Moses ein Ägypter

Tut mir Leid aber ist ganz schön einfach das so runterzuziehen und dann sagen ist doch Mist. Der Autor hat offensichtlich beträchlich mehr Überlegungen angestellt als das. Wenn du die selben Bücherwände gelesen hast, wenn du seine Gesamtarbeit gelesen hast, wenn du selbst so viel darüber geschrieben hast, dann kannst du das so salopp für nichtswürdig erklären und selbst dann ist es noch ein schwaches Herunterziehen.
Nun, was du hier versuchst (und auch schon in einem vorherigen Beitrag versucht hast), ist ein Argumentum ad verecundiam. Du versuchst also, die Autorität des Autors in den Vordergrund zu schieben. Nun, ich weiß nicht welche "Bücherwände" Damien Mackey (nennen wir ihn doch beim Namen!) gelesen oder nicht gelesen hat. Ich bezweifle auch nicht, dass er in der Lage ist, altorientalische Sprachen zu lesen und korrekt zu übersetzen (ich weiß nicht, ob er das kann oder nicht kann und darüber erlaube ich mir kein Urteil). Du beschwerst dich, dass ich sein Werk nicht im Ganzen gelesen habe. Ich muss aber nicht seine Gesamtarbeit lesen, um diesen Text für nicht stichhaltig zu halten. Da reichen mir die Argumente UND die zitierten Gewährsleute.

Nach dem Studium habe ich kurz als Wissenschaftliche Hilfskraft gearbeitet (das war ein master-seminargebundener Vertrag, zu dem Master-Seminar leitete ich ein Tutorium), mein Chef war mein ehemaliger Prof. und Examensprüfer, den ich sehr schätze. Mein Prof. hat sich in einer Diskussion mit einem Beitrag zu Wort gemeldet, ich habe diesem Beitrag meines Prof.s als Student widerspochen und stehe auch heute zu diesem Widerspruch. Dieser Widerspruch war meinem Prof. bekannt und er bezog sich auf diesen einen Text, nicht auf sein Gesamtwerk. Ob ich die Stelle deswegen oder trotzdem bekommen habe, weiß ich nicht. Warum erzähle ich das? Ganz einfach deswegen, weil das Gesamtwerk keine Rolle spielt!

Nun ist es allerdings so, dass es Mackey ist, der sich offen den Assyrologen gegenüberstellt. Das ist die Überschrift eines seiner Texte - und der steht genau in der Ideologie der Katastrophisten und Chronologie-Verkürzer, die für Evangelikale absolut anschlussfähig ist: Esarhaddon, re-named Ashur-Etil-Ilani-Mukin-Apli, and then duplicated by historians as Ashur-Etil-Ilani

Ich muss das Gesamtwerk nicht lesen, um zu wissen, wes Geistes Kind Damien Mackey ist. Es reichen zwei drei Texte und zu sehen, wer seine Gewährsleute sind. Wenn jemand Katastrophisten wie Velikovsky, Bimson und Peter James als seine Hauptgewährsleute zitiert, dann darf er sich nicht wundern, wenn er nicht ernst genommen wird. Das Zitierkartell dient vor allem dazu, den Eindruck von wissenschaftlicher Relevanz zu erwecken.

Nun will ich nicht meinerseits in ein Argumentum ad verecundiam verfallen. Natürlich kann jemand mit einem neuen Blick lange geglaubte "Wahrheiten" als falsch herausstellen. Das ist Wissenschaft. Eine Theorie gilt so lange als wahr, bis sie widerlegt wird. Es ist also auch in der Assyriologie möglich, dass lange gelaubte Wahrheiten auf den Prüfstand gestellt in sich zusammenfallen.

Streng genommen haben wir überhaupt keinen Beleg, dass es sich bei Mose um eine historische Person handelt.
Damit dürftest du offene Türen einrennen.


Versuche ihn mit verschiedenen Persönlichkeiten zu identifizieren sind nicht befriedigend, etwa einem Hebräer aus dem Ostjordanland, der am ägyptischen Hof als Ramsesemperre Karriere machte. Da er allerdings noch unter den Nachfolgern Ramses II., Merenptah und Ramses III. dort zu verfolgen ist, lässt sich das nicht mit dem biblischen Bericht in Einklang bringen.
Nehmen wir mal hypothetisch an, es habe ein historisches Vorbild für Moses gegeben: Die Geschichte, wie wir sie kennen, wäre sechs bis sieben Jahrhunderte nach ihrem Geschehen verfasst worden. Wir müssten also sechs- bis siebenhundert Jahre vorwiegend mündliche Tradition unterstellen. Dass die nicht mit der ägyptischen Überlieferung kompatibel sind, ist doch nur logisch.

