Möglichkeiten und Grenzen des Widerstandes im 3. Reich

Balduin

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Hallo liebe Geschichtsforumgemeinde,

ich wurde von einem Mitglied gefragt, der noch keine Schreibrechte inne hat, ob ich folgendes Thema aufmachen werde. Ich sagte zu und finde das Thema auch sehr interessant, vor allem da sich eine tolle Diskussion daraus entwickeln kann.

Was waren die Möglichkeiten und Grenzen des Widerstandes im 3. Reich ?

Man muss natürlich vor allem mal die Ausgangslage betrachten, die Partei hatte unglaublich hohe Zustimmung, es gab Fanatiker, Angst und Furcht, Terror, man vertraute nichtmal mehr dem Nachbarn, und gegen Aufständler, "Revoluzer" wurde gnadenlos vorgegangen.

Es gab Widerstand, die wenigen Widerständler konnten sich aber nicht genau organisieren und es wurden Hinrichtungen als Abschreckung vollzogen.

Wenn man die Möglichkeiten des Widerstands erörtern will wird das sehr schwierig, man konnte auf keine Pressefreiheit zurückgreifen, alles war gleichgeschaltet, die Leute waren in der "Propagandmaschinerie" der NS gefangen. Diese wurde ja sehr effektiv betrieben, u.a. von Goebbels, der es verstand Leute in seinen Bann zu ziehen.

Vergleicht man nun Flugblätter und diverse Reden von NS-Führern stellt sich die Frage, welcher Seite man eher glauben Schenken konnte. Und für die meisten Menschen wird die Wahl auf das Regime gefallen sein. Sie waren nichts anderes gewöhnt, den meisten ging es nicht sonderlich schlechter und durch die Propaganda war vielen Menschen einfach nicht klar was im Krieg und in dieser Terrorherrschaft für Verbrechen geschahen. Vielen Deutschen fehlte auch einfach der Mut sich mit diesen Dingen zu befassen, es war nunmal so wie es ist.

Die "Weiße Rose" und diverse Widerständler waren allesamt sehr intelligente Menschen, doch sie waren nicht übermenschlich. Man konnte denke ich keine Revolte entfachen, dafür war der Apparat einfach zu stark. Ohne die Unterstützung der Wehrmacht wäre nichts zustande gekommen.

Der Führungsstab/Offiziersstab der Wehrmacht führte ja Pläne zur Beseitigung Hitlers, man wollte Hitler per Anschlag umbringen umso eine Kapitulationsmöglichkeit zu schaffen. Die Offiziere waren nicht gegen das Hitler Regime und viele verdankten den Nazis ihre Karriere, manch General wäre ohne Hitler noch Gefreiter gewesen.

Aus all diesen Gründen war Widerstand im 3. Reich sehr schwer umzusetzen. Man darf um Himmels Willen nicht den Widerstand im 3. Reich mit der RAF vergleichen. Von der Gesinnung schonmal gar nicht aber auch von den Möglichkeiten. Es hätte im 3. Reich niemals einen aufkommenden "RAF-Kult" gegeben. Diese Leute wären hingerichtet worden ohne großes Aufsehen, wenn man z.B. alte Menschen fragt ob sie während des Regimes die Geschwister Scholl kannten, würde man zu 97% ein klares Nein ernten.
Man kann meiner Meinung nach der Generation keinen großen Vorwurf machen, dass man Hitler und seine Fanatiker nicht stürzte.


Lg
Balduin
 
Was waren die Möglichkeiten und Grenzen des Widerstandes im 3. Reich ?

Widerstand im Dritten Reich war sehr schwierig. Da die Zustimmung der Bevölkerung für das Regime sehr hoch war, musste man ohne Rückhalt innerhalb der Bevölkerung einen Widerstand aufbauen. Die Widerstandsgruppen wie Rote Kapelle oder Weisse Rose hatten nicht die Möglichkeit zum Beispiel an Waffen heranzukommen, geschweige denn in die Nähe der NSDAP Grössen zu gelangen. Ihr Ziel war es, durch Flugblätter, Klebeaktionen die Menschen aufzurütteln.

