zuhörer nicht folgen.
 
Folgendes möchte ich noch zu bedenken geben :

Die Französische Revolution war eine Phase der Eskalation. Bei einer Betrachtung sollte man sich also zunächst an den Gesetz(mäßigkeit)en einer Eskalation orientieren und nicht an deren Inhalten. Nicht "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" führt zu Massenenthauptungen, sondern marodierende, hungrige Menschenmassen, die nichts mehr zu verlieren haben.

Ein radikaler Ideologe in Zeiten von Frieden und Stabilität kann sich auf verbale Gewaltakte beschränken. Ist ein solcher moralisch höherwertig zu sehen, als einer, dessen Regime auf Leben & Tod herausgefordert war und der eben diese Gewaltakte in die Realität umgesetzt hat ?

Tugend entsteht eben oft aus einem Mangel an Gelegenheit.
 
Zuletzt bearbeitet:
1. Nicht "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" führt zu Massenenthauptungen, sondern marodierende, hungrige Menschenmassen, die nichts mehr zu verlieren haben.
Aber die marodierenden Massen handelten doch aus dem Affekt heraus, sie meuchelten. Freilich wurde dies immer wieder von Danton, Robespierre etc. als Legitimation angesehen, dass der Staat schrecklich sein müsse, dass es das Volk nicht sein muss. Aber muss eine solche Politik nicht auch den Staat als Hort des Rechts fraglich erscheinen lassen.

Man müsste vielleicht untersuchen, inwieweit die staatlich angeordneten Massaker (Lyon, Nantes) diejenigen durch die Straße verhinderten. Aber da die der Straße Ereignisse waren, die sehr von der täglichen Stimmung abhingen, ist es wohl schwer zu ermitteln, ob es bspw. ohne Terreur nochmals 1793 zu Massakern im Ausmaße des Septembers 1792 gekommen wäre.
 
ich denke das war genau so wie brissotin sagt. bei robespierre etc. war es nichts anders als wie bei marie antoinette und louis 16. sie wurden für alles verantwortlich gemacht, was in der monarchie passiert ist und durch propagandalügen -karikaturen - schlechter gemacht.

auch du, lieber klaus, siehst nich die opfer während der monarchie. fast allen war klar, egal wie stark sie sich letztendlich für die reavoltuion eingesetzt haben, dass etwas geschehen musste.

außerdem hatte robespierre auch deswegen feinde, weil es leute wie herbert gab, die von ihm forderten, dass er noch strenger sei, was der grund dann war, dass herbert geköpft wurde.
 
auch du, lieber klaus, siehst nich die opfer während der monarchie. fast allen war klar, egal wie stark sie sich letztendlich für die reavoltuion eingesetzt haben, dass etwas geschehen musste.
Welche Opfer meinst Du denn? Man muss die Regierungsweise der verschiedenen Könige unterscheiden, ebenso die Stimmung der Bevölkerung zu den verschiedenen Zeitpunkten. Es war ja nicht so, dass der König seine absolutistischen Mittel, deren Vorteil gerade für die steuerzahlende Unterschicht nicht zu unterschätzen ist, ausbaute. Im Gegenteil wie sich am Beispiel der Halsbandaffäre zeigte, handelte Louis XVI. weit zurückhaltender, verwendete weniger als seine Vorgänger das Werkzeug der "willkürlichen" Verhaftungen. Eine Zuspitzung der Lage der Bevölkerung seitens des Staates kann ich nicht erkennen, bloß eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation, woran allerdings offensichtlich die Revolution nichts ändern konnte, wenn deren Akteure überhaupt dazu ein Interesse zeigten.
 
ich denke das war genau so wie brissotin sagt. bei robespierre etc. war es nichts anders als wie bei marie antoinette und louis 16. sie wurden für alles verantwortlich gemacht, was in der monarchie passiert ist und durch propagandalügen -karikaturen - schlechter gemacht.
Für die wirtschaftliche und soziale Lage waren Louis XVI. und Robespierre, jeder zu seinem Teil auch wirklich verantwortlich. Da Marie Antoinette keiner Regierung vorstand und auch garnicht versuchte mehr als in ihrem direkten Wirkungsfeld (der Hof) politische Ambitionen zu entwickeln, bleibt die eigentliche und einzige Verantwortung bei Louis XVI.. Man kann zwar in Betracht ziehen, dass ihm zu einem nicht unerheblichen Teil die Mittel fehlten, auf die Stimmung gegen die Monarchie Einfluss zu nehmen, aber das ändert nichts an der Verantwortung insgesamt, welche besonders bei einem absolutistischem Herrscher noch deutlicher auf die eine Person des Königs begrenzt war.
Zur Rolle der Propaganda gegen die Monarchie: http://www.geschichtsforum.de/264094-post18.html
Zur Frage der Schuld Louis XVI.:
http://www.geschichtsforum.de/f288/louis-xvi-heiliger-oder-tyrann-5224/