Wir erfahren in der Bibel ja auch nicht, um welchen Pharao es sich handeln soll. Dort steht nur "der Pharao" (פַרְעֹ֔ה).
In der Bibel wird erwähnt, die Hebräer hätten die Städte (מִסְכְּנוֹת֙) Pithom umd Ra'amses (אֶת־פִּתֹ֖ם וְאֶת־רַעַמְסֵֽס) errichtet (וַיִּ֜בֶן). Wenn wir das als historisch akzeptierten, wäre die Anlage dieser Städte oder meintwegen auch nur ihr Ausbau als terminus post quem zu werten.

Aber wir müssen uns doch nur vergegenwärtigen, wie heute über Amtsträger gesprochen wird: "der Papst hat dieses oder jenes gesagt..." Dass es in 2000 Jahren Kirchengeschichte 266 Päpste gab, die vieles, auch viel Widersprüchliches von sich gegeben haben, wird dann ausgeblendet, wichtig ist "der Papst" war's. Und so ungefähr muss man wohl auch das biblische par'oh (Pharao) lesen. Es ist nicht wichtig welcher individuelle Pharao es war, es war "der Pharao".

Zu der Zeit und noch für sehr lange wussten die allerwenigsten ihr eigenes Alter geschweige denn ein Geburtsdatum. "40 Jahre" steht einfach für eine lange Zeit, dass da komplett unsinnige Zahlen und Jahresangaben berichtet werden sollte einen nicht wundern, das stammt insbesondere aus der Übersetzung ins Griechische die schon Wert auf genaue Zahlenangaben legten.
Entweder ich verstehe dich hier (fette Markierung) total falsch oder das ist Unsinn. Natürlich stehen in der Bibel Zahlenangaben, die völlig absurd sind (da sind wir uns einig). Diese Jahresangaben sind aber nicht erst durch die griechische Übersetzung in die Septuaginta gekommen, sondern stehen selbstverständlich bereits in der hebräischen Bibel. Also natürlich steht in der hebräischen Bibel - weil du diese Zahl explizit nennst - dass 600.000 Mann (dazu Frauen, Kinder und andere Völker) aus Ägypten (bzw, aus Ra'amses und Sukot) ausgezogen seien: שֵׁשׁ־מֵא֨וֹת אֶ֧לֶף

Damit ist weder ein Wort über die Historizität des Ereignisses gesprochen, noch, wenn man annähme, das Ereignis sei im Kern historisch, über die Verlässlichkeit der Zahlen.
 
Gerade bei Mose (sollte es jemals eine Persönlichkeit dieses Namens gegeben haben, auf welche die biblischen Erzählungen Bezug nehmen) ist es doch auch sehr unwahrscheinlich, dass wir ihn mit irgendeinem inschriftlich belegten ägyptischen Amtsträger identifizieren könnten? Selbst die Exoduserzählung berichtet nicht, dass er irgendeine offizielle Funktion in Ägypten gehabt hätte.
 
Da großte Teile des AT im babylonischen Exil im 6. Jhdt. entstanden sind, ist das natürlich kein Zufall, dass Mesopotamien eine Rolle in der biblischen Geschichte spielt und mesopotamische Mytheme aufgegriffen werden.
Obwohl der sog. Hamurabi Kodex 1,000 Jahre vor dem babylonischen Exil im 6. Jhdt. entstanden war, flossen doch auch viele derer Gesetze in das AT. Wenn man dort die Strafen list, erkennt man doch dass sie proportionell zur Schwere der Vergehen stehen sollen.
Auch die Roemer uebernahmen z.M. ein Hammurabi Konzept: ~ anno 450 'lex talionis' ein philosophisches Konzept der vergeltenden Gerechtigkeit, das aber dem Maxim untersteht: dass demjenigen, der bestimmtes Unrecht begangen hat, es moralisch verdiene , eine angemessene - das bedeutet der Schwere nach - proportionelle Strafe zu bekommen. Das wird doch aus dem Spruch 'Auge fuer Auge, Zahn fuer Zahn' deutlich. Proportionalitaet ist das Schluesselwort.