Es gab Widerstand, die wenigen Widerständler konnten sich aber nicht genau organisieren und es wurden Hinrichtungen als Abschreckung vollzogen.

Da liegst du aber falsch. Sie waren Organisiert, was aber das Problem war. Es war kein einheitlicher organisierter Widerstand. Jede der Widerstandsgruppen arbeite für sich. Erst sehr spät schlossen sich zum Beispiel der Kreisauer Kreis und der Militärische Widerstand zusammen. Was sicher ist, es waren im Verhältnis sehr wenige. Und man darf den Deutschen Widerstand nicht mit dem Widerstand in z.B Frankreich vergleichen, da gibt es sehr grosse Unterschiede.

Wenn man die Möglichkeiten des Widerstands erörtern will wird das sehr schwierig, man konnte auf keine Pressefreiheit zurückgreifen, alles war gleichgeschaltet, die Leute waren in der "Propagandmaschinerie" der NS gefangen. Diese wurde ja sehr effektiv betrieben, u.a. von Goebbels, der es verstand Leute in seinen Bann zu ziehen.

Die Möglichkeiten waren sehr gering. Nicht nur das die Presse gleichgeschaltet war, sie mussten auch aufpassen, dass sie nicht verraten wurden. Deshalb griffen sie zum Mittel Flugblätter, Denkschriften oder Klebeaktionen. Einzelne Priester hielten in den Kirchen auch Reden gegen das Regime.

Aus all diesen Gründen war Widerstand im 3. Reich sehr schwer umzusetzen. Man darf um Himmels Willen nicht den Widerstand im 3. Reich mit der RAF vergleichen. Von der Gesinnung schon mal gar nicht aber auch von den Möglichkeiten. Es hätte im 3. Reich niemals einen aufkommenden "RAF-Kult" gegeben. Diese Leute wären hingerichtet worden ohne großes Aufsehen, wenn man z.B. alte Menschen fragt ob sie während des Regimes die Geschwister Scholl kannten, würde man zu 97% ein klares Nein ernten.
Man kann meiner Meinung nach der Generation keinen großen Vorwurf machen, dass man Hitler und seine Fanatiker nicht stürzte.

Wer kommt denn auf die Idee, denn Widerstand mit der RAF zu vergleichen. Das sind doch zwei total verschiedene Dinge. Die RAF war auf Terror aus, der Widerstand im Dritten Reich sicher nicht.
 
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Wer kommt denn auf die Idee, denn Widerstand mit der RAF zu vergleichen. Das sind doch zwei total verschiedene Dinge. Die RAF war auf Terror aus, der Widerstand im Dritten Reich sicher nicht.

Natürlich sind RAF und der Widerstand im 3. Reich zwei paar Stiefel, aber viele sehen/sahen die RAF als Widerstandsgruppe gegen unser kapitalistisches System. Okay, wir driften vom Thema ab.

Wäre es nicht möglich gewesen, dass die Alliierten die Widerstandsgruppen hätten unterstützen können ? Nahmen die Widerstandsgruppen überhaupt Kontakt mit den Gegnern Deutschlands auf ?
Wären Waffenlieferungen nicht möglich gewesen ? Oder die Beschaffung von Sprengstoff.

Die Widerstandsgruppen wie Rote Kapelle oder Weisse Rose hatten nicht die Möglichkeit zum Beispiel an Waffen heranzukommen, geschweige denn in die Nähe der NSDAP Grössen zu gelangen

Es war sehr wohl möglich an Hitler und diverse andere Nazi Größen zu gelangen, ich denke mal nur an Georg Elser, der es fast geschafft hat. Solche Leute verdienen meinen größten Respekt, natürlich war es schwer, Ursi, an Hitler und Co. heranzukommen, aber Möglichkeiten finden sich immer. Es war ja auch nicht so, dass Hitler sich nie auf öffentlichen Veranstaltungen gezeigt hätte. Und das mit der Organisation meinte ich so, wie du es gerade erläutert hast, es konnte sich nicht eine feste Widerstandsgruppe ohne Probleme gründen. Ein Entdecken wäre dann auch viel schneller möglich gewesen durch Verräter, und die Angst vor Verrätern war ja alltäglich für Widerständler. Hätte von Anfang an eine goße Widerstandsgruppe gegen das NS Regime angekämpft hätte es höchstwahrscheinlich mehr Wirkung gezeigt, diese kleinen Widerstandsgruppen wurden kaum wahrgenommen und die Flugblätter konnten auch nicht Millionen von Menschen erreichen.