Da Robespierre sozusagen einem Gremium von Anführern angehörte, welche gemeinsam die Daiktatur entfalteten ist anders als bei Louis XVI. eine vollständige Verantwortung Robespierres für die Akte des Terreur ungleich schwieriger. D.h. natürlich nicht, dass ich die Vorgehensweise Robespierres rechtfertigen möchte, denn das Ergebnis der Politik, welche maßgeblich von ihm mitgestaltet wurde, war sicherlich eine der großen Katastrophen der französischen Geschichte. Die Gewalttaten im Westen Frankreichs bspw., welche 93/94 ihren Höhepunkt erreichten, waren eine schwere Last dann auch für die späteren republikanischen Regierungen der Revolutionszeit.
 
natürlich meine ich die monarchie in der vorrevolutonären zeit. viele adelige haben ihre macht missbraucht und viele schandtaten trafen die armen menschen, die sich nicht wehren konnten. man kann z.b. wohl kaum davon ausgehen, dass ein armer so einfach einen adeligen anklagen konnte.
 
hallo, auch wenn diese frage nicht richtig indieses thema passt, hat sie etwas mit robespiere zu zun:

kann mir jemand den konkreten grund für die hinrichtung robespierres im zusammanhang mit joseph fouchè erläutern?

ich wäre seeehr dankbar :)

gruß lalli
 
Offiziell hatte Joseph Fouche damit nichts zu tun, aber nachdem Fouche ein begnadeter Intrigant war, kann man davon ausgehen, dass er seine Finger im Spiel hatte, dies aber zu verschleiern wußte.

Gruß...
 
Joseph Fouché - Wikipedia

Daraus interpretiere ich persönlich (muss nicht richtig sein):

Das Fouché sich an Robespiere rächen wollte, dafür, dass der Diktator ihn aus dem Jakobinerchlub ausschloss und ihn als Atheisten denunziert hatte, obwohl Fouché 1794 zum Präsidenten des Jakobinerclubs gewählt worden war.

Fouché hatte leichtes Spiel eine schlagkräftige Opposition um sich zu sammeln. Denn die Terrorherrschaft wurde immer unbeliebter im Volk und bei den Montagnards, die den Terror als ihre Bedrohung ansahen.
Damit wurde auch Maximilien unbeliebter und konnte sich einem Sturz seiner Person nicht mehr erwehren.
 
Joseph Fouche hat sein Mäntelchen immer nach dem Wind gehängt und hatte immer den richtigen Riecher.

Gruß....
 
Eine interessante Darstellung des Konflikts zwischen Fouché (Die Wtterfahne von Saint-Cloud) und Robespierre findet sich in der Fouché-Biografie von Stefan Zweig oder Lois Madelin. Die Kernaussagen finden sich hier.

War es wirklich Rache? Ich glaube eher, dass Fouché um sein Leben kämpfte. Er ist ja nicht freiwillig aus Lyon nach Paris zurück gekommen und sollte sich dort für die Massaker verantworten.
 
Also ich bin der Meinung, dass so gut wie alle Führungspersonen der Jakobiner (Danton, Fouche,...) Ihre Gründe zur Hinrichtung Robespierres hatten, da sich nach der Terrorherrschaft des Wohlfahrtsausschusses (Zeit des Terrors von 1793-94) niemand mehr vor Robespierre sicher fühlte, was eigentlich ausschlaggebend für seine Hinrichtung war.
 
Danton kann man nicht direkt mit in die Bewertung einbeziehen, denn er war bereits tot als Robespierre durch die Guillotine starb. Er hatte einen Machtkampf mit Robespierre verloren und musste sterben. Da der Diktator keine Opposition dultete, weder aus seinen eigenen noch aus irgendwelchen anderen Reihen.

Aber @ Friedrich II. du hast insofern Recht, dass Danton gegen den Terror, als Regierungsmittel, war.
An der Hinrichtung Robespierres konnte er sich jedoch nicht mehr "beteiligen", was durchaus in seinen Interessen gelegen hätte.
 