Hinzu kommt, dass manche Geschichten universell sind. Sintflutlegenden z.B. findet man auch bei amerikanischen Ureinwohnern.
Das stimmt. Manche dieser mundueberlieferten Legenden sind hunderte von Jahren alt. Archaeologen und Antropologen sind einige der Geschichten nachgegengen, und potzblitz, der Kern einiger solcher Legenden beruhte tatsaechlich auf nachweisbare, historische Naturvorgaenge. Also man kann wirklich das Buch nicht nach seinem Deckel beurteilen
Das ist sie zum Teil, nämlich in erster Linie das NT. Aber auch im AT gibt es Unterschiede. Das betrifft natürlich nur die Auswahl der kanonischen Texte, die jüdische Bibel, - das AT - ist nicht zu 100 % mit dem christlichen AT identisch. Nichtsdestotrotz sind die deuterokanonischen Texte des AT jüdischen Ursprungs und nicht etwa "Werk der Kirchenväter".
Apropos 'Kirchenväter': war nicht einer davon der sog. 'father of Latin Christianity' naemlich Tertulian. Er, der Kreator des 'Heiligen Dreifaltigkeit' Dogmas, trug doch bestimmt viel zur Auslegung der Bibel bei?
 
Obwohl der sog. Hamurabi Kodex 1,000 Jahre vor dem babylonischen Exil im 6. Jhdt. entstanden war, flossen doch auch viele derer Gesetze in das AT. Wenn man dort die Strafen list, erkennt man doch dass sie proportionell zur Schwere der Vergehen stehen sollen.
Auch die Roemer uebernahmen z.M. ein Hammurabi Konzept: ~ anno 450 'lex talionis' ein philosophisches Konzept der vergeltenden Gerechtigkeit, das aber dem Maxim untersteht: dass demjenigen, der bestimmtes Unrecht begangen hat, es moralisch verdiene , eine angemessene - das bedeutet der Schwere nach - proportionelle Strafe zu bekommen. Das wird doch aus dem Spruch 'Auge fuer Auge, Zahn fuer Zahn' deutlich. Proportionalitaet ist das Schluesselwort.
Ist es denn irgendwie bezeugt, dass die Römer hier auf ein babylonisches Gesetz Bezug nahmen? Die Idee, dass die Schwere eines Verbrechens mit der Strafe korrelieren sollte, ist ja nicht gerade weit hergeholt und dürfte doch auch außerhalb des Zweistromlandes sinnvoll erschienen sein?
 
Obwohl der sog. Hamurabi Kodex 1,000 Jahre vor dem babylonischen Exil im 6. Jhdt. entstanden war, flossen doch auch viele derer Gesetze in das AT. Wenn man dort die Strafen list, erkennt man doch dass sie proportionell zur Schwere der Vergehen stehen sollen.
Auch die Roemer uebernahmen z.M. ein Hammurabi Konzept:
Weder hier noch da ist von einer direkten Übernahme auszugehen. Es ist ja auch nicht so, als wäre das Recht nur im Zweistromland "erfunden" worden.
Das stimmt. Manche dieser mundueberlieferten Legenden sind hunderte von Jahren alt. Archaeologen und Antropologen sind einige der Geschichten nachgegengen, und potzblitz, der Kern einiger solcher Legenden beruhte tatsaechlich auf nachweisbare, historische Naturvorgaenge.
Nicht so ganz. Man konnte mitunter Naturvorgänge ausfindig machen, die als Kern solcher Legenden gedient haben könnten. Dass sie es tatsächlich hatten, ist damit noch nicht erwiesen.

Es gibt zwar die Neigung, überlieferte Legenden rational erklären zu wollen, aber erstens muss die rationale Erklärung nicht zutreffen und zweitens - was noch wichtiger ist - muss die Legende keinen historischen Kern haben. So kann man z.B. die biblischen "ägyptischen Plagen" (die so ähnlich übrigens auch in ägyptischen Überlieferungen vorkommen) durchaus erklären, was aber nicht heißt, dass sie tatsächlich stattfanden.
 