Man darf auch den zwar verspäteten Widerstand der Wehrmacht nicht außer Acht lassen, durch sie hätten viele Millionen Menschen nicht sterben müssen. Der II. Weltkrieg war zum Schluss nur noch ein sinnloses Massaker, viele dt. Soldaten starben umsonst, da Deutschland schon verloren war. Da auch die Heeresleitung diese Niederlage kommen sah und sie immer weniger militaristisch sonder nur noch politisch Krieg führten. Sinnlose Schlachten wurden auf Befehl Hitlers geführt. Dies veranlasste wohl mehrere Mitglieder der Wehrmacht Hitler zu töten um eine Kapitulation zu ermöglichen. Dies scheiterte und das Abschlachten ging weiter.
 
Natürlich sind RAF und der Widerstand im 3. Reich zwei paar Stiefel, aber viele sehen/sahen die RAF als Widerstandsgruppe gegen unser kapitalistisches System. Okay, wir driften vom Thema ab.

Nun darüber haben wir hier im Forum auch schon gestritten. Aber du hast recht, das gehört nicht hierhin.

Wäre es nicht möglich gewesen, dass die Alliierten die Widerstandsgruppen hätten unterstützen können ? Nahmen die Widerstandsgruppen überhaupt Kontakt mit den Gegnern Deutschlands auf ?
Wären Waffenlieferungen nicht möglich gewesen ? Oder die Beschaffung von Sprengstoff.

Die Rote Kapelle hatte kontakt zur russichen Botschaft. Sie haben auch Stalin gewarnt vor dem Angriff der Deutschen. Es gibt in Moskau ein Dokument, das dies Belegt. Stalin hat ihnen nicht geglaubt. Molke hatte Kontakte in Grossbritannien. Nach 1939 wurde es aber schwer diese Kontakte zu pflegen, da die Deutschen nicht mehr einfach so ausreisen konnten. Der Militärische Widerstand war in Kontakt mit den USA.

Es war sehr wohl möglich an Hitler und diverse andere Nazi Größen zu gelangen, ich denke mal nur an Georg Elser, der es fast geschafft hat.

Das war am 8. September 1939. Danach wurde es immer schwerer. Für Studenten, wie die Mitglieder der Weissen Rose, war es unmöglich in die Nähe von Hitler zu kommen.


Solche Leute verdienen meinen größten Respekt, natürlich war es schwer, Ursi, an Hitler und Co. heranzukommen, aber Möglichkeiten finden sich immer.

Jeder der Widerstand leistete verdient grössten Respekt. Heute können wir leicht sagen, die Möglichkeit Hitler zu ermorden wäre einfach gewesen. Vergiss nicht, es gab Sicherheitsvorkehrungen die um Hitler herum gemacht wurden, diese wurden nachdem Attentat von Elser versterkt. Wenn du mal in Berlin bist, gehe zur Gedenkstätte des Deutschen Widerstandes, dort findest du einen Ordner mit den Sicherheitsvorkehrungen um Hitler herum. Der wurde sehr gut bewacht.

Es war ja auch nicht so, dass Hitler sich nie auf öffentlichen Veranstaltungen gezeigt hätte.

Dazu wären wohl Scharfschützen nötig gewesen. Es gibt übergiens eine ganze Anzahl von Versuchen Hitler zu ermorden, die aber immer wieder scheiterten.

Hier findest du eine Zeittafel mit allen Versuchen:

http://www.geschichtsforum.de/69147-post10.html

Und das mit der Organisation meinte ich so, wie du es gerade erläutert hast, es konnte sich nicht eine feste Widerstandsgruppe ohne Probleme gründen. Ein Entdecken wäre dann auch viel schneller möglich gewesen durch Verräter, und die Angst vor Verrätern war ja alltäglich für Widerständler. Hätte von Anfang an eine goße Widerstandsgruppe gegen das NS Regime angekämpft hätte es höchstwahrscheinlich mehr Wirkung gezeigt, diese kleinen Widerstandsgruppen wurden kaum wahrgenommen und die Flugblätter konnten auch nicht Millionen von Menschen erreichen.