Danton kann man nicht direkt mit in die Bewertung einbeziehen, denn er war bereits tot als Robespierre durch die Guillotine starb. Er hatte einen Machtkampf mit Robespierre verloren und musste sterben. Da der Diktator keine Opposition dultete, weder aus seinen eigenen noch aus irgendwelchen anderen Reihen.

Aber @ Friedrich II. du hast insofern Recht, dass Danton gegen den Terror, als Regierungsmittel, war.
An der Hinrichtung Robespierres konnte er sich jedoch nicht mehr "beteiligen", was durchaus in seinen Interessen gelegen hätte.


Geschichtsfan hat recht, Danton wurde von Robespierre bereits am 05.04.1794 auf die Guillotine geschickt.
Es war Ironie des Schicksals, dass Robespierre später, am 28.07.1794, selbst auf der Guillotine endete.
Es war ein Kampf um "Sein oder Nichtsein" zwischen Robespierre und den anderen, denn Robespierre wollte den Terror noch verstärken und jeder hätte das nächste Opfer sein können.

Gruß....
 
Robespierres Charakter war ja nur auf Macht und Erfolg gerichtet. Große zwischenmenschliche Beziehungen hatte er nie, Frauen interessierten ihn nicht sonderlich. Er kam lange Zeit bei einer Familie unter, doch "wirkliche" Freunde waren sie nie.
Robespierres Werdegang ist ja auch sehr interessant, als Student ehrte er den König in einer Rede vor versammelter Gemeinschaft, später lies er ihn köpfen. Was Robespierre's Definition von Terror war, könnt ihr ja an meiner Signatur ablesen.
Ein sehr guter Spruch zur Zeit des Terrors bleibt "die Revolution frisst ihre Kinder". Später auch Robespierre.
 
Danton kann man nicht direkt mit in die Bewertung einbeziehen, denn er war bereits tot als Robespierre durch die Guillotine starb. Er hatte einen Machtkampf mit Robespierre verloren und musste sterben. Da der Diktator keine Opposition dultete, weder aus seinen eigenen noch aus irgendwelchen anderen Reihen.

Das hab ich etwas merkwürdig ausgedrückt. Ich meinte, dass er, da er jeden umbringen ließ, der seine Herrschaft in Frage stellte, auch Danton umbringen ließ (Führungsperson der Jakobiner)!:rotwerd:
 
Für mich ist das klare Vorgehensweiße im Errichten einer Diktatur:

Man beseitigt alle anderen Autoritätspersonen, um seine Diktatur errichten zu können, das hat wenig mit "In-Frage-stellen" zu tun, sondern dem alleinigen Machterhalt/ausweitung.

... Dass Robespierre machthungrig und ehrgezeig war, lässt sich an seiner Biographie leicht herauslesen.

P.S. Ihr seht Maximilien de Robespierre auf meinem Mitgliederbild
 
Man beseitigt alle anderen Autoritätspersonen, um seine Diktatur errichten zu können, das hat wenig mit "In-Frage-stellen" zu tun, sondern dem alleinigen Machterhalt/ausweitung.

Ich bin der Meinung, dass die Schaffung einer Diktatur etwas mit "In-Frage-stellen" zu tun hat.
Natürlich auch mit Machterhalt und -ausweitung, aber dafür braucht man Kritik und "In-Frage-Stellungen".
Wenn es diese durch eine Opposition nicht geben würde, bräuchte man auch niemanden umbringen oder durch Sanktionen zu bestrafen, der es wagte die Diktatur zu kritisieren.
Wenn alle Personen einer Gesellschaft diese Herrschaftsform gut finden, wo ist dann ein Zwang die Leute zu dieser mit Gewalt hinzuführen? Nirgends, es bedarf beim eigenen Willen keiner Gewalt.

Auch von anderer Seite betrachtet; Robespierre, als hier angeführtes Beispiel, lies Danton und andere Jakobiner ermorden. Dies hat ebenso etwas mit "In-Frage-stellen" zu tun.
Wenn eine Person, wie damals Danton, den Terror kritisierte, beklagte er sich über die Führung der Diktatur, sprich eine "In-Frage-Stellung" der Alleinherrschaft Robespierres. Also musste Danton weg.
Wenn Danton gemeint hätte, dass alles in Ordnung wäre und Robespierre alles richtig macht (er hätte einen Erfolg der Herrschaft Robespierres nicht in Frage gestellt), dann hätte Danton ein längeres Leben gehabt.
 
Zurück
Oben