Weder hier noch da ist von einer direkten Übernahme auszugehen. Es ist ja auch nicht so, als wäre das Recht nur im Zweistromland "erfunden" worden.
Punkt eins: Stimmt. Doch von einer z.M. 'Beeinflussung' , direkt oder indirekt wird man wohl schon ausgehen koennen.
Punkt zwei: das Prinzip 'lex talionis' beruht auf ein natuerliches, oder universelles Rechtsempfinden und ja, aus diesem Grund wird es wohl nicht nur In Mesopotamien praktiziert worden sein. Nur eben, dass Hamurabi seinen Kodex 'verewigen liess.
Im Prinzip repräsentiert Lady Justitia mit ihren zwei Waagschalen doch auch nichts anderes: Strafmass dem Schuldmass entsprechend , und /oder Schwere der Anklagepunkte mit der Schwere der Verteidigungspunkte abzuwaegen.
Nicht so ganz. Man konnte mitunter Naturvorgänge ausfindig machen, die als Kern solcher Legenden gedient haben könnten. Dass sie es tatsächlich hatten, ist damit noch nicht erwiesen.

Es gibt zwar die Neigung, überlieferte Legenden rational erklären zu wollen, aber erstens muss die rationale Erklärung nicht zutreffen und zweitens - was noch wichtiger ist - muss die Legende keinen historischen Kern haben. So kann man z.B. die biblischen "ägyptischen Plagen" (die so ähnlich übrigens auch in ägyptischen Überlieferungen vorkommen) durchaus erklären, was aber nicht heißt, dass sie tatsächlich stattfanden.
Dem moechte ich garnicht widersprechen. Ich kann mich jedoch sehr gut an einen spezifischen Bericht ueber die sog. 'westcoast Indians' erinnern ,der eben davon berichtet hatte, dass etliche dieser Legenden sich nicht nur auf Phantasie sondern eben doch auf nachvollziehbare Natureieignisse zurueckfuehren lassen. Das hatte mich sehr beeindruckt , 'drum erinnere ich mich noch daran.
 
Ist es denn irgendwie bezeugt, dass die Römer hier auf ein babylonisches Gesetz Bezug nahmen?
Das weiss ich nicht. Sie hatten ja ihre eigene Goettin dafuer. Man kann nur spekulieren dass sich Hamurabi's Kodex auch auf roemisches Rechtsempfinden abgefaerbt hatte.
Die Idee, dass die Schwere eines Verbrechens mit der Strafe korrelieren sollte, ist ja nicht gerade weit hergeholt und dürfte doch auch außerhalb des Zweistromlandes sinnvoll erschienen sein?
Aber sicher. Eben weil es ein natuerliches Empfinden ist.
 
Vielleicht etwas themenfremd, doch darf ich auf das Thema des persischen Koenigs Hamurabi und sein 'quasi lex talionis' Rechtsprinzip hinweisen.
Hamurabi stipulierte, dass wer einen Mitmenschen getoetet hat, als gerechte Strafe damit nun selber sein Leben verwirkt hat. Allerdings hatten die Angehoerigen des Ermordeten die Moeglichkeit gehabt ,den Moerder zu begnadigen, vorausgesetzt, er koennte ihnen oder ihr eine hohes Schadenersatzsumme zahlen. (ja es gab Variationen i.B. soziale Stellungen, Sklaven usw., doch bleiben wir nur mal beim Prinzip}

Es gibt diesbezueglich ein wunderschoenes Bild: ein persischer Koenig hatte auf der Jagd aus Versehen einen Schafhirten toedlich verletzt. Der Koenig legte daraufhin zwei goldene Schalen vor die Fuesse der Mutter des Schafhirten , die eine Schale war leer , die andere war mit Gold gefuellt.
Der Koenig gab der Mutter die Wahl: koepfe mich mit meinem Schwert und mein Kopf faellt in die leere Schale oder nimm die mit Gold gefuellte Schale und ich bleibe am Leben.
Das Bild scheint zu indikieren, dass die Mutter sich fuer die Schale mit dem Gold entschieden hat ( was ja auch Sinn macht: denn ohne Sohn, wer kann nach ihr schauen? Wovon soll sie leben? )
Das untere Bild habe ich etwas ' bearbeitet'.