Es ist eben ein Unterschied, ob ein Volk erobert wird und sich so ein Widerstand bildet, siehe Frankreich, Russland, Jugoslawien, oder ob man von innen her ein Regime stürzen muss.

1933 waren auch die späteren Widerständler noch keine Widerständler. (z.B.Sophie Scholl war 1933 gerade mal 12 Jahre alt). Dies kam erst mit der Zeit. Die grösste Widerstandsbewegung war 1933 die Arbeiterbewegung, aber hier schaffte es Hitler diese zu zerschlagen. Vor den Kommunisten hatten auch die andern Angst und ihnen war es recht, dass man dieses Menschen verhaftete. So einfach ist es eben nicht.

Man darf auch den zwar verspäteten Widerstand der Wehrmacht nicht außer Acht lassen, durch sie hätten viele Millionen Menschen nicht sterben müssen.

Als Frankreich besiegt wurde, war Hitler auf dem Höhepunkt seiner Macht. Er hatte eine so grosse Zustimmung auch im Militär.

Der II. Weltkrieg war zum Schluss nur noch ein sinnloses Massaker, viele dt. Soldaten starben umsonst, da Deutschland schon verloren war.

Nicht nur deutsche Soldaten starben umsonst, sondern auch russische usw. Ebenso die Menschen in den KZs. Nach dem Attentat von Stauffenberg, straben mehr Menschen als 1939 bis 1944.

Da auch die Heeresleitung diese Niederlage kommen sah und sie immer weniger militaristisch sonder nur noch politisch Krieg führten. Sinnlose Schlachten wurden auf Befehl Hitlers geführt. Dies veranlasste wohl mehrere Mitglieder der Wehrmacht Hitler zu töten um eine Kapitulation zu ermöglichen. Dies scheiterte und das Abschlachten ging weiter.

Schon 1938 waren Staatstreichpläne vorhanden. Siehe mein Link.

Hier noch andere Beiträge:

http://www.geschichtsforum.de/f66/weisse-rose-unterschied-zu-anderen-widerstandsgruppen-15972/

http://www.geschichtsforum.de/f66/einfuehrung-zur-roten-kapelle-8471/

http://www.geschichtsforum.de/f66/der-kreisauer-kreis-3526/

http://www.geschichtsforum.de/f66/militaerischer-widerstand-1664/

http://www.geschichtsforum.de/f66/hatte-der-widerstand-der-ns-zeit-aussicht-auf-erfolg-4856/
 
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Um noch eine weitere Widerstandsgruppe hinzuzufügen:

Viele bekannten Persönlichkeiten führten Widerstand aus dem Exil, sicher in anderen Ländern setzten sie sich für die Befreiung Deutschlands ein. Mit einer der bekanntesten wird Thomas Mann sein:

Thomas Mann - Wikipedia

So führte er Radioansprachen durch, die sich klar gegen die Nationalsozialisten richteten

Dazu ein Zitat:

„Wenn ihr es nicht im letzten Augenblick fertigbringt, euch des Gesindels zu entledigen, das euch und der Menschheit so Schandbares angetan hat, so ist alles verloren, Leben und Ehre.“

(27. Juli 1943)

Lg
Balduin
 
Um noch eine weitere Widerstandsgruppe hinzuzufügen:

Viele bekannten Persönlichkeiten führten Widerstand aus dem Exil, sicher in anderen Ländern setzten sie sich für die Befreiung Deutschlands ein. Mit einer der bekanntesten wird Thomas Mann sein:

Thomas Mann - Wikipedia

So führte er Radioansprachen durch, die sich klar gegen die Nationalsozialisten richteten

Dazu ein Zitat:

„Wenn ihr es nicht im letzten Augenblick fertigbringt, euch des Gesindels zu entledigen, das euch und der Menschheit so Schandbares angetan hat, so ist alles verloren, Leben und Ehre.“

(27. Juli 1943)

Lg
Balduin

Erika Mann kann man im Zusammenhang mit ihrem Vater auch noch nennen. Sie leitete des Kabarett die Pfeffermühle in Zürich. Das Programm war sehr politisch. 1936 emigrierte sie in die USA. Sie publizierte viel und machte Vortragsreisen um auf die Probleme des NS-Regimes hinzuweisen. Während des Krieges war sie in London und arbeitete für die Deutschland-Redaktion des Britischen Rundfunkes.

