Motive der Kreuzzugsteilnehmer

TabulaRasa

Neues Mitglied
Hallo zusammen!

Ich schreibe derzeit eine Hausarbeit im Seminar über die Rezeption der Kreuzzüge.
Im Rahmen dieser Seminararbeit steht die Frage nach den Motivationen der Kreuzzugsteilnehmer im Fokus.
Welche Beweggründe fallen euch persönlich ein, die mittelalterliche Zeitgenossen dazu bewogen haben könnten, an einem Kreuzzug teilzunehmen?

Ich freue mich auf eure Antworten.
 
Ist dir die Arbeitsaufgaben so gestellt worden oder hast du sie selber entwickelt? Erdmann, Entwicklung des Kreuzzugsgedankens solltest du lesen. Lass dich dabei vom Erscheinungsjahr der Erstausgabe (1935) nicht abschrecken, es ist bis heute als Standardwerk anerkannt und bemerkenswert frei von nationalsozialistischen Anklängen. Eine 2. Ausgabe erschien 1955, Erdmann überlebte aber den Krieg nicht, es ist also ein Nachdruck, keine überarbeitete Fassung.


Mögliche Motive
- Beute
- lange Zeit gab es mal die Auffassung, dass vor allem jüngere Söhne in den Kreuzzug gezogen sind, also solche, die wenig Aussicht auf eine Übernahme des elterlichen Erbes hatten. Diese These ist aber heute meines Wissens überholt. Aber prüf das mal. Vielleicht ist diese Debatte auch noch nicht abgeschlossen.
- das eigene oder familiäre Seelenheil, dass man Jerusalem von den „Ungläubigen“ (bitte immer in Anführungszeichen!) befreie.
- Ruhm
Diese Motive, die uns heute widersprüchlich erscheinen mögen, sind damals nicht unbedingt als widersprüchlich wahrgenommen worden. Also man kann durchaus Seelenheil, Ruhm und wirtschaftlichen Vorteil gleichermaßen als Motiv gehabt haben.

Welche Quellen willst du heranziehen? Denn die spekulativen Motive helfen dir ja gar nichts, wenn du keine Quellen hast, anhand derer du sie belegen kannst.
 
Danke für Deine schnelle und ausführliche Antwort. Die Idee habe ich selbst entwickelt, diese wurde dann aber noch weiterentwickelt. Ich werde die genannten Motive in einem weiteren Schritt prüfen. Aber an dieser Stelle interessieren mich zunächst einmal eure individuellen Vorstellungen davon, welche Motive für die Kreuzzugsteilnehmer ausschlaggebend gewesen sein könnten, um sich in den Vorderen Orient zu begeben.
Dabei sind natürlich inhaltliche Überschneidungen in den Beiträgen möglich und sogar erwünscht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Beim Kinderkreuzzug könnte auch Verblendung eine Rolle gespielt haben. Selbst ernannte Propheten wie Étienne de Cloyes oder Nikolaus von Köln (oder in der Legende der Rattenfänger von Hameln) versprachen Kindern (oder Knechten?) von Gott oder Engeln gesandt worden zu sein, um sie nach Jerusalem zu führen. Das überschneidet sich eventuell etwas mit dem "Seelenheil" Motiv, das ElQ nannte.
Als Teil des "Beute-Motivs" kann man auch den Versuch ansehen, Land zu gewinnen, regionale Herrschaften zu etablieren. Die Kreuzfahrerstaaten in der Levante sind ein Beleg, der Wendenkreuzzug gegen die Elbslawen oder regelmäßige Kreuzzüge des Deutschen Ordens im Baltikum ("Preußenfahrt") weitere Beispiele.
 