New York; Metropolitan Museum of Art; The Collection ;Islamic Art

"In this dramatic painting, a king submits to justice after having accidentally killed a shepherd while hunting. He offers the boy's grieving mother a choice: to take his sword and cut off his head, which will fall in the golden dish between them, or to accept the second dish filled with gold."
Some of the marginal figures are of European inspiration, while the rocks are Persian and the main figures are typically Mughal.
As part of the Met's Open Access policy, you can freely copy, modify and distribute this image, even for commercial purposes. (Kein copyright ! )
Author Amir Khusrau Dihlavi Indian;Painting attributed to Miskin; 1597–98



 
Vielleicht etwas themenfremd, doch darf ich auf das Thema des persischen Koenigs Hamurabi und sein 'quasi lex talionis' Rechtsprinzip hinweisen.
Ein persischer König war Hammurabi nicht. Anachronistisch (seeeehr anachronistisch) könnte man ihn als 'iraqischen König bezeichnen. Die Babylonier sprachen semitische Dialekte; lange (mehrere Jahrhunderte) nach Hammurabi wurde das babylonische Reich vom persischen Reich erobert.
 
Eben weil es ein natuerliches Empfinden ist.
"Natürlich" mag das Empfinden sein, dass die Strafe sich an der Schwere des Vergehens orientieren sollte; nur hilft uns diese Feststellung nicht sonderlich. Denn diese Grundlage kann immer noch krass unterschiedliche Ergebnisse produzieren. Die Verwirklichung des gleichen Straftatbestands kann selbst in Staaten ein und desselben Kulturkreises völlig unterschiedliche Sanktionen nach sich ziehen.

Wer z.B. in Deutschland vorsätzlich einen Menschen tötet, sitzt in der Praxis durchschnittlich siebzehn Jahre im Gefängnis. Wer es in den USA tut, bleibt in der Regel bis an sein Lebensende im Gefängnis, oder wird gar hingerichtet. Beide Rechtsordnungen behaupten, eine dem verwirklichten Unrecht angemessene Sanktion zu verhängen. Kann diese Behauptung in beiden Fällen wahr sein?

Das wirklich Revolutionäre am Talionsprinzip – und hier ist in der Tat eine Beeinflussung des römischen Rechtes denkbar – ist die Objektivierung des Maßstabes der Proportionalität. Welche Strafe im rechten Verhältnis zum Unrecht steht, bleibt (zumindest dem Anspruch nach) eben nicht den Launen eines Herrschers, der Meinung des Pöbels, dem Rachedurst der Opfer oder dem Diktum der Götter überlassen.

Sondern es ergibt sich allein aus dem Unrecht selbst. Jene, für die "Auge um Auge" bloß archaischer Mumpitz ist, übersehen, dass "Auge um Auge" zwar wirklich "Auge um Auge" bedeutet, aber eben nicht "Auge um zehn Denare" oder "Auge um Leben". Insofern verdient das Lex Talionis seinen üblen Ruf nicht. Und kaum eine Rechtsordnung hat diesen Grundsatz mehr als in Ansätzen verwirklichen können, weil er nicht zuletzt dem Machtanspruch der Regierenden und religiösen Dogmen entgegengesetzt ist.
 
Die Frage ist ja, ob der Codex Hammurabi wirklich in allen Punkten ein ius talionis ist. Manche der Pararaphen haben sicher das spiegelstrafende Element, andere hingegen nicht. Da wird doch recht oft die Todesstrafe ausgesprochen. Und oft trifft die Strafe eben nicht nur den Täter, sondern auch dessen Familie. Und damit meine ich nicht die sozialen Folgen, wenn der Ernährer Haus und Hof oder auch Leben verliert, sondern ich meine juritische Folgen für Familienmitglieder:
Wenn etwa ein Mann eine fremde freigeborene Frau tötet, wird nicht er dafür hingerichtet, sondern seine - in der Sache vermutlich unschuldige (darauf nimmt der Codex Hammurabi keine Rücksicht) - Tochter. Und er scheint mir auch nicht durchsacht an dieser Stelle: Was passiert mit Männern, die eine Frau töten und keine Tochter haben?
Ich sehe schon, dass der Codex versucht Gerechtigkeit zu schaffen, aber eben Gerechtigkeit in einer Gesellschaft, die Menschen nach Wertigkeit sortiert. Da gibt es dann eine Hierarchie mit Freigeborenen an der Spitze und Sklaven ganz unten und ganz offensichtlich ist ein Mann mehr wert als eine Frau, da - wenn er einen Mann der gleichen Stellung tötet - er getötet wird, wenn er aber (Vorausgesetzt er ist Freigeborener) eine freigeborene Frau tötet, die Spiegelstrafe eben nicht ihn trifft, sondern eben auch eine Frau: Seine Tochter.
 