Nicht zu vergessen sind die Sozialisten die in Prag und an andern Orten im Exil den Deutschen Nachrichtendienst der SOPADE herausbrachten.
 
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Mich würde allgemein interessieren, wieviel % der Deutschen die Radioansprachen von Mann oder andere Vorträge hören konnten. Natürlich ist das bemühen redlich, aber wirklich große Menschenmassen konnte man damit nicht ansprechen oder ?

Wir reden gerade von all diesen mehr oder weniger bekannten Widerstandskämpfern, aber viele normale Bürger betrieben im Kleinen auch widerstand. Ich weiß von jemand, der einem Juden Brot gab, als diese zu einem Zwangsmarsch in ein anderes Konzentrationslager gezwungen wurden. Oder auch Familien, die Juden, Sinti oder Roma versteckten. Diese Leute nahmen viel Gefahr auf sich und zeigten in dieser Zeit des Unmenschlichen, dass es doch noch Gutes in der Welt gibt. Gerade diese Menschen geraten oft in Vergessenheit, wenn man von den Geschwistern Scholl, der Roten Kapelle und Co. diskutiert.

Lg
Balduin
 
Mich würde allgemein interessieren, wieviel % der Deutschen die Radioansprachen von Mann oder andere Vorträge hören konnten. Natürlich ist das bemühen redlich, aber wirklich große Menschenmassen konnte man damit nicht ansprechen oder ?

Wieviel die Radioansprachen wirklich hörten, können wir wohl nicht herausfinden. Da es keine Quellen dazu gibt.

Sie erreichten wohl die Menschen, die es hören wollten.


Wir reden gerade von all diesen mehr oder weniger bekannten Widerstandskämpfern, aber viele normale Bürger betrieben im Kleinen auch widerstand. Ich weiß von jemand, der einem Juden Brot gab, als diese zu einem Zwangsmarsch in ein anderes Konzentrationslager gezwungen wurden. Oder auch Familien, die Juden, Sinti oder Roma versteckten. Diese Leute nahmen viel Gefahr auf sich und zeigten in dieser Zeit des Unmenschlichen, dass es doch noch Gutes in der Welt gibt. Gerade diese Menschen geraten oft in Vergessenheit, wenn man von den Geschwistern Scholl, der Roten Kapelle und Co. diskutiert.

Lg
Balduin

Davon gab es sicher einige und leider sind die meisten Unbekannt. Da es auch zu diesen Menschen keine Quellen gibt. Oder nur wenige, hier sind wir auf die Aussagen von Zeitzeugen angewiesen.

Die Widerstandsgruppen die Flugblatter druckten und verteilten, sind in Erinnerung geblieben weil wir schriftliche Quellen haben, sei das durch die Flugblätter oder die Gerichtsurteile.

Bei den Urteilen findet man auch solche von den "Namenlosen."

Ich empfehle dir mal in die Gedenkstätte zu gehen. Dort findest du auch viele Briefe von Menschen die in den Todestrakten sassen und ihren Familien schrieben. Da hat es nicht nur solche von den bekannten Widerständlern, sondern eben auch von den andern. Diese Briefe sind sehr bewegend.
 
In Südwestdeutschland jeder, die Infos wurden irgendwann ab Stalingrad wohl nur noch über Radio Beromünster eingeholt.
Das war manchmal auch nicht wahr, aber der Reichssender Stuttgart hat nur gelogen. Originalzitat aus dem Gedächtnis.

Noch etliche Jahre nach dem Krieg wurde aus Gewohnheit nach dem Ausschalten des Radiogeräts der Sender verdreht.

Schwieriger war es in grenzferneren Gebieten, da die Volksempfänger den Empfang von Auslandssendern technisch nicht ohne weiteres ermöglichten.
 
