(Mit)Schuld der kath. Kirche an Naziverbrechen

Ich würde die Betonung auf "potentiellen" legen. Die Katholische Kirche hat als solche keinen Widerstand geleistet, auch wenn es einzelne Mitglieder eventuell getan haben.

Man spricht ja nicht vom Widerstand der katholischen Kirche, sondern vom Widerstand aus katholischem Glauben. Und ja es gab Widerstand von Priestern. Es waren nicht einzelne, so werden zum Beispiel in Frühjahr 1943 im Raum Stettin über zwanzig Geistliche verhaftet und zum Tode verurteilt.

Hier drei Beispiele:

Bernhard Lichtenberg Dompropst setzte sich für Häftlinge und die Juden ein. 1941 wird er verhaftet und nach zwei Jahren Zuchthaus, stirbt er auf dem Transport in das KZ-Dachau.


Josef Frings, seit 1942 Erzbischof von Köln, tritt immer wieder für die Verfolgten ein und ergreift offen Partei für die Juden.

Konrad Graf von Preyxing, Bischof von Eichstätt, sprach sich offen gegen Hitler aus. 1935 wird er Bischof von Berlin und nimmt offen Stellung gegen die Verfolgung der Juden und Andersdenkenden. Er war über die Aktivitäten des Kreisauer Kreises informiert, hatte Kontakt zu Goerdeler, Beck und Molke. Für den Kreisauer Kreis war er ein wichtiger Vertrauensmann innerhalb der katholischen Kirche.


Wenn es von Interesse ist kann ich mal eine Chronik zusammenstellen. Ich denke wir sollten den Widerstand in einem neuen Thema näher anschauen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aus einem Brief von Galens vom 4. November 1943 an Papst Pius XII.
...
Aber es ist doch nicht zu leugnen, dass im Großen gesehen, ganz erhebliche Teile des deutschen Volkes dem Christentum, ja, dem wahren Gottesglauben gleichgültig, sogar ablehnend gegenüberstehen und immer mehr die bisherigen sittlichen Bindungen der christlichen Vergangenheit beiseite setzen. Wir müssen wohl in dem Vernichtungskrieg, der große Teile des nichtchristlichen Europa zur Trümmerstätte und Einöde zu machen droht, ein gerechtes Strafgericht über jene sehen, die „den Quell lebendigen Wassers verlassen und sich Brunnen gegraben haben, die kein Wasser halten.” Ihnen den Weg der Rückkehr zu zeigen zu den „fontes Salvatoris” ist unsere große und drückend schwere Aufgabe. Einstweilen wird es das Nötigste sein, dass wir mit allen Treugebliebenen dem Beispiel und den oftmaligen Mahnungen Eurer Heiligkeit folgend, die Leiden und Verluste willig und dankbar aus Gottes Hand annehmen und als Beitrag der Buße und Sühne der göttlichen Majestät aufopfern...
Der Vernichtungskrieg also die gerechte Strafe Gottes für die Gottlosen.
Das scheint zumindest die theologische Deutung durch Erzbischof von Galen zu sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Vernichtungskrieg also die gerechte Strafe Gottes für die Gottlosen.Das scheint zumindest die theologische Deutung durch Erzbischof von Galen zu sein.

Bitte im Kontext:
Mit dem Vernichtungskrieg ist nicht der Krieg der Wehrmacht im Osten gemeint, sondern der Bombenkrieg, der auf das Deutsche Reich niederging. Die Begriffe sollte man nicht verwechseln.

Am 10. Oktober 1943 wurde Münster durch einen schweren Angriff getroffen, wie dieser unmittelbare (zeitliche) Bezug v.Galens vom November 1943 zeigt: "der große Teile des nichtchristlichen Europa zur Trümmerstätte und Einöde zu machen droht"

Das ist das Hauptproblem dieser Diskussion: Vermengung der zeitlichen Bezüge. Der Bombenkrieg wurde hier - wie vielfältig auch an anderer Stelle Verurteilungen wegen Defätismus zeigen - als "Strafe" für die Verbrechen gegen Juden und Massenmorde im Osten von der Bevölkerung gewertet.

Nichts anderes drückte Himmler zeitgleich im Oktober 1943 aus, wenn er davon sprach, dass "die Brücken abgebrochen sind".
 
Bitte im Kontext:
Mit dem Vernichtungskrieg ist nicht der Krieg der Wehrmacht im Osten gemeint, sondern der Bombenkrieg, der auf das Deutsche Reich niederging. Die Begriffe sollte man nicht verwechseln.