Ein persischer König war Hammurabi nicht. Anachronistisch (seeeehr anachronistisch) könnte man ihn als 'iraqischen König bezeichnen. Die Babylonier sprachen semitische Dialekte; lange (mehrere Jahrhunderte) nach Hammurabi wurde das babylonische Reich vom persischen Reich erobert.
Du hast auf der ganzen Linie Recht 'El Q'.
Danke dass Du mich auf meinen Irrtum hingewiesen hast. (in meinem wirren Kopf ist er immer gleich mit Cyrus)

Zu Hammurabi's Zeit war die babylonische Dynasty eine Region innerhalb Mesopotamia......

When Hammurabi succeeded Sin-muballit about 1792 bce, he was still young, but, as was customary in Mesopotamian royal courts of the time, he had probably already been entrusted with some official duties in the administration of the realm.

*Ein persischer König war Hammurabi nicht. Anachronistisch (seeeehr anachronistisch) könnte man ihn .......heute.... als 'iraqischen König bezeichnen.*

Iraq​

country name, 1920, from an Arabic name attested since 6c. for the region known in Greek as Mesopotamia; often said to be from Arabic `araqa, covering notions such as "perspiring, deeply rooted, well-watered," which may reflect the desert Arabs' impression of the lush river-land. But the name might be from, or influenced by, Sumerian Uruk (Biblical Erech), anciently a prominent city in what is now southern Iraq (from Sumerian uru "city"). Related: Iraqi (attested in English from 1777, in reference to regional Mesopotamian music or dialects).
 
"Natürlich" mag das Empfinden sein, dass die Strafe sich an der Schwere des Vergehens orientieren sollte; nur hilft uns diese Feststellung nicht sonderlich. Denn diese Grundlage kann immer noch krass unterschiedliche Ergebnisse produzieren. Die Verwirklichung des gleichen Straftatbestands kann selbst in Staaten ein und desselben Kulturkreises völlig unterschiedliche Sanktionen nach sich ziehen.

Wer z.B. in Deutschland vorsätzlich einen Menschen tötet, sitzt in der Praxis durchschnittlich siebzehn Jahre im Gefängnis. Wer es in den USA tut, bleibt in der Regel bis an sein Lebensende im Gefängnis, oder wird gar hingerichtet. Beide Rechtsordnungen behaupten, eine dem verwirklichten Unrecht angemessene Sanktion zu verhängen. Kann diese Behauptung in beiden Fällen wahr sein?

Das wirklich Revolutionäre am Talionsprinzip – und hier ist in der Tat eine Beeinflussung des römischen Rechtes denkbar – ist die Objektivierung des Maßstabes der Proportionalität. Welche Strafe im rechten Verhältnis zum Unrecht steht, bleibt (zumindest dem Anspruch nach) eben nicht den Launen eines Herrschers, der Meinung des Pöbels, dem Rachedurst der Opfer oder dem Diktum der Götter überlassen.

Sondern es ergibt sich allein aus dem Unrecht selbst. Jene, für die "Auge um Auge" bloß archaischer Mumpitz ist, übersehen, dass "Auge um Auge" zwar wirklich "Auge um Auge" bedeutet, aber eben nicht "Auge um zehn Denare" oder "Auge um Leben". Insofern verdient das Lex Talionis seinen üblen Ruf nicht. Und kaum eine Rechtsordnung hat diesen Grundsatz mehr als in Ansätzen verwirklichen können, weil er nicht zuletzt dem Machtanspruch der Regierenden und religiösen Dogmen entgegengesetzt ist.
Du beschreibst regionale Anwendungen von Strafmassen und /oder auch individuelle Interpretationen des Prinzips als solchem. Das nimmt jedoch nichts weg vom natuerlichem Rechtsgefuehl des lex talionis.
Was ich auch immer so interessant finde, ist, dass sogar hoehere Tiere eine Art 'Rechtsgefuehl' besitzen, Woelfe z.B.
 
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