Mit einer gängigen "Goebbelsgeige" waren "Feindsender" wohl nicht zu empfangen. Wer was Besseres hatte, konnte es problemlos, auch wenn das einen das ins KZ bringen konnte.
Ich weiß, dass mein Großvater in Wismar heimlich London hörte - Oma und Papa mussten dann raus.
 
Zumindest wenn die "Feindsender" nicht soweit weg waren, ist es wohl doch ohne Umstände möglich gewesen.

Der Heini B. hat die Fenster aufgemacht, die Lautstärke hochgedreht und den Nachbarn gerufen: "da kannst du die Wahrheit hören....." Strafkompagnie 999
Er hat überlebt, und die Wiedersehensfeiern die er mit seinen Kameraden von 999 in den 40ern und 50ern gefeiert hat, sind Legende. In Sechserreihen die Marktstraße hinab, niemand unter 3 Promille. Aber an die hat sich damals keiner getraut. Die kamen aus der Hölle.
 
Zumindest wenn die "Feindsender" nicht soweit weg waren, ist es wohl doch ohne Umstände möglich wesen.

Der Heini B. hat die Fenster aufgemacht, die Lautstärke hochgedreht und den Nachbarn gerufen: "da kannst du die Wahrheit hören....." Strafkompagnie 999
Er hat überlebt, und die Wiedersehensfeiern die er mit seinen Kameraden von 999 in den 40ern und 50ern gefeiert hat, sind Legende. In Sechserreihen die Marktstraße hinab, niemand unter 3 Promille. Aber an die hat sich damals keiner getraut. Die kamen aus der Hölle.

Mein Opa war aber kein Heini und hat den Feindsender erst aufgedreht, wenn der Jüngste (Nachzügler und begeisterter Pimpf) sicher ausser Hörweite war. Der hätte sonst vielleicht die Wahrheit ausgeplappert, und auf Strafkompanie hatten weder Opa noch seine mithörenden Freunde Lust.

Es war übrigens, wenn ich mich noch richtig erinnere, Radio Beromünster ...

Was für ein Radio es war, weiss ich beim besten Willen nicht mehr. Mein gleichaltriger Vetter und ich haben das Ding mal in die Finger bekommen und in kleinste Einzelteile zerlegt. Danach gab's ein Radio erst wieder zur Fußballweltmeisterschaft 1952 (und ein striktes Verbot für den Nachwuchs, das Ding auch nur anzurühren).
 
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Ich denke auch mal, dass es nicht unmöglich gewesen ist, "Feindsender" zu empfangen um sich über das wahre Bild im Krieg zu informieren.

Da es sich hier um Widerstand dreht, fände ich es sehr nett und eine gute Aktion, wenn man hier Beispiele des Widerstands im Kleinen bringt, der Menschen, die Juden versteckten, anderen Menschen halfen und so weiter.

Ich fände es ganz interessant zu lesen, was Menschen getan haben um wenigstens etwas Gutes in diesem Terrorregime getan zu haben.
Durch meinen Heimatort mussten im 3. Reich zu Ende des Krieges KZ-Häftlinge marschieren, da sie in ein anderes Lager verlegt wurden. Eine Einwohnerin gab einem Juden Brot, da dieser abgemagert war und wohl fast zusammenbrach. Dies ist eine Geste, die noch so etwas wie Menschlichkeit erahnen lässt.

Würde mich über eine positive Resonanz freuen

Lg
Balduin
 
Das Hören von "Feindsendern" wurde als Sabotage bestraft, und in den letzten Kriegsjahren wurden nicht wenige Leute mit Zuchthaus, KZ und auch mit dem Tod bestraft. Da hängte man es nicht unbedingt an die große Glocke wenn man BBC hörte. Es haben aber dennoch sehr viele Leute verbotene Sender gehört, sicher waren die meisten davon nicht unbedingt Gegner des NS- Regimes, aber die Sendungen des "Soldatensenders West" zeichneten sich durch ein sehr gutes Programm aus. Vor allem konnte man dort noch am ehesten etwas über das Schicksal von Angehörigen erfahren. Meine Oma war jedenfalls über die Kampfhandlungen an der Ostfront bestens im Bilde. Dass die Division meines Großvaters der Einkesselung entgehen und sich 150 km westlich mit einer anderen Truppe vereinigen konnte, erfuhr sie vom "Soldatensender West".