Am 10. Oktober 1943 wurde Münster durch einen schweren Angriff getroffen, wie dieser unmittelbare (zeitliche) Bezug v.Galens vom November 1943 zeigt: "der große Teile des nichtchristlichen Europa zur Trümmerstätte und Einöde zu machen droht"

Das ist das Hauptproblem dieser Diskussion: Vermengung der zeitlichen Bezüge. Der Bombenkrieg wurde hier - wie vielfältig auch an anderer Stelle Verurteilungen wegen Defätismus zeigen - als "Strafe" für die Verbrechen gegen Juden und Massenmorde im Osten von der Bevölkerung gewertet.

Nichts anderes drückte Himmler zeitgleich im Oktober 1943 aus, wenn er davon sprach, dass "die Brücken abgebrochen sind".

Genau, das steht ja auch auf der verlinkten Seite:

Am 4. November 1943 schrieb Bischof von Galen an Pius XII. und berichtete ihm von dem katastrophalen Zustand der Stadt Münster und dem Schmerz über die Opfer der Bomben der Alliierten. „Doch außer dem Schmerz über das Leid der Bevölkerung war er auch über die Zer- störung der zweihundert Kirchen der Diözese zutiefst betrübt, vor allem des Doms, und er konnte einfach nicht verstehen, warum die Alliierten das getan hatten”, gab Priester Theodor Holling beim Seligsprechungsprozess zu Protokoll. Was Hitler nicht geschafft hatte, das schaffte das moral bombing - wie Churchill die Strategie des „gerechten Luftkrieges“ definiert hatte, der das Ziel hatte, „durch systematisches Brechen des moralischen Widerstands der Deutschen die Moral wiederherzustellen“.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aus einem Brief von Galens vom 4. November 1943 an Papst Pius XII.

Aber es ist doch nicht zu leugnen, dass im Großen gesehen, ganz erhebliche Teile des deutschen Volkes dem Christentum, ja, dem wahren Gottesglauben gleichgültig, sogar ablehnend gegenüberstehen und immer mehr die bisherigen sittlichen Bindungen der christlichen Vergangenheit beiseite setzen. Wir müssen wohl in dem Vernichtungskrieg, der große Teile des nichtchristlichen Europa zur Trümmerstätte und Einöde zu machen droht, ein gerechtes Strafgericht über jene sehen, die „den Quell lebendigen Wassers verlassen und sich Brunnen gegraben haben, die kein Wasser halten.” Ihnen den Weg der Rückkehr zu zeigen zu den „fontes Salvatoris” ist unsere große und drückend schwere Aufgabe. Einstweilen wird es das Nötigste sein, dass wir mit allen Treugebliebenen dem Beispiel und den oftmaligen Mahnungen Eurer Heiligkeit folgend, die Leiden und Verluste willig und dankbar aus Gottes Hand annehmen und als Beitrag der Buße und Sühne der göttlichen Majestät aufopfern...

Der Vernichtungskrieg also die gerechte Strafe Gottes für die Gottlosen.
Das scheint zumindest die theologische Deutung durch Erzbischof von Galen zu sein.


Ich habe mal die Hervorhebung in deinem Zitat geändert. Es scheint mir offensichtlich, dass Galen mit dem nichtchristlichen Europa sowohl die Sowjetunion, als auch Nazideutschland meint, mit den Verlusten aber die Verluste unter den Christen (Treugebliebenen) und damit sind mit Silesia wohl in erster Linie die Verluste unter der nichtnazistischen, katholischen deutschen Zivilbevölkerung durch den Bombenkrieg gemeint.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Brief ist unmittelbar nach dem Bombenangriff verfasst worden.

Stadtarchiv Münster: Kriegschronik - Münster im II. Weltkrieg

Hier hatte es nun die eigene Stadt massiv getroffen: Im Übrigen stand die Öffentlichkeit im Herbst 1943 unter dem schweren Eindruck der Angriffe auf Kassel, Hamburg etc.

"die den Quell lebendigen Wassers verlassen und sich Brunnen gegraben haben, die kein Wasser halten" -> da es hier um die "Abtrünningen" (das "neue Heidentum") und die "Trümmerstätte" geht -> Nationalsozialisten, "die immer mehr die bisherigen sittlichen Bindungen der christlichen Vergangenheit beiseite setzen"

Der Eingangssatz zu dieser Passage ist oben weggelassen. Er klärt, um was es im Kontext des neuen Heidentums geht:
"Heiliger Vater! Schwerer als diese äußeren Verluste (-> Bombenkrieg) bedrückt mich die Sorge um das Seelenheil der mir anvertrauten Gläubigen und die Erhaltung der christlichen Religion in unserem Lande. "
 
