Militarismus zur Sicherung der Obrigkeit

Abgesehen davon, dass Verlinkungen zu youtube hier nicht erwünscht sind, halte ich den Verweis für nicht besonders produktiv. Soll ich mir nun wirklich 45 Minuten einer Geschichtsdoku anschauen, um eine Stelle ausfindig zu machen, in der deine These wenn überhaupt bestenfalls vage belegt werden wird?

Ich habe es mir (nochmal) angesehen. Ist eine gute Doku von 2004, die den Zwiespalt des Adels in D und Ö gut darstellt. Wie Teile des Adels sich gegen Hitler gestellt haben, Teile reserviert zu dem "Proll" standen, aber auch viele begeistert mitmachten.
Von Planungen den Großgrundbesitz abzuschaffen, kam da aber nichts. Soviel ich weiß, bestanden ja grad Planungen, riesige Landgüter im eroberten Osten erst aufzubauen.
Das heißt Hitler nutze den Adel aus und enteignete Gegner, aber generell gegen Großgrundbesitz war er nicht.
 
Der bürgerliche Militarismus hatte mit der Sozialdemokratie tatsächlich nicht viel am Hut. Daraus läßt sich aber für den bürgerlichen Militarismus nicht viel ableiten, außer Abgrenzung nach unten (ob die allerdings die gleiche Qualität wie beim adeligen Militarismus - "Bürgerkriegsarmee" - hatte, würde ich anzweifeln). Die innenpolitische Stoßrichtung des bürgerlichen Militarismus richtete sich eher nach "oben".
Ich kann mir gut vorstellen, dass der bürgerliche Militarismus den Militarismus allgemein als staatstragend ansah. Also, man biederte sich dem adeligen Militarismus an und sah den der kleinen Leute mit Wohlgefallen. Der Militarismus garantierte dem Bürgerlichen in seinen Augen einen stabilen Staat.
Die Zabern-Affäre, finde ich, zeigt ganz gut, dass immer breitere Teile der Bevölkerung dem Militär durchaus skeptisch gegenüberstand. Das waren sicher nicht nur Sozialdemokraten und Katholiken.
Was mir einfällt: Zum Barras müssen hat nichts positives und ich weiß noch, mit welcher Verachtung mein Großvater dieses Wort aussprach.
Ich kann mir auch gut vorstellen, dass jemand, der, wie in der Karikatur im Simplicissimus als Gehirnfatzke bezeichnet, die Offiziere (in Friedenszeiten) bedienen muss, dies nicht unbedingt unter Freuden in seinem Leben abhakt. Na ja, kommt immer auf den Charakter desjenigen an.

Damit will ich den Militarismus und seine Macht nicht kleinreden. Er durchzog die Gesellschaft bis in jede Faser. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass ihn die breite Mehrheit gut fand, auch wenn sie lieber den Mund hielt und mitmachte.
 
Damit will ich den Militarismus und seine Macht nicht kleinreden. Er durchzog die Gesellschaft bis in jede Faser. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass ihn die breite Mehrheit gut fand, auch wenn sie lieber den Mund hielt und mitmachte.

Das sehe ich ähnlich.

Schichtenweise so etwas wie Mehrheiten festzustellen, ist sicher schwierig, bzw. waren diese auch nicht gegeben.

Militarismus und Militär im Kaiserreich sind auch differenziert zu betrachten, nicht nur hinsichtlich Führungskorps/Offiziere und Mannschaften. Militarismus und "den Barras abzulehnen" schließen sich nicht aus.

Ein weiterer Aspekt war einerseits die schon angesprochene, schleichende Verbürgerlichung des Offizierskorps mit ihren Auswirkungen, und andererseits die Militarisierung der sozialen Strukturen, die Vergesellschaftlichung des Militärs.

Eine interessante Darstellung zu diesen Fragen: http://www.hsu-hh.de/download-1.4.1.php?brick_id=StkfwpBPhTp3UO2G
Jens Riede: Offizier im Kaiserreich – Verkörperung der Gesellschaft? Eine Betrachtung der militärischen Führungskräfte unter besonderer Berücksichtigung Preußens 1871-1914, Hamburger Arbeiten zur Allgemeinen Erziehungswissenschaft Nr. 2
 
Xerxes: Man musste nicht erzkonservativ sein. Diese Formulierung würde ich in einer Prüfung nicht benutzen.

Dass, was du erzkonservativ nennst, wird meines Erachtens hochkonservativ genannt. Bis in das liberale Bürgertum hinein wurde der Offizier oder der Reserveoffizier zum gesellschaftlichen Leitbild.

Die Laufbahn eines Unteroffiziers war für Bauernsöhne interessant, die keinen eigenen Hof erben konnten. Wenn sie nicht Berufssoldat werden konnten, stand ihnen nach einer gewissen Dienstzeit der Übergang in die Zivilverwaltung offen.

Das Militär bot also entweder eine standesgemäße Beschäftigung (bei den Offizieren) oder Aufstiegschancen.

Wenn man über Militarismus spricht, dann muss man meiner Meinung nach auch darüber nachdenken, warum militärische Werte von Zivilisten übernommen wurden.

Silesia hat es angedeutet: der Militarismus wurde nicht einfach verordnet. Ob es daran lag, dass die deutsche Einheit von 1871 das Ergebnis von drei siegreichen Kriegen war? Nach dem Motto: Die Politiker haben es 1848/49 nicht geschafft, nur 'Männer der Tat' brachten es fertig?

Außerdem stellt sich die Frage, wie 'militaristisch' die Arbeiterschaft war. Nicht alle Arbeiter wählten im Kaiserreich die SPD. Es gab eine katholische Arbeiterbewegung und die liberalen Gewerkvereine. Die Militärbehörden zogen eher Wehrpflichtige vom Land oder aus Kleinstädten ein. Man fürchtete einen zu starken Einfluss sozialdemokratisch geprägter Rekruten. Wobei die Mehrheit der SPD nicht pazifistisch eingestellt war.
 
Cliomara schrieb:
Wenn man über Militarismus spricht, dann muss man meiner Meinung nach auch darüber nachdenken, warum militärische Werte von Zivilisten übernommen wurden.

Silesia hat es angedeutet: der Militarismus wurde nicht einfach verordnet. Ob es daran lag, dass die deutsche Einheit von 1871 das Ergebnis von drei siegreichen Kriegen war? Nach dem Motto: Die Politiker haben es 1848/49 nicht geschafft, nur 'Männer der Tat' brachten es fertig?

Außerdem stellt sich die Frage, wie 'militaristisch' die Arbeiterschaft war. Nicht alle Arbeiter wählten im Kaiserreich die SPD. Es gab eine katholische Arbeiterbewegung und die liberalen Gewerkvereine. Die Militärbehörden zogen eher Wehrpflichtige vom Land oder aus Kleinstädten ein. Man fürchtete einen zu starken Einfluss sozialdemokratisch geprägter Rekruten. Wobei die Mehrheit der SPD nicht pazifistisch eingestellt war.

Bei der militärisch geeinten Nation kann eigentlich nicht verwundern, dass der Nationalismus des Reiches eine militärische Komponente erhielt. Nationalismus und Militarismus gingen Hand in Hand.
 
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