1) Man darf bei der Betrachtung von Robespierre über die zwei Jahrhunderte, die er bislang tot ist, nicht vergessen, dass es immer einen sogar recht bedeutenden sozialistischen Teil von Historikern gab, wozu Walter Markov und Albert Soboul als die moderneren zählen, welche die Taten von Robespierre und dem Wohlfahrtsausschuss, kurzum der ganzen Zeit des Terreur, als positiv kennzeichnen, da sich die Robespierristen mit Wohltaten an der Unterschicht und Zwangsmaßnahmen gegen die Oberschicht durchaus beschäftigten. Außerdem hatte die Verfolgung der Royalisten, eidverweigernden Priester etc. Züge eines Klassenkampfes, der zwar eher von den Radikalen wie Roux und Hébert ausgingen, aber sich eigentlich auch innerhalb der Mitglieder des Terrorregimes insgesamt finden lässt.
Außerdem darf man nicht vergessen, dass sich bei Robespierre der Radikalismus erst zusehends herausbildete, welcher dann 1793 seinen fatalen Höhepunkt fand.
Das grundlegend ablehnende Bild gegenüber Robespierre, welches sich in Gegnerschaft zum sozialistischen Bild entwickelte, stellte ihn v.a. als den Hauptverantwortlichen der vielen Hinrichtungen dar und somit auch als Hauptschuldigen an den größten Verbrechen in der franz. Geschichte überhaupt.
http://www.geschichtsforum.de/277344-post3.html Da dieses Bild von Robespierre, welches durch die Zahlen der Opfer noch untermauert wird, aber schon seit den Zeitgenossen selbst, auch in der Bildpropaganda existierte, worin Robespierre selbst als schamloser Henker dargestellt wurde, entwickelte sich eine verurteilende Sichtweise, welche die Biographie und übrigen Gesichtspunkte der Terrorherrschaft etwas überdeckte. So bemühte sich Friedrich Siegburg mit seiner Biographie dem tatsächlichen Charakter und Werdegang des Diktators auf die Schliche zu kommen.
Außerdem darf man bei einer negativen, wenngleich noch so berechtigten, Einschätzung der Diktatur nicht unterschlagen, dass Robespierre sich lange Zeit auf ein Kollektiv an Tätern stützte, welche durch ihre gemeinsame Verantwortung an den Septembermorden von 1792, dem Tod des Königs (1793), den landesweiten Hinrichtungen und Verfolgungen sozusagen zu einer zwangsläufig verschworenen Gemeinschaft wurden. Dieses einigende Befürchten, dass sich ihr Vorgehen irgendwann rächen würde, wurde freilich beim Sturz Robespierres an Bedeutung für die Putschisten davon übertroffen, dass Robespierre nun seinerseits gegen seine näheren Anhänger in den Ausschüssen vorzugehen bekanntgab.
Die Erhaltung der Republik durch die Zwangsmaßnahmen wird freilich relativ deutlich als Legitimation für die Greuel häufig ins Feld geführt, da angeblich die gefährliche Situation des Krieges die Aktionen der Terrorregierung nötig machten.
2) Man muss die Reden aus dem Zusammenhang des zeitlichen Hintergrundes betrachten. Natürlich waren die Reden voll von Lügen und Unterstellungen, aber gewürzt eben mit Argumentationen, denen sich damals die übrigen Parlamentsmitglieder im Konvent nicht entziehen konnten. Man kann die Reden Robespierres, die oft sehr lang sind, nicht einschätzen, wenn man sie nicht mit denen seiner politischen Gegner vergleicht. Dass er ein Populist war, kann ich mir schon vorstellen. Seine Reden enthalten hauptsächlich einige Polemik, aber ohne auf tatsächliche Probleme einzugehen, waren sie vorzüglich darauf ausgerichtet, damit die politischen Gegner zu treffen.
Für einen Diktator, das muss man anmerken, konnte allerdings Robespierre sehr schlecht direkt auf Zuhörermassen wirken, was wohl eben an seinen ausgefeilten Reden lag, welche eher für die Ohren gebildeter Konventsmitglieder geeignet scheinen, als für eine große Menschenmasse. Seine Unfähigkeit in der Hinsicht wird immer wieder durch das Fest des Höchsten Wesens (1794) verdeutlicht, welches mit viel Pomp (nach Entwürfen von David) begangen wurde. Den Ausführungen Robespierres allerdings, konnte die Mehrheit der Zuhörer nicht folgen.