Vielleicht müsste man in dieser Diskussion genauso wie in ihrem Ausgangsthread im Zeitalter der Entdeckungen auch "die Kirche" als solche stärker ausdifferenzieren.
Je höher jemand in der Hierarchie der Kirche aufsteigt, desto mehr entfernt er sich in der Regel auch von der eigentlichen Seelsorgearbeit. Der Pfarrer oder Pastor, der einer Gemeinde (oder einem Regiment) zugeordnet ist, muss wenig administrieren und kann sich mehr um den reinen Glauben kümmern. Der Anteil an politischen Rücksichtnahmen, die er eingestehen muss, ist noch relativ gering. Und auch deren Gebiet erstreckt sich weitgehend auf die "Lokalpolitik".

Wenn nun ein Bischof für eine Diözese oder ein Papst gar für den ganzen Erdenkreis zuständig ist, dann beschränkt sich seine Seelsorgearbeit meistens zwangsläufig auf die sogenannten Sonntagsreden. Der Rest ist Administration und "Politik" (man bedenke, dass der Vatikan nicht von ungefähr auch ein Vatikanstaat ist). Das ganze muss am Leben gehalten, verwaltet und solide finanziert werden. Das beinhaltet schon wieder erhebliche Rücksichtnahmen. Und für diesen Job benötigt man auch schon wieder einen Stab von Verwaltern - Leute, die eher mit Finanzbüchern denn mit der Bibel Einkehr halten. Und die Kirchenverwaltung als pflichtbewusste ebensolche hat mit der eigentlichen Seelsorgearbeit etwa genausoviel zu tun wie der Finanzminister mit dem "good government", für deren Durchführung er die Knete verwaltet und eintreibt - häufig genug mit Druck und Drohungen.

Des weiteren wird die Kirche (sei sie katholisch oder wiaschtgleibig) immer so behandelt, als sei sie politisch gleichgeschaltet - so nach dem Motto: der Kirchenmann tut, was der Papst ihm sagt und in Abwesenheit klarer Weisungen des Papstes hält er sich an die CDU. Ich wage zu behaupten, dass das weder so ist, noch so war. Die politische Einstellung innerhalb des Kirchenpersonals ist nach allen Äußerungen, die man so hört, ebenfalls breit. Man nehme ja nur die internen Diskussionen zum Verhältnis der Kirche zum Militär. Es gibt Totalpazifisten, die mit Soldaten nichts am Hut haben, Priester, die auch am Volkstrauertag um tote Soldaten trauern - und dann je nach Lesart um alle oder nur die deutschen oder nur die Wehrpflichtigen aus der Gemeinde - und solche, die Militärpfarrer werden, Soldaten für ganz normale Leute halten und mit ihnen an die Front ziehen. Und unter diesen wiederum - ja - sicherlich solche, die die Angehörigen ihrer eigenen Nation für die tollsten von allen halten und die des Feindes doof und tötenswert finden. "Die Kirche" auf die letztgenannten zu reduzieren ist genauso unfair, wie alle Australier für einbeinige Trunkenbolde mit grünem Hemd zu halten, nur weil man zwei solcher Exemplare gesehen hat und die anderen Typen die da rumhängen nicht zur Kenntnis nimmt.

Ganz gewiss gibt es auch ganz unterschiedliche Motivationen, Priester, Mönch oder Papst werden zu wollen. Machtgier ist sicher auch darunter. Ob es die verbreiteste ist? Interesse an Theologie? Die tolle Amtstracht? Soziale Ambitionen? Frauen sind doof, also wähle ich das Zölibat? Ich kann unter dem Schutz der Robe krumme Dinger drehen? Nur Sonntags arbeiten müssen? Gemeinden sind toll? Es dürfte noch sehr viel mehr geben. Und viele dieser Motivationen sind zutiefst unwürdig oder gar kriminell.

Vor dem Hintergrund dieser bunten Mischung an persönlichen Motivationen, Unterordnung in die kirchliche Hierarchie, Einbindung in das gemeindliche Umfeld, gesamtgesellschaftliche Moden, Begeisterung für die eigentlichen Inhalte der Lehre, Bequemlichkeit, Feigheit, Trotz und allen anderen menschlichen Unarten aus individuellen Straftaten oder Fehlverhalten eine Generalverdammung der katholischen Kirche, oder irgendeiner anderen Kirche oder irgendwelcher Franzosen oder Bankangestellten oder Fußballschiedsrichter zu machen, ist halt Holzschnitt mit Vorschlaghammer und Spaten...
 
Zurück
Oben