Mein Großvater war ziemlich erstaunt und etwas entsetzt, als meine Oma, die von Taktik und Strategie keinen Dunst hatte, bestens im Bilde über die Lage war.

"Du, ich glaube den Krieg gewinnen wir nicht mehr!" sagte sie.

So etwas sagte man allerdings besser nicht öffentlich, ebenso wie es lebensgefährlich war, wenn die Falschen erfuhren, dass man heimlich Radio hörte.

So wurde ein Nachbar meiner Oma der kein Hehl daraus machte, dass er "Feindsender" hörte, was viele taten, denunziert, weil er mit Nachbarn darüber gesprochen und sich abfällig über den "Endsieg" geäußert hatte. Er war darauf einfach verschwunden. Seinem älteren Bruder wurde einige Monate später sein "Tod durch Herzversagen" mitgeteilt und eine Urne zugestellt, für die, glaube ich, eine Gebühr von 16 RM zu zahlen war. Das muss im Herbst 1944 gewesen sein.
 
Paul Fromm arbeitete in Berlin als Hausverwalter. Er konnte immer wieder leerstehnde Wohungen besorgen wo Juden untertauchen konnten. Werner Rewald war einer dieser Juden. Er bleibt im Januar 1943 einen Monat bei dem Ehepaar Fromm, danach musste er bis 1944 immer wieder die Quartiere wechseln. Seine Frau Ilse lebte ebenfalls in verschieden Verstecken und bekam von einem Eisenbahninspektor einen gefälschten Ausweis. Sie lebte bis 1944 bei ihrer ehemaligen Kinderfrau. Dann wurde die Wohnung ausgebombt. Der Komponist Hanning Schröder nimmt im Februar 1944 das Ehepaar Rewald bei sich auf. Sie erklären den Nachbarn, die Gäste seien ausgebomte Flüchtlinge, deren Wohnungen völlig zerstörte wurden. So überlebten sie den Krieg.

Dies ist nur eine Geschichte von vielen.

Es gab auch ein Netzwerk für Verfolgte. In Berlin versucht die Viktoria-Gemeinde der Schwedischen Kirche, Juden bei der Flucht aus Deutschland un in ihren Verstecken zu untersützen. Ein Helferkreis mit einer Vielzahl von Kontakten entsteht aus der Dahlemer Bekenntnisgemeinde um Franz Kaufmann und Helene Jacobs.

In Berlin erlebten ca. 1400 untergetauchte Juden das Ende des Krieges.
 
Mein Opa war aber kein Heini und hat den Feindsender erst aufgedreht, wenn der Jüngste (Nachzügler und begeisterter Pimpf) sicher ausser Hörweite war. Der hätte sonst vielleicht die Wahrheit ausgeplappert, und auf Strafkompanie hatten weder Opa noch seine mithörenden Freunde Lust.

Es war übrigens, wenn ich mich noch richtig erinnere, Radio Beromünster ...

Was für ein Radio es war, weiss ich beim besten Willen nicht mehr. Mein gleichaltriger Vetter und ich haben das Ding mal in die Finger bekommen und in kleinste Einzelteile zerlegt. Danach gab's ein Radio erst wieder zur Fußballweltmeisterschaft 1952 (und ein striktes Verbot für den Nachwuchs, das Ding auch nur anzurühren).


Der Heini B. hat so geheißen, vor ein paar Jahren hat er dann das zeitliche gesegnet. Eine Zündapp hatte er, seine Frau fuhr, Heini ist hinten drauf gesessen und hat wunderschöne Lieder gesungen, von den Moorsoldaten, Brüder zur Sonne zur Freiheit und die Internationale. Na gut, manchmal hatte er ein Flasche zuviel vom zweiten Kasten, aber zum Glück gibt es Kerle wie den Heini B.

Natürlich war das Beromünster. Da hat wie oben geschrieben der ganze Südwesten die infos gesaugt.