Ich persönlich könnte mir vorstellen:
- religiöse Motive - ganz eindeutig (Wo der Unterschied liegt zwischen Verblendung und Glaube an Seelenheil, weiß ich nicht.)
- Ruhm und Ehre
- wirtschaftliche Not, z.B. als Raubritter oder sonstwie verarmter Adel (Ich weiß nicht ob das zeitlich passt: Raubritter und Kreuzzüge)
- da habt ihr mich erst drauf gebracht: Hoffnung auf Beute (dazu muß man nicht unbedingt arm gewesen sein)
- Glaube dass Gott dann segnet (Ich meine mich an einen Artikel zu erinnern, der besagt, dass die Leute als Ursache für die Pest mangelnde Frömmigkeit gesehen haben und dann Alles wieder gutmachen wollten durch einen KReuzzug)
 
Ich möchte noch ergänzen:
- Druck (durch wen auch immer). Die Teilnahme war keineswegs immer ganz freiwillig. Zu nennen wären etwa der französische Adlige Stephan von Blois (der Vater des gleichnamigen späteren englischen Königs), der von seiner Frau Adela genervt wurde, sich (wieder) auf Kreuzzug zu begeben, oder Kaiser Friedrich II., der von Päpsten unter Druck gesetzt wurde.
 
Mussten Vasallen eigentlich ihrem Lehnsherrn Heerfolge leisten, wenn sich dieser auf einem Kreuzzug begab?
Vermutlich nicht. Johann Ohneland bspw hätte als Vasall seines Bruders Richard Löwenherz und als Vasall von König Philipp II. von Frankreich ja gleich zwei Mal zur Heerfolge im dritten Kreuzzug verpflichtet gewesen sein müssen. Er blieb aber in Europa.
Wer hätte sich auch um die europäischen Besitzungen kümmern sollen, wenn alle Vasallen mit auf Kreuzzug gegangen wären?
 
Ich schreibe derzeit eine Hausarbeit im Seminar über die Rezeption der Kreuzzüge.
Im Rahmen dieser Seminararbeit steht die Frage nach den Motivationen der Kreuzzugsteilnehmer im Fokus.
Welche Beweggründe fallen euch persönlich ein, die mittelalterliche Zeitgenossen dazu bewogen haben könnten, an einem Kreuzzug teilzunehmen?
Ist die HA schon fertig und abgegeben? Ich lese nämlich gerade einen Teilnehmerbericht vom Zweiten Kreuzzug, der in Portugal halt machte und bei der Eroberung Lissabons teilnahm.
Der Bericht De expugnatione Lyxbonensi ist mehrfach editert, auszugsweise auch in der MGH.
Im Prinzip wird die norddeutsch-flämisch-britische Kreuzfahrergruppe auf dem Weg durch die Straße von Gibraltar bereits oben in Iria Flavia vom Bischof Pedro auf Geheiß Königs Alfonso aufgehalten und gebeten, an der Eroberung Lissabons teilzunehmen.

Cum autem pervenissemus ad portum, episcopus una cum clericis suis nobis obviam factus est; nam rex longe aberat cum exercitu suo contra Mauros. Ibidem salutatis omnibus ex more gentis sue, adventum nostrum se prescisse nobis indicavit; sed et ab heri litteras regias accepisse in hec verba:
"Hyldefonxus Portugalensium rex Petro Portugalensi episcopo, salutem. Si forte Francorum naves ad vos pervenerint, cum omni benignitate et mansuetudine suscipite eos accuratius, et secundum conventionem remanendi mecum quam constitueritis, vos et quos vobiscum voluerint obsides totius conventionis [date];" et sic aput Lyxebonam pariter cum eis ad me veniatis. Vale."
Man erklärt dem Bischof, dass auch die auf den Schiffen zurückgebliebenen aan der Entscheidung teilhaben sollten und erklärt ihm, am nächsten Morgen die Entscheidung vorzutragen.
Am nächsten Morgen hält Pedro eine Predigt, die in die jeweiligen Einzelsprachen übersetzt wird:

episcopus sermonem coram omnibus lingua Latina habuit, ut per interpretes cuiusque lingue sermo eius omnibus manifestaretur,
In dieser Predigt kommt die Story vom reichen Mann vor, der Jesus fragt, was er tun solle, um Gott zu gefallen, dem Jesus sagt, er soll alle seine Habe zurücklassen und ihm folgen. Pedro vergleicht diesen Mann mit den Kreuzfahreren, die reicher und höherstehender als dieser Mann seien, der Jesus angesprochen hatte. Anders als der, der traurig wegging, weil er sich von seinen Habseligkeiten nicht trennen konnte, hebt der Bischof hervor, dass die Kreuzfahrer sich auf eine ungewisse Reise begeben hätten. Die Predigt erstredckt sich über mehrere Seiten.
 
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