Das Radio habe ich übrigens niemals gesehen, haben die Franzosen 45 eingesammelt. Papa war NSKK und so, aber Opa war SPD und so, der hat dann wieder eines bekommen.

1952 gab es keine Fussballweltmeisterschaft! Da war die Olymiade in Helsinki.
 
Im wunderschönen Donautal ein paar Kilometer flussabwärts von Fridingen (man kann nur zu Fuss oder mit dem Fahrrad hin) gibt es den Scheuerlehof, die Familie dort hat ein jüdisches Mädchen über die ganze Nazizeit versteckt gahabt und damit gerettet.

In Sichtweite ist das Schloss Bronnen, dort hat die Reichsfrauenschaftsführerin gehaust. Ob die wohl ahnte wer ihr dort manchmal grüßend zuwinkte?
Obwohl, der Hitler muss ja etliche Arier ehrenhalber ernannt haben.
 
Gerstein wird ja bekannt sein. Der über Schweden seine Detailkenntnisse über den Holocaust der freien Welt zukommen ließ.

Eine Ausfertigung seiner Protokolle hat er für seine Frau im Hotel Mohren in Rottweil deponiert.
Es ist glaube ich die Ausfertigung, die heute der Wissenschaft zur Verfügung steht.
 
Das Radio habe ich übrigens niemals gesehen, haben die Franzosen 45 eingesammelt. Papa war NSKK und so, aber Opa war SPD und so, der hat dann wieder eines bekommen.

1952 gab es keine Fussballweltmeisterschaft! Da war die Olymiade in Helsinki.

Oh, wie peiiinlich. Also, den Ersatz für das durch meinen Vetter und mich zerlegte Radio gab es erst 1954. Dessen bin ich mir gaaanz sicher, schließlich war ich da schon 11 Jahre alt und konnte noch lange die Aufstellung der Mannschaft beim Endspiel herbeten.

:rofl:
Das Vorgängerradio wurde deswegen von den Franzosen nicht eingesammelt, weil die die Behausung meiner Großeltern und die Kochkünste meiner Großmutter für irgendwelche vornehmeren Events nutzten. Den Grund hierfür wusste ich bisher nur teilweise: Opa war (auch) Lothringer und sprach fließend französisch. Daneben galten die Großeltern und mein Vater den Franzosen als "trotz ihrer Nationalität" ehrenwerte Leute, die den Nazis nie hinten rein gekrochen waren. Einzelheiten hab' ich erst jüngst anlässlich meines Umzugs bzw. der völligen Entrümpelung meines Elternhauses erfahren, als ich einen Packen Briefe fand, von dessen Existenz ich bis dahin keine Ahnung hatte. Alles Briefe aus dem Elsaß, die den französischen Kommandanten von Rottweil beschwören, dem Herrn A. und dem Herrn G. kein Haar zu krümmen, sondern im Gegenteil bei jeder Gelegenheit behilflich zu sein, weil ... (mein Vater hat z.B. im Elsaß eine von der Gestapo verhaftete Frau, die Resistance-Mitglied war, irgendwie aus dem Gefängnis getrickst, nach zwei oder drei Tagen, daraufhin war sie bis zum Ende des Krieges im Elsaß spurlos verschwunden. Wohin weiss ich auch aus dem Packen Briefe: auf einem Bauernhof ungefähr 30 km weiter ...; den Sohn selbiger Dame hat er in ein Krankenhaus verfrachtet, wo er bis zur Unkenntlichkeit eingegipst wurde und eingegipst blieb, bis die Deutschen das Feld räumten ... und so).

Tja, so klärt sich manches halt noch sehr spät auf, was einen vor Jahrzehnten verwunderte: dauernd hockte bei uns die Bude mit Franzosen voll ...
 
Tja, solche Familiengeschichten hat wohl jeder im Keller. Meine Nachbarin ist 84, und sie hat sehr viel aus der fraglichen Zeit erzählt. Massenvergewaltigungen durch die Rote Armee, Flucht aufgesessen auf einem deutschen Panzer, Verstecken auf dem Dachboden für 3 Wochen etc. Ich habe sie gebeten, das alles aufzuschreiben, denn die letzten Zeitzeugen sterben leider weg